Im Blickpunkt
Der 2. Senat des BAG fragt den EuGH, ob ein der katholischen Kirche zugeordneter Arbeitgeber, der von den bei ihm tätigen Arbeitnehmern im Übrigen nicht verlangt, dass sie der katholischen Kirche angehören, das Arbeitsverhältnis allein aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft zur katholischen Kirche kündigen darf, wenn der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses aus der katholischen Kirche austritt (BAG, Beschluss vom 1.2.2024 – 2 AZR 196/22 (A), PM Nr. 3/24). Eine ähnliche, zuvor vom BAG gestellte Anfrage (PM Nr. 48/23) war aufgrund eines Anerkenntnisses der Arbeitgeberin gegenstandslos geworden. Der beklagte Verein ist ein Frauen- und Fachverband in der katholischen Kirche in Deutschland, der sich insbesondere der Beratung von schwangeren Frauen widmet. Die Klägerin erklärte im Oktober 2013 vor einer kommunalen Behörde ihren Austritt aus der katholischen Kirche. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Elternzeit in der Folge außerordentlich ohne Einhaltung einer Frist, hilfsweise ordentlich. Zuvor hatte der Beklagte erfolglos versucht, die Klägerin zum Wiedereintritt in die katholische Kirche zu bewegen. Zum Zeitpunkt der Kündigung beschäftigte der Beklagte in der Schwangerschaftsberatung auch Arbeitnehmerinnen, die der evangelischen Kirche angehörten. Die Vorinstanzen haben beide Kündigungen für unwirksam gehalten. Der 2. Senat ersucht den EuGH konkret um Klärung, ob die Ungleichbehandlung der Klägerin mit Arbeitnehmern, die niemals Mitglied der katholischen Kirche waren, vor dem Hintergrund des durch Art. 10 Abs. 1, Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gewährleisteten Schutzes vor Diskriminierungen u. a. wegen der Religion gerechtfertigt sein kann. Wohl eher nicht.
Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht