Im Blickpunkt
Das Schicksal des Wachstumschancengesetzes entscheidet sich im Bundesrat. Sehr früh hat sich Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte als Kritiker hervorgetan. Sein Amtseid gebiete es ihm “drohenden Schaden von Bremen abzuwenden”. Dieser entstünde, wenn er den Plänen der Bundesregierung und den damit verbundenen Mindereinnahmen zustimme. Eine Zustimmung sei nur möglich, wenn der Bund die Mindereinnahmen weitestgehend übernähme. Ähnliche Bedenken meldeten Berlins Bürgermeister Kai Wegner, Thüringens Ministerpräsident Bodo Rameloh und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Auch die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger, übte Kritik. Ganz andere Töne kommen nun aus Hessen. Finanzminister Michael Boddenberg sieht den Entwurf des Wachstumschancengesetzes als “gute Grundlage” an. Die vorgesehenen Maßnahmen reichten aber nicht aus, um “die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland nachhaltig zu verbessern”. Hessen wird daher neun Anträge in den Finanzausschuss des Bundesrates einbringen, die sich mit zielgerichteter Wirtschaftsförderung aber auch mit dem Abbau von Bürokratie befassen. Zunächst soll die Stromsteuer auf das erforderliche (europäische) Mindestmaß gesenkt werden, damit ein “gravierender Wettbewerbsnachteil für Unternehmen in Deutschland” beseitigt wird. Für Kapitalgesellschaften soll der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden. Für die Grunderwerbsteuer wird eine Länderöffnungsklausel gefordert, damit die Länder den Steuersatz bis zum Nullsteuersatz selbst regeln können. Die Thesaurierungsbegünstigung nicht entnommener Gewinne soll weiter ausgebaut werden, damit Unternehmen durch Eigenkapital gestärkt werden können. Die Einführung der Regelung für die E-Rechnung soll verschoben werden, damit diese sofort nach dem Standard der EU angepasst werden kann und keine zweimalige Einführung durch die Unternehmen notwendig wird. Nicht die Finanzämter sollen die Klimaschutz-Investitionsprämie auszahlen, sondern das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. So könnten bewährte Strukturen genutzt werden, die Folge wäre weniger bürokratischer Aufwand. Die vom Bund vorgesehene Verkomplizierung der Antragsverfahren zur steuerlichen Forschungsförderung durch die Einbeziehung von Sachkosten sollte entfallen. Dafür solle der Fördersatz erhöht werden. Ferner sei darauf zu achten, dass die zivilrechtlichen Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts zu keinen steuerlichen Verschlechterungen für Personengesellschaften bei der Grunderwerbsteuer führten. Damit ist für das weitere Gesetzgebungsverfahren für Spannung gesorgt. S. dazu in BB 42 auch die Erste Seite von Lechner und den Beitrag von Müller.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht