EuGH: Zur Abzugsfähigkeit von Wechselkursverlusten
EuGH, Urteil vom 10.6.2015 – C-686/13 (X AB), X AB/Skatteverket, ECLI:EU:C:2015:375
Tenor
Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er steuerrechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die grundsätzlich Gewinne aus Geschäftszwecken dienenden Anteilen von der Körperschaftsteuer befreien und dementsprechend den Abzug von Verlusten aus solchen Anteilen selbst dann ausschließen, wenn sich diese Verluste aus Wechselkursverlusten ergeben.
Aus den Gründen
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49 AEUV und 63 AEUV.
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der X AB, einer Gesellschaft schwedischen Rechts, und dem Skatteverk (Steuerverwaltung) über dessen Weigerung, der X AB für einen Wechselkursverlust, der ihr bei der Veräußerung Geschäftszwecken dienender Anteile an einer Tochtergesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich entstanden ist, einen Steuerabzug zu gewähren.
Schwedisches Recht
3 Kapitel 24 § 13 des inkomstskattelag (1999:1229) (Einkommensteuergesetz, im Folgenden: IL) definiert den Begriff „Geschäftszwecken dienender Anteil“ wie folgt:
„Anteile, die Geschäftszwecken dienen, sind Anteile an einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft, sofern sie die Voraussetzungen des § 14 erfüllen und von einer juristischen Person gehalten werden (Anteilseigner), nämlich:
1. einer schwedischen Aktiengesellschaft oder schwedischen Genossenschaft, die keine Wertpapierfirma ist,
2. einer schwedischen Stiftung oder schwedischen Gesellschaft ohne Gewinnzweck, die nicht den Bestimmungen über die Befreiung von der Steuerpflicht nach Kapitel 7 unterliegt,
3. einer schwedischen Sparkasse,
4. einem schwedischen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit oder
5. einer ausländischen Gesellschaft, die ihren Sitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und einem schwedischen Unternehmen im Sinne der Nrn. 1 bis 4 entspricht.“
4 In Kapitel 24 § 14 IL heißt es:
„Der Anteil muss eine Kapitalanlage sein und eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
1. Der Anteil ist nicht marktnotiert.
2. Die Gesamtheit der Stimmen aller Anteile des Anteilseigners an dem Unternehmen, an dem er beteiligt ist, macht mindestens 10 % der allen Unternehmensanteilen entsprechenden Stimmrechte aus.
3. Die Anteilsinhaberschaft dient der Geschäftstätigkeit, die der Anteilseigner oder ein Unternehmen ausübt, das hinsichtlich der eigentumsrechtlichen oder organisatorischen Verhältnisse als dem Anteilseigner nahe stehend angesehen werden kann.
...“
5 Kapitel 25a IL behandelt u. a. Aktien, die Geschäftszwecken dienen. Dort sieht § 5 vor:
„Ein Kapitalertrag ist nur in den in § 9 genannten Fällen zu berücksichtigen. ...
Ein Kapitalverlust darf nur dann abgezogen werden, wenn ein entsprechender Kapitalertrag besteuert worden wäre. ...“
6 Nach Kapitel 25a § 9 in Verbindung mit § 18 IL unterliegen Kapitalgewinne aus Geschäftszwecken dienenden Anteilen entgegen der in § 5 dieses Kapitels festgelegten allgemeinen Regel der Körperschaftsteuer, wenn die Veräußerung Anteile an einer Scheinfirma oder Weiterverkäufe bestimmter Art betrifft.
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
7 Im Jahr 2003 gründete die X AB, die ihren Sitz in Schweden hat, eine Tochtergesellschaft im Vereinigten Königreich, die Y Ltd, deren Gesellschaftsanteile in US-Dollar ausgegeben wurden.
8 Zwischen 2003 und 2009 erhielt die Y Ltd Kapitaleinlagen durch gezielte Neuemissionen an die X AB. Diese veräußerte in der Folge in zwei Fällen von ihr an der Y Ltd gehaltene Anteile an ihre eigene Muttergesellschaft. Nach diesen Veräußerungen hielt die X AB noch Gesellschaftsanteile an der Y Ltd in Höhe von rund 45 %, bezogen auf das Kapital wie auch auf die Stimmrechte.
9 Es steht außer Streit, dass es sich bei diesen Gesellschaftsanteilen um „Geschäftszwecken dienende Anteile“ im Sinne von Kapitel 24 § 13 IL handelt.
