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BB 2022, I
von Bieberstein 

Der Ablauf der Evaluierungsperiode zur deutschen außenwirtschaftsrechtlichen Investitionskontrolle – Hoffen auf mehr Klarheit und Erleichterungen für die Praxis

Abbildung 1

Die Prüfungspraxis des BMWK sollte Erleichterungen für passive Investitionen und andere Erwerbsstrukturen schaffen, die nach Sinn und Zweck der Investitionskontrolle keine Risiken in sich tragen.

Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene müssen die existierenden Investitionskontrollregime Rechtssicherheit und Transparenz bieten. Dies gilt auch für das deutsche Investitionskontrollregime. In diesen Tagen endet die zweijährige Evaluierungsperiode für die Änderungen der deutschen Investitionskontrolle der letzten Jahre. Für diese Periode bewertet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), unter Beteiligung weiterer Ministerien, die Wirksamkeit der Neuregelungen und den mit ihrem Vollzug verbundenen Aufwand für Unternehmen und Verwaltung.

Es ist zu hoffen, dass die Evaluierung des BMWK zu mehr Klarheit für die Anwendung der investitionskontrollrechtlichen Vorschriften und zu Erleichterungen in der Anmeldepraxis führt. Offene Fragen gibt es zur Genüge. Generell könnte das BMWK diesen durch umfangreichere Kommentierung der eigenen Prüfpraxis und durch die Veröffentlichungen von Entscheidungsgründen begegnen (so auch zuletzt Salaschek, BB 2022, 1609 ff.). Neben Abgrenzungsfragen zu einzelnen Fallgruppen der §§ 55a und 60 AWV stellen sich insbesondere im Hinblick auf bestimmte Erwerbstrukturen immer wieder Anwendungsfragen.

Zum einen findet die Investitionskontrolle grundsätzlich auf Erwerbe Anwendung, in denen der Erwerber zwar Ausländer oder Unionsfremder, der abschließende, sämtliche relevanten Stimmrechte haltende Gesellschafter selbst jedoch Inländer beziehungsweise Unionsansässiger ist. In diesen Fällen erscheint die Investitionsprüfung rein formalistisch und ihren Sinn und Zweck verfehlend. Für solche Erwerbsstrukturen wäre es sinnvoll, eine ausdrückliche Ausnahme in der AWV oder jedenfalls ein schlankeres und schnelleres Prüfverfahren mit eingeschränkten Informationspflichten vorzusehen.

Eine andere, in der Beratungspraxis immer wieder auftretende Frage ist die Anwendung der Investitionskontrolle auf Investoren in Private Equity oder anderen Fonds-Erwerbsstrukturen sowie bei bestimmten Co-Investments. Die Investoren in diesen Strukturen investieren grundsätzlich mittelbar über ein Investment- beziehungsweise Fondsvehikel in die Zielgesellschaft. Je nach Struktur des Vehikels erwerben die Investoren dabei auch Stimmrechte, die meist jedoch nur rudimentär ausgeprägt sind und sich auf Maßnahmen auf Ebene des Investitionsvehikels beschränken. Die Problematik folgt daraus, dass Gegenstand der deutschen Investitionskontrolle der Erwerb von Stimmrechten an einem inländischen Unternehmen im Allgemeinen ist. Hinsichtlich des Inhalts der Stimmrechte wird keine Unterscheidung vorgenommen. Somit genügt nach dem Wortlaut der AWV grundsätzlich der Erwerb irgendwelcher Stimmrechte, sofern diese in relevanter Höhe durch eine Stimmrechtskette bis zur Zielgesellschaft reichen. Folglich können Erwerber solcher rudimentären Stimmrechte (im Allgemeinen als passive Investoren bezeichnet) je nach Höhe ihrer Stimmrechte zu mittelbaren Erwerbern im Sinne der Investitionskontrolle werden. Sofern sie dann die einzigen ausländischen oder unionsfremden Erwerber sind, sind allein sie maßgeblich für die Meldepflicht des Erwerbs.

Gleichzeitig gestattet ihre mittelbare Beteiligung den passiven Investoren aufgrund der beschränkten Stimmrechte grundsätzlich keinen Einfluss auf Geschäftsentscheidungen oder die Strategie der späteren Zielgesellschaft. Auch die Informationsrechte solcher passiven Investoren sind oftmals auf aggregierte Finanzinformationen über die Zielgesellschaft beschränkt.

Für diese Fälle ist zu überlegen, ob solche passiven Investoren überhaupt relevant für die Investitionskontrolle sein sollen. Nach Sinn und Zweck der deutschen Investitionskontrolle dürften die von ihnen gehaltenen Stimmrechte grundsätzlich keinen relevanten Einfluss auf die Zielgesellschaft haben. Eine voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch diese passiven Investoren kommt damit regelmäßig nicht in Betracht.

Eine gesetzliche Ausnahme für mittelbare Erwerbe rein passiver Investoren ist jedoch nicht zu erwarten. Ein solcher Ausnahmetatbestand könnte nicht mit einer Eindeutigkeit und Allgemeingültigkeit formuliert werden, die es dem Anwender erlaubt, sichere Schlüsse für die eigene Erwerbsstruktur zu ziehen. Insbesondere bei ausländischen Gesellschaftsstrukturen wäre dies kaum sicher zu beurteilen. Selbst bei Vorlage umfangreicher Rechtsgutachten wäre nicht garantiert, dass sich das BMWK dem Ergebnis der Prüfung anschließt. Der praktische Nutzen einer solchen Ausnahmeregelung wäre damit schnell neutralisiert.

Es wäre jedoch begrüßenswert, wenn sich das BMWK zu dieser Thematik klarer positioniert und zu erkennen gibt, inwiefern es in solchen Fällen Raum für Ausnahmen von der Anwendbarkeit der Investitionskontrollregelungen sieht, damit dies auf Erwerberseite im Rahmen der Vorprüfung einbezogen werden kann. Gewisse Ausnahmen für passive Investoren von der Investitionskontrolle, und somit weniger regulatorische Hürden, wären ausländischen Direktinvestitionen zuträglich und würden den Investitionsstandort Deutschland stärken.

Mirko von Bieberstein, LL.M., RA, ist Senior Attorney bei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP am Standort Frankfurt a. M. Seine Beratungsschwerpunkte sind M&A und außenwirtschaftliche Investitionskontrolle.

 
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