Im Blickpunkt
Der Fall Wirecard, so heißt es in einer PM des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) vom 15.7.2020, führt zu Fragen nach der Rolle der Wirtschaftsprüfer in der Öffentlichkeit. Dazu Prof. Dr. Klaus-Peter Naumann, Sprecher des Vorstands des IDW: “Aus heutiger Sicht sehen wir Anpassungsbedarf bei Unternehmen des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Corporate Governance, die Abschlussprüfung und die Aufsicht – sowohl der Unternehmen als auch deren Abschlussprüfer. Auch die Rolle der (institutionellen) Kapitalmarktteilnehmer ist kritisch zu hinterfragen.” So schlage das IDW vor, eine explizite Pflicht des Vorstands zur Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Compliance-Management-Systems gesetzlich vorzuschreiben. “Ein solches System ist an der spezifischen Risikolage des Unternehmens auszurichten und soll ein regelkonformes Verhalten des Unternehmens sicherstellen. Damit kann es wirtschaftskriminellen Handlungen vorbeugen” erklärt Naumann. Zudem könnten vermehrt forensische Methoden in der Abschlussprüfung eingesetzt werden. Auch könnte der Vorstand gesetzlich verpflichtet werden, im Abschluss eine explizite Aussage dazu abzugeben, dass ihm keine Tatsachen oder Gegebenheiten bekannt sind, die dem Fortbestand des Unternehmens, zumindest in den zwölf Monaten nach Abgabe der Erklärung, entgegenstehen. Der Aufsichtsrat sollte verpflichtet werden, einen Prüfungsausschuss einzurichten, um Kompetenz und Handlungsfähigkeit zu erhöhen. Und die von Vorstand und Aufsichtsrat abzugebende Entsprechenserklärung nach § 161 AktG könnte vom Abschlussprüfer geprüft werden. – Bundesfinanzminister Scholz kündigte derweil neben einer Reform des Rechnungslegungsenforcement Veränderungen “auch für die Wirtschaftsprüfer an, denen die Manipulationen bei Wirecard jahrelang nicht aufgefallen waren” (FAZ vom 6.7.2020, 19): “Es wird zu diskutieren sein, ob Wirtschaftsprüfer häufiger rotieren müssen”, sagte Scholz. “Wir müssen auch überlegen, ob es funktioniert, wenn eine Gesellschaft ein Unternehmen gleichzeitig berät und prüft.” – Am 29.7.2020 wird der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in einer Sondersitzung mit den Ministern Scholz und Altmaier, den Enforcement-Einrichtungen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung e. V. sowie der Anti-Geldwäsche-Einheit FIU versuchen, “Licht in den Wirecard-Skandal” zu bringen (FAZ vom 21.7.2020, 15).
Gabriele Bourgon, Ressortleiterin Bilanzrecht und Betriebswirtschaft