FG Düsseldorf: Zurechnung von Einkünften bei Zwischenschaltung einer juristischen Person zur Verschleierung kriminellen Handelns
FG Düsseldorf, Urteil vom 9.10.2018 – 13 K 1792/17 G
ECLI:DE:FGD:2018:0924.3K2728.16G.00
Volltext:BB-ONLINE BBL2019-470-4
Sachverhalt
Streitig ist die gewerbesteuerliche Behandlung des sog. Reisevorleistungseinkaufs im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für 2009.
Die klagende GmbH ist Reiseveranstalterin im Endkundengeschäft. Sie ermittelt ihren Gewinn gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – in Verbindung mit §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes – EStG – unter Zugrundelegung eines abweichenden Wirtschaftsjahres … Die Klägerin erzielte im Wirtschaftsjahr 2008/2009 Umsatzerlöse i. H. v. … €; davon entfielen auf den „Verkauf“ von Reiseleistungen Umsätze i. H. v. …. €. Der Jahresüberschuss betrug …. €.
Die Klägerin organisiert Urlaubsreisen u.a. in der Form von Pauschalreisen und führt diese nach Maßgabe der §§ 651a ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – durch. Zu diesem Zweck „kauft“ die Klägerin Reiseleistungen ein, die sie dann gebündelt als Leistungspaket auf eigene Rechnung und in eigenem Namen zu einem Gesamtpreis gegenüber den Reisenden erbringt. Zur Erfüllung der Reiseverträge bedient sich die Klägerin verschiedener Leistungsträger im Sinne des § 651a Abs. 2 BGB a.F. (z.B. Luftfahrtunternehmen, Deutsche Bahn, Hoteliers), die der Klägerin die in einer Pauschalreise enthaltenen Leistungen verschaffen. So erbringen etwa Hoteliers in ihrer Funktion als Leistungsträger Hotelleistungen gegenüber den Kunden der Klägerin. Daneben unterhält die Klägerin Vertragsbeziehungen zu Zielgebietsagenturen, die ihr neben den Leistungsträgern teils gebündelte Reisepakete im sog. B2B-Ketten-Geschäft verkaufen. Zudem bezieht die Klägerin ihre Hotelkontingente teils über andere Reiseveranstalter. In diesem Zusammenhang entstehen ihr u.a. Aufwendungen für den „Einkauf“ von Hotelkontingenten, im Wirtschaftsjahr 2008/2009 insgesamt … €. Buchhalterisch erfasst die Klägerin verkaufte, aber noch nicht angetretene Reisen als Umlaufvermögen.
Für das Streitjahr 2009 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag zunächst mit … € fest (Bescheid vom 6. April 2011). Dabei wurden Miet- und Pachtzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter im Eigentum eines anderen i. H. v. … € und Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter im Eigentum eines anderen i. H. v. … € (quotal) der Hinzurechnung unterworfen. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Er wurde in der Folgezeit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – geändert, ohne dass die gewerbesteuerliche Hinzurechnung betroffen war.
Auf der Grundlage der Prüfungsanordnung vom 9. Dezember 2013 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung in den Jahren 2014 und 2015 eine steuerliche Außenprüfung für die Jahre 2009 bis 2011 bei der Klägerin durch, die u.a. die Gewerbesteuer betraf. Dabei traf die Betriebsprüfung im Hinblick auf die Reisevorleistungen folgende Feststellung:
Nach Rn. 29b der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2. Juli 2012 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2012, 654 Rn. 29b) seien Aufwendungen für die Anmietung von Unterkünften, die unmittelbar der originären Tätigkeit des Unternehmens zuzuordnen seien (z.B. Reisedienstleistungen), dem Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – anteilig wieder hinzuzurechnen. Die Ergänzung um das Wort „Reisedienstleistungen“ stelle klar, dass der Reisevorleistungseinkauf „Hotel“ eines Reiseveranstalters der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG unterliege.
Hotelverträge seien als Mietverträge im Sinne des § 535 BGB zu qualifizieren. Es handele sich um gemischte Verträge, da der Hotelier neben Übernachtungsleistungen eine Vielzahl von Nebenleistungen erbringe. Die wesentliche Leistung liege aber in der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung, so dass insgesamt Mietverträge im Sinne des bürgerlichen Rechts vorlägen. Zentrales Merkmal eines Hotelvertrags sei stets die Übernachtungsleistung und folglich die entgeltliche Gebrauchsüberlassung.
Hinsichtlich der Hinzurechnung von Hotelleistungen bei Reiseveranstaltern gelte nach Verwaltungsauffassung Folgendes: Biete ein Unternehmen dem Kunden Reisen als Gesamtpaket, d.h. unter Verbindung mehrerer Komponenten (Beförderung, Unterbringung, Verpflegung, Ausflüge) an, stelle sich die Frage, ob die Hotelkosten der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG unterlägen. In diesen Fällen würde der Gewerbetreibende die Einzelleistungen (Beförderung, Unterbringung, Verpflegung, Ausflüge, Wellness) typischerweise nicht vollständig selbst erbringen, sondern – zumindest teilweise – durch Subunternehmer. Für Unterbringung und Verpflegung würden dabei typischerweise Hotelkontingente im Voraus erworben und vom Reiseveranstalter im Laufe des Jahres abgerufen. Aufwendungen eines Reiseveranstalters im Zusammenhang mit der bloßen Reservierung eines Zimmerkontingents (Reservierungsvertrag) unterlägen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Bei der Buchung von Hotelunterkünften durch den Reiseveranstalter liege zwischen diesem und dem jeweiligen Hotelbetreiber ein gemischter Vertrag vor, dessen gewerbesteuerliche Behandlung sich nach den Grundsätzen der Rn. 6 und 7 der gleichlautenden Ländererlasse vom 2. Juli 2012 richtete. Die zwischen Reiseveranstalter und Hotelbetreiber geschlossenen Verträge stellten – ungeachtet des Umfangs des Leistungspakets – keine Verträge besonderer Art dar, weil ihnen weder die Raumüberlassung noch eine sonstige Leistung das Gepräge gebe. Vielmehr seien die Einzelleistungskomponenten dieser Verträge getrennt zu betrachten. Es handele sich demnach nicht um ein „einheitliches und unteilbares Ganzes“. Im Ergebnis unterlägen somit sämtliche der Hotelunterkunft zuzurechnenden Entgelte der Hinzurechnung. Hinsichtlich der in der Hotelbranche üblicherweise vorkommenden Paketvereinbarungen würden folgende Leistungen von der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG mitumfasst: die üblicherweise unmittelbar mit der Überlassung der Unterkunft einhergehenden Nebenleistungen wie z.B. Zimmerreinigung und Rezeption; die als Nebenleistung mit der Hotelunterkunft verbundene Nutzungsberechtigung für hoteleigene Anlagen wie z.B. Schwimmbad, Sauna, Sportstätten, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, denen ein eigener wirtschaftlicher Gehalt immanent ist.
Nicht hinzuzurechnen seien hingegen Entgelte für Leistungen, denen ein eigener wirtschaftlicher Gehalt beizumessen sei. Unabhängig davon, ob deren Inanspruchnahme für gewöhnlich eine gesonderte Vereinbarung zugrunde liege oder nicht, stünden diese Leistungen üblicherweise nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hotelunterkunft. Demnach könnten auch ohne Bestehen einer besonderen Aufpreispflicht folgende Leistungen als gesonderte Leistungen und somit als nicht-hinzurechnungspflichtige Leistungen angesehen werden, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls zu einer anderen Beurteilung führten: Verpflegungsleistungen; Beförderungsleistungen (Shuttleservice); spezielle Wellness- und Sportleistungen, nicht aber die Nutzung der hauseigenen Sauna oder des hauseigenen Schwimmbades; Concierge-Dienste, nicht aber die übliche Rezeption; Willkommens- und Unterhaltungsveranstaltungen; Ausflüge usw.
Sofern die Aufwendungen hierfür nicht gesondert im Vertragspaket ausgewiesen würden, sei der hierauf entfallende Anteil durch Schätzung zu ermitteln (vgl. auch Urteil des Sächsischen FG vom 28. September 2011 8 K 239/11, nicht veröffentlicht; Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 1. August 2012 IV R 55/11, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2012, 1826).
Was die Voraussetzung der Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens angehe, sei für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG darauf abzustellen, ob ein Wirtschaftsgut Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wäre, wenn es im Eigentum des Mieters oder Pächters stünde. Demnach sei nicht auf die Zugehörigkeit des Überlassungsvertrag (hier: Mietvertrag Hotelzimmer), sondern auf die fiktive Zugehörigkeit des angemieteten Wirtschaftsguts (hier: Hotelzimmer) zum Anlagevermögen abzustellen. Entscheidend für die Zuordnung zum Anlagevermögen sei, dass das Wirtschaftsgut als solches nicht zum Verbrauch oder zur Weiterveräußerung, sondern zum Gebrauch im Betrieb bestimmt sei (BFH-Urteil vom 30. März 1994 I R 123/93, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 174, 554, BStBl II 1994, 810). Letzteres sei bei den von einem Reiseveranstalter angemieteten Hotelzimmern der Fall, da diese den Endkunden des Reiseveranstalters lediglich zeitlich begrenzt überlassen würden. Eine Veräußerung oder ein Verbrauch der Hotelzimmer erfolge nicht. Dass sich der Vertrag über die Anmietung des Hotelzimmers in der Zeit der Nutzung durch den Endkunden des Reiseveranstalters verbrauche, sei unerheblich. Die kurzfristige Anmietung des Hotelzimmers und die anschließende Weitervermietung an den Reisenden stehe der Zuordnung zum Anlagevermögen nicht entgegen (BFH-Urteil vom 29. November 1972 I R 178/70, BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148). Im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung habe das Niedersächsische FG in seinem Urteil vom 26. Mai 2011 (10 K 290/10, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2011, 2101) entschieden, dass auch Mieten eines Konzertveranstalters bei häufigen und wechselnden Grundstücksanmietungen gewerbesteuerlich hinzuzurechnen seien. Die Kurzfristigkeit der jeweiligen Anmietung allein rechtfertige nicht den Verzicht auf die gewerbesteuerliche Hinzurechnung, da die Dauer der Anmietung nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers kein maßgebliches Kriterium darstelle. Im entschiedenen Fall seien die durch den Veranstalter angemieteten Immobilien dauerhaft zur unmittelbaren Verwirklichung des Unternehmenszwecks erforderlich.