10 Da die X AB die Geschäftstätigkeit der Y Ltd aufgeben wollte, plante sie eine Veräußerung dieser Gesellschaftsanteile. Dieser Umsatz beinhaltete jedoch das Risiko eines Wechselkursverlusts aufgrund der Tatsache, dass die X AB zwischen 2003 und 2009 Bareinlagen zu einem günstigeren Wechselkurs als dem zum Zeitpunkt der geplanten Veräußerung geltenden an die Y Ltd erbracht hatte. Die X AB prüfte daher vorab die Abzugsfähigkeit dieses möglichen Verlusts, wurde aber mit der schwedischen Steuergesetzgebung konfrontiert, nach der Kapitalverluste auf „Geschäftszwecken dienende Anteile“ grundsätzlich nicht von der Besteuerungsgrundlage der Körperschaftsteuer abzugsfähig sind.
11 Die X AB beantragte daher beim Skatterättsnämnd (Steuerrechtsausschuss) einen Vorbescheid zu der Frage, ob ein solcher Ausschluss mit dem Unionsrecht vereinbar sei, wenn er auf einen Kapitalverlust angewandt werde, der auf einem Wechselkursverlust aus einem „Geschäftszwecken dienenden Anteil“ an einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Gesellschaft beruhe.
12 In einem Vorbescheid vom 18. März 2013 verneinte der Skatterättsnämnd einen Verstoß gegen das Unionsrecht mit der Begründung, dass im schwedischen Steuerrecht grundsätzlich weder die Kapitalgewinne noch die Kapitalverluste aus Gesellschaftsanteilen, bei denen es sich um „Geschäftszwecken dienende Anteile“ handele, für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage der Körperschaftsteuer berücksichtigt würden.
13 Die X AB focht diesen Bescheid vor dem Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof) an.
14 Zur Stützung ihrer Klage vor dem vorlegenden Gericht macht die X AB im Wesentlichen geltend, dass die von ihr in die Y Ltd vorgenommenen Investitionen aufgrund der schwedischen Regelung risikoreicher gewesen seien als vergleichbare inländische Investitionen. Ihre Argumentation fußt grundsätzlich auf der Idee, dass eine in schwedischen Kronen ausgeführte Investition in eine schwedische Aktiengesellschaft hinsichtlich des Wechselkursrisikos nicht den gleichen Unwägbarkeiten unterliege, wie sie bei einer Investition in einem anderen Mitgliedstaat auftreten könnten. Das schwedische Steuersystem stelle daher eine Beeinträchtigung des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit dar, wie der Gerichtshof im Urteil Deutsche Shell (C‑293/06, EU:C:2008:129) entschieden habe, dessen Lösung auf den Ausgangsrechtsstreit übertragbar sei.
15 Unter diesen Voraussetzungen hat der Högsta förvaltningsdomstol beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Stehen die Art. 49 AEUV und 63 AEUV nationalen Rechtsvorschriften entgegen, nach denen der Sitzstaat den Abzug für einen Wechselkursverlust, der in den Kapitalverlust aus einem Geschäftszwecken dienenden Anteil an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft eingegangen ist, versagt, wenn der Sitzstaat ein System anwendet, bei dem Kapitalerträge und Kapitalverluste aus solchen Anteilen bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlage nicht berücksichtigt werden?
Zur Vorlagefrage
Vorbemerkungen
16 Da sich die Vorlagefrage auf die Niederlassungsfreiheit und zugleich auf den freien Kapitalverkehr bezieht, die in den Art. 49 AEUV bzw. 63 AEUV niedergelegt sind, ist zunächst festzustellen, welche dieser beiden Grundfreiheiten von einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden beeinträchtigt werden kann.
17 Hierzu ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation, C‑35/11, EU:C:2012:707, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Hervis Sport- és Divatkereskedelmi, C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 21).
18 So fällt eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, in den Anwendungsbereich von Art. 49 AEUV über die Niederlassungsfreiheit (Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation, C‑35/11, EU:C:2012:707, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Hervis Sport- és Divatkereskedelmi, C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 22).
19 Hingegen sind nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen (Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation, C-35/11, EU:C:2012:707, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).
20 Bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden schwedischen Rechtsvorschriften umfasst die Kategorie der „Geschäftszwecken dienenden Anteile“ offensichtlich nicht nur Gesellschaftsanteile, deren Stimmrechte in der Summe mindestens 10 % der mit allen Anteilen an dem Unternehmen, an dem die Beteiligung besteht, verbundenen Stimmrechte entsprechen, sondern auch nicht marktnotierte Gesellschaftsanteile, und zwar ohne die Bedingung eines Mindestprozentsatzes.
21 Ferner wurde bereits entschieden, dass eine Beteiligung von mindestens 10 % am Kapital oder den Stimmrechten in einer Gesellschaft nicht zwangsläufig bedeutet, dass der Inhaber dieser Beteiligung einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausübt, bei der er Anteilseigner ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation, C‑446/04, EU:C:2006:774, Rn. 58, und Itelcar, C‑282/12, EU:C:2013:629, Rn. 22).
22 Folglich lässt sich anhand des Gegenstands der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung allein nicht bestimmen, ob sie vorwiegend unter Art. 49 AEUV oder unter Art. 63 AEUV fällt.
23 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind in einem solchen Fall die tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falles zu berücksichtigen, um zu bestimmen, von welcher dieser Bestimmungen die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Situation erfasst wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation, C-35/11, EU:C:2012:707, Rn. 93 und 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).
24 Hierzu geht aus der dem Gerichtshof vorgelegten Akte hervor, dass die X AB 45 % der Anteile der Y Ltd hält, bezogen sowohl auf das Kapital als auch auf die Stimmrechte. Es wurde bereits entschieden, dass Beteiligungen in einer solchen Höhe grundsätzlich ihrer Art nach geeignet sind, ihrem Inhaber einen „sicheren Einfluss“ im Sinne der in Rn. 18 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung auf die Entscheidungen und Tätigkeiten der betroffenen Gesellschaft einzuräumen (vgl. entsprechend Urteil SGI, C‑311/08, EU:C:2010:26, Rn. 35).
25 Daher ist das Vorabentscheidungsersuchen dahin zu verstehen, dass es sich auf die Auslegung der Bestimmungen des AEU-Vertrags zur Niederlassungsfreiheit bezieht.
Zum Vorliegen einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit
26 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 49 AEUV dahin auszulegen ist, dass er steuerrechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, die Gewinne auf Geschäftszwecken dienende Anteile von der Körperschaftsteuer befreien und dementsprechend den Abzug von Verlusten aus solchen Anteilen ausschließen, selbst wenn diese Verluste auf Wechselkursverlusten beruhen.
27 Es ist darauf hinzuweisen, dass Art. 49 AEUV die Aufhebung von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit vorschreibt. Auch wenn die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit ihrem Wortlaut nach die Inländerbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat gewährleisten sollen, verbieten sie es ebenso, dass der Herkunftsmitgliedstaat die Niederlassung eines seiner Staatsangehörigen oder einer im Einklang mit seinen Rechtsvorschriften errichteten Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat behindert (Urteile Marks & Spencer, C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 31, National Grid Indus, C‑371/10, EU:C:2011:785, Rn. 35, und Bouanich, C‑375/12, EU:C:2014:138, Rn. 57).
28 Nach ständiger Rechtsprechung sind als solche Beschränkungen auch alle Maßnahmen anzusehen, die die Ausübung dieser Freiheit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen (vgl. Urteile National Grid Indus, C‑371/10, EU:C:2011:785, Rn. 36, Finanziaria di Diego della Valle & C., C‑380/11, EU:C:2012:552, Rn. 33, und Bouanich, C‑375/12, EU:C:2014:138, Rn. 58).
29 Der Gerichtshof hat entschieden, dass solche Behinderungen entstehen können, wenn ein Unternehmen aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften davon abgehalten werden könnte, untergeordnete Einheiten – wie etwa Betriebsstätten – in anderen Mitgliedstaaten zu gründen und seine Tätigkeiten über diese Einheiten auszuüben (Urteile Marks & Spencer, C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 32 und 33, Keller Holding, C‑471/04, EU:C:2006:143, Rn. 35, und Deutsche Shell, C‑293/06, EU:C:2008:129, Rn. 29).
30 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden schwedischen steuerrechtlichen Vorschriften Kapitalgewinne bei einer Veräußerung von „Geschäftszwecken dienenden Anteilen“ im Sinne des IL grundsätzlich von der Besteuerungsgrundlage der Körperschaftsteuer ausnehmen. Spiegelbildlich sehen diese Rechtsvorschriften keinerlei Abzug von aus solchen Umsätzen erzielten Verlusten vor, und zwar unabhängig davon, ob die Gesellschaften, deren „Geschäftszwecken dienenden Anteile“ Gegenstand der Veräußerung sind, ihren Sitz in Schweden haben oder nicht.
31 Somit können durch einen Wechselkursverlust entstandene Verluste aus der Veräußerung von „Geschäftszwecken dienenden Anteilen“ weder in dem Fall abgezogen werden, in dem – wie im Ausgangsverfahren – die Anteile an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft gehalten werden, noch in dem Fall, in dem sie an einer in Schweden ansässigen Gesellschaft gehalten werden – unabhängig davon, ob deren Gesellschaftskapital in schwedischen Kronen gezeichnet ist oder in irgendeiner anderen, vom nationalen Recht zugelassenen Währung.
32 Daher werden entgegen dem Vorbringen der Klägerin des Ausgangsverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Schweden vorgenommene Investitionen in „Geschäftszwecken dienende Anteile“ in Anbetracht der fehlenden Abzugsfähigkeit von Wechselkursverlusten nicht ungünstiger behandelt als vergleichbare in Schweden vorgenommene Investitionen.
33 Hinzu kommt, dass, selbst unterstellt, solch eine fehlende Abzugsmöglichkeit könnte eine Gesellschaft, die in „Geschäftszwecken dienende Anteile“ an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft investiert hat, aufgrund der Tatsache, dass sie Wechselkursverlusten ausgesetzt ist, benachteiligen, wenn – wie im Ausgangsverfahren – diese Investition in Anteile vorgenommen wurde, die auf eine andere Währung als die des Aufnahmemitgliedstaats lauten, aus der steuerlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten folgt, dass die Freiheit der Gesellschaften, unter den verschiedenen Niederlassungsmitgliedstaaten zu wählen, keinerlei Verpflichtung der Letztgenannten einschließt, ihr eigenes Steuersystem an die unterschiedlichen Besteuerungssysteme der anderen Mitgliedstaaten anzupassen, um zu gewährleisten, dass eine Gesellschaft, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat gewählt hat, auf nationalem Niveau auf die gleiche Weise besteuert wird wie eine Gesellschaft, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gewählt hat, da diese Wahl je nach Fall Vor- oder Nachteile für sie haben kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Deutsche Shell, C‑293/06, EU:C:2008:129, Rn. 43, und Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, C‑157/07, EU:C:2008:588, Rn. 50).
34 In gleicher Weise können die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts im Bereich der direkten Steuern nicht dahin ausgelegt werden, dass sie die Mitgliedstaaten verpflichten würden, ihr eigenes Steuersystem anzupassen, um mögliche Wechselkursrisiken zu berücksichtigen, denen sich die Gesellschaften infolge der Fortdauer einer Mehrzahl von Währungen, zwischen denen kein fester Wechselkurs besteht, auf dem Gebiet der Union oder nationalen Regelungen ausgesetzt sehen, die es gestatten – wie dies im Ausgangsverfahren der Fall ist –, das Gesellschaftskapital in Währungen von Drittstaaten auszuweisen.
35 Daraus folgt, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende die Niederlassungsfreiheit nicht beschränken kann.
36 Dieses Ergebnis kann durch die Erwägungen im Urteil Deutsche Shell (C‑293/06, EU:C:2008:129), auf die sich die X AB beruft, nicht in Frage gestellt werden.
37 In jenem Urteil hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der bei der Festsetzung der nationalen Besteuerungsgrundlage die Berücksichtigung eines Wechselkursverlusts eines in diesem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmens aus der Rückführung des Dotationskapitals, das es seiner in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte gewährt hatte, ausgeschlossen ist.
38 Zu dieser Schlussfolgerung ist der Gerichtshof allerdings in einem anderen rechtlichen Zusammenhang gelangt als dem, der sich aus der Anwendung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung ergibt. Die in der Rechtssache, in der das Urteil Deutsche Shell (C‑293/06, EU:C:2008:129) ergangen ist, in Rede stehende nationale Regelung sah nämlich, worauf das vorlegende Gericht hingewiesen hat, als allgemeine Regel vor, dass Wechselkursgewinne besteuert wurden und spiegelbildlich Wechselkursverluste abzugsfähig waren, es sei denn, dass durch ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine andere Regelung getroffen wurde.
39 Dies ist im Ausgangsverfahren jedoch nicht der Fall, da, wie in Rn. 30 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden schwedischen steuerrechtlichen Vorschriften im Hinblick auf Ergebnisse von „Geschäftszwecken dienende Anteile“ betreffenden Kapitalumsätzen, für die das Königreich Schweden entschieden hat, seine steuerliche Zuständigkeit im Allgemeinen nicht auszuüben, grundsätzlich neutral ist.
40 Unter diesen Umständen kann aus den Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit nicht abgeleitet werden, dass dieser Mitgliedstaat – im Übrigen asymmetrisch – verpflichtet wäre, seine steuerliche Zuständigkeit auszuüben, um die Abzugsfähigkeit von Verlusten aus Umsätzen zuzulassen, deren Ergebnisse, wären sie positiv, jedenfalls nicht besteuert würden.
41 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 49 AEUV dahin auszulegen ist, dass er steuerrechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die grundsätzlich Gewinne aus Geschäftszwecken dienenden Anteilen von der Körperschaftsteuer befreien und dementsprechend den Abzug von Verlusten aus solchen Anteilen selbst dann ausschließen, wenn sich diese Verluste aus Wechselkursverlusten ergeben.
Kosten
42 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.