Im Blickpunkt
Wird vom BUrlG berücksichtigt: Mit einem jüngsten Urteil bestätigt der EuGH erwartungsgemäß, dass das Unionsrecht (vgl. Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/88 und gegen Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) einer nationalen Regelung grundsätzlich entgegensteht, die es verbietet, dem Arbeitnehmer eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch beendet (EuGH, Urteil vom 18.1.2024 – C-218/22, PM Nr. 10/24). Ein im öffentlichen Dienst bei der italienischen Gemeinde Copertino beschäftigter Arbeitnehmer schied aus dem Dienst aus, um in den vorzeitigen Ruhestand einzutreten. Er verlangte eine finanzielle Vergütung für die während seines Arbeitsverhältnisses nicht genommenen 79 Tage bezahlten Jahresurlaubs. Die Gemeinde Copertino trat dem Begehren unter Berufung auf eine in den italienischen Rechtsvorschriften enthaltene Regelung entgegen, wonach die im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmer anstelle des bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs in keinem Fall Anspruch auf eine finanzielle Vergütung haben. Der Gerichtshof weist mit Blick auf die vom italienischen Gesetzgeber erlassene nationale Regelung darauf hin, dass der Anspruch der Arbeitnehmer auf bezahlten Jahresurlaub, einschließlich seiner etwaigen Ersetzung durch eine finanzielle Vergütung, nicht rein wirtschaftlichen Überlegungen wie der Eindämmung öffentlicher Ausgaben untergeordnet werden darf. Demgegenüber entspreche das Ziel in Bezug auf die organisatorischen Erfordernisse des öffentlichen Arbeitgebers für die ordnungsgemäße Planung des Urlaubszeitraums der Zielsetzung der Richtlinie, die darin bestehe, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen, und ihn dazu anzuhalten, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen. Das Unionsrecht stehe nur dann nicht dem Verlust dieses Anspruchs entgegen, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub aus freien Stücken nicht genommen hat, obwohl ihn der Arbeitgeber dazu aufgefordert und über das Risiko des Verlusts dieses Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder zulässigen Übertragungszeitraums informiert hat. Der Arbeitgeber kann jedoch gegebenenfalls nachzuweisen versuchen, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, um den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen sei.
Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht