Im Blickpunkt
In der Schweiz soll die OECD/G20-Mindestbesteuerung für große international tätige Unternehmensgruppen mit einer Ergänzungssteuer umgesetzt werden. Dafür ist eine Volksabstimmung notwendig. Am 18.6.2023 wird die Schweizer Stimmbevölkerung über die dafür nötige verfassungsrechtliche Grundlage abstimmen. Im Falle der Annahme dieser Grundlage kann der Bundesrat die Ergänzungssteuer mit einer Verordnung einführen. Die zweite Vernehmlassung zu dieser Verordnung wurde mit Sitzung vom 24.5.2023 eröffnet. Bundesrat und Parlament wollen so die rechtzeitige Umsetzung der Mindestbesteuerung erreichen, um mit stabilen Rahmenbedingungen Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in der Schweiz zu sichern. Die zur Abstimmung stehende Verfassungsbestimmung ermöglicht dem Bundesrat, temporär mit einer Verordnung die Ergänzungssteuer zur Sicherstellung dieser Mindestbesteuerung einzuführen. Allerdings muss dem Parlament zur Ablösung der Verordnung innerhalb von sechs Jahren ein Gesetz vorgelegt werden. Die erarbeiteten Mustervorschriften der OECD/G20 sollen mittels eines Verweises übernommen werden. So soll die internationale Kompatibilität sichergestellt werden. Zur Erhebung der neuen Ergänzungssteuer ist ein sog. One-Stop-Shop geplant. Die wirtschaftlich bedeutendste Einheit einer Unternehmensgruppe soll in ihrem Kanton die Steuer für sämtliche Einheiten in der Schweiz entrichten. Im Gegenzug überweist der Kanton dem Bund und jenen Kantonen, die weitere Geschäftseinheiten derselben Unternehmensgruppe beheimaten, deren Anteil an den Einnahmen der Ergänzungssteuer. Erhoben wird die Ergänzungssteuer von den Kantonen im Rahmen eines gemischten Veranlagungsverfahrens wie bei der Einkommensteuer. Die Steuerbehörden ermitteln die Steuer und setzen sie mittels Verfügung fest. Allerdings bleiben die steuerpflichtigen Geschäftseinheiten zur Mitwirkung verpflichtet, indem sie eine Selbstdeklaration einreichen. Das Verfahren soll elektronisch über ein Online-Portal erfolgen. Die Zustimmung von Volk und Ständen zur Verfassungsänderung am 18.6.2023 vorausgesetzt, kann die Mindeststeuer am 1.1.2023 in Kraft treten.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht