Im Blickpunkt
Das BVerfG hat am 15.1.2018 über die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer verhandelt. Es bestehen Zweifel, ob sie in der geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist – dies zeichnet sich auch nach der mündlichen Verhandlung ab (s. z. B. PM BStZ vom 16.1.2018). Denn als Bemessungsgrundlage dienen Werte (Einheitswerte) aus den Jahren 1935 (Ost) und 1964 (West), die den aktuellen Werten kaum entsprechen werden. Maßgebend sind bislang außerdem die nach Nutzung differierende Steuermesszahl und der Hebesatz durch die einzelne Gemeinde. Obwohl die GrSt eigentlich den Gemeinden zusteht und von den Bundesländern festgelegt wurde, hat der Bund die Gesetzgebung an sich gezogen. Zu einer Reform ist es bis heute dennoch nicht gekommen. Im Jahr 2016 ergriffen die Länderfinanzminister die Initiative im Bundesrat, die allerdings am Widerstand der Länder Bayern und Hamburg scheiterte. Derzeit “liegt der Ball” wieder im Bundestag (Becker, BB 2011, 2391; BB 2013, 861). Hier wird es aber keine weiteren Aktivitäten vor der Entscheidung des BVerfG geben. Die an den Sondierungen für die Verhandlungen über eine Groko beteiligten Parteien haben sich (noch) nicht zur GrSt-Reform geäußert. Ggf. sind 35 Mio. Einheiten zu bewerten, was nach Ansicht der Vertreter von Bund und Ländern bis zu zehn Jahre dauern kann. Sollte das BVerfG die GrSt in der aktuellen Fassung für verfassungswidrig erachten, wird es dem Gesetzgeber wohl eine Frist für die Neuregelung auferlegen. Für die Gemeinden bedeutet dies u. U. eine erhebliche Unsicherheit bzgl. ihrer Finanzen, da die GrSt bislang 10 bis 15 % des Finanzetats ausmacht. Es zeigt sich dann aber auch, dass viele Grundstücke erheblich höher bewertet werden müssen als bislang, was ggf. mit geringeren Messzahlen und Hebesäten aufzufangen wäre, um Härtefällen vorzubeugen und einen sonst ggf. notwendigen Wegzug zu vermeiden. Ob dies zu mehr Einzelfallgerechtigkeit führt, bleibt abzuwarten. Außerdem könnten finanziell schwach aufgestellte Kommunen der Versuchung erliegen, sich über eine höhere GrSt zu sanieren. Dies würde insbesondere Mieter in Ballungsgebieten mehr belasten, da die GrSt auf die Mietnebenkosten umgelegt werden darf. Die Rechtslage ist also äußerst komplex und (sozial-)politisch nicht ohne “Sprengsatz”. Die Entscheidung des BVerfG ist daher in vielfacher Hinsicht wegweisend. Ein weiterer Punkt ist, dass die Werte seit 1964 alle sechs Jahre neu bestimmt werden sollten, was nicht geschehen ist. Auch muss das Bewertungsgesetz ggf. geändert werden.
Udo Eversloh, Ressortleiter Steuerrecht