FG Hamburg: vGA bei Teilverzicht auf Tantiemezahlung - Beherrschungsverhältnis bei unterschiedlich hohen Kapitalbeteiligungen
FG Hamburg, Urteil vom 20.11.2013 - 2 K 89/13
Sachverhalt
Streitig ist die Beurteilung von Tantiemezahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA).
Die Klägerin ist eine GmbH, die 2002 errichtet wurde. An ihrem Stammkapital von 25.000 € sind Dr. A (A) mit 10.000 € (= 40 %) sowie B (B) und C (C) mit jeweils 7.000 € (= 30%) beteiligt. Unter dem ... 2003 schloss die Klägerin mit ihren Gesellschaftern im hier interessierenden Zusammenhang gleichlautende Geschäftsführerverträge, wonach die Geschäftsführer als Tätigkeitsvergütung ein festes Jahresgehalt von 36.000 € erhielten. Ferner wurde ihnen eine Tantiemezahlung in Höhe von 30 % des Jahresüberschusses, höchstens jedoch 60 % des Jahresfestgehalts zugesagt. Zur Berechnung der Tantieme heißt es in § 2 Ziffer 3 des Geschäftsführervertrages u. a., dass Berechnungsgrundlage der nach handelsrechtlichen Vorschriften ermittelte Jahresüberschuss der Gesellschaft ist, der sich vor Abzug der Tantieme ergibt. Die Tantieme wird auf der Grundlage des vorläufigen Jahresabschlusses zum 15.12. durch eine Gesellschafterversammlung vor dem Jahresende beschlossen.
In der Gesellschafterversammlung vom 20.12.2005 wurde der für die Bestimmung der Tantieme maßgebliche Bilanzstichtag auf den 30.11. des jeweiligen Jahres vorverlegt. Ferner wurde eine Tantiemezahlung an die Geschäftsführer von jeweils 10.000 € beschlossen, die mit dem Dezembergehalt ausgezahlt werden sollte. Hiervon abweichend wurden an B tatsächlich 11.000 € ausgezahlt. Für die Folgejahre 2006 und 2007 wurden auf der Gesellschafterversammlung vom 05.12.2006 und 14.12.2007 Tantiemezahlungen von jeweils 20.000 € beschlossen. In den Streitjahren 2005 bis 2007 erwirtschaftete die Klägerin lt. ihrer vorläufigen Jahresabschlüsse folgende Jahresüberschüsse
2005 88.745,99 €
2006 450.677,55 €
2007 864.789,37 €
Die Jahresfestgehälter wurden mit Wirkung vom 1. Dezember 2006 um monatlich 1.000 € auf 48.000 €, ab 1. März 2007 um monatlich 1.000 € auf 60.000 € und ab 1. November 2007 um weitere 1.000 € auf 72.000 € erhöht.
Nachdem der Beklagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß mit Bescheiden vom 19. Juni 2007 (2005), vom 7. Mai 2008 (2006) und vom 26. Mai 2009 (2007) veranlagt hatte, ging er nach einer Außenprüfung davon aus, dass die Tantiemezahlungen zu vGA führten, weil sie nicht den Anforderungen des formellen Fremdvergleichs für beherrschende Gesellschafter entsprächen. Unter dem 18. Juli 2011 erließ der Beklagte entsprechend geänderte Bescheide für 2005 bis 2007 über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2005 bis 31.12.2007 und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2005 und 31.12.2006. Die Änderungen für 2005 erfolgten gem. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) bzw. § 35b Abs. 2 Satz 2 und 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), für die Folgejahre gem. § 164 Abs. 2 AO.
Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 4. August 2011, mit dem sich die Klägerin darauf berief, dass die Tantiemezahlungen zu keinem Vermögensnachteil geführt hätten. Die Zurückhaltung bei der Höhe des Festgehalts und den Tantiemen sei ausschließlich betrieblich veranlasst gewesen, um die im Aufbau befindliche Gesellschaft zu unterstützen. Die Abweichung von den vertraglichen Grundlagen des Geschäftsführervertrages bei der Bestimmung der Höhe der Tantieme beruhe auf einem handwerklichen Fehler, weil sie, die Klägerin, seinerzeit keine Fremdberatung in Anspruch genommen habe. Während des Einspruchsverfahrens ergingen am 5. Juli 2012 ein gem. § 7g Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) geänderter Bescheid für 2007 über Körperschaftsteuer, über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2007 sowie ein gem. § 35b Abs. 1 GewStG geänderter Bescheid für 2007 über den Gewerbesteuermessbescheid. Mit Entscheidung vom 1. März 2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Am 2. April 2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hält daran fest, dass die Tantiemezahlungen nicht als vGA gewertet werden dürften. Die Vergütung -Festgehalt und Tantieme- sei die Gegenleistung für den Arbeitseinsatz und das Know How der Gesellschafter-Geschäftsführer und führe weder zu einem Vermögensnachteil noch zu einer Vermögensminderung bei der Gesellschaft. Die Gesamtvergütung sei in keinem Jahr unangemessen hoch gewesen. Auch ein fremder Dritter wäre in der Aufbauphase des Unternehmens zu vergleichbaren Konditionen tätig geworden. Soweit sich bei der Bemessung der Tantiemen in den Streitjahren Abweichungen von den vertraglichen Absprachen ergeben hätten, wirkten sich diese nicht zu Lasten, sondern eher zu Gunsten der Gesellschaft aus. Im Geschäftsführervertrag sei auch vorgesehen, dass der Geschäftsführer einvernehmlich auf die Gehaltszahlung verzichten oder einer späteren Gehaltszahlung zustimmen könne, wenn die Liquiditätslage des Unternehmens dies erforderlich mache.
Keiner der Gesellschafter verfüge über die Mehrheit der Anteile. Die Geschäftsführer seien auch nicht als beherrschende Gesellschafter kraft Interessenübereinstimmung anzusehen. Eine vGA könne insoweit nur angenommen werden, wenn sich die gleichgerichteten Interessen gegen die Gesellschaft richteten, dies sei im Streitfall aber ersichtlich nicht der Fall. Auch die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse bei A einerseits und B und C andererseits schließe eine Interesseübereinstimmung aus. Es liege auch keine missbräuchliche Gestaltung vor, vielmehr hätten die Gesellschafter auf ihnen an und für sich zustehende Leistungen zum Wohle der Gesellschaft verzichtet. Im Übrigen hätten die endgültigen Jahresabschlüsse für die Streitjahre ergeben, dass die Zurückhaltung bei den Tantiemen berechtigt gewesen sei, weil sich danach -nach Tantiemen- Jahresüberschüsse nur noch in Höhe von 5.679,27 € in 2005, von 440,93 € in 2006 und von 44.663,53 € in 2007 ergeben hätten.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2006 und 2007, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2005 und zum 31. Dezember 2006, die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2006 und 2007, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2005 und 31. Dezember 2006, jeweils vom 18. Juli 2011, und die Einspruchsentscheidung vom 1. März 2013 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Tantiemezahlungen in 2005 in Höhe von 31.000 € sowie in 2006 und 2007 in Höhe von jeweils 60.000 € als Betriebsausgaben und nicht als vGA berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält daran fest, dass die Tantiemezahlungen zu vGA führen. Die drei Gesellschaftergeschäftsführer seien aufgrund gleichgerichteter Interessen in Bezug auf die Festlegung der Vergütung als beherrschende Gesellschafter anzusehen. Dies belege auch die schnelle Einigung über die Festlegung der Höhe der Vergütungen in den Protokollen über die Gesellschafterversammlungen.
Die Vereinbarungen über die Höhe der streitigen Tantiemen genügten nicht den formellen Anforderungen für Verträge mit beherrschenden Gesellschaftern mit der Folge, dass vGA dem Grunde gegeben seien. In keinem Fall seien die Tantiemen, wie vom Geschäftsführervertrag verlangt, prozentual an dem vorläufigen Jahresabschluss orientiert worden. Insoweit könnten sich die Geschäftsführer auch nicht auf steuerliche Unkenntnis berufen. Dass Verträge einzuhalten seien, gehöre vielmehr zum kaufmännischen Grundwissen. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in den Geschäftsführerverträgen eine Gehaltsanpassung bzw. ein Gehaltsverzicht ausdrücklich vorgesehen sei. Denn auch insoweit bedürfe es einer klaren und eindeutigen Vereinbarung über den Verzicht, an der es im Streitfall fehle.
Entgegen der Annahme der Klägerin führten die Zahlungen auch zu einer Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften über den Erörterungstermin vom 12. September 2013 und die Senatssitzung vom 20. November 2013 Bezug genommen.
Die die Klägerin betreffende Steuerakten zur Steuernummer .../.../... haben vorgelegen.
Aus den Gründen
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)). Der Beklagte hat die Tantiemezahlungen zu Recht als vGA angesehen und nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen.
Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat die Rechtsprechung eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des BFH seit Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BStBl III 1967, 626; vgl. auch BFH vom 11. Oktober 2012 I R 75/11, BFH/NV 2013, 25). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BStBl II 1998, 545; vom 27. März 2001 I R 27/99, BStBl II 2002, 111, jeweils m. w. N.).
Nach der Rechtsprechung ist das Fehlen klarer, eindeutiger, wirksamer und im voraus geschlossener Vereinbarungen kein unwiderlegbares Merkmal einer vGA, sondern nur ein für eine vGA sprechendes Beweisanzeichen (vgl. BFH vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BStBl II 1998, 847; vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, BStBl II 1999, 35; vom 11. Februar 1997 I R 43/96, BFH/NV 1997, 806; vom 8. April 1997 I R 39/96 BFH/NV 1997, 902). Hiervon unberührt bleibt aber die Erkenntnis, dass Vereinbarungen, die bewusst die Höhe des von der Kapitalgesellschaft zu zahlenden Entgelts nicht von vornherein klar und eindeutig festlegen, aufgrund der typischerweise fehlenden Interessengegensätze Möglichkeiten zur Gewinnmanipulation eröffnen, die gerade durch § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG verhindert werden sollen (BFH vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BStBl II 1998, 545 m. w. N.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin als beherrschende Gesellschafter anzusehen. Zwar kann keiner der beteiligten Gesellschafter für sich allein einen beherrschenden Einfluss auf die Klägerin ausüben, weil keine der Beteiligungen mehr als 50 % des Stammkapitals beträgt. Sie gewähren deshalb nicht die für die Beschlussfassung erforderliche Mehrheit der Stimmen i. S. v. § 47 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Nach ständiger Rechtsprechung kann aber ein Gesellschafter, der über 50 % oder weniger Prozent der Gesellschaftsanteile verfügt, einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen, gleichgerichtete Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen. Das jeweilige Rechtsgeschäft muss Ausdruck der gleichgerichteten Interessen sein (vgl. BFH vom 9. April 1997 I R 52/96, BFH/NV 1997, 908; vom 4. Dezember 1991 I R 63/90, BStBl II 1992, 362, m. w. N.; vom 13. Dezember 1989 I R 45/84, BFH/NV 1990, 455; vom 28. Februar 1990 I R 83/87, 192, BStBl II 1990, 649; vom 10. März 1993 I R 51/92, BStBl II 1993, 635, m. w. N.). Hierbei muss es sich um gleichgerichtete materielle, d. h. finanzielle Interessen der Gesellschafter handeln und die Interessen müssen im Zeitpunkt des jeweils zu beurteilenden schuldrechtlichen Vertrages gleichgerichtet sein (vgl. z. B. BFH vom 9. April 1997 I R 52/96, BFH/NV 1997, 908). Von einer derartigen Interessenübereinstimmung ist im Allgemeinen bei der gleichmäßigen Erhöhung von mehreren Geschäftsführervergütungen auszugehen.
Im Streitfall ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls keine hiervon abweichende Beurteilung geboten. Zwar kann die unterschiedliche Beteiligungshöhe der Gesellschafter gegen eine Interessenübereinstimmung sprechen. So hat der BFH ein Beherrschungsverhältnis wegen gleichgerichteter Interessen in einem Fall abgelehnt, in dem gleich hohe Tantiemezahlungen erfolgten, einer der Gesellschafter aber mit 50% und die beiden anderen Gesellschafter mit jeweils 25% beteiligt waren und in den Anstellungsverträgen eine Tantiemezahlung nicht vorgesehen war (Urteil vom 26. Juli 1978 I R 138/76, BStBl II 1978, 659). Bei der Verneinung gleichgerichteter Interessen hat der BFH auch berücksichtigt, dass jene Gesellschaft fast ihren gesamten Handelsbilanzgewinn an ihre Gesellschafter ausgeschüttet hatte und der mit 50% beteiligte Gesellschafter einen höheren Betrag erhalten hätte, wenn der für die Tantiemezahlungen verwendete Gewinn offen nach Maßgabe des Beteiligungsverhältnisses ausgeschüttet worden wäre.
Hiervon unterscheidet sich die Interessenkonstellation im Streitfall. Die unterschiedliche Höhe der Beteiligungen von A einerseits mit 40% und B und C andererseits mit 30% ist eher marginal. Zudem war bereits in den Anstellungsverträgen eine Tantiemezahlung vorgesehen, und zwar in gleicher Höhe für die drei Gesellschafter-Geschäftsführer. Auch die Festgehälter wiesen keine Unterschiede auf, die kontinuierlichen Erhöhungen wurden für alle Gesellschafter-Geschäftsführer in gleicher Weise vorgenommen. Die Gesellschafter haben damit ersichtlich den unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen selbst keine entscheidende Bedeutung beigemessen, sondern auf die Gleichmäßigkeit ihrer Arbeitsleistungen für den Aufbau des Unternehmens abgestellt. Sie stimmten nach den getroffenen Vertragsabsprachen ersichtlich auch darin überein, sich zunächst mit einem verhältnismäßig geringen Festgehalt zufrieden zu geben, und die Tantieme an den Erfolg des Unternehmens zu knüpfen, um die Gesamtvergütung damit flexibel zu halten. Die einvernehmliche Festlegung einer geringeren als der vertraglich vorgesehenen Tantieme, in den Streitjahren 2005 und 2007 sogar deutlich geringeren, "zum Wohle der im Aufbau befindlichen Gesellschaft" belegt überdies die Übereinstimmung der Gesellschafter. Schließlich sind in den Streitjahren auch keine Gewinne ausgeschüttet worden, sodass es an einem Maßstab fehlt für den Vergleich des Anteils des Gesellschafters am ausgeschütteten Gewinn und dem Betrag, den er erhalten hätte, wenn Tantiemen nicht ausgezahlt, sondern als Gewinn ausgeschüttet worden wären (hierzu BFH vom 11. Dezember 1985 I R 164/82, BStBl II 1986, 469, anders BFH vom 2. Juli 1986 I R 144/85, BFH/NV 1987, 398). Vor diesem Hintergrund ist die Festlegung der Höhe der Tantiemen als Ausdruck der gleichgerichteten Interessen der Gesellschafter anzusehen.
Ist danach davon auszugehen, dass die Gesellschafter der Klägerin im Zusammenhang mit den Tantiemezahlungen beherrschenden Einfluss auf ihre Gesellschaft nehmen konnten, unterliegen die Zuwendungen der Klägerin an ihre Gesellschafter besonderen, eingangs dargestellten Anforderungen. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die in den Anstellungsverträgen vereinbarten Tantiemen den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien nach Klarheit und Eindeutigkeit entsprachen, denn unzweifelhaft ist das Vereinbarte -prozentuale Bemessung der Tantieme nach dem vorläufigen Jahresabschluss per 15.12. bzw. per 30.11.- nicht umgesetzt worden. Tatsächlich wurden die Tantiemen pauschal nach überschlägiger Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft festgelegt.
Die von dieser Missachtung der formellen Anforderungen ausgehende Indizwirkung für eine gesellschaftliche Veranlassung ist im Streitfall auch nicht widerlegt worden. Insoweit beruft sich die Klägerin zu Unrecht darauf, die Gesamtausstattung der Gesellschafter sei in jedem der Streitjahre angemessen gewesen und habe keinen Vermögensnachteil, sondern wegen der Unterschreitung der an sich vorgesehenen Tantiemezahlung einen Vermögensvorteil bei der Gesellschaft bewirkt. Die möglicherweise gleichgerichteten Interessen hätten sich zudem nicht gegen die Gesellschaft gerichtet. Denn im Rahmen der Beurteilung der gesellschaftlichen Veranlassung ist der sog. doppelte Fremdvergleich heranzuziehen (vgl. BFH vom 17. Mai 1995 I R 147/93, BStBl II 1996, 204; vom 8. April 1997 I R 88/94, BStBl II 1996, 383; vom 28. Januar 2004 I R 87/02, BFH/NV 2004, 736). Danach kann eine vGA auch dann vorliegen, wenn eine Kapitalgesellschaft mit ihrem Gesellschafter eine an sich für sie günstige Vereinbarung trifft, ein gedachter fremder Dritter einer solchen Vereinbarung aber nie zugestimmt hätte. Im Streitfall hätte ein Fremdgeschäftsführer nicht ohne weiteres auf die ihm vertraglich zugesagte Tantieme verzichtet und sich mit einem deutlich geringeren Betrag abgefunden. Ein fremder Dritter hätte jedenfalls hinsichtlich des Differenzbetrages eine Stundungs- und Verzinsungsabrede getroffen.
Soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, in den Geschäftsführerverträgen sei ein temporärer Gehaltsverzicht mit Rücksicht auf die Liquiditätslage der Gesellschaft ausdrücklich vorgesehen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zum einen bezieht sich diese Klausel auf das Festgehalt und nicht auf die -gewinnabhängige- Tantieme, die von vorneherein an eine bestimmte positive Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft anknüpft, zum anderen hätte es auch dann einer konkreten Absprache bezüglich der Modalitäten eines (Teil)verzichts oder einer Stundung bedurft. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob die Gesellschafter in "Missbrauchsabsicht" oder zum Wohle der Gesellschaft handelten. Entscheidend ist vielmehr, dass sie es gemeinsam in der Hand hatten, frei über den Gewinn der Gesellschaft zu befinden, sich beherrschende Gesellschafter aber an ihren Verabredungen festhalten lassen müssen, wie auch fremde Dritte sich im Zweifel an ihre Abmachungen halten.
Die Vereinbarungen über die Tantiemezahlungen sind danach wegen Fehlens der Sonderanforderungen für beherrschende Gesellschafter und wegen Unüblichkeit als vGA dem Grunde nach zu qualifizieren. Auf die Angemessenheit der Tantieme und der Gesamtausstattung der Gesellschafter kommt es danach nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.