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Steuerrecht
05.08.2016
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Zur Frage des Vorliegens einer wirtschaftlichen bzw. unternehmerischen Tätigkeit bei Erwerbs- und Einbringungsvorgängen

FG Düsseldorf, Urteil vom 2.10.2015 – 5 K 363/12 U

Sachverhalt

Die Klägerin (vormals A GmbH) ist eine Betriebsgesellschaft im Rahmen einer sogenannten Betriebsaufspaltung. Besitzgesellschaft ist die B.

Die Klägerin betrieb bis zum 01.06.2005 auf einem von der Besitzgesellschaft angemieteten Grundstück einen Großhandel mit Werkzeugen und Maschinen.

Mit Kaufvertrag vom 28.04.2005 veräußerte die Klägerin alle „wesentlichen Betriebsgrundlagen“ an Herrn C mit der Auflage, „den Kaufgegenstand nach Gründung der D GmbH & Co. KG in diese einzubringen“. In der Vorbemerkung des Vertrages heißt es dazu: „Verkäuferin und Käufer sind sich einig, dass wesentliche, in diesem Vertrag näher bezeichnete materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter und Vertragsverhältnisse des Unternehmens der Verkäuferin an den Käufer verkauft werden sollen. Der Käufer wird mit diesen Wirtschaftsgütern ein Handelsunternehmen unter der Firma „D GmbH & Co. KG“ führen.“ Die im einzelnen verkauften Wirtschaftsgüter und Vertragsverhältnisse ergeben sich insbesondere aus I., VI., VII. und den Anlagen 1-3 des Vertrages. Der Kaufpreis betrug 800.000 €, wovon Herrn C 120.000 € als Darlehen gewährt wurde. Die restliche Kaufpreisforderung in Höhe von 680.000 € gegenüber Herrn C trat die Klägerin mit weiterem Vertrag vom 28.04.2005 an die D GmbH & Co. KG gegen Einräumung einer stillen Beteiligung ab.

Ausweislich II. des Kaufvertrages vom 28.04.2005 gingen die Vertragsbeteiligten von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1 a Umsatzsteuergesetz – UStG – aus.

Das durch die Klägerin von der Besitzgesellschaft angemietete Grundstück wurde von der Klägerin mit ebenfalls am 28.04.2005 abgeschlossenen Mietvertrag an die D GmbH & Co. KG untervermietet. Die Laufzeit betrug fünf Jahre mit Verlängerungsoption für weitere fünf Jahre.

Sowohl die D GmbH & Co. KG als auch deren Komplementärin, die E GmbH, wurden tatsächlich noch vor Abschluss des Kaufvertrages, ebenfalls mit Verträgen vom 28.04.2005 gegründet. Kommanditisten der KG und Gesellschafter der GmbH wurden jeweils zu gleichen Anteilen F und C.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgenannten Verträge Bezug genommen.

Im Rahmen einer vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung … für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2007 durchgeführten Betriebsprüfung traf der Prüfer mit Bericht vom 02.07.2010 unter Textziffer 2.3 zur Umsatzsteuer 2005 folgende Feststellung:

„Geschäftsveräußerung im Ganzen

Am 22.03.2005 haben Herr F als Geschäftsführer der Fa. G GmbH und Herr C eine dahingehende Absichtserklärung unterzeichnet, dass die·G GmbH an die durch den·Käufer (C ) noch zu gründende D GmbH & Co. KG, vertreten durch Herrn Geschäftsführer C die in den Punkten 1 und 2 der vorgenannten Absichtserklärung aufgeführten Wirtschaftsgüter zum Preis von 120.000,-- € zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer·veräußert.

Der in der G GmbH vorhandene Warenbestand sollte der neuen Gesellschaft in Kommission zur Verfügung gestellt und monatlich von der G GmbH entsprechend dem Abverkauf der Ware in Rechnung gestellt werden.

Mit Vertrag vom 28.04.2005 hat die G GmbH mit Wirkung zum 01.06.2005 die in § 1 des vorgenannten Vertrages dargelegten Wirtschaftsgüter jedoch nicht an die D GmbH & Co. KG, sondern an Herrn C, … zum Kaufpreis von 800.000,--€ veräußert.

Hierbei sind die beteiligten Parteien insoweit von der Absichtserklärung abgewichen, als der Warenbestand nicht mehr als Kommissionsware übertragen, sondern zum Gesamtkaufpreis von 680.000,--€ an Herrn C veräußert wurde.

Inwieweit von der Absichtserklärung abgewichen wurde, indem die Wirtschaftsgüter an Herrn C und nicht an die D GmbH & Co. KG veräußert wurden, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, denn bereits die Formulierung in der Absichtserklärung vom 22.03.2005 war missverständlich.

Einerseits wurde nämlich Herr C als potentieller Käufer bezeichnet, andererseits sollten die Wirtschaftsgüter möglicherweise an die D GmbH & Co. KG veräußert werden.

Beim für die KG zuständigen Betriebsstättenfinanzamt … wurde auf

den 01.06.2005 eine Eröffnungsbilanz der D GmbH & Co. KG eingereicht.

Neben dem Aktivvermögen i.H.v. 810.000,-- € ( Kaufpreis 800 TE und Bankguthaben

aus Kommanditeinlage i.H.v. 10 T€) wies die Eröffnungsbilanz neben dem Kommanditkapital von 10 T€ eine Verbindlichkeit i.H.v. 120 T€ gegenüber der G GmbH und eine Beteiligung eines typisch stillen Gesellschafters i.H.v. 680 T€ aus.

Erst in der Schlussbilanz der KG auf den 31.12.2005 wurde ein Kapitalkonto II für

Herrn C in Höhe von 800 T€ ausgewiesen und eine Forderung der Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter Herrn C i.H.v. 680 TE .

Der in der Eröffnungsbilanz noch als Verbindlichkeit der KG gegenüber der G GmbH ausgewiesene Betrag von 120 T€ wurde nunmehr als Verbindlichkeit des Herrn C in einer entsprechenden Sonderbilanz ausgewiesen.

In der Sonderbilanz wurde zudem eine weitere Verbindlichkeit i.H.v.·680 T€ gegenüber der G GmbH ausgewiesen. Die G GmbH wiederum hatte ihre Kaufpreisforderung gegenüber Herrn C i.H.v. 680 T€ an die D GmbH & Co. KG gegen die Einräumung einer typischen stillen Beteiligung in gleicher Höhe abgetreten.

Ausweislich der weiteren Erläuterungen zu § 2 des Kaufvertrages vom 28.04.2005 (Kaufpreis) haben die beteiligten Parteien den Veräußerungsvorgang als so genannte "Geschäftsveräußerung im Ganzen" im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG behandelt und den Geschäftsvorfall mithin nicht der Umsatzsteuer unterworfen.

Die beteiligten Parteien führen hierzu aus, dass eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, wenn die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs an einen Unternehmer für dessen Unternehmen übertragen werden (vgl. Abschn. 5 Abs. 1 USTR 2005).

Der Erwerber Herr C ist vor dem Erwerb der Wirtschaftsgüter zum 01.06.2005 nach den erteilten Auskünften keinem Beschäftigungserwerb nachgegangen. Er war weder im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses noch als selbstständiger Unternehmer tätig.

Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie nach den vorgelegten Unterlagen vermutet werden könnte, nicht Herr C, sondern die neu gegründete KG eigentlich Erwerber der Wirtschaftsgüter hätte sein sollen, denn im Kaufvertrag wird der Erwerber Herr C unzweifelhaft benannt.

Ebenfalls mit Datum vom 28.04.2005 wurden sowohl die E GmbH als auch die D GmbH & Co. KG gegründet.

Zwingendes Tatbestandsmerkmal für das Vorliegen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1 a UStG ist der Erwerb der wesentlichen Grundlagen des Betriebes durch einen Unternehmer für sein Unternehmen.

Herr C war aber im Zeitpunkt des Erwerbs der Wirtschaftsgüter kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne.

Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 2005).

Der Erwerbs- und Einbringungsvorgang durch Herrn C als solcher erfüllt jedoch

nicht die Voraussetzungen einer unternehmerischen (und damit ggfs. steuerbaren) Tätigkeit von Herrn C, denn dieser hat das Unternehmen (die wesentlichen Betriebsgrundlagen) ausschließlich zum Zweck der Sacheinlage in die unmittelbar nach Erwerb des Unternehmens gegründete D GmbH & Co. KG und nicht zum Zweck der eigenen Weiterführung erworben. Die Einbringung ist daher nicht der letzte Akt einer bisherigen unternehmerischen Tätigkeit.

Auch der Umstand, dass die Geschäftsveräußerung (Einbringung) ein Bündel unterschiedlicher Umsätze enthält (vgl. Klenk, Umsatzsteuer-Rundschau 1982, 114, 116),

führt nicht zur Annahme einer "nachhaltigen" gewerblichen Tätigkeit dabei. Vorgänge

dieser Art sind gerade nicht Gegenstand einer auf Dauer angelegten geschäftlichen Veräußerungstätigkeit. Zwar erforderte die Erfüllung der Einbringungsverpflichtung durch Herrn C zivilrechtlich eine Reihe von Verfügungsgeschäften, da über die den Unternehmensgegenstand bildenden Sachen, Rechte und sonstigen wirtschaftlichen Werte wegen des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes einzeln zwischen Herrn C und der KG zu verfügen war (Baumbach/Duden/Roth, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 27. Aufl., 1986, Einleitung vor § 1 II 2 A). Dem entspricht es, dass umsatzsteuerrechtlich eine Vielzahl von Umsätzen vorliegt. Entscheidend für die Frage, ob die diesen Umsätzen zugrunde liegende Tätigkeit die Unternehmereigenschaft von Herrn C begründet, ist jedoch nicht in erster Linie diese Vielzahl von Umsätzen, sondern ob Herr C mit der Einbringung des Unternehmens in die KG als solche eine auf gewisse Dauer angelegte geschäftliche Tätigkeit entfaltet hat. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben (vgl. auch BFH vom 15.01.1987, V R 3/77, BStBI. II 1987, S. 512).

Auf Grund der insgesamt gemachten Ausführungen findet der Ausnahmetatbestand

des § 1 Abs. 1 a UStG keine Anwendung und der Umsatz ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1

UStG der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Da die beteiligten Parteien für den Fall, dass die Finanzverwaltung die Anwendung des § 1 Abs. 1a UStG versagt, vereinbart haben, dass der Erwerber die auf den bisherigen Kaufpreis von 800.000,--€ entfallende USt nach Vorlage einer korrigierten Rechnung schuldet, ist in entsprechender Höhe eine Forderung gegenüber dem Erwerber (Herr C) auszuweisen.“

Der Beklagte folgte der Feststellung des Prüfers und erließ unter dem 25.08.2010 einen entsprechend geänderten Bescheid für 2005 über Umsatzsteuer, in dem die steuerpflichtigen Umsätze um 800.000 € (Umsatzsteuer 16% 128.000 €) erhöht wurden.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein.

Zur Begründung führte sie aus, Herr C habe die Wirtschaftsgüter in seiner Funktion als Gesellschafter (Kommanditist) erworben. Ertragsteuerlich sei er ab diesem Zeitpunkt Mitunternehmer, umsatzsteuerlich habe er mit dem Erwerbs- und Einbringungsvorgang die Unternehmereigenschaft erworben. Herr C habe als offener Treuhänder der D GmbH & Co. KG im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Abgabenordnung – AO – gehandelt. Herr C habe das Unternehmen – wie aus dem Kaufvertrag im Einzelnen ersichtlich – ausschließlich im Interesse der D GmbH & Co. KG erworben. Diese sei als Treugeberin wirtschaftliche Leistungsempfängerin. Die KG sei zweifelsfrei Unternehmerin, die das durch Herrn C als Treuhänder erworbene Unternehmen habe fortführen wollen und auch tatsächlich fortgeführt habe.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 02.01.2012 als unbegründet zurück. Er hielt unter Verweis auf den bisherigen Schriftwechsel daran fest, dass keine Anhaltspunkte für eine Unternehmereigenschaft des Herrn C vorlägen. Soweit nunmehr abweichend von der bisherigen Sachverhaltsdarstellung (Asset Deal, Mitunternehmer, Verkauf an Herrn C statt an die D GmbH & Co. KG, weil Gesamtfinanzierung anders nicht machbar) auf ein offenes Treuhandverhältnis abgestellt werde, handele es sich um eine nachträgliche Sachverhaltsanpassung an die gesetzlichen Normen und die Rechtsprechung, um eine im Interesse der Klägerin günstige steuerliche Rechtsfolge darzulegen.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Sie hält zunächst daran fest, dass Herr C als offener Treuhänder ausschließlich im Interesse der D GmbH & Co. KG tätig geworden sei. Die Klägerin habe ihr Unternehmen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an die Treugeberin, die zweifelsfrei Unternehmerin sei, veräußert.

Entgegen der Darstellung des Beklagten habe Herr C auch nicht als Käufer auftreten müssen, um die Finanzierung des Kaufs des Unternehmens der Klägerin über das Konstrukt der stillen Gesellschaft zu ermöglichen. Dasselbe Ergebnis hätte auch bei unmittelbarem Verkauf an die D GmbH & Co. KG erzielt werden können. Dies sei in der Endphase der Vertragsverhandlungen, in der es in erster Linie um die Einigung gegangen sei, jedoch nicht erkannt worden. Die Annahme einer Treuhandschaft sei – anders als der Beklagte geltend mache – auch keine abweichende Sachverhaltsgestaltung sondern eine rechtliche Wertung. Allein der Umstand, dass dies von Herrn C bzw. Steuerberater … im Rahmen der Betriebsprüfung nicht geltend gemacht worden sei, sei demnach unbeachtlich.

Das Verfahren hat auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten bis zur abschließenden Entscheidung des BFH im Revisionsverfahren XI R 26/10 geruht. Im Anschluss an das Urteil des BFH vom 26.08.2014 XI R 26/10, BFH/NV 2015, 121 hat die Klägerin weiter wie folgt vorgetragen:

Die Klägerin ist der Auffassung, dass unter Berücksichtigung der Grundsätze im Urteil des Europäischen Gerichtshofes – EuGH – vom 01.03.2012 C-280/10 Polski Trawertyn, dort insbesondere Textziffern 31,33, BFH/NV 2012, 908, Herr C als Unternehmer gehandelt habe und damit eine Geschäftsveräußerung im Ganzen anzunehmen sei. Der diesem Urteil zu Grunde liegende Sachverhalt entspreche dem Sachverhalt des vorliegenden Streitfalls (Erwerb von Wirtschaftsgütern durch einen künftigen Gesellschafter, Einbringung der Wirtschaftsgüter durch den Gesellschafter in die neu gegründete Gesellschaft). Das Urteil des BFH vom 26.08.2014 XI R 26/10, BFH/NV 2015, 121, und das diesem Urteil zu Grunde liegende Urteil des EuGH vom 13.03.2014 C-204/13 Malburg, BFH/NV 2014, 813 beträfen einen anderen Sachverhalt (unentgeltliche Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern durch Gesellschafter an eine neu gegründete Gesellschaft).

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 25.08.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 02.01.2012 aufzuheben,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung,

hilfsweise Revisionszulassung (zur Fortbildung des Rechts).

Er hält an seiner außergerichtlich dargestellten Rechtsauffassung fest und führt ergänzend aus:

Wenn auch eine einfachere unmittelbare Veräußerung an die D GmbH & Co. KG – wie die Klägerin vortrage – ohne Weiteres möglich gewesen sei, stelle sich die Frage, warum die Vertragsbeteiligten dann die kompliziertere Vertragsgestaltung gewählt hätten und sich die Klägerin zudem vertraglich habe zusichern lassen, dass Herr C im Falle der Nichtanerkennung der Geschäftsveräußerung im Ganzen die auf den Kaufpreis entfallende Umsatzsteuer zusätzlich schulde.

Der Beklagte meint, das Urteil des EuGH vom 01.03.2012 C-280/10, Polski Trawertyn, BFH/NV 2012, 908, sei auf den Streitfall nicht anwendbar, da keine Personenidentität zwischen dem Erwerber (Herrn C) und der unternehmerisch tätigen D GmbH & Co. KG bestehe. Im Übrigen verweist er auf das Urteil des FG Düsseldorf vom 17.12.2003  5 K 864/01 U, EFG 2004, 772.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 25.08.2010 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 02.01.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Der Beklagte hat den von der Klägerin als nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG behandelten Umsatz in Höhe von 800.000 € zu Unrecht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterworfen.

Die Veräußerung an Herrn C erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG.

Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

Nach den entsprechenden Richtlinienvorschriften des Art. 5 Abs. 8  6. EG-Richtlinie bzw. jetzt Art. 19 Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MWStSystRL – können die Mitgliedsstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen.

Auf der Grundlage des Kaufvertrages vom 28.04.2005 hat die Klägerin ihr Unternehmen, das heißt dessen wesentliche, im Vertrag im einzelnen bezeichnete Betriebsgrundlagen an Herrn C übertragen mit der Verpflichtung, dass dieser den Kaufgegenstand nach Gründung der D GmbH & Co. KG in diese einbringt, damit diese das bisherige Unternehmen der Klägerin fortführt.

Damit liegt eine Geschäftsveräußerung im Sinne einer entgeltlichen Übereignung eines Unternehmens im Ganzen vor. Davon, dass mit Ausnahme der Unternehmereigenschaft des Erwerbers, Herr C, die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG vorliegen, geht im Übrigen auch der Beklagte aus.

Die danach zwischen den Beteiligten allein streitige Frage der Unternehmereigenschaft des Herrn C ist entsprechend der Auffassung der Klägerin zu beantworten. Herr C ist bei dem Erwerbs- und Einbringungsvorgang als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG bzw. als Steuerpflichtiger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie bzw. jetzt Art. 9 Abs. 1 MWStSystRL anzusehen.

Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

Unionsrechtlich gilt als Steuerpflichtiger (Unternehmer), wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt (Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie, jetzt Art. 9 Abs. 1 MWStSystRL).

Herr C hat im Sinne dieser Vorschriften mit dem Erwerb des Unternehmens der Klägerin und anschließender Sacheinlage der erworbenen Wirtschaftsgüter in die von ihm mit gegründete D GmbH & Co. KG eine unternehmerische bzw. wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt.

Es trifft zwar zu, dass Herr C mit den erworbenen Wirtschaftsgütern in der Gründungsphase der KG nicht selbst als natürliche Person besteuerte Umsätze ausführen wollte. Herr C war auch sonst unstreitig weder vorher noch nach Gründung der KG, etwa aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der neu gegründeten Gesellschaft, unternehmerisch tätig.

Dem Beklagten ist auch einzuräumen, dass nach der von ihm in Bezug genommenen älteren Rechtsprechung (vgl. insbesondere BFH, Urteil vom 15.01.1987 V R 3/77, BStBl II 1987, 512 und FG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2003  5 K 864/01 U, EFG 2004, 772) ein Erwerbs- und Einbringungsvorgang wie im Streitfall als solcher nicht als unternehmerische Betätigung angesehen wurde.

Nach den unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie bzw. jetzt Art. 9 Abs. 1 MWStSystRL und der jüngeren Rechtsprechung des EuGH ist eine Fallgestaltung wie im Streitfall nunmehr jedoch anders zu beurteilen.

Zu dieser Auffassung gelangt der Senat insbesondere auf Grund des Urteils des EuGH vom 01.03.2012 C -280/10, Polski Trawertyn, BFH/NV 2012, 908, das zu einem dem Streitfall vergleichbaren Sachverhalt ergangen ist: Erwerb von Investitionsgütern durch Gesellschafter und anschließende Einbringung in die von den Gesellschaftern gegründete Personengesellschaft, die mit diesen Investitionsgütern steuerpflichtige Umsätze tätigen soll. In diesem Zusammenhang stimmt der Senat zunächst der Klägerin darin zu, dass das Urteil des EuGH vom 13.03.2014 C-204/13, Malburg, BFH/NV 2014, 813 und das nachfolgende Urteil des BFH vom 26.08.2014 XI R 26/10, BFH/NV 2015, 121 einen anderen, im Streitfall nicht gegebenen Sachverhalt betrifft: unentgeltliche Nutzungsüberlassung eines Mandantenstammes als nicht wirtschaftliche Tätigkeit.

In seinem Urteil vom 01.03.2012 C-280/10, Polski Trawertyn, BFH/NV 2012, 908, hat der EuGH in Tz. 30, 31 ausgeführt:

„Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass derjenige, der solche in engem Zusammenhang mit der künftigen Nutzung eines Grundstücks stehenden und für diese erforderlichen Investitionshandlungen vornimmt, als Steuerpflichtiger im Sinne der 6. Richtlinie anzusehen ist (vgl. Urteil Rompelmann, Randnr. 23).

Demnach können die Gesellschafter einer Gesellschaft in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie vor Eintragung und mehrwertsteuerpflichtiger Erfassung ihrer Gesellschaft Investitionen getätigt haben, die für die künftige Nutzung des Grundstücks durch die Gesellschaft erforderlich sind, als mehrwertsteuerpflichtig angesehen werden, und sind daher grundsätzlich befugt ein Recht auf Vorsteuerabzug geltend zu machen.“

In seinem Urteil vom 13.03.2014 C-204/13 Malburg, BFH/NV 2014, 813, hat der EuGH im Übrigen unter Randnr. 35 nochmals ausdrücklich hervorgehoben, dass in der Rechtssache, in der das Urteil Polski Trawertyn ergangen sei, der von den beiden künftigen Gesellschaftern getätigte Ausgangsumsatz, nämlich die Einbringung eines Grundstücks in die Gesellschaft als Investitionsausgabe für die Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeit dieser Gesellschaft, in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer falle.

Entsprechend den Vorgaben des Urteils des EuGH vom 01.03.2012 C-280/10 Polski Trawertyn, BFH/NV 2012, 908, sind danach auch nach dem deutschen UStG Gesellschafter, die Investitionsgüter für die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft erwerben, als Unternehmer anzusehen (so ausdrücklich Wäger, Gesellschafter im Umsatzsteuerrecht, UR 2012, 911 (913)).

Entgegen der Auffassung des Beklagten scheitert eine Übertragung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 01.03.2012 C-280/10, Polski Trawertyn, BFH/NV 2012, 908, auf den Streitfall auch nicht an dem Umstand, dass keine Personenidentität zwischen Herrn C als Erwerber und der unternehmerisch tätigen Firma D GmbH & Co. KG besteht. Auch wenn – wie im Streitfall – nur einer von zwei Gesellschaftern sämtliche Investitionsausgaben bei Gründung der Gesellschaft tätigt, ist er nach den vom EuGH aufgestellten Kriterien als Steuerpflichtiger bzw. Unternehmer anzusehen (so auch Wäger, UR 2012, 911 (914)). Im Übrigen hat der EuGH in Randnr. 45 seines Urteils den Umstand der Personenidentität auch lediglich im Zusammenhang mit den formalen Rechnungserfordernissen beim Vorsteuerabzug thematisiert.

Auch der Umstand, dass das Urteil des EuGH zum Vorsteuerabzug ergangen ist, steht einer Übertragung der Rechtsgrundsätze auf den Streitfall nicht entgegen. Der Begriff des Steuerpflichtigen bzw. des Unternehmers ist sowohl im Rahmen der Prüfung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen als auch im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nach denselben Grundsätzen und Rechtsvorschriften (§ 2 Abs. 1 UStG und Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie bzw. jetzt Art. 9 Abs. 1 MWStSystRL) vorzunehmen. So hat der EuGH gerade auch im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie ausgeführt, dass gemäß dem Zweck der 6. EG-Richtlinie, die u.a. darauf abzielt, das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf einen einheitlichen Begriff des Steuerpflichtigen zu stützen, diese Eigenschaft ausschließlich auf Grund der in Art. 4 der 6. EG-Richtlinie genannten Kriterien beurteilt werden muss (EuGH-Urteil vom 29.04.2004 C-137/02 Faxworld, UR 2004, 362, dort Randnr. 29).

Für die vom Senat vertretene Auffassung spricht im Ergebnis auch der vom EuGH bereits in dessen vorzitiertem Urteil bemühte Neutralitätsgrundsatz der Umsatzsteuer. Nach dieser Entscheidung (dort insbesondere Randnrn. 41 und 42) kann ein Steuerpflichtiger, dessen einziger Gesellschaftszweck die Vorbereitung der wirtschaftlichen Tätigkeit eines anderen Steuerpflichtigen ist und der keinen steuerbaren Umsatz bewirkt hat, in Anwendung des Grundsatzes der Neutralität der Umsatzsteuer ein Recht auf Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit steuerbaren Umsätzen geltend machen, die von dem zweiten Steuerpflichtigen bewirkt wurden. Würde die Unternehmensveräußerung an Herrn C – wie durch den Beklagten geschehen – der Umsatzbesteuerung unterworfen, hätte dies nach den Grundsätzen der vorgenannten EuGH-Urteile einen entsprechenden Vorsteuerabzug des Gesellschafters oder der Gesellschaft zur Folge. Durch die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen wird die Neutralität der Umsatzbesteuerung entsprechend dem Zweck der Regelung des § 1 Abs. 1a UStG, die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen, dadurch gewährleistet, dass die Geschäftsveräußerung von vornherein nicht steuerbar ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen, nachdem der EuGH sich zwischenzeitlich mehrfach zur Frage des Vorliegens einer wirtschaftlichen bzw. unternehmerischen Tätigkeit bei Erwerbs- und Einbringungsvorgängen wie im Streitfall geäußert hat und sich die daraus möglicherweise ergebenden weiteren Fragen im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug im Streitfall nicht stellen.

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