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BB 2017, I
Scherp 

Geldwäscherisiken bei Immobilientransaktionen

Abbildung 1

Eine Dunkelfeldstudie der Universität Halle-Wittenberg aus dem Jahr 2015 kommt zu dem Ergebnis, bei der Immobilienbranche handele es sich um einen Hoch-Risiko-Sektor für Geldwäsche. “Die hohen Transaktionsvolumen, die bei Immobilienkäufen erreicht werden, machen diesen Wirtschaftssektor äußerst attraktiv zur Geldwäsche.” Laut den Autoren der Studie berichtete jeder Zehnte von 150 befragten Immobilienmaklern über mindestens einen Fall in den letzten zwei Jahren, bei dem der Kaufpreis in bar entrichtet werden sollte, und jeder fünfte Befragte erlebte im Rahmen seiner Vermittlertätigkeit “ungewöhnlich kurzfristige Eigentümerwechsel”.

Auch bei Bauträgern und Architekten bestünden erhebliche Risiken, da es dem ganzen Wirtschaftszweig weitgehend am Risikobewusstsein fehle. Neben dem Einsatz hoher Bargeldbeträge bei der Bauplanung und -ausführung wird der Einsatz von “Strohmännern” bei Geschäftsabschlüssen, wie z. B. dem Erwerb und der Sanierung von Schrott-Immobilien genannt, deren Sanierung und späterer Verkauf sich nur durch den Einsatz inkriminierter Gelder lohne.

Den Beteiligten wird auf Grund der wirtschaftlichen Interessen und der bei Architekten und Bauträgern nicht vorhandenen Einbeziehung in den Kreis der Verpflichteten des Geldwäschegesetzes fehlendes Anzeigeverhalten und mangelhaftes Interesse an der Geldwäscheprävention vorgeworfen.

Die Dunkelfeldstudie unterstreicht die Ergebnisse einer vom BKA im Jahr 2013 veröffentlichten Fachstudie “Geldwäsche im Immobiliensektor in Deutschland”: Das Risiko der Geldwäsche sei im Immobiliensektor weitgehend unbekannt und von den Marktteilnehmern würde wirtschaftlichen Interessen gegenüber der Geldwäscheproblematik klar der Vorrang eingeräumt.

Aber auch die rechtsberatenden und vermögensverwaltenden Berufe bekommen in der neueren Studie ihr Fett weg: “Zwar zeigen diese Berufsgruppen in Relation zu Immobilienmaklern und Güterhändlern eine erhöhte Awareness, aber die Zahl der Verdachtsmeldungen bleibt gleichwohl weit unterhalb der Möglichkeiten dieser Berufsgruppen.” Die Anfälligkeit bestimmter Produkte wie Immobilien- und Unternehmenskäufe/-beteiligungen werde von entsprechenden Berufsträgern noch zu sehr unterschätzt.

Hier stellt sich die Frage, ob diese Befunde der Realität entsprechen oder ob sie lediglich dazu dienen, dem Gesetzgeber eine Begründung für noch mehr Regulierung, noch mehr Überwachung und noch mehr Kontrolle zu liefern, obwohl noch keine der unzähligen Novellierungen und Änderungen des Gesetzes seit seiner Schaffung im Jahr 1993 den wirklichen Durchbruch in der Geldwäscheprävention erbringen konnte.

Das gesetzgeberische Ziel bei der Schaffung des Straftatbestandes der Geldwäsche sei die Generalprävention gewesen, schreibt der wohl renommierteste Strafrechtskommentator Deutschlands, Fischer, in seinem StGB-Kommentar. Indem Tatgewinne verkehrsunfähig gemacht werden und ihre Re-Integration in den Wirtschaftskreislauf verhindert wird, soll die Begehung von “Vortaten” für den Täter sinnlos werden. Fischer kritisiert, der Tatbestand sei “in der Wirklichkeit” geprägt vom Ausbau eines Kontrollapparats, “der inzwischen fast alles erlaubt und gleichwohl fast nichts erreicht”. Das Konzept habe sich als eklatant unwirksam erwiesen.

Zwischen diesen beiden Extremen bewegt sich der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie erstaunlich behände. Immobilienmakler, schon lange Verpflichtete des Geldwäschegesetzes, sind per Definition nur dann Verpflichtete, wenn sie gewerblich den Kauf oder Verkauf von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten vermitteln. Bauträger, Architekten und Immobilienunternehmer werden – entgegen den Forderungen der Autoren der Dunkelfeldstudie – nicht in den Kreis der Verpflichteten aufgenommen. Rechtsanwälte und Notare, soweit sie für ihre Mandanten beim Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben agieren, waren auch schon immer Verpflichtete des Geldwäschegesetzes, genauso wie Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und die gesamte Finanzbranche, unter deren Beteiligung die einschlägigen Transaktionen abgewickelt werden.

Andererseits müssen die Verpflichteten außerhalb der Finanzbranche zukünftig eine Risikoanalyse abfassen und sog. interne Sicherungsmaßnahmen einrichten, die von einem “Mitglied der Leitungsebene” des betroffenen Verpflichteten intern zu genehmigen und zu überwachen sind. Dazu zählt die Bereitstellung einer Geldwäscherichtlinie ebenso wie die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten und die Schulung der Mitarbeiter in Belangen der Geldwäscheprävention.

Doch diese vornehmlich organisatorischen und bisweilen bürokratisch anmutenden Maßnahmen werden nicht von Erfolg gekrönt sein, solange das “know your customer-Prinzip” sich nicht als Grundlage jeglicher Geschäftstätigkeit in den Köpfen aller Marktteilnehmer etabliert hat. Dazu gehört nicht nur, den Geschäftspartner zu kennen und zu wissen, in wessen Interesse er handelt (der sog. wirtschaftlich Berechtigte), sondern auch einzuschätzen, ob das Geschäft für den Vertragspartner überhaupt Sinn macht und woher die finanziellen Mittel, die er zum Einsatz bringt, stammen. Dazu ist nicht detektivisches Nachspüren und zwanghaftes Kontrollverhalten erforderlich, sondern lediglich der Einsatz kaufmännischer Sorgfalt und eine ausgewogene Mischung zwischen Skepsis und Vertrauen angebracht.

Dr. Dirk Scherp, RA und Of Counsel bei Gleiss Lutz Rechtsanwälte, Steuerberater, Frankfurt a. M. Mit dem Thema “Geldwäsche” ist er seit Schaffung des Straftatbestandes 1992 und Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes 1993 in verschiedenen Funktionen befasst, u. a. als Staatsanwalt, als Konzern-Geldwäschebeauftragter einer deutschen Großbank und Fachautor. Scherp ist u. a. Mitautor des nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens in der dfv Mediengruppe, Fachbereich Recht und Wirtschaft, erscheinenden GwG-Kommentars.

 
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