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BB 2021, 1173
 

Im Blickpunkt

Abbildung 6

Eine neue Studie der OECD “Inheritance Taxes in OECD Countries” lässt aufhorchen: Nach dieser können Erbschaftsteuern ein wichtiges Instrument sein, angesichts hoher Vermögensungleichheiten und pandemiebedingt stark beanspruchter öffentlicher Kassen, um der Ungleichheit zu begegnen. Der Studie zufolge ist die hohe Vermögenskonzentration in OECD-Ländern kritisch zu sehen. Die ungleiche Verteilung von Vermögenstransfers verstärkt die Ungleichheit. Die von den wohlhabendsten privaten Haushalten (oberste 20 %) ausgewiesenen Erbschaften und Schenkungen betragen im Durchschnitt nahezu das 50-Fache der von den ärmsten Haushalten (untere 20 %). Erbschaft- oder Nachlasssteuern werden derzeit in 24 von 37 OECD-Ländern erhoben. Allerdings werden keine hohen Einnahmen aus dieser Besteuerung erzielt. Im Durchschnitt der Länder machen die Erbschaft-, Nachlass- und Schenkungsteuern lediglich 0,5 % des Gesamtsteueraufkommens aus. 0,52 % sind es in Deutschland und in der Schweiz 0,6 %. Österreich schaffte 2008 die Erbschaft- und Schenkungsteuer ab. Gerechtigkeitserwägungen sprächen ganz klar für die Erhebung einer Erbschaftsteuer auf der Grundlage der wahren Vermögenswerte, die die Erben erhielten. Besonders gerecht wäre es, Schenkungen und Erbschaften bei den Empfängern über ihr gesamtes Leben hinweg zu besteuern. Dann gäbe es auch weniger Gründe für die Steuervermeidung. Möglicherweise stiegen dadurch aber die Verwaltungskosten und der Erfüllungsaufwand. Damit die Öffentlichkeit entsprechende Steuern akzeptierte, sei es wichtig, über die bestehenden Ungleichheiten zu berichten und über die Funktionsweise von Erbschaft- und Nachlasssteuern zu informieren. Ob das tatsächlich ein Konzept für mehr Gerechtigkeit ist? Gespannt wird auch zu beobachten sein, ob die Studie es in den diesjährigen Bundestagswahlkampf schafft.

Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

 
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