FG Münster: Zur Besteuerung von Aufstockungsbeträgen zum Transferkurzarbeitergeld
FG Münster, Urteil vom 15.11.2017 – 7 K 2635/16 E
ECLI:DE:FGMS:2017:1115.7K2635.16E.00
Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2018-805-1
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Sachverhalt
Streitig ist, ob Zahlungen von Zuschüssen zum Transferkurzarbeitergeld der A-Transfer GmbH an den Kläger als außerordentliche Einkünfte mit dem ermäßigten Tarif zu versteuern sind.
Der Kläger war seit mehr als 24 Jahren als Arbeitnehmer bei der B AG (im Folgenden: B) beschäftigt. Aufgrund der Stilllegung des B-Werkes zum 31.12.2014 schloss B mit dem Kläger und der A-Transfer GmbH (im Folgenden: Transfer GmbH) - einem rechtlich eigenständigen Unternehmen ohne gesellschaftsrechtliche Verbindungen zu B - am 17.10.2014 einen dreiseitigen Vertrag. Nach Art. 1 des dreiseitigen Vertrages wurde das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und B zum 31.3.2015 gegen die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 157.747,23 € aus betriebsbedingten Gründen aufgehoben. Ferner begründeten der Kläger und die Transfer GmbH ein befristetes Arbeitsverhältnis vom 1.4.2015 bis zum 31.3.2016 (Art. 2). Geschäftsgrundlage für dieses Arbeitsverhältnis war die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld im Sinne von § 111 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für diesen Zeitraum. Die Transfer GmbH verpflichtete sich zur Zahlung eines Zuschusses zum Transferkurzarbeitergeld. Einen Anspruch auf Beschäftigung gegenüber der Transfer GmbH hatte der Kläger nicht. Das befristete Arbeitsverhältnis bei der Transfer GmbH hatte zum Ziel, dem Kläger Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen und dessen Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Wegen des weiteren Vertragsinhalts wird auf den dreiseitigen Vertrag vom 14.10.2014 (Bl. 15-28 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Der Kläger erhielt im Streitjahr 2015 von B bis zum 31.3.2015 laufenden Arbeitslohn sowie die vereinbarte Abfindung. Ferner erhielt er vom 1.4.2015 bis zum 31.3.2016 Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 SGB III von der Bundesagentur für Arbeit. Die Transfer GmbH zahlte hierzu Aufstockungsbeträge in Höhe von 6.825,35 € im Jahr 2015 und in Höhe von 7.686,40 € im Jahr 2016.
Der Beklagte erfasste im Einkommensteuerbescheid für die Kläger für 2015 sämtliche von B und von der Transfer GmbH an den Kläger geleistete Zahlungen als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Abfindung in Höhe von 157.747,23 € unterwarf er als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem ermäßigten Tarif, die Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld dagegen als laufenden Arbeitslohn.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und trugen vor, dass es sich auch bei den Aufstockungsbeträgen um außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG handele, die nach der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG mit dem ermäßigten Tarif zu versteuern seien. Das BFH-Urteil vom 20.7.2010, Az. IX R 23/09, BStBl. II 2011, 218 sei im Streitfall nicht einschlägig, da die Klägerin des Urteilsfalles ihre bisherige Tätigkeit in der Transfergesellschaft weiter ausübte. Die Transfer GmbH habe im Streitfall dagegen ausschließlich als Ausbildungs- und Trainingscenter fungiert. Diesbezüglich verwiesen die Kläger auf das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 25.10.2010 (11 K 2909/09 E).
Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Entscheidend sei, dass der Kläger mit der Transfer GmbH als eigenständiger juristischer Person mit eigenem Gesellschaftszweck ein neues Arbeitsverhältnis begründet habe. Es handele sich daher unabhängig davon, ob der Kläger in der Transfer GmbH eine Tätigkeit ausgeübt habe, um regulären Arbeitslohn.
Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage tragen die Kläger ergänzend vor, dass die Abfindung und die Zahlungen der Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld einheitlich zu bewerten seien. Grundlage beider Zahlungen sei der dreiseitige Vertrag, nach dem keine der Vereinbarungen ohne die andere denkbar gewesen wäre. B finanziere die Transfer GmbH und trage damit im Ergebnis wirtschaftlich die Aufstockungsbeträge. Hierzu reichen die Kläger ergänzend den Sozialtarifvertrag zwischen der D-Gewerkschaft und B vom 12.6.2014 ein, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 2.5.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.7.2016 dahingehend zu ändern, dass die Zuschüsse zum Transferkurzarbeitergeld in Höhe von 6.825,35 € als außerordentliche Einkünfte bei der Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG berücksichtigt werden,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung trägt er ergänzend zur Einspruchsentscheidung vor, dass Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld unabhängig davon keine Abfindung darstellten, ob sie von einer Beschäftigungs- und Qualifizierungs-Gesellschaft oder von einer Transfergesellschaft gezahlt werden. Eine trennscharfe Unterscheidung sei ohnehin nicht möglich. Das von den Klägern zitierte Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf stehe insoweit im Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung. Die Aufstockungsbeträge hingen auch nicht unmittelbar mit dem Verlust des Arbeitsplatzes zusammen. Der ermäßigte Steuersatz sei nach seinem Sinn und Zweck nicht auf laufende Zahlungen anzuwenden, die den ursprünglichen Arbeitslohn nicht überstiegen.
In der Sache hat am 15.11.2017 eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Der Einkommensteuerbescheid für 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO). Der Beklagte hat die an den Kläger gezahlten Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld zu Unrecht nicht nach § 34 Abs. 1 EStG tarifermäßigt besteuert. Diese Einnahmen stellen außerordentliche Einkünfte nach § 24 Nr. 1 Buchstabe a) EStG dar.
Außerordentliche Einkünfte sind nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG unter anderen Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG. Hierzu gehören gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind.
1. Der Zuschuss zum Transferkurzarbeitergeld stellt eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen dar. Der Begriff der Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 EStG umfasst alle Zahlungen, die eine finanzielle Einbuße ausgleichen, die ein Steuerpflichtiger infolge einer Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter erlitten oder zu erwarten hat (BFH-Urteil vom 12.6.1996, XI R 43/94, BStBl. II 1996, 516). Eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt grundsätzlich einen unfreiwilligen Einnahmeverlust voraus. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige bei einer einvernehmlichen Auflösung eines Dienstverhältnisses unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt hat (BFH-Urteile vom 20.7.1978 IV R 43/74, BStBl. II 1979, 9 und vom 20.10.1978 VI R 107/77, BStBl. II 1979, 176). Bei einer Aufhebung des Arbeitsverhältnisses liegt eine Entschädigung in diesem Sinne auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer zugleich zur Vermeidung der Entlassung in ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einer externen Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft eintritt. Entscheidend ist, dass es sich bei der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft um eine eigenständige juristische Person mit eigenem Gesellschaftszweck handelt, die auch über ihre Gesellschafter nicht mit dem früheren Arbeitgeber verbunden ist (BFH-Urteil vom 20.7.2010 IX R 23/09, BStBl. II 2011, 218 m.w.N.). Als Entschädigung werden nur solche Leistungen erfasst, die gerade durch die Auflösung des bisherigen Dienstverhältnisses bedingt sind. Ein einfacher Kausalzusammenhang reicht nicht aus. Vielmehr ist ein unmittelbarer Zusammenhang der Zahlung mit dem aufgelösten Dienstverhältnis erforderlich. Hinsichtlich der Zweckgerichtetheit der Zahlung ist entscheidend auf die Abfassung der Vereinbarungen und deren Auslegung abzustellen (BFH-Urteil vom 20.7.2010 IX R 23/09, BStBl. II 2011, 218 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen sind die Zahlungen der Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld als Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen zu qualifizieren.
a. Durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit B ist dem Kläger ein Schaden entstanden, der in dem Verlust seiner Einnahmemöglichkeiten besteht. Dass er als Vertragspartei selbst an der Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses mitgewirkt hat ist unschädlich. Der Kläger befand sich aufgrund der Schließung des B-Werkes und der damit einhergehenden Stellenstreichungen unter erheblichem wirtschaftlichem oder zumindest tatsächlichem Druck. Der Abschluss des dreiseitigen Vertrages erfolgte zudem auf Initiative der bisherigen Arbeitgeberin. Das Arbeitsverhältnis bleibt auch nicht durch den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses zwischen der Transfer GmbH und dem Kläger bestehen. Die Transfer GmbH ist vielmehr eine rechtlich eigenständige juristische Person, die einen eigenen Gesellschaftszweck verfolgt. Es bestehen keine gesellschaftlichen Verbindungen zwischen ihr und der bisherigen Arbeitgeberin. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Anderenfalls hätte der Beklagte bereits die einmalige Abfindungszahlung von B nicht als Entschädigung behandeln dürfen.
b. Zwischen der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit B und der Zahlung der Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld besteht vorliegend ein unmittelbarer Zusammenhang. Entgegen der Auffassung des Beklagten können diese Zahlungen bereits deshalb nicht Gegenstand einer laufenden Einkünfteerzielung sein, weil sie nicht für eine laufende Arbeitsleistung gewährt wurden. Der Kläger war für die Transfer GmbH tatsächlich nicht tätig und hatte nach den vertraglichen Regelungen auch keinen Anspruch auf eine Beschäftigung. Die Zahlung der Aufstockungsbeträge ist vielmehr allein durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit B bedingt. Nach den Vereinbarungen im dreiseitigen Vertrag sollten dem Kläger durch das befristete Arbeitsverhältnis bei der Transfer GmbH lediglich Qualifizierungsmöglichkeiten eröffnet und seine Arbeitsmarktchancen verbessert werden.
c. Der Zuschuss wurde außerdem an die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld nach § 111 SGB III geknüpft. Aus dem Normzweck des § 111 SGB III ergibt sich, dass das Transferkurzarbeitergeld nicht als Ersatz für laufenden Arbeitslohn fungiert, sondern die Folgen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses abmildern soll. Zum einem soll das Transferkurzarbeitergeld nach § 111 SGB III die Arbeitnehmer - noch bevor Arbeitslosigkeit eintritt - in den ersten Arbeitsmarkt integrieren. Die Förderung mittels Transferkurzarbeitergeld soll es ermöglichen, Eingliederungschancen festzustellen und mögliche Vermittlungshemmnisse zu beseitigen. Zum anderen führt die Leistung zur Ausdehnung der Entlassungsphase, indem die Leistung zwischen das ursprüngliche Arbeitsverhältnis und die anderenfalls eintretende Arbeitslosigkeit tritt (Jenak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 111 SGB III Rn. 13, Stand 9/2016 m.w.N.). Dementsprechend besteht im Streitfall der Zweck der Transfer GmbH ausschließlich darin, den ehemaligen B-Mitarbeitern Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen und die Arbeitsmarktchancen der Mitarbeiter zu verbessern.
2. Dem steht das vom Beklagten angeführte BFH-Urteil vom 20.7.2010 (IX R 23/09, BStBl. II 2011, 218) nicht entgegen. Im dort entschiedenen Fall wurde über die Behandlung von Zuzahlungen zu Kurzarbeitergeld als Abfindungen im Sinne von § 3 Nr. 9 EStG a.F. entschieden. Das Tatbestandsmerkmal der Abfindung ist deckungsgleich mit dem Merkmal der Entschädigung in § 24 Nr. 1 Buchstabe a) EStG. Der BFH hat einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Aufstockung des Kurzarbeitergeldes und der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses verneint, weil die Zuzahlungen vielmehr aufgrund der vereinbarten Kurzarbeit mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungs-Gesellschaft erfolgt waren. In dieser Gesellschaft war der Kläger des BFH-Urteils tatsächlich in Kurzarbeit tätig und erhielt eine Aufstockung, die der BFH als Gegenleistung für die aufgrund der Kurzarbeit erlittenen Nachteile ansah und deshalb als laufenden Arbeitslohn behandelte. Hauptzweck des Kurzarbeitergeldes im Sinne von § 95 SGB III ist der Verbleib in Beschäftigung. Bei konjunkturell bedingten Arbeitsausfällen soll es der Verhinderung von Arbeitslosigkeit und der Stabilisierung bestehender Beschäftigungsverhältnisse dienen. Den Arbeitnehmern sollen die Arbeitsplätze und den Betrieben die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten bleiben (Müller-Grune in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 95 SGB III, Rn. 30, Stand 12/2013; BT-Drs. 13/4941, S. 183).
Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 25.10.2010 (11 K 2909/09 E, EFG 2011, 976) steht insoweit nicht im Widerspruch zum o.g. BFH-Urteil vom 20.7.2010 (IX R 23/09, BStBl. II 2011, 218). Beide Entscheidungen gehen vielmehr von denselben Grundsätzen aus. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte allerdings - anders als der BFH - über einen Fall zu entscheiden, in dem der Kläger von einer Transfer-Gesellschaft angestellt, von dieser aber nicht beschäftigt wurde. Dementsprechend nahm es keinen Zusammenhang der Aufstockungsbeträge zum laufenden Arbeitslohn an. Denselben Unterschied zum BFH-Urteil weist der vorliegende Streitfall auf.
3. Der Anwendung des § 34 EStG steht auch nicht entgegen, dass ein Teil der Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld erst im Jahr 2016 gezahlt wurden. Grundsätzlich ist für die Anwendung des ermäßigten Steuertarifs ein zusammengeballter Zufluss der Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum erforderlich. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn neben der Hauptentschädigungsleistung in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden oder der Steuerpflichtige in einem anderen Veranlagungszeitraum nur eine geringfügige Teilleistung erhalten hat (BFH-Urteil vom 8.4.2014 IX R 28/13, BFH/NV 2014, 1514). Im Streitfall liegen die Voraussetzungen beider Alternativen vor.
Zum einen weisen die Aufstockungszahlungen einen sozialen Fürsorgecharakter auf. Soziale Fürsorge ist in diesem Zusammenhang allgemein im Sinne der Fürsorge des Arbeitgebers für seinen früheren Arbeitnehmer zu verstehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber hierzu arbeitsrechtlich verpflichtet ist (BFH-Urteil vom 8.4.2014 IX R 28/13, BFH/NV 2014, 1514). Entsprechend dem dreiseitigen Vertrag (Art. 2 § 7 Nr. 1 Buchst. a) sollte die Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes dazu führen, dass der Kläger sein bisheriges Einkommensniveau zu 100 % bzw. zu 80 % beibehält. Ferner sollte er die Möglichkeit haben, möglichst ohne Arbeitslosigkeit in ein neues Beschäftigungsverhältnis zu wechseln und auf dieses vorbereitet zu werden. Dies entspricht auch dem o.g. Zweck des Transferkurzarbeitergeldes.
Zum anderen sind die im Jahr 2016 zugeflossenen Zahlungen im Verhältnis zu den gesamten Entschädigungszahlungen als geringfügig anzusehen. Im Streitjahr 2015 sind dem Kläger Abfindungszahlungen von insgesamt 164.572,58 € zugeflossen (vereinbarte Abfindung 157.747,23 € und Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld 6.825,35 €). Die im Jahr 2016 zugeflossenen Aufstockungsbeträge in Höhe von 7.686,40 € stellen lediglich knapp 4,5 % der gesamten Entschädigungsleistung von 172.258,98 € dar. Die Verteilung der Aufstockungsbeträge auf verschiedene Veranlagungszeiträume beruhte ersichtlich nicht auf der Erlangung einer Progressionsminderung, sondern um dem Kläger gleichbleibende Einkünfte zu erhalten.
4. Schließlich widerspricht dieses Ergebnis auch nicht dem Sinn und Zweck des ermäßigten Steuersatzes, die Auswirkungen des progressiven Tarifs auf „zusammengeballt“ zugeflossene Einkünfte abzuschwächen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann nicht der Fall, wenn der Steuerpflichtige insgesamt nicht mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge, erhalten hätte (z.B. BFH-Urteil vom 8.4.2014 IX R 33/13, BFH/NV 2014, 1358 m.w.N.). Im Streitfall hat der Kläger aber bereits aufgrund der Einmalzahlung in Höhe von 157.747,23 € unstreitig deutlich mehr erhalten, als er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit B erhalten hätte. Da die Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld zusammen mit der Einmalzahlung eine einheitlich zu beurteilende Abfindung darstellen, kommt insoweit - entgegen der Auffassung des Beklagten - keine andere Beurteilung in Betracht.
II. Die Übertragung der Ermittlung des festzusetzenden Steuerbetrags auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
IV. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Ob Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld als außerordentliche Einkünfte zu behandeln sind, wenn der ehemalige Arbeitnehmer beschäftigungslos bei einer Transfer-Gesellschaft angestellt wird, wurde bisher höchstrichterlich nicht entschieden. Diese Frage betrifft aufgrund der Vielzahl der ehemaligen B-Mitarbeiter nicht nur einen Einzelfall. Beim Finanzgericht Münster sind hierzu mehrere Verfahren in verschiedenen Senaten anhängig.