§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG setze auch keine Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum (fiktiven) inländischen Anlagevermögen voraus. Die Hinzurechnung sei daher nicht von der inländischen Belegenheit des Hotels abhängig. Entscheidend sei, dass sich die Mietaufwendungen auf den für die inländische Betriebsstätte ermittelten Betrag ausgewirkt haben.
Im Streitfall seien folgende Hotelaufwendungen angefallen:
Wj. 2008/2009 |
Wj. 2009/2010 |
Wj. 2010/2011 |
|
Hotelaufwendungen gesamt (lt. Buchführungskonten) |
… € |
… € |
… € |
Kürzung pauschal 9 % |
… € |
… € |
… € |
Summe Kosten Hotelanmietungen |
… € |
… € |
… € |
Bei der Überprüfung der Konten „Hotelaufwendungen“ sei festgestellt worden, dass die Klägerin auf diesen Aufwandskonten neben den Kosten für die Anmietung von Hotelkontingenten auch Transferkosten (Flughafen-Hotel-Flughafen), „Handling fees“ und Kosten der Reiseleitung verbucht habe. Insoweit handele es sich um Aufwendungen für Leistungen, die nicht unter die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG fielen. Die Betriebsprüfung schätzte hierbei den Anteil der nicht der Hinzurechnung unterliegenden Kosten auf 9 % der gebuchten Hotelaufwendungen.
Eine konkrete Zuweisung, welche Hotelkontingente mit welcher Verpflegungsoption angemietet worden seien, sei grundsätzlich nur der Klägerin anhand der Vertragsunterlagen möglich. Ihrer Mitwirkungspflicht komme insoweit verstärkte Bedeutung zu. Zu diesem Zweck sei die Klägerin um detaillierte Aufteilung der Hotelanmietung entsprechend dem tatsächlich gebuchten Verpflegungsstatus (Nur-Übernachtung, Übernachtung mit Frühstück, Halbpension, Vollpension, All-inclusive) gebeten worden. Eine detaillierte Aufstellung des Hoteleinkaufs sei jedoch nach den Angaben der Klägerin im Hinblick auf die Vielzahl der angemieteten Hotelkontingente nicht möglich. Überdies ergäben sich praktische Probleme, weil ein Hotelier nicht zur Offenlegung seiner Einzelkalkulation verpflichtet sei. Bei steuererhöhenden Tatsachen obliege die Feststellungslast zwar der Finanzbehörde, da vorliegend aber allein Hotelkontingente im EU- und sonstigen Ausland angemietet worden seien, komme der Klägerin eine erhöhte Mitwirkungspflicht zu (§ 90 Abs. 2 AO).
Was den Aufteilungsmaßstab für die Aufwendungen „Hotelkontingente“ angehe, stelle die bürgerlich-rechtliche Anmietung des Hotelzimmers einschließlich des Inventars beim Beherbergungsvertrag den wirtschaftlich bedeutsamsten Teil der Leistung dar. Die Raumbelegung bilde regelmäßig den Schwerpunkt der Leistung, während sich die übrigen Leistungskomponenten wie z.B. die Zubereitung von Speisen, die Reinigung des Zimmers sowie die Überlassung von hoteleigenen Sport- und Wellnessbereichen der Zimmeranmietung unterordneten. Nach Auffassung der Betriebsprüfung sei eine Trennung in einzelne Leistungskomponenten im Schätzungswege grundsätzlich möglich. Hierbei seien die Aufwendungen aus den gemischten Verträgen, soweit sie auf die Anmietung von unbeweglichem Anlagevermögen oder aber auf die übrigen Serviceleistungen entfielen, sachgerecht zu schätzen und das Gesamtentgelt aufzuteilen (vgl. Rn. 6 der gleichlautenden Ländererlasse vom 2. Juli 2012, BStBl I 2012, 654; BMF-Schreiben vom 22. Mai 2013; Verfügung der OFD NRW vom 4. November 2013, Der Betrieb – DB – 2013, 2711).
Hinsichtlich der Aufteilung der Kosten lege die Betriebsprüfung die von der Rechtsprechung entwickelten Prozentsätze zu den ersparten Aufwendungen zu Grunde, die ein Hotelier bei Nichterscheinen des Gastes vergüten müsse, d.h. bei Übernachtung/Frühstück pauschal 10 bis 20 %, bei Übernachtung/Halbpension pauschal 30 % und bei Übernachtung/Vollpension pauschal 40 %.
Weiterhin schätzte die Betriebsprüfung, dass die Gesamtaufwendungen i. H. v. … € wie folgt auf die verschiedenen Reiseangebote zu verteilen seien:
All-inclusive |
70 % |
Halbpension |
20 % |
Vollpension |
5 % |
Übernachtung/Frühstück |
3 % |
Übernachtung |
2 % |
Des Weiteren sei ein Verpflegungsanteil abzuziehen, der bei All-inclusive-Reisen mit 45 % angesetzt werden könne. Bei reinen Übernachtungsleistungen sei keine weitere Minderung vorzunehmen.
Zudem seien die übrigen Serviceleistungen wie Kosten für Shuttle, Willkommens- und Unterhaltungsveranstaltungen usw. mit einem Abschlag zu berücksichtigen. Die vorgenannten Kosten würden mit 2,5 % der verbleibenden Miet- und Pachtkosten geschätzt. Unter Berücksichtigung der anteiligen Kürzungen und des Vorbringens der Klägerin, dass die Leistungsentgelte für Raumanmietungen in einen Anteil für bewegliche Wirtschaftsgüter und einen Anteil für unbewegliche Wirtschaftsgüter aufzuteilen seien, ergäben sich die nachstehend aufgeführten Hinzurechnungsbeträge (vgl. Anlage 12 zum Betriebsprüfungsbericht):
Hinzurechnungsbeträge lt. BP |
2009 |
2010 |
2011 |
Miete bewegliche Wirtschaftsgüter |
… € |
… € |
… € |
Miete unbewegliche Wirtschaftsgüter |
… € |
… € |
… € |
Bei der Aufteilung rechnete die Betriebsprüfung einen Anteil von 6,65 % den beweglichen Wirtschaftsgütern und einen Anteil von 93,5 % den unbeweglichen Wirtschaftsgütern zu. Auf Tz. 2.4.4 des Betriebsprüfungsberichts vom 29. Mai 2015 wird ergänzend Bezug genommen.
Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag 2009 mit Bescheid vom 31. August 2015 auf … € fest. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags unterwarf er Miet- und Pachtzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter im Eigentum eines anderen i. H. v. … € (1/5 von … €) sowie Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter im Eigentum eines anderen i. H. v. … € (13/20 von … €) – vor Abzug des Freibetrags und Multiplikation mit einem Viertel – der Hinzurechnung.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin rechtzeitig Einspruch ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Hotelverträge keine Mietverträge darstellten. Zudem seien die Leistungen einheitlich und untrennbar, so dass keine gemischten Verträge vorlägen. Auch fiktives Anlagevermögen könne nicht angenommen werden. Schließlich müsste eine ausländische Betriebsstätte angenommen werden, sofern man doch Anlagevermögen fingiere; dann könnten die entsprechenden Aufwendungen nicht hinzugerechnet werden. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Klägerin eine weitergehende Mitwirkung unmöglich sei, da die Hoteliers nicht zur Offenlegung ihrer Einzelkalkulation bereit seien. Auf den Schriftsatz vom 19. November 2015 (Einspruchshefter) wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 26. August 2016 wies der Beklagte den Einspruch unter Bezugnahme auf den Betriebsprüfungsbericht als unbegründet zurück. Der Auffassung der Klägerin, eine Hinzurechnung müsse ausscheiden, weil die Fiktion von Anlagevermögen im Ausland durch die Annahme einer ausländischen Betriebsstätte flankiert werden müsse, könne nicht gefolgt werden. Sie würde zu erheblichen Verwerfungen in der gewerbesteuerlichen Systematik führen. Isoliert auf die Hinzurechnung bezogen wäre die Folge, dass die Mietaufwendungen für fiktives Anlagevermögen im Ausland zwar den Gewerbeertrag minderten, da dieser über § 7 Satz 1 GewStG zunächst einmal nach den allgemeinen Grundsätzen des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrechts zu ermitteln wäre. Allein bei Auslandssachverhalten solle dann aber die Hinzurechnung ausscheiden, obwohl der Gedanke der Finanzierungsneutralität auch in diesen Sachverhalten einschlägig sei. Durch welchen besonderen Zweck sich die hierdurch entstehende Ungleichbehandlung rechtfertigen lasse, sei nicht zu erkennen.
Die Klägerin hat am 22. September 2016 Klage erhoben…
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 vom 31. August 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat die Aufwendungen der Klägerin für den sog. Hoteleinkauf i. H. v. … € bzw. … € zu Unrecht nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG (teilweise) dem Gewerbeertrag wieder hinzugerechnet.
Gemäß § 8 Nr. 1 GewStG in der im Erhebungszeitraum 2009 maßgebenden Fassung werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb u.a. ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (Buchst. d), sowie dreizehn Zwanzigstel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (Buchst. e), zu einem Viertel hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Hinzurechnungsbeträge nach § 8 Nr. 1 GewStG den Betrag von 100.000 € übersteigt.
Die Voraussetzungen dieser Hinzurechnungstatbestände sind im Streitfall nicht erfüllt, so dass die angegriffene Hinzurechnung entfällt. Dabei braucht der erkennende Senat nicht zu entscheiden, ob die Aufwendungen der Klägerin für den sog. Hoteleinkauf – entsprechend der Sichtweise der Finanzverwaltung (OFD NRW, Verfügung vom 4. November 2013, DB 2013, 2711) und der Auffassung des FG Münster (Urteil vom 4. Februar 2016 9 K 1472/13, EFG 2016, 925; ebenso Breinersdorfer, DB 2014, 1762; a.A. etwa Sarrazin, in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. e Rn. 17; Mohr, Inkongruenzen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, 2016, S. 174 ff.) – jedenfalls teilweise als Miet- oder Pachtzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG zu qualifizieren sind, d.h. ob die Hoteleinkaufsverträge ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach Miet- oder Pachtverhältnisse im Sinne des bürgerlichen Rechts darstellen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 5. Oktober 2016 I R 57/15, BFH/NV 2017, 388). Denn es fehlt jedenfalls an einer Benutzung von (un)beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, und damit an dem erforderlichen fiktiven Anlagevermögen. Vor diesem Hintergrund kann ebenfalls unerörtert bleiben, ob – mit der Klägerin – fiktive ausländische Betriebsstätten anzunehmen sind, die zu einer analogen Anwendung des § 9 Nr. 3 GewStG führen (vgl. dazu Roser, ifst-Schrift Nr. 497 (2014), S. 88; a.A. FG Münster, Urteil vom 4. Februar 2016 9 K 1472/13, EFG 2016, 925).
1. Die oben genannten Hinzurechnungsnormen verlangen eine fiktive Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters, da die Gegenstände mangels Eigentums seinem Betriebsvermögen nicht zugeordnet werden können. Es ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters darstellen würden, wenn er ihr Eigentümer wäre (BFH-Urteile vom 29. November 1972 I R 178/70, BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148; vom 30. März 1994 I R 123/93, BFHE 174, 554, BStBl II 1994, 810; vom 4. Juni 2014 I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289). Bei dieser Prüfung ist das Eigentum des Mieters oder Pächters zu fingieren. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 8. Dezember 2016 IV R 24/11, DStR 2017, 1112; a.A. etwa Kohlhaas, FR 2011, 800; Roser, ifst-Schrift Nr. 497 (2014), S. 57 ff.) begründet § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG eine voraussetzungslose Fiktion der Eigentümerstellung. Das Gesetz verlangt keine Prüfung, ob die durch den Steuerpflichtigen gewählte Unternehmensfinanzierung auch anders hätte erfolgen können, oder ob eine Erwerbsalternative für den Fall des Fremd(sach)kapitals bestanden hätte oder ein Erwerb als Anlagegut vorstellbar gewesen wäre. Der Tatbestand kann daher nicht dahingehend einschränkend ausgelegt werden, seine Anwendung setze voraus, dass vergleichbare Eigentümerbetriebe bestünden oder eine Wahlmöglichkeit zwischen Miete/Pacht einerseits und Erwerb andererseits gegeben sei. Demnach kommt es auch nicht darauf an, ob neben dem Erwerb auch das Halten der Immobilie und eine etwaige spätere Veräußerung sich noch als rentabel erweisen würden.
Der Begriff des Anlagevermögens ist für Zwecke des § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs – HGB –). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter. Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen gehören würden, wenn der Mieter oder Pächter Eigentümer wäre. Diese Fiktion ist auf den Zweck des Hinzurechnungstatbestands zurückzuführen, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln. Auch im Rahmen dieser Fiktion ist der konkrete Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen. Dabei ist soweit wie möglich auf die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen abzustellen (BFH-Urteile vom 29. November 1972 I R 178/70, BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148; vom 25. Oktober 2016 I R 57/15, BFH/NV 2017, 388). Es ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt (BFH-Urteil vom 8. Dezember 2016 IV R 24/11, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2017, 1112).
Ein Gegenstand kann auch dann fiktives Anlagevermögen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird; dies gilt selbst dann, wenn sich das Miet- oder Pachtverhältnis lediglich auf Tage oder Stunden erstreckt. Daher ist es für die Frage der Zuordnung fiktiven Eigentums zum Anlage- oder Umlaufvermögen grundsätzlich unerheblich, ob ein Steuerpflichtiger mehrmals denselben Gegenstand (wiederholt) oder mehrere (mehr oder weniger) vergleichbare Gegenstände anmietet oder pachtet (BFH-Urteil vom 8. Dezember 2016 IV R 24/11, DStR 2017, 1112).
Die Tatsache der „Durchleitung" von Immobilien steht der Zuordnung zum Anlagevermögen ebenso wenig entgegen. Eine Hinzurechnung ist in einer solchen Konstellation weder nach dem Gesetzeswortlaut noch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2016 I R 57/15, BFH/NV 2017, 388). Dementsprechend liegt auch im Fall der Zwischenvermietung eine Benutzung der gemieteten oder gepachteten unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vor (BFH-Urteil vom 8. Dezember 2016 IV R 55/10, BFHE 256, 519, BStBl II 2017, 722).
2. In Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze des BFH, denen sich der erkennende Senat jedenfalls im Ausgangspunkt anschließt, kann im Streitfall in Ansehung des sog. Hoteleinkaufs nicht von fiktivem Anlagevermögen der Klägerin ausgegangen werden.
Zwar sind Hotels bzw. Hotelzimmer eines Reiseveranstalters – jedenfalls soweit man auf die Sache selbst oder einen Teil der Sache abstellt (und nicht auf die Nutzungsmöglichkeit) – zum Gebrauch und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmt. Indes ist bei der Beurteilung der Frage, ob fiktives Anlagevermögen vorliegt, der konkrete Geschäftsgegenstand des Unternehmens der Klägerin zugrunde zu legen. Dabei ist soweit wie möglich auf deren betriebliche Verhältnisse abzustellen. Es ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt. Diese Frage ist mit der Klägerin zu verneinen (gl.A. Sarrazin, in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. e Rn. 17; Roser, ifst-Schrift Nr. 497 (2014), S. 58; Klein, DStR 2014, 1321, 1323; Schneider/Redeker, DB 2017, 1049, 1051 und DB 2017, 2254, 2258; a.A. FG Münster, Urteil vom 4. Februar 2016 9 K 1472/13, EFG 2016, 925). Klassische Reiseveranstalter wie die Klägerin „kaufen“ Reiseleistungen (z.B. Flugtransfer, Hotelübernachtung, Verpflegung, Ausflüge) ein und bündeln diese zu Leistungspaketen, die sie an ihre Kunden „verkaufen“. Dazu gehört insbesondere auch die Unterbringung in einem Hotel. Zur Bereitstellung dieser paketierten Leistungen bedienen sich die Reiseveranstalter verschiedener Hotelbetreiber als Leistungsträger. Der Reisevorleistungseinkauf ist gedanklich der Wareneinsatz der Klägerin (zur Relevanz dieser Erwägung im Rahmen der Prüfung einer Billigkeitsmaßnahme vgl. BFH-Urteil vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293). Dies entspricht ihrer buchhalterischen Abbildung von verkauften, aber noch nicht angetretenen Reisen im Umlaufvermögen. Entgegen der Entscheidung des BFH zur Containervermietung (Urteil vom 29. November 1972 I R 178/70, BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148) ist gerade nicht zu konstatieren, dass sich die Tätigkeit der Klägerin – ihr Eigentum an den Hotels bzw. Hotelzimmern unterstellt – wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Hotels bzw. Hotelzimmern langfristig erworben wird. Dies würde den Interessen der Klägerin, die auf ein verändertes Nachfrageverhalten auf dem Reisemarkt (z.B. aufgrund geopolitischer Krisen) kurzfristig reagieren muss (vgl. auch Roser, ifst-Schrift Nr. 497 (2014), S. 58), gerade zuwiderlaufen. Die „eingekauften“ Hotels oder Hotelzimmer (bzw. die betreffenden Nutzungsmöglichkeiten daran) stellen damit bei wirtschaftlicher Betrachtung eher Umlaufvermögen als Anlagevermögen dar.
Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass ihre Rolle als Reiseveranstalterin wirtschaftlich mehr der einer Vermittlerin von Reiseleistungen (z.B. Bereitstellung von Hotelzimmern) als der einer Zwischenmieterin von Hotelzimmern entspricht (a.A. FG Münster, Urteil vom 4. Februar 2016 9 K 1472/13 G, EFG 2016, 925). Die Klägerin fungiert als „Mittlerin“ zwischen den Leistungsträgern – den Hotelbetreibern vor Ort – und ihren Kunden (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2016 I R 57/15, BFH/NV 2017, 388, Rn. 21 zur Messedurchführungsgesellschaft: „Mittler“ zwischen Messeveranstalter und Auftraggeber; Roser, GmbH-Rundschau – GmbHR – 2018, 183, 187) bzw. als „Organisatorin“ (Klein, DStR 2014, 1321, 1324). Stellt man auf diese Vermittlungsfunktion ab, dann verbrauchen sich zumindest die vermittelten Reiseleistungen mit dem Hotelaufenthalt der Reisenden. Das dafür entrichtete Entgelt weist mithin kein Fremdfinanzierungselement auf (vgl. zur Messedurchführungsgesellschaft Schneider/Redeker, DB 2017, 1049, 1050).
Das Urteil des I. Senats des BFH zur Messedurchführungsgesellschaft (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2016 I R 57/15, BFH/NV 2017, 388, Rn. 21) steht der Ablehnung fiktiven Anlagevermögens im Streitfall nicht entgegen, sondern stützt diese. Wendet man das dort entwickelte Kriterium der „Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung des Auftraggebers“ auf den Streitfall an, ergibt sich ein differenziertes Bild: Soweit die Klägerin als Reiseveranstalterin Zimmerkontingente in verschiedenen Zielgebieten bereits vorab verbindlich „einkauft“ und diese Hotelzimmer später vom Kunden „abgerufen“ werden, dürfte es zwar an einer auftragsbezogenen Weisung des Kunden fehlen. Besteht indes zunächst nur eine „Anwartschaft“ der Klägerin im Rahmen eines Rahmen- oder Kontingentvertrags, in dem die Konditionen festgelegt sind, und wird das konkrete Hotelzimmer erst mit der Buchung des Kunden verbindlich „eingekauft“, ist eine zufällige Auswahlentscheidung des Kunden anzunehmen, die der Annahme fiktiven Anlagevermögens entgegensteht (ebenso Schneider/Redeker, DB 2017, 1049, 1051 und DB 2018, 2254, 2258, die davon ausgehen, dass dies in der Praxis den Regelfall darstellt; a.A. Sarrazin, Finanzrundschau – FR – 2018, 176, 178). Letztere Konstellation ist nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin (vgl. klägerischen Schriftsatz vom 17. Februar 2018, Rn. 38 sowie Beklagtenschriftsatz vom 9. April 2018 unter B. 2.), den sie in der mündlichen Verhandlung noch einmal mit Zahlen untermauert hat, in ihrer Vertragspraxis mit einem Anteil von ca. % (Wirtschaftsjahr 2008/2009) die weitaus überwiegende. Damit liegt das Auslastungsrisiko im Wesentlichen bei den Hoteliers. Die Klägerin hält die entsprechenden Flächen temporär und nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vor. Sofern der IV. Senat des BFH in der Konstellation der Messedurchführungsgesellschaft einen – im Fall des Konzertveranstalters nicht einschlägigen – Sonderfall sieht und das Kriterium der „Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung des Auftraggebers“ für nicht verallgemeinerbar hält (BFH-Urteil vom 8. Dezember 2016 IV R 55/10, BFHE 256, 519, BStBl II 2017, 722; gl.A. Märtens, jurisPR-SteuerR 9/2017 Anm. 4), kann der erkennende Senat dem jedenfalls für den Streitfall nicht folgen (ebenso Roser, GmbHR 2018, 183, 187).
3. Bestätigt wird diese Auslegung durch historische Erwägungen: Die (teilweise) Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, ist erst im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2008, 1912) geregelt worden. Vorher stellte sich die hier einschlägige Problematik nicht, jedenfalls soweit es um die Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern geht. Im Hinblick auf die Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgüter ist die Rechtslage hingegen unverändert. Gleichwohl hat die Betriebsprüfung eine Hinzurechnung – soweit ersichtlich – im Fall der Klägerin erstmals für den Erhebungszeitraum 2009 vorgenommen. Wenngleich der Beklagte in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass man Hotelzimmer als „unteilbares Ganzes“ ansehe, erscheint diese Vorgehensweise nicht stringent.
Im Übrigen hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass die Hinzurechnung des sog. Hoteleinkaufs in der Tourismusbranche im Gesetzgebungsverfahren wohl nicht Gegenstand der Erörterungen war. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/4841, S. 80) ist allein ausgeführt worden, dass eine Hinzurechnung im Fall von Verträgen über kurzfristige Hotelnutzungen oder von kurzfristigen Kfz-Mietverträgen regelmäßig ausscheiden wird. Erst die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2. Juli 2012 (BStBl I 2012, 654, Rn. 29b) haben die Problematik – fünf Jahre später – in das Bewusstsein der beteiligten Fachkreise gerufen, indem unter dem Stichwort „Reisedienstleistungen“ ausgeführt wird: „Demnach sind Mietaufwendungen des Unternehmers für die Anmietung von Unterkünften, die unmittelbar der originären Tätigkeit zuzuordnen sind, hinzuzurechnen“ (vgl. auch die Kleine Anfrage der Abgebordneten Stefan Schmidt, Markus Tressel, Dr. Danyal Bayaz, Lisa Paus, Dr. Gerhard Schick, Anja Hajduk, Dieter Janecek, Claudia Müller und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks. 19, 3875 sowie die Antwort der Bundesregierung, BT-Drucks. 19/4136). Angesichts der erheblichen Auswirkungen der streitgegenständlichen Hinzurechnung auf das Geschäftsmodell der Reiseveranstalter – die Klägerin spricht unwidersprochen von einer Erhöhung der Gewerbesteuerbelastung um rund 100 % – kann indes nicht davon ausgegangen werden, dass die gesetzgebenden Körperschaften ohne vorherige Anhörung der betroffenen Verbände – vgl. hierzu § 47 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien – eine (stillschweigende) Änderung der gewerbesteuerlichen Behandlung des Reisevorleistungseinkauf gewollt oder auch nur in Kauf genommen haben.
