Im Blickpunkt
Beim Hessischen LAG ist ein Antrag des Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbands der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e. V. (AGV MOVE) in dem schwelenden Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) eingegangen, mit dem beantragt wird, festzustellen, dass die GDL nicht tariffähig ist (PM Nr. 1/2024 vom 3.1.2024 zum Az. 5 BVL 1/2024). Mit dem Antrag nach § 97 ArbGG soll geklärt werden, ob eine Gewerkschaft oder ein Arbeitgeberverband tariffähig ist oder nicht. Dem Verfahren zugrunde liegt, dass die GDL eine Leiharbeitergenossenschaft namens FairTrain gegründet hat. Ziel dieser Genossenschaft ist es, Lokführer von der DB abzuwerben und diese dann wieder an die DB zurückzuverleihen. Aufgrund dieses Sachverhalts und des von der GDL mit der Genossenschaft abgeschlossenen Tarifvertrags tritt die GDL nach Auffassung der DB gleichzeitig als Arbeitgeber und als Gewerkschaft auf. Dies i. V. m. den personellen und organisatorischen Verflechtungen in den Führungspositionen von GDL und FairTrain begründet Bedenken an der Koalitionseigenschaft der GDL, da es ein nicht zulässiges sog. In-sich-Geschäft darstellt, welches einem Interessenkonflikt unterliegt, so die DB. Vor dem ArbG Frankfurt a. M. gestellte Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die jüngst von der GDL angekündigten Streikmaßnahmen wurden derweil zurückgewiesen (Az. 3 Ga 3/24 und 6 Ga 4/24). Das Hessische LAG bestätigte als Berufungsinstanz am 9.1.2024 die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen. Das Berufungsgericht verneinte im Rahmen des “eingeschränkten Prüfungsmaßstabs im Eilverfahren” ferner eine “offensichtliche Tarifunfähigkeit” der GDL (10 GLa 15 und 16/24).
Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht