EuGH-Schlussanträge: Zuordnung der Warenbewegung zu einer Lieferung innerhalb einer Lieferkette
GAin Kokott, Schlussanträge vom 25.7.2018 – C-414/17, AREX CZ a.s. gegen Odvolací finanční ředitelství
ECLI:EU:C:2018:624
Volltext BB-Online BBL2018-1813-4
Schlussanträge
Zusammenfassend schlägt der GA dem Gerichtshof vor, wie folgt auf die Vorlagefragen des Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) zu antworten:
1. Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG ist nur auf die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren an Steuerpflichtige anwendbar, deren übrige Erwerbe gemäß Art. 3 Abs. 1 derselben Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen. Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 enthält über die dort geregelte Steuerbefreiung hinaus keine Bestimmung über die Zuordnung der Warenbewegung im Verfahren der Steueraussetzung zu einer bestimmten Lieferung im Fall einer grenzüberschreitenden Lieferkette.
2. Bei der Zuordnung der einzigen grenzüberschreitenden Warenbewegung zu einer bestimmten Lieferung in einer Lieferkette kommt es entscheidend darauf an, wer beim Transport des Gegenstandes an ein anderes Glied der Lieferkette die Gefahr für den zufälligen Untergang der Ware trägt.
Aus den Gründen
I. Einführung
1. Das vorliegende Verfahren betrifft erneut die Frage, welcher Umsatz in einer grenzüberschreitenden Verkaufskette als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung anzusehen ist, wenn es nur eine physische Warenbewegung gibt. Anders als in den bisher entschiedenen Fällen geht es jedoch nicht um eine bloß zweigliedrige Kette.(2) Das Verfahren wird dem Gerichtshof daher die Möglichkeit geben, die Kriterien für die Zuordnung der Warenbewegung zu einer bestimmten Lieferung in der Verkaufskette weiter zu präzisieren.
2. Im Ausgangsverfahren verkaufte ein österreichisches Unternehmen Kraftstoff, also eine verbrauchsteuerpflichtige Ware, an tschechische Händler. Es fanden zunächst mehrere Verkäufe unter tschechischen Zwischenhändlern statt, bevor der Kraftstoff schlussendlich an die tschechische Firma Arex CZ (im Folgenden: Arex) verkauft wurde, die ihn in Österreich abholte und mit eigenen Fahrzeugen in die Tschechische Republik transportierte.
3. Arex nahm an, als Vertragspartnerin einer der tschechischen Zwischenhändler Empfängerin einer innerstaatlich steuerpflichtigen Lieferung zu sein. Aus diesem Grund machte sie den Vorsteuerabzug für die an ihre tschechischen Vertragspartner gezahlte Mehrwertsteuer geltend. Die tschechische Finanzverwaltung ist hingegen der Ansicht, dass Arex als Empfängerin einer steuerfreien Lieferung insofern kein Vorsteuerabzugsrecht zustehe. Vielmehr habe Arex einen innergemeinschaftlichen Erwerb in der Tschechischen Republik zu versteuern.
4. Angesichts der Vielzahl der Verkäufe, denen nur eine einzige grenzüberschreitende Warenbewegung gegenübersteht, fragt sich das vorlegende Gericht, welche der Lieferungen die innergemeinschaftlich befreite ist. Es stellt sich dabei insbesondere die Frage, ob es eine Rolle spielt, dass die Beförderung in einem besonderen verbrauchsteuerrechtlichen Verfahren der Steueraussetzung durchgeführt wurde.(3)
II. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht
5. Der unionsrechtliche Rahmen wird durch die Vorschriften der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie)(4) sowie der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (im Folgenden: Verbrauchsteuerrichtlinie)(5) bestimmt.
6. Im Hinblick auf den innergemeinschaftlichen Handel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren sieht der 36. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie vor:
„Zum Vorteil der Steuerschuldner sowie der zuständigen Verwaltungen sollten die Verfahren für die Anwendung der Mehrwertsteuer auf bestimmte innergemeinschaftliche Lieferungen und Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren an die Verfahren und Erklärungspflichten für den Fall der Beförderung derartiger Waren in einen anderen Mitgliedstaat angeglichen werden, die in der Richtlinie 92/12/EWG[(6)] des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren geregelt sind.“
7. Art. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt:
„(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
a) Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;
b) der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt
i) durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, wenn der Verkäufer ein Steuerpflichtiger ist, der als solcher handelt, für den die Mehrwertsteuerbefreiung für Kleinunternehmen gemäß den Artikeln 282 bis 292 nicht gilt und der nicht unter Artikel 33 oder 36 fällt;
…
iii) wenn die betreffenden Gegenstände verbrauchsteuerpflichtige Waren sind, bei denen die Verbrauchsteuer nach der Richtlinie 92/12/EWG im Gebiet des Mitgliedstaats entsteht, durch einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, deren übrige Erwerbe gemäß Artikel 3 Absatz 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.“
8. Art. 3 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor, dass bestimmte innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen abweichend von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, insbesondere bestimmte Erwerbe Steuerpflichtiger oder nicht steuerpflichtiger juristischer Personen, die einen bestimmten Schwellenwert pro Kalenderjahr nicht überschreiten (sogenannte Kleinunternehmerregelung).
9. Die „Lieferung von Gegenständen“ wird in Art. 14 derselben Richtlinie als die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, definiert.
10. Gemäß Art. 20 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt als „innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen“ die Erlangung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen beweglichen körperlichen Gegenstand zu verfügen, der durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Beförderung befand, an den Erwerber versandt oder befördert wird.
11. Im vierten Kapitel von Titel IX, „Steuerbefreiungen“, regelt Art. 138 der Mehrwertsteuerrichtlinie Folgendes:
„(1) Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden von der Steuer, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt.
(2) Außer den in Absatz 1 genannten Lieferungen befreien die Mitgliedstaaten auch folgende Umsätze von der Steuer:
…
b) die Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung an den Erwerber nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn die Lieferungen an Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige juristische Personen bewirkt werden, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen, die keine verbrauchsteuerpflichtigen Waren sind, gemäß Artikel 3 Absatz 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, und wenn die Versendung oder Beförderung dieser Waren gemäß Artikel 7 Absätze 4 und 5 oder Artikel 16 der Richtlinie 92/12/EWG durchgeführt wird.“
12. Art. 139 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:
„Die Steuerbefreiung nach Artikel 138 Absatz 1 gilt nicht für die Lieferungen von Gegenständen durch Steuerpflichtige, die unter die Steuerbefreiung für Kleinunternehmen nach Maßgabe der Artikel 282 bis 292 fallen.
Ferner gilt die Steuerbefreiung nicht für die Lieferungen von Gegenständen an Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige juristische Personen, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen gemäß Artikel 3 Absatz 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.“
13. Art. 7 Abs. 4 und 5 und Art. 16 der Richtlinie 92/12 enthielten bis zu ihrer Aufhebung durch die Verbrauchsteuerrichtlinie Regelungen über das Verfahren der Steueraussetzung. Nach Art. 4 Nr. 7 der Verbrauchsteuerrichtlinie ist das „Verfahren der Steueraussetzung“ eine steuerliche Regelung, die auf die Herstellung, die Verarbeitung, die Lagerung sowie die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die keinem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren unterliegen, unter Aussetzung der Verbrauchsteuer Anwendung findet.
14. Als „registrierten Empfänger“ definiert diese Richtlinie in ihrem Art. 4 Nr. 9 eine natürliche oder juristische Person, die von den zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats ermächtigt wurde, in Ausübung ihres Berufs und gemäß den von diesen Behörden festgesetzten Voraussetzungen, in einem Verfahren der Steueraussetzung beförderte verbrauchsteuerpflichtige Waren aus einem anderen Mitgliedstaat zu empfangen.
15. Gemäß Art. 17 Abs. 1 Buchst. a der Verbrauchsteuerrichtlinie kann die Beförderung unter Steueraussetzung nur durch einen Lagerinhaber oder registrierten Versender an ein Steuerlager oder an einen registrierten Empfänger erfolgen. Unter bestimmten Umständen ist eine Direktlieferung ins Bestimmungsland möglich, wenn der Ort der Direktlieferung vom Lagerinhaber oder vom registrierten Empfänger angegeben wurde (Art. 17 Abs. 2 der Verbrauchsteuerrichtlinie).
16. Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie entsteht der Verbrauchsteueranspruch im Zeitpunkt und im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. Als Zeitpunkt der Überführung gilt u. a. die in Empfangnahme durch einen registrierten Empfänger, vgl. Art. 7 Abs. 3 Buchst. a der Verbrauchsteuerrichtlinie.
B. Tschechisches Recht
17. Im Hinblick auf das anwendbare tschechische Recht ist insbesondere auf Art. 64 des Mehrwertsteuergesetzes hinzuweisen, mit dem Art. 138 der Mehrwertsteuerrichtlinie im nationalen Recht umgesetzt wird. Danach ist die innergemeinschaftliche Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die im Verfahren der Steueraussetzung ausgeführt wird, von der Mehrwertsteuer befreit, wenn sie an einen Steuerpflichtigen oder eine nicht steuerpflichtige juristische Person erfolgt, die nicht in einem anderen Mitgliedstaat für Steuerzwecke registriert sind.
III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsverfahren
18. Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind mehrere Verkäufe von Kraftstoff, der ursprünglich aus Raffinerien der Shell Austria GmbH in Österreich stammt. Dieser wurde von der österreichischen Doppler Mineralöle GmbH (im Folgenden: Doppler) an vier verschiedene Gesellschaften, und zwar die Burley s.r.o., die Profikredit s.r.o., die Bore s.r.o. und die Top Ten Development s.r.o (im Folgenden: die tschechischen Erstkäufer), jeweils mit Sitz in der Tschechischen Republik verkauft.
19. Die tschechischen Erstkäufer hatten einen Vertrag mit der Garantrans s.r.o. (im Folgenden: Garantrans) geschlossen, die für sie als registrierter Empfänger im Sinne der Verbrauchsteuerrichtlinie auftrat, um eine Beförderung im Verfahren der Steueraussetzung zu ermöglichen.
20. Die tschechischen Erstkäufer verkauften den Kraftstoff an ein weiteres, in der Tschechischen Republik ansässiges Glied der Kette. Dieses Glied war in einigen Fällen TM Truck s.r.o., in anderen Fällen die Cllaruss Gall s.r.o. Diese wiederum verkauften den Kraftstoff an Kont Fuel Distribution s.r.o (im Folgenden: Kont Fuel) bzw. in anderen Fällen an Benaft s.r.o. (im Folgenden: Benaft), die unmittelbaren Vertragspartner von Arex. Kont Fuel und Benaft wiesen beim Verkauf an Arex die tschechische Mehrwertsteuer aus, die von Arex gezahlt und von Kont Fuel bzw. Benaft abgeführt wurde. Arex machte den Vorsteuerabzug im Hinblick auf die an Kont Fuel bzw. Benaft gezahlte Mehrwertsteuer geltend.
21. Der Kraftstoff wurde unter Nutzung der firmeneigenen Fahrzeuge und auf Kosten von Arex im Verfahren der Steueraussetzung von Österreich in die Tschechische Republik transportiert. Üblicherweise muss die verbrauchsteuerpflichtige Ware dabei zunächst an einen von einem registrierten Empfänger im Sinne der Verbrauchsteuerrichtlinie bestimmten Ort hinter der Grenze transportiert werden, wo sie in den freien Verkehr überführt wird. Erst danach kann der Transport zum endgültigen Bestimmungsort stattfinden. Garantrans führte in der Tschechischen Republik die Verbrauchsteuer im Namen der tschechischen Erstkäufer ab.
22. Im Zuge einer Steuerprüfung bei Arex vertrat die Steuerbehörde die Ansicht, dass Arex als Empfänger einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern habe. Dementsprechend nahm sie eine Neubemessung der zu zahlenden Mehrwertsteuer unter gleichzeitigem Vorsteuerabzug vor. Allerdings versagte sie Arex den Vorsteuerabzug im Hinblick auf die an Kont Fuel bzw. Benaft gezahlte Mehrwertsteuer. Diese sei nämlich gar nicht geschuldet gewesen, da es sich um eine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung gehandelt habe.
23. Arex ist hingegen der Auffassung, dass die tschechischen Erstkäufer einen innergemeinschaftlichen Erwerb getätigt hätten. Dies ergebe sich bereits aus Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie, nach dem immer die mit der Beförderung im Verfahren der Verbrauchsteueraussetzung zusammenhängende Lieferung die innergemeinschaftlich befreite sei. Der mit dieser Lieferung korrespondierende Erwerb sei daher zu besteuern, während alle danach liegenden Lieferungen der Mehrwertsteuer in der Tschechischen Republik unterlägen.
24. Arex hat gegen den Neubemessungsbescheid der Steuerbehörde und die Versagung des Steuerabzugs zunächst erfolglos Widerspruch bei der Odvolací finanční ředitelství (Finanzverwaltung für Einsprüche, Rechtsmittelgegnerin im Ausgangsverfahren) eingelegt und sodann gegen die ablehnende Entscheidung geklagt. Der Krajský soud v Českých Budějovicích (Regionalgericht Budweis, Tschechische Republik) hat die Klage abgewiesen. Das Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist am Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) anhängig. Dieses hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV folgende Fragen vorzulegen:
1. Ist jeder Steuerpflichtige als Steuerpflichtiger im Sinne von Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie anzusehen? Wenn nicht, für welche Steuerpflichtigen gilt die angeführte Bestimmung?
2. Falls der Gerichtshof antwortet, dass Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie auf Fälle wie den der vorliegenden Rechtssache (d. h., dass ein im Steuerregister eingetragener Steuerpflichtiger der Erwerber der Erzeugnisse ist) anwendbar ist, ist diese Bestimmung dann dahin auszulegen, dass, wenn die Versendung oder Beförderung der Erzeugnisse im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen der Verbrauchsteuerrichtlinie erfolgt, eine mit einem Verfahren nach der Verbrauchsteuerrichtlinie verbundene Lieferung als steuerfreie Lieferung im Sinne der angeführten Bestimmung anzusehen ist, obwohl ansonsten die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gemäß Art. 138 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht erfüllt wären, weil die Warenbeförderung einer anderen Transaktion zuzuordnen ist?
3. Falls der Gerichtshof antwortet, dass Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie auf Fälle wie den der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar ist, ist dann die Tatsache, dass die Beförderung der Waren unter Steueraussetzung erfolgt, bei mehreren aufeinanderfolgenden Lieferungen ausschlaggebend für die Zuordnung der Beförderung zwecks Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach Art. 138 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie?
25. Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Finanzverwaltung, die Tschechische Republik und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. Diese Verfahrensbeteiligten haben auch an der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2018 teilgenommen. Arex war in der mündlichen Verhandlung nicht wirksam vertreten. Aus diesem Grund konnten die von ihr gemachten Ausführungen nicht berücksichtigt werden.
IV. Rechtliche Würdigung
26. Alle Fragen betreffen Art. 138 der Mehrwertsteuerrichtlinie, welcher die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung regelt. Von deren Vorliegen hängt es im Ergebnis ab, ob Arex zu Recht der Vorsteuerabzug versagt wurde. Denn wenn die Lieferung an Arex tatsächlich steuerbefreit war, hätte Arex an Benaft bzw. Kont Fuel gar keine Mehrwertsteuer zahlen müssen. Demnach stünde ihr insoweit auch kein Recht auf Vorsteuerabzug zu. Arex müsste sich vielmehr zivilrechtlich um die Rückerstattung der zu Unrecht an Benaft bzw. Kont Fuel gezahlten Mehrwertsteuer bemühen.
27. Auch was die Rechtmäßigkeit der Nachbesteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch die Steuerbehörde angeht (die im Ergebnis für Arex wegen gleichzeitiger Vornahme des Vorsteuerabzugs wirtschaftlich neutral ist), kann der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht durch die verlangte Auslegung der Vorschrift nützliche Hinweise für die Lösung des Rechtsstreits geben.(7) Denn obwohl die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Art. 2 Abs. 1, Buchst. b der Richtlinie geregelt wird, sind in diesem Zusammenhang auch die Vorschriften über die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung relevant. Die innergemeinschaftliche Lieferung eines Gegenstandes und sein innergemeinschaftlicher Erwerb sind nämlich zwei Seiten derselben Medaille.
28. Die Regelungen der Mehrwertsteuerrichtlinie zur grenzüberschreitenden Versendung von Gegenständen zielen auf die Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips ab. Nach diesem Prinzip soll sichergestellt werden, dass die Mehrwertsteuer als Verbrauchsteuer in dem Mitgliedstaat entrichtet wird, in dem der Endverbrauch erfolgt. Aus diesem Grund wird im Fall einer grenzüberschreitenden Lieferung gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i und Art. 40 der Mehrwertsteuerrichtlinie der Erwerb des Gegenstandes im Bestimmungsland besteuert. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, muss jedoch die Lieferung desselben Gegenstandes im Ursprungsland zuvor befreit werden.(8) Die innergemeinschaftliche Lieferung und der innergemeinschaftliche Erwerb sind folglich ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang.(9)
29. Mit seinen ersten beiden Fragen möchte das vorlegende Gericht klären, ob Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie in dieser Hinsicht eine Sonderregel enthält, wie die befreite innergemeinschaftliche Lieferung beim grenzüberschreitenden Transport von verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu bestimmen ist.
30. Dem vorgelagert möchte es wissen, ob Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie auf einen Sachverhalt wie den des Ausgangsverfahrens überhaupt Anwendung findet. Aus diesem Grund sind die ersten beiden Vorlagefragen zusammen zu prüfen.
31. Die dritte Frage wird für den Fall gestellt, dass Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie im Ausgangsverfahren keine Anwendung findet oder sich daraus keine Besonderheiten für die Zuordnung der befreiten grenzüberschreitenden Warenbewegung zu einem bestimmten Umsatz ergeben. Das vorlegende Gericht fragt damit nach den Kriterien, mittels derer die Zuordnung vorgenommen werden muss. Insbesondere möchte es wissen, ob es bei der Zuordnung eine Rolle spielt, dass die Warenbeförderung im Verfahren der Steueraussetzung durchgeführt wurde. Dies werde ich im Anschluss an die Beantwortung der ersten beiden Fragen prüfen.
A. Zu den ersten beiden Fragen
32. Das vorlegende Gericht stellt die ersten beiden Fragen, weil es der Ansicht ist, dass Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie nicht bloß eine Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren vorsieht. Es hält es vielmehr für möglich, dass die Vorschrift auch eine Aussage über die Zuordnung der Warenbewegung unter Steueraussetzung zu einer bestimmten Lieferung in einer Verkaufskette enthalten könnte. Aus Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie ließe sich nämlich entnehmen, dass immer die Lieferung als steuerbefreit angesehen werden muss, mit der die Warenbeförderung im Verfahren der Steueraussetzung zusammenhängt.
33. Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie wäre dann die entscheidende Norm, um die Lieferung von Doppler an die tschechischen Erstkäufer als innergemeinschaftlich befreite Lieferung zu qualifizieren. Alle nachfolgenden Lieferungen wären in der Folge als innerstaatliche Lieferungen in der Tschechischen Republik steuerpflichtig gewesen. Arex hätte somit zu Recht den Vorsteuerabzug für die an Benaft bzw. Kont Fuel entrichtete Mehrwertsteuer geltend gemacht.
34. Voraussetzung ist jedoch, dass Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie überhaupt tatbestandlich auf die Lieferung zwischen Doppler und den tschechischen Erstkäufern anwendbar ist. Darauf bezieht sich die erste Frage (siehe unter 1.). Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht sodann klären, ob sich aus der Vorschrift tatsächlich ergibt, dass immer die Lieferung in einer Lieferkette als die befreite anzusehen ist, bei der die Beförderung im Verfahren der Steueraussetzung stattfindet (siehe unter 2.).
1. Anwendungsbereich von Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie (erste Frage)
35. Nach Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten auch die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren von der Steuer, „die innergemeinschaftlich versandt oder befördert werden, wenn sie an Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige Personen bewirkt werden, deren innergemeinschaftliche Erwerbe, die keine verbrauchsteuerpflichtigen Waren sind, gemäß Art. 3 Abs. 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, und wenn die … Beförderung dieser Waren im Verfahren der Steueraussetzung durchgeführt wird“. Von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie werden u. a. Kleinunternehmer erfasst.
36. Die tschechischen Erstkäufer sind unstreitig keine „Steuerpflichtigen …, deren [andere] innergemeinschaftliche Erwerbe gemäß Art. 3 Abs. 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen“. Das vorlegende Gericht fragt sich jedoch, ob Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie dennoch auf die tschechischen Erstkäufer anwendbar ist, weil sich der Zusatz „deren innergemeinschaftliche Erwerbe … gemäß Art. 3 Abs. 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen“ seiner Ansicht nach nur auf die unmittelbar davor genannten nicht steuerpflichtigen juristischen Personen bezieht.
37. Dies legt nämlich der Wortlaut der tschechischen Sprachfassung nahe. In dieser Fassung ist nämlich von einem Steuerpflichtigen und einer nicht steuerpflichtigen Person im Singular die Rede, wobei der Zusatz „deren innergemeinschaftliche Erwerbe …“ mit einem Relativpronomen eingeleitet wird, welches im Singular steht („jejíž“). Er bezieht sich mithin grammatikalisch nur auf die letztgenannte nicht steuerpflichtige juristische Person.
38. Dies scheint jedoch eine Besonderheit der tschechischen Sprachfassung zu sein. Die meisten anderen Sprachfassungen beziehen sich auf Steuerpflichtige und nicht steuerpflichtige Personen im Plural, wodurch das nachfolgende Relativpronomen, welches sich jeweils auch auf mehrere Personen beziehen kann, keine grammatikalische Zuordnung zu einer der beiden Personengruppen erlaubt.(10)
39. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs haben grundsätzlich alle Sprachfassungen den gleichen Rang(11), so dass aus dem Umstand, dass eine Mehrheit der Sprachfassungen eine bestimmte Variante der Regelung verwendet, keine Schlüsse gezogen werden können. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines unionsrechtlichen Textes voneinander ab, so muss die fragliche Vorschrift nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört.(12)
40. Aus dieser Auslegung ergibt sich, dass Art. 138 Abs. 2 Buchst. b nur die innergemeinschaftliche Lieferung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren an Steuerpflichtige und nicht steuerpflichtige juristische Personen betrifft, deren andere innergemeinschaftliche Erwerbe jeweils unter Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie fallen. Die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren an „normale“ Steuerpflichtige ergibt sich nämlich bereits aus Art. 138 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie.
41. Aus einer Gesamtschau der Richtlinie lässt sich entnehmen, dass verbrauchsteuerpflichtige Waren im System der Mehrwertsteuer grundsätzlich als „Gegenstände“ im Sinne von Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie anzusehen sind. Davon geht auch Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie aus, der eine Ausnahme von der Besteuerung des Erwerbs „von Gegenständen, … ausgenommen … verbrauchsteuerpflichtige(r) Waren …“, vorsieht.
42. Wenn nun aber die Lieferung von „Gegenständen“ an Steuerpflichtige bereits nach Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie befreit ist, wäre Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie insoweit redundant, als er die Befreiung der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren an „normale“ Steuerpflichtige vorsähe.
43. Um Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie insofern einen über Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie hinausgehenden Regelungsgehalt zu geben (vgl. Wortlaut: „Außer den in Abs. 1 genannten Lieferungen …“), müssen Steuerpflichtige gemeint sein, deren übrige Erwerbe unter Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie fallen. Für diese Gruppe gilt die Befreiung des Art. 138 Abs. 1 nämlich wegen Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie andernfalls nicht.
44. Art. 138 Abs. 1, Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2 und Art. 138 Abs. 2 Buchst. b stehen somit in einem Regel-Ausnahme-Rückausnahme-Verhältnis.
45. Nach Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie ist im Grundsatz die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen an Steuerpflichtige im Ursprungsland befreit. Die Befreiung ist jedoch nur sachgerecht, wenn der Erwerb im Bestimmungsland besteuert wird, vgl. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b, Ziff. i der Richtlinie.(13) Da allerdings gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie die innergemeinschaftlichen Erwerbe bestimmter Steuerpflichtiger und nichtsteuerpflichtiger Personen nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, sieht Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2 vor, dass die innergemeinschaftliche Lieferung an diese Gruppe von Personen nicht befreit wird. Die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen an diese Empfänger wird daher in Abweichung von Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie im Ursprungsland besteuert.
46. Etwas anderes gilt jedoch für die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Gegenstände an die eben genannten Empfänger, die im Verfahren der Steueraussetzung transportiert werden: Deren innergemeinschaftliche Lieferung wird gemäß Art. 138 Abs. 2, Buchst. b der Richtlinie – als Rückausnahme – doch im Ursprungsland befreit. Korrespondierend dazu wird gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Richtlinie der Erwerb dieser Gegenstände im Bestimmungsland besteuert.
47. Grund für die Rückausnahme ist – wie sich aus dem 36. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt – das Bestreben, einen gewissen Gleichlauf von Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuer zu erzielen. Durch die Rückausnahme entsteht in diesen Fällen die Mehrwertsteuer – so wie die Verbrauchsteuer auch(14) – im Bestimmungsland.
2. Bedeutung der Vorschrift für die Bestimmung der befreiten innergemeinschaftlichen Lieferung im Fall einer Lieferkette (zweite Frage)
48. Aus den vorstehenden Überlegungen folgt, dass Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie keine Aussage über die Zuordnung des Transports im Verfahren der Steueraussetzung zu einer bestimmten Lieferung innerhalb einer Kette trifft. Denn der Sinn der Vorschrift liegt darin, die innergemeinschaftliche Lieferung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Ursprungsland spiegelbildlich zu der durch Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Richtlinie bewirkten Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland zu befreien.
49. Der Zusatz „… und wenn die … Beförderung dieser Waren gemäß Artikel 7 Absätze 4 und 5 oder Artikel 16 der Richtlinie 92/12/EWG durchgeführt wird“, also im Verfahren der Steueraussetzung, bedeutet daher nicht, dass die Lieferung, welche mit dem Transport im Verfahren der Steueraussetzung zusammenhängt, immer die befreite ist. Die Lieferung im Verfahren der Steueraussetzung ist vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung.
50. Denn beim grenzüberschreitenden Handel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren entsteht die Verbrauchsteuer regelmäßig nur dann im Empfangsstaat (Bestimmungsland)(15), wenn ein Gegenstand im Verfahren der Steueraussetzung in das Gebiet dieses Mitgliedstaates gelangt.(16) Andernfalls entstünde der Steueranspruch schon vorher im Gebiet des Ursprungslands, vgl. Art. 7 Abs. 2 Buchst. b der Verbrauchsteuerrichtlinie. Nur im Fall der Versendung im Verfahren der Steueraussetzung kann mithin der nach dem 36. Erwägungsgrund angestrebte Gleichlauf von Mehrwert- und Verbrauchsteuer erreicht werden.(17)
51. Werden die Waren nicht im Verfahren der Steueraussetzung transportiert, bedarf es hingegen keiner zusätzlichen Steuerbefreiung und es bleibt bei der Regelung des Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie: Verbrauchsteuer und Mehrwertsteuer entstehen in diesem Fall einheitlich im Ursprungsland.
52. Im Übrigen betrifft Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie nicht speziell die Situation einer Lieferkette, so dass es aus diesem Grund bereits fernliegt, in der Vorschrift eine Regelung über die Zuordnung des Transports zu einer bestimmten Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren zu sehen.
53. Auf die ersten beiden Fragen ist mithin zu antworten, dass Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 nur auf die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren an Steuerpflichtige anwendbar ist, deren übrige Erwerbe gemäß Art. 3 Abs. 1 derselben Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen. Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie enthält über die dort geregelte Steuerbefreiung hinaus keine Bestimmung über die Zuordnung der Warenbewegung im Verfahren der Steueraussetzung zu einer bestimmten Lieferung im Fall einer grenzüberschreitenden Lieferkette.
B. Zur dritten Vorlagefrage
54. Welche Lieferung in der Kette im Ausgangsverfahren als die innergemeinschaftlich befreite Lieferung anzusehen ist, muss daher nach den allgemeinen Regeln ermittelt werden. Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht konkret klären, ob die Beförderung im Verfahren der Steueraussetzung dafür spricht, dass der grenzüberschreitende Transport der Lieferung von Doppler an die tschechischen Erstkäufer zugeordnet werden muss, obwohl er unter Nutzung der Fahrzeuge und auf Kosten von Arex durchgeführt wurde.
55. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt auch für das Ausgangsverfahren, dass im Fall einer Verkaufskette mit einer einzigen physischen Warenbewegung nur eine der Lieferungen als innergemeinschaftliche und somit befreite Lieferung qualifiziert werden kann.(18)
56. Welche der Lieferungen dies ist, hängt davon ab, welchem Rechtsverhältnis die grenzüberschreitende Warenbewegung zuzuordnen ist. Denn die grenzüberschreitende Versendung oder Beförderung des Gegenstandes ist das Tatbestandsmerkmal, welches die innergemeinschaftliche Lieferung (bzw. den innergemeinschaftlichen Erwerb(19)) von der „normalen“ innerstaatlichen Lieferung unterscheidet.(20)
57. Alle anderen Lieferungen in der Verkaufskette, die dieses zusätzliche Tatbestandsmerkmal der grenzüberschreitenden Beförderung nicht aufweisen, sind daher als innerstaatliche Lieferungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie anzusehen. Der Ort dieser Lieferungen befindet sich dann gemäß Art. 32 der Mehrwertsteuerrichtlinie bei allen Lieferungen, die vor der innergemeinschaftlich befreiten liegen, im Ursprungsland, und bei allen danach liegenden Lieferungen im Bestimmungsland.(21)
1. Zuordnung des grenzüberschreitenden Transports zu einer Lieferung in der Verkaufskette
58. Die Zuordnung des grenzüberschreitenden Transports zu einer Lieferung in einer Verkaufskette ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter umfassender Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls zu treffen.(22)
59. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass es keine Rolle spielt, wer während des Transports der Eigentümer der Sache im Sinne des nationalen Rechts ist oder wer die tatsächliche Sachherrschaft über den Gegenstand ausübt.(23) Ebenso hat der Gerichtshof entschieden, dass aus dem bloßen Umstand, dass der Gegenstand bereits weiterverkauft wurde, noch nicht geschlossen werden kann, dass die Beförderung der jeweils nachfolgenden Lieferung zuzuordnen ist.(24) Insofern ist die Tatsache des bloßen Weiterverkaufs für die Zuordnung der Warenbewegung zu einer der Lieferungen irrelevant.
60. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist jedoch zu berücksichtigen, durch wen oder auf wessen Rechnung der Transport durchgeführt wird.(25) Genauer gesagt muss es darauf ankommen, wer während des Transports die Gefahr für den zufälligen Untergang der Sache trägt.
61. Dementsprechend hat der Gerichtshof in einer Reihe von Fällen betreffend eine zweigliedrige Verkaufskette (Erstverkäufer – Zwischenhändler – Endabnehmer) entschieden, dass die Beförderung nicht mehr der „ersten“ Lieferung zugerechnet werden kann, wenn die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen, bereits vor der Beförderung an den Endabnehmer, also an den Empfänger der „zweiten“ Lieferung, übertragen war.(26)
62. Wer bereits „wie ein Eigentümer“(27) über den Gegenstand verfügt, wird nämlich regelmäßig auch die Gefahr für dessen zufälligen Untergang tragen. Denn das Recht, mit einem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, ihn etwa zu zerstören oder zu verbrauchen, ist ein typischer Ausdruck von Eigentümerbefugnissen.(28) Die Kehrseite dieses Rechts ist eben auch, dass der Inhaber das Risiko der zufälligen Zerstörung des Gegenstandes trägt. Folglich kann davon ausgegangen werden, dass derjenige, der das Risiko des zufälligen Untergangs tragen muss, auch die Befähigung innehat, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen.
63. Die gilt unbeschadet der Frage, wer den Transport in diesen Fällen äußerlich durchführt (dies war in den entschiedenen Fällen meist der Zwischenhändler)(29), und unabhängig davon, wie die Beziehung desjenigen, der die Verfügungsbefugnis innehat, rechtlich zu qualifizieren ist(30) (d. h., ob er bereits Eigentümer ist oder lediglich einen Anspruch auf Eigentumsübertragung hat).
64. Aus diesem Grund wäre die Beförderung in den bisher entschiedenen Fällen der Lieferung zuzurechnen gewesen, an welcher der Empfänger, der die Gefahr für den zufälligen Untergang während des Transports trug (soweit dies denn durch das nationale Gericht festgestellt wurde), beteiligt war.
65. Für das Ausgangsverfahren bedeutet dies, dass es entscheidend darauf ankommt, ob Arex während des grenzüberschreitenden Transports des Kraftstoffs bereits die Verfügungsbefugnis über den Kraftstoff in der Weise erlangt hatte, dass sie die Gefahr für seinen zufälligen Untergang trug. Dies wäre nicht der Fall, wenn sie während des grenzüberschreitenden Transports (d. h. von der Raffinerie bis zur Überführung in den freien Warenverkehr in der Tschechischen Republik) lediglich als Spediteurin gehandelt hätte.(31)
66. Die endgültige Beurteilung dieser Frage obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht.(32)
2. Bedeutung der Beförderung des Kraftstoffs im Verfahren der Verbrauchsteueraussetzung
67. Aus der Begründung des Vorlagebeschlusses lässt sich entnehmen, dass das vorlegende Gericht der Ansicht ist, dass die Beförderung über die Grenze im Verfahren der Steueraussetzung – obwohl sie unter Nutzung der Fahrzeuge von Arex und auf deren Kosten durchgeführt wurde – nur dem ersten Umsatz zwischen Doppler und den tschechischen Erstkäufern zugeordnet werden kann, weil nur in dieser Konstellation die Voraussetzungen für diese Art der Beförderung vorliegen. Denn nach der Verbrauchsteuerrichtlinie ist diese Beförderungsart Lagerinhabern und registrierten Versendern vorbehalten und kann nur an registrierte Empfänger – wie Garatrans – erfolgen.
68. Daher kann Arex den Kraftstoff nicht selbst im Verfahren der Verbrauchsteueraussetzung an einen frei gewählten Ort transportiert haben. Vielmehr wird üblicherweise durch den registrierten Empfänger ein Ort hinter der Grenze bestimmt, an welchem die verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den freien Verkehr überführt werden. Erst im Anschluss ist ein Transport durch andere als die in der Verbrauchssteuerrichtlinie genannten Personen möglich.
69. Die Beförderung im Verfahren der Steueraussetzung kann ein Umstand sein, den das nationale Gericht bei seiner Zuordnungsentscheidung zu beachten hat. Nach dem 36. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie soll nämlich ein Gleichlauf der Belastung mit Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuer hergestellt werden. Daraus lässt sich jedoch, anders als das vorlegende Gericht meint, nicht schließen, dass die Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs bei einer bestimmten Person zwangsläufig auch über das Vorliegen einer steuerbefreiten Lieferung an diese entscheidet. Dies hat auch die Kommission in der mündlichen Verhandlung betont.
70. Wie der Gerichtshof in dieser Hinsicht bereits festgestellt hat, ist der Steuertatbestand der Mehrwertsteuer, mit dem die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer erfüllt werden, die Lieferung der Ware und nicht die Erhebung der Verbrauchsteuern auf diese.(33) Gegen eine derartige Koppelung spricht darüber hinaus auch die unterschiedliche Konzeption der Mehrwertsteuer als Allphasensteuer und der Verbrauchsteuer als eine Art Einmalsteuer.
71. Die Beförderung im Verfahren der Steueraussetzung ist für die Zuordnungsentscheidung mithin nur ausschlaggebend, wenn sie sich auf die Gefahrtragung während des Transports zwischen den Parteien auswirkt.
72. Sollte das nationale Gericht daher zu dem Schluss kommen, dass die Gefahr für den zufälligen Untergang während des Transports unter Steueraussetzung von Doppler getragen wurde, so wäre die Beförderung – die von Arex demnach lediglich als Spediteurin durchgeführt worden wäre – der ersten Lieferung zuzuordnen.
73. Von der Gefahrtragung lässt sich meines Erachtens(34) nämlich auf die Rolle des betreffenden Beteiligten in einer Lieferkette schließen. Denn es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass derjenige, der einen Gegenstand an einen anderen liefert und die Gefahr für den zufälligen Untergang dieses Gegenstandes während der Lieferung trägt, auch als Lieferant agiert. Seine Lieferung muss damit die innergemeinschaftlich befreite Lieferung sein.
74. Diese Vermutung gilt für zweiseitige („normale“) innergemeinschaftliche Lieferungen ebenso wie für Reihengeschäfte.(35) Natürlich kann es auch – und zwar sowohl im zweiseitigen Verhältnis als auch im Reihengeschäft – Fälle geben, in denen der Empfänger des Gegenstandes die Gefahr während des Transports trägt. In einem Reihengeschäft wird ein solcher Empfänger jedoch notwendigerweise immer am Ende der Kette stehen (andernfalls agiert er als Leistender). Steht der Empfänger aber am Ende der Lieferkette, besteht kein Zweifel, welchem Rechtsverhältnis (nämlich dem letzten) die Beförderung zuzuordnen ist.
75. Trägt somit der Erstverkäufer die Gefahr für den zufälligen Untergang während des Transports, kann er mithin davon ausgehen, dass seine Lieferung steuerbefreit ist. In dem Fall hingegen, in dem sein Vertragspartner die Gefahr trägt, kommt es für das Vorliegen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung darauf an, ob ein Reihengeschäft vorliegt.
76. Dafür muss der Erstverkäufer, wie es der Gerichtshof bereits in ständiger Rechtsprechung verlangt, darüber informiert sein, dass sein Vertragspartner den Gegenstand bereits weiterverkauft hat.(36) Andernfalls darf er auch dann, wenn er selbst nicht die Transportgefahr trägt, davon ausgehen, dass der Umsatz für ihn steuerfrei ist, da im zweiseitigen Verhältnis auch der Empfänger die Gefahr tragen kann, ohne dass eine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung entfällt.(37)
77. Ist er jedoch informiert, dass es sich um ein Reihengeschäft handelt, kann er aus dem Umstand, dass ein anderer die Gefahr für den zufälligen Untergang der Sache trägt, darauf schließen, dass dieser als Leistender den Gegenstand grenzüberschreitend und somit steuerfrei liefert. Damit ist seine Lieferung steuerpflichtig.
3. Gefahrtragung durch einen Zwischenhändler
78. Sollte das vorlegende Gericht hingegen zu dem Schluss kommen, dass die tschechischen Erstkäufer die Gefahr für den zufälligen Untergang während des Transports unter Steueraussetzung getragen haben, so müsste die zweite Lieferung (von den tschechischen Erstkäufern an die nächsten Glieder der Kette) als die befreite angesehen werden.(38)
79. Denn aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich auch, dass die Übertragung der Verfügungsbefugnis auf den Endabnehmer nur den letztmöglichen Zeitpunkt darstellt, nach dem eine anschließende Beförderung nicht mehr einer der davorliegenden Lieferungen zugeordnet werden kann.
80. Es ist nämlich keineswegs ausgeschlossen, dass die Beförderung beim innergemeinschaftlichen Erwerb zeitlich vor der Übertragung der Verfügungsbefugnis liegt. Dies ist außerhalb von Reihengeschäften sogar typischerweise der Fall: Bei einer gewöhnlichen grenzüberschreitenden Lieferung wird dem Empfänger im Regelfall erst mit der Übergabe des Gegenstandes die Befugnis verschafft, wie ein Eigentümer über diesen zu verfügen. Dennoch liegt unstreitig eine steuerbefreite Lieferung an ihn vor.
81. Insofern war der vom Gerichtshof in einer einzigen Entscheidung vorgenommene Umkehrschluss, dass nämlich, wenn die Verfügungsbefugnis dem Enderwerber erst im Bestimmungsland übertragen wird, die „erste“ Lieferung in einer zweigliedrigen Kette die befreite sein muss, nicht zwingend.(39) Dies zeigt sich auch am Beispiel von Verkaufsketten mit mehr als zwei Lieferungen wie der im Ausgangsverfahren: Wird die Verfügungsbefugnis dem Endabnehmer nämlich erst im Bestimmungsland übertragen, liegen davor eine ganze Reihe anderer Lieferungen, zwischen denen weiterhin eine Entscheidung über die Zuordnung getroffen werden muss. Aus diesem Umstand allein (die Übertragung der Verfügungsbefugnis auf den Endabnehmer im Bestimmungsland) lassen sich mithin keine Schlüsse ziehen, welcher der davon liegenden Lieferungen die Warenbewegung zuzurechnen ist. Es muss vielmehr in jedem Fall bestimmt werden, wer die Gefahr für den zufälligen Untergang des Gegenstandes während der Beförderung trägt.
V. Ergebnis
…
Originalsprache: Deutsch.
Die Frage der Zuordnung der Warenbewegung zu einer Lieferung bei einem sogenannten innergemeinschaftlichen Reihengeschäft hat den Gerichtshof bereits in mehreren Verfahren beschäftigt, vgl. etwa Urteile vom 6. April 2006, EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2006:232), vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C-430/09, EU:C:2010:786), vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592), vom 26. Juli 2017, Toridas (C-386/16, EU:C:2017:599), und vom 21. Februar 2018, Kreuzmayr (C-628/16, EU:C:2018:84).
Dies ist ein besonderes Verfahren zur Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, welches dazu führt, dass die Verbrauchsteuer erst am Ende der Beförderung entsteht, weil die Waren erst dann in den freien Warenverkehr überführt werden.
ABl. 2006, L 347, S. 1.
ABl. 2009, L 9, S. 12.
Aufgehoben durch die Richtlinie 2008/118.
Das Bestreben des Gerichtshofs, den innerstaatlichen Gerichten sachdienliche Hinweise zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts zu geben, entspricht ständiger Rechtsprechung; vgl., statt vieler, Urteile vom 31. Januar 2008, Centro Europa 7 (C-380/05, EU:C:2008:59, Rn. 49 bis 51), vom 11. März 2010, Attanasio Group (C-384/08, EU:C:2010:133, Rn. 17 und 19), vom 13. Juli 2017, Kleinsteuber (C-354/16, EU:C:2017:539, Rn. 61), und vom 26. Juli 2017, Europa Way und Persidera (C-560/15, EU:C:2017:593, Rn. 35 und 36).
Vgl. dazu bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2005:675, Nrn. 23 bis 25).
Urteile vom 27. September 2007, Teleos u. a. (C-409/04, EU:C:2007:548, Rn. 23 und 24), vom 18. November 2010, X (C-84/09, EU:C:2010:693, Rn. 28), und vom 26. Juli 2017, Toridas (C-386/16, EU:C:2017:599, Rn. 31).
So zumindest die deutsche, die englische, die französische, die spanische, die polnische, die bulgarische, die portugiesische und die italienische Fassung.
Urteile Cilfit u. a. (283/81, EU:C:1982:335, Rn. 18), EMU Tabac u. a. (C-296/95, EU:C:1998:152, Rn. 36), Givane u. a. (C-257/00, EU:C:2003:8, Rn. 36) und Kyocera (C-152/01, EU:C:2003:623, Rn. 32).
Urteile vom 26. April 2012, DR und TV2 Danmark (C-510/10, EU:C:2012:244, Rn. 45), vom 7. Juni 2018, EP Agrarhandel (C-554/16, EU:C:2018:406, Rn. 36), und vom 5. Juni 2018, Kolev und Kostadinov (C-612/15, EU:C:2018:392, Rn. 87).
Vgl. dazu bereits Nr. 28 der vorliegenden Schlussanträge.
Vgl. dazu sogleich Nr. 50 der vorliegenden Schlussanträge.
Auf das Entstehen der Verbrauchsteuer im Empfangsstaat stellt daher der bei Art. 138 Abs. 2 Buchst. b spiegelbildlich mitzudenkende Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Richtlinie ab.
Diese Situation regelte Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 92/12, auf den Art. 138 Abs. 2 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie verweist.
Für den Handel zwischen Steuerpflichtigen, die nicht unter Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie fallen, also insbesondere keine Kleinunternehmer sind, und deren innergemeinschaftliche Erwerbe sowieso wegen Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegen, geht die Richtlinie davon aus, dass der grenzüberschreitende Transport typischerweise im Verfahren der Steueraussetzung bewerkstelligt wird und daher keine Sonderregelung erforderlich ist.
Urteile vom 6. April 2006, EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2006:232, Rn. 45), und vom 26. Juli 2017, Toridas (C-386/16, EU:C:2017:599, Rn. 34), sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2005:675, Nr. 35).
Die innergemeinschaftliche Lieferung und der innergemeinschaftliche Erwerb haben identische Tatbestandsvoraussetzungen, da es sich um ein und denselben wirtschaftlichen Vorgang handelt, vgl. dazu bereits Nr. 32 und Fn. 9 der vorliegenden Schlussanträge.
Vgl. Urteil vom 27. September 2007, Teleos u. a. (C-409/04, EU:C:2007:548, Rn. 37), sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2005:675, Nr. 41).
Urteil vom 6. April 2006, EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2005:675, Rn. 50).
Urteile vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C-430/09, EU:C:2010:786, Rn. 27), vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 32), vom 26. Juli 2017, Toridas (C-386/16, EU:C:2017:599, Rn. 35), und vom 21. Februar 2018, Kreuzmayr (C-628/16, EU:C:2018:84, Rn. 32), sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2005:675, Nr. 56).
Es ist unstreitig, dass beispielsweise ein Spediteur zwar aktuell die tatsächliche Sachherrschaft über den Gegenstand ausübt, jedoch nicht als beteiligter Lieferant, sondern als Transporteur für einen Lieferanten agiert. Siehe in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C-430/09, EU:C:2010:786, Rn. 40).
Urteil vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 36 und 37).
Urteil vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C-430/09, EU:C:2010:786, Rn. 40).
Die bisher entschiedenen Fälle betrafen immer Ketten von lediglich zwei aufeinanderfolgenden Lieferungen, vgl. Urteile vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C-430/09, EU:C:2010:786, Rn. 33), vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 34), und vom 26. Juli 2017, Toridas (C-386/16, EU:C:2017:599, Rn. 36).
Nur dies setzt der Begriff der Lieferung bzw. des innergemeinschaftlichen Erwerbs tatbestandlich voraus, vgl. Art. 14 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie, nicht jedoch die rechtliche Eigentümerstellung. Siehe dazu Urteile vom 8. Februar 1990, Shipping and Forwarding Enterprise Safe (C-320/88, EU:C:1990:61, Rn. 7 und 8), und vom 6. Februar 2003, Auto Lease Holland (C-185/01, EU:C:2003:73, Rn. 32).
Vgl. bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2005:675, Nr. 58).
Der Transporteur oder Spediteur hat nicht die Befugnis inne, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, vgl. Urteile vom 3. Juni 2010, De Fruytier (C-237/09, EU:C:2010:316, Rn. 25), und vom 20. Juni 2018, Enteco Baltic (C-108/17, EU:C:2018:473, Rn. 88).
In diesem Sinne Urteile vom 3. Juni 2010, De Fruytier (C-237/09, EU:C:2010:316, Rn. 24), und vom 20. Juni 2018, Enteco Baltic (C-108/17, EU:C:2018:473, Rn. 86).
Ebenso Urteil vom 20. Juni 2018, Enteco Baltic (C-108/17, EU:C:2018:473, Rn. 89).
Siehe in diesem Sinne auch Urteile vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C-430/09, EU:C:2010:786, Rn. 45), und vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 37).
Urteil vom 14. Juli 2005, British American Tobacco und Newman Shipping (C-435/03, EU:C:2005:464, Rn. 41).
Vgl. bereits Nr. 62 der vorliegenden Schlussanträge.
Grundsätzlich geht die Gefahr des zufälligen Untergangs nämlich erst dann auf den Empfänger über, wenn dieser über den Gegenstand verfügen kann. Anders kann dies sein, wenn der Empfänger den Versand an einen bestimmten Ort wünscht.
Vgl. Urteile vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C-430/09, EU:C:2010:786, Rn. 34 und 35), vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 35), und vom 26. Juli 2017, Toridas (C-386/16, EU:C:2017:599, Rn. 44).
Hinsichtlich des Erstverkäufers muss aus Gründen der Rechtssicherheit das Vertrauen auf die Auskunft seines Vertragspartners geschützt werden, mit der Folge, dass die Steuer nicht von ihm verlangt werden kann. Dies führt jedoch nicht dazu, dass seine Lieferung tatsächlich zur innergemeinschaftlich befreiten wird, vgl. Urteil vom 21. Februar 2018, Kreuzmayr (C-628/16, EU:C:2018:84, Rn. 37). In dem Fall, der dem Urteil in der Rechtssache Kreuzmayr zugrunde lag, ging es nur um den Vertrauensschutz der Parteien der Zweitlieferung. Dieser war richtigerweise abzulehnen, da für die Parteien der zweiten Lieferung erkennbar war, dass einer von ihnen die Gefahr für den Transport der Gegenstände übernommen hatte, vgl. Urteil vom 21. Februar 2018, Kreuzmayr (C-628/16, EU:C:2018:84, Rn. 36).
Unter diesen Umständen läge mithin trotz tatