Im Blickpunkt
Die Besorgnis der Steuerbehörden über das Problem der Steuervermeidung und aggressiven Steuerplanung in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass die Europäische Union 2011 die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (DAC) einführte, um die Transparenz und die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Besteuerung zu fördern. Seit dem 1.7.2020 sind aufgrund der Überarbeitung der Amtshilferichtlinie (DAC 6), sog. Intermediäre und steuerpflichtige Nutzer verpflichtet, Gestaltungen, die bestimmte steuerliche Auswirkungen haben, den Steuerbehörden zu melden. Auch Deutschland war verpflichtet, DAC 6 in nationales Recht umzusetzen. Nunmehr sind Steuerpflichtige und Intermediäre nach §§ 138d ff. AO verpflichtet, bestimmte gesetzlich definierte grenzüberschreitende Steuergestaltungen zu identifizieren, zu melden und den deutschen Steuerbehörden gegenüber offenzulegen. Aussagekräftige Informationen darüber, wie wirksam DAC 6 für die Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs ist, gibt es bisher nicht. Auch fehlen Informationen darüber, welche Kosten auf Seiten der Unternehmen, aber auch auf Seiten der Finanzverwaltung, durch DAC 6 entstanden sind und weiter entstehen werden. Dies nimmt eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU zum Anlass, Fragen rund um die Wirksamkeit und das Kosten-Nutzen-Verhältnis von DAC 6 an die Bundesregierung zu adressieren (Drs. 20/6502). So möchte die Fraktion u. a. wissen, wie viele Mitteilungen grenzüberschreitender Steuergestaltungen bisher bei den Finanzverwaltungen eingegangen sind, und wie viele sich als verdächtige Steuergestaltung herausgestellt haben. Neben weiteren interessanten Fragen, die aus Platzgründen hier nicht beschrieben werden können, darf auch gespannt auf die Antwort gewartet werden, wie hoch die Steuermehreinnahmen aus der Bekämpfung der identifizierten grenzüberschreitenden Steuergestaltungen waren. So lässt sich dann vielleicht auch die Frage beantworten, ob es sich bei DAC 6 um ein “wirksames Instrument oder Bürokratiemonster” handelt.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht