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Steuerrecht
05.05.2011
Steuerrecht
FG Münster: Zur Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigung

FG Münster, Urteil vom 22.2.2011 - 8 K 3034/08 GrE

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Anteilserwerb vom 14.01.2005 die Vor-aussetzungen des § 1 Abs. 3 GrEStG (Anteilsvereinigung) erfüllt.

Die Firma S X C GmbH & Co. KG besitzt ein Grundstück in E, J Str. ...

Alleinige Kommanditistin der KG ist die T Beteiligungs-GmbH. Alleinige Komplementärin der KG ist die X C GmbH, die mit 0 % am Vermögen der KG beteiligt ist.

Die T Beteiligungs-GmbH (Kommanditistin) hält alle Anteile an der X C GmbH (Komplementärin).

Seit dem 27.11.1996 hält die T Beteiligungs-GmbH 34,30 % ihrer Anteile selbst. Die restlichen Anteile wurden von Frau V U in Höhe von 32,85 % sowie von der Klägerin (Klin.) im Umfang von 32,85 % gehalten.

Mit Vertrag vom 14.01.2005 - UR-Nr. .../2005 des Notars H, E - veräußerte die Gesellschafterin Frau V U ihre Geschäftsanteile von nominell 244.000 € mit schuldrechtlicher Wirkung zum 01.05.2004 an die Klin. zu einem Kaufpreis von 330.000 €. Verbleibende Gesellschafter ab dem 01.05.2004 sind die Klin. mit 65,70 % und die T Beteiligungs-GmbH mit 34,30 % der Anteile.

Die Beteiligungsverhältnisse an der T Beteiligungs-GmbH stellen sich ab 01.05.2004 wie folgt dar:

Die Klin. hält 65,70 % der Anteile an der T Beteiligungs-GmbH und die T Beteiligungs-GmbH hält eigene Anteile in Höhe von 34,30 %.

Nach erfolgter Außenprüfung im Jahr 2006 vertrat der Beklagte (Bekl.) die Auffassung, dass der Erwerb der Anteile von Frau U durch die Klin. eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellt.

Der Bekl. erließ am 08.11.2007 einen Grunderwerbsteuerbescheid und setzte 34.002 EUR als Grunderwerbssteuer fest.

Gegen diesen Bescheid legte die Klin. am 26.11.2007 Einspruch ein.

Sie vertrat die Auffassung, dass der Erwerb der Anteile an der T Beteiligungs-GmbH durch Frau V U weder den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG noch den des § 1 Abs. 3 GrEStG erfüllt.

Die Klin. sei nur zu 65,70 % an der grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar und mittelbar beteiligt, da die T Beteiligungs-GmbH eigene Anteile in Höhe von 34,3 % halte. Eine Grunderwerbsteuer auslösende Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG komme nur dann in Betracht, wenn entweder eine natürliche Person oder eine juristische Person 95 % aller Anteile vereinigt habe. Da im vorliegenden Fall die Klin. als natürliche Person lediglich 65,7 % an der T Beteiligungs-GmbH hält und die restlichen Anteile an dieser GmbH von einer juristischen Person gehalten werden, seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG lägen nicht vor. Die Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG setze den Übergang von Anteilen am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft auf einen oder mehrere neue Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren voraus. Anteilsverschiebungen im Kreis der Altgesellschafter, die schon seit mehr als fünf Jahren an der Personengesellschaft beteiligt sind, seien nicht steuerbar. Da die Klin. bereits seit dem 16.03.1993 Gesellschafterin sei und zum 01.05.2004 von der Altgesellschafterin Frau U 32,85 % der Anteile hinzu erworben habe, scheitere die Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG bereits daran, dass die Anteile nicht an neue Gesellschafter übertragen worden seien.

Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 10. Juli 2008 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte der Bekl. an, dass von einer mittelbaren Anteilsvereinigung auszugehen sei. Die Klin. habe die Alleinherrschaft über die Gesellschaft und damit auch über die ihr gehörenden Grundstücke erlangt. Unerheblich sei, dass die T Beteiligungs-GmbH eigene Anteile halte. Begrifflich könne die Gesellschaft nicht ihr eigener Gesellschafter sein, weil diese nicht eine von ihr verschiedene Person sei. Der Anteil am Vermögen der Gesellschaft sei regelmäßig aus den Kapitalanteilen abzuleiten, so dass die Höhe der Beteiligung der C GmbH nicht erheblich sei.

Am 11. Aug. 2008 erhob die Klin. Klage.

Zur Begründung der Klage wies die Klin. auf das Urteil des BFH vom 08.08.2001(II R 66/98, BStBl. II 2002, 156) hin und führte aus, dass ein Gesellschafter, der an einer Gesellschaft beteiligt ist, wenn auch ohne Kapitalanteil, verhindere, dass 95 % der Anteile an einer Gesellschaft vereinigt werden könnten. Auch ein Komplementär, der nicht am Gesellschaftsvermögen der KG beteiligt sei, halte einen Anteil an der Gesellschaft und an dem Gesellschaftsvermögen i.S.d. § 718 BGB. Da nach § 719 Abs. 1 BGB die Gesellschafter nur gemeinsam über das Gesellschaftsvermögen verfügen könnten, hin-dere bereits ein einziger weiterer gesamthänderisch berechtigter Gesellschafter die Zuordnung des Vermögens der GmbH & Co. KG zum Mehrheitsgesellschafter. Unter Anteil an der Gesellschaft sei die gesamthänderische Mitberechtigung und nicht die vermögensmäßige Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu verstehen. Dies habe die Verwaltung mit Erlass vom 26.02.2003 unter Tz. 7.12 zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG auch anerkannt. Im Übrigen wies sie erneut darauf hin, dass rein rechnerisch der Klin. nicht 95 % der Anteile an der T Beteiligungs-GmbH zustehen, da die GmbH die restlichen 34,3 % der Anteile halte.

Mit Bescheid vom 10.12.2008 setzte der Bekl. die Grunderwerbssteuer auf 25.987 € fest, nachdem das zuständige Feststellungsfinanzamt den Wert des Grundstücks i.S.d. § 138 Abs. 2 oder 3 BewG feststellte.

Am 19.02.2009 erfolgte erneut eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides durch den Bekl., da der Feststellungsbescheid des Finanzamts (FA) E-W (StNr. ...) erneut geändert wurde.

Am 16.03.2009 änderte der Bekl. erneut die Grunderwerbsteuerfestsetzung, da der Grundlagenbescheid erneut geändert wurde.

In der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2011 änderte der Bekl. nochmals den angefochtenen Bescheid.

Die Klin. beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 08.11.2007 in Gestalt der EE vom 10.07.2008, geändert durch Bescheid vom 16.03.2009 in der Fassung lt. Protokoll über die mündliche Verhandlung aufzuheben,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Fall der Klagestattgabe,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung des Klageabweisungsantrags nimmt der Bekl. Bezug auf die EE vom 10.07.2008.

Der Senat hat am 22.02.2011 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll vom selbigen Tag wird verwiesen und Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klin. nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer Gesellschaft begründet, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn durch die Übertragung alle Anteile an dieser Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen vereinigt würden. Die Steuerpflicht wird allein durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment; Gegen-stand der Steuer ist jedoch nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung aller Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Die Anteilsvereinigung bezieht sich immer auf die der Gesellschaft im Zeitpunkt der Verwirklichung des Steuertatbestandes grunderwerbsteuerlich zuzurechnenden Grundstücke und löst damit so viele Steuerfälle aus, als die Gesellschaft an Grundstücken in ihrem Vermögen hält (vgl. BFH, Urteile vom 31.03.1982 II R 92/81, BFHE 135, 556, BStBl. II 1982, 424; vom 08.08.2001 II R 66/98, BFHE 195, 427, BStBl. II 2002, 156).

Nach § 1 Abs. 3 GrEStG wird der Inhaber aller Anteile so behandelt, als gehörten ihm in Folge der Vereinigung der Anteile in seiner Hand die Grundstücke, die dieser Gesellschaft grunderwerbsteuerlich zuzurechnen sind. Eine Vereinigung der Anteile in einer Hand i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG liegt auch dann vor, wenn der Anteilserwerber die Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz teils selbst (unmittelbar), teils mittelbar über eine andere Gesellschaft hält, an der er zu 95 % beteiligt ist.

Im vorliegenden Fall ist die Klin. mittelbar zu mehr als 95 % an der grundbesitzenden KG beteiligt.

Bei der mittelbaren Anteilsvereinigung handelt es sich nicht um eine unzulässige wirtschaftliche Betrachtungsweise jenseits der tatbestandlichen Grenzen, sondern um eine mehrstufige rechtliche Folgerung auf Grund und nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 GrEStG innewohnenden Sinn und Zwecks (vgl. BFH, Urteil vom 20.12.2000, BFH/NV 2001, 1040). Die Frage, wem ein Grundstück gehört, bedarf einer speziellen grunderwerbsteuerlichen Betrachtung. Da die Sachherrschaft über ein Grundstück, die § 1 Abs. 3 GrEStG erfassen will, maßgeblich ist, kann diese Sachherrschaft direkt oder indirekt ausgeübt werden. Indem die Klin. die 32,5 % Anteile an der T Beteiligungs-GmbH von der früheren Gesellschafterin V U erworben hat, hat die Klin. grunderwerbsteuerlich alle Anteile in einer Hand vereinigt.

Bei der Berechnung des grunderwerbsteuerlichen Quantums sind die von der T Beteiligungs-GmbH selbst gehaltenen Anteile von 34,30 % nicht zu berücksichtigen.

Hält die Kapitalgesellschaft selbst eigene Anteile, so sind diese für die Berechnung des Quantums von mindestens 95 % auszuschließen (vgl. BFH, Urteil vom 16.01.2002, BFH/NV 2002, 1053 m.w.N; Hofmann, § 1 GrEStG, Rn. 144). Da die Gesellschaft nicht ihr eigener Gesellschafter sein kann, weil sie nicht eine von ihr selbst verschiedene Person ist, kommt eine Anteilsvereinigung auch dann in Betracht, wenn der Erwerber alle Anteile mit Ausnahme derjenigen erwirbt, die sich im Besitz der Gesellschaft selbst befinden (vgl. Fischer, in: Boruttau, § 1 GrEStG, Rn. 887 m.w.N.). Der Erwerber beherrscht nämlich das Vermögen der Gesellschaft in gleicher Weise, wie wenn der Gesellschaft selbst keine Anteile zustünden.

Entgegen der Ansicht der Klin. erfolgt hierdurch keine Auslegung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG über dessen Wortlaut hinaus. Es werden gerade nicht die Anteile einer juristischen Person mit den Anteilen einer natürlichen Person zusammengerechnet. Vielmehr werden die von der GmbH selbst gehaltenen Anteile bei der Berechnung des grunderwerbssteuerlichen Quantums von 95 % lediglich ausgeschlossen. Diese Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Denn der Gesellschaft stehen aus den von ihr gehaltenen Anteilen keine Rechte zu (so bereits RG, Urteil vom 21.10.1921 II 113/21, juris), da diese Rechte im Sinne einer Ausübungssperre analog § 71b Aktiengesetz ruhen.

Zutreffend weist die Klin. allerdings darauf hin, dass eine mittelbare Beteiligung über eine Person im Regelfall nicht möglich ist. Die Anteile, die eine Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft hält, können dem beherrschenden Kommanditisten nicht zugerechnet werden, weil auch der Komplementär einen Anteil an der Gesellschaft selbst dann hält, wenn ihm seine Beteiligung keinen wertmäßigen Anteil am Gesellschafts-vermögen der Personengesellschaft vermittelt (vgl. BFH-Urteil vom 08.08.2001 a.a.O.). Denn bei Personengesellschaften ist unter Beteiligung die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an dieser, also die aus der Mitgliedschaft der Personengesellschaft folgende gesamthänderische Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen, zu verstehen (vgl. BFH-Urteil vom 26.07.1995, BFHE 178, 231, BStBl II 95, 736). Daher können die Anteile, die eine Personengesellschaft an einer anderen Gesellschaft hält, dem allein kapitalbeteiligten Gesellschafter (in der Regel Kommanditisten) nicht zugerechnet werden, (vgl. Fischer, in: Boruttau, § 1 GrEStG, Rn. 898b).

Der vorliegende Fall ist jedoch keine mittelbare Beteiligung über eine Personengesellschaft sondern eine mittelbare Beteiligung an einer Personengesellschaft, so dass die von der Klin. erwähnten (zutreffenden) zivilrechtlichen Erwägungen hier keine Rolle spielen. Denn die T Beteiligungs-GmbH hält 100 % der Anteile an der X C GmbH (Komplementärin). Zusätzlich ist die T Beteiligungs-GmbH alleinige Kommanditistin der grundbesitzenden KG. Die T Beteiligungs-GmbH ist mittelbar und unmittelbar zu 100 % an der grundbesitzenden KG beteiligt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Mangels Vorliegen von Revisionsgründen war die Revision nicht zuzulassen.

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