Im Blickpunkt
Auf die völkerrechtswidrige russische Annexion ukrainischer Gebiete hat die EU mit dem Achten Sanktionspaket reagiert, das am 7.10.2022 in Kraft getreten ist. Ungeachtet der Nachvollziehbarkeit dieses Schritts haben sowohl der Deutsche Anwaltverein (s. dazu auch die Meldung auf S. 2370 in diesem Heft) als auch die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) die wesentliche Einschränkung der rechtlichen Beratung von in Russland niedergelassenen juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen nach dem neuen Artikel 5n der entsprechenden EU-Verordnung auf das Schärfste kritisiert (Presserklärung BRAK Nr. 9/2022 vom 10.10.2022 und DAV Newsroom Statements vom 10.10.2022). Mit einem Schreiben vom 7.10.2022 hat sich die BRAK an Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann gewandt und diesen nachdrücklich aufgefordert, für die Sicherung von Rechtsstaatlichkeit und uneingeschränkter Berufsausübungsfreiheit der Anwaltschaft einzustehen. “Schon Art. 12 GG gebietet die Sicherung [der] Berufsausübungsfreiheit! Es muss allein die Entscheidung jeder Rechtsanwältin und jedes Rechtsanwalts sein, ob sie oder er ein Mandat annehmen oder es – beispielsweise aus moralischen Gründen – ablehnen möchte.”, so BRAK-Präsident Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels. Ferner sichere die Berufsordnung (BORA) keineswegs nur die Freiheit der Berufsausübung, sondern darüber hinaus auch die Teilnahme am Recht. Die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaates werde in ihren Grundfesten erschüttert, sollte es bei den nun auf den Weg gebrachten Regelungen bleiben. Die in der neuen Verordnung vorgesehenen Einschränkungen bei der rechtlichen Beratung müssten angesichts der massiven rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Bedenken zwingend wieder rückgängig gemacht werden.
Dr. Martina Koster, Ressortleiterin Wirtschaftsrecht