4. Schließlich wird nur die vom erkennenden Senat befürwortete Auslegung dem Telos des § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG gerecht. Die Gewerbesteuer ist eine ertragsorientierte Objektsteuer (BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164; BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 1 BvR 1236/11, BStBl II 2018, 303), die unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Betriebsinhabers an den Gewerbebetrieb als Steuerobjekt und die ihm eigene Ertragskraft anknüpft (BFH-Urteil vom 7. März 2007 I R 60/06, BFHE 217, 100, BStBl. II 2007, 654; BFH-Urteil vom 16. Januar 2014 I R 21/12, BFHE 244, 347, BStBl. II 2014, 531). Zweck der Hinzurechnungstatbestände (und der Kürzungsvorschriften) ist es, den sog. objektivierten Gewerbeertrag zu ermitteln. Dies ist der unabhängig von der Art und Weise des für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelts erwirtschaftete Ertrag des Betriebs (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 78; BFH-Urteile vom 1. Oktober 2015 I R 4/14, BFHE 251, 73, BStBl II 2017, 59; vom 26. April 2018 III R 25/16, DStR 2018, 1860; vom 14. Juni 2018 III R 35/15, DStR 2018, 1814). Damit knüpft die Gewerbesteuer an gewinnunabhängige Komponenten an. § 8 GewStG will sicherstellen, dass für die Höhe der Gewerbesteuer nicht der steuersubjektbezogene Gewinn maßgebend ist, sondern der Ertrag, den der – vom jeweiligen Rechtssubjekt losgelöste – Gewerbebetrieb als solcher abwirft (BFH-Urteil vom 25. November 1992 X R 21/91, BFH/NV 1993, 489). Gesetzlicher Orientierungspunkt ist daher ein „typisiertes“ Unternehmen, das eigenkapitalfinanziert ist (BFH-Urteil vom 16. Oktober 2012 I B 128/12, BStBl. II 2013, 30). Vor diesem Hintergrund werden insbesondere die in § 8 Nr. 1 GewStG genannten Finanzierungsbestandteile der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage hinzugerechnet (vgl. Empfehlung der Ausschüsse, BR-Drucks. 220/1/07, 35).
Soll danach der unabhängig von der Art und Weise des für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelts erwirtschaftete Ertrag der Klägerin der Gewerbesteuer unterliegen, erscheint es nicht gerechtfertigt, den Hoteleinkauf der Hinzurechnung zu unterwerfen (ebenso Mohr, Inkongruenzen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, 2016, S. 135; a.A. FG Münster, Urteil vom 4. Februar 2016 9 K 1472/13, EFG 2016, 925). Löst man den klägerischen Gewerbebetrieb als Steuerobjekt von der Klägerin als Gewerbesteuersubjekt, verbleibt ein typisiertes Unternehmen, das in derselben Art und Weise Reiseleistungen am Markt an- und verkauft wie die Klägerin und andere Reiseveranstalter es tun. Mit anderen Worten besteht im Streitfall kein Unterschied zwischen dem eigenkapitalfinanzierten gewerbesteuerlichen Typus-Unternehmen einerseits und dem Betrieb der Klägerin andererseits. Das Geschäftsmodell eines klassischen (Pauschal-)Reiseveranstalters, der – wie die Klägerin – eine Vielzahl von Hotels in einer Vielzahl von Zielgebieten bereithält, lässt sich eigenkapitalfinanziert nicht darstellen (vgl. auch Klein, DStR 2014, 1321, 1324). Dann kann der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer aber auch keine Hinzurechnung von betrieblich veranlassten Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt der Finanzierungsneutralität rechtfertigen.
Sofern diese Auslegung im Widerspruch zur Konzertveranstalter-Entscheidung des BFH (Urteil vom 8. Dezember 2016 IV R 24/11, DStR 2017, 1112) stehen sollte, wonach die Hinzurechnung das Bestehen vergleichbarer Eigentümerbetriebe oder eine Wahlmöglichkeit zwischen Miete und Pacht nicht voraussetzt, könnte sich der erkennende Senat dieser Judikatur des IV. Senats des BFH nicht anschließen (zu einer möglicherweise bestehenden Divergenz zur Rechtsprechung des I. Senats vgl. auch Roser, GmbHR 2018, 183, 187; Schneider/Redeker, DB 2018, 2254, 2255). Das vom IV. Senat des BFH angeführte Argument fehlender Praktikabilität des Gesetzesvollzugs und damit einhergehender Rechtsunsicherheit vermag eine Ausdehnung der Hinzurechnung auf vom Gesetzgeber nicht in Auge gefasste Sachverhalte jedenfalls in Konstellationen wie im Streitfall nach Ansicht des erkennenden Senats nicht zu rechtfertigen.
Die Übertragung der Berechnung des festzusetzenden Gewerbesteuermessbetrags auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision war zur Fortbildung des Rechts bzw. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen (vgl. nur das beim BFH anhängige Revisionsverfahren III R 22/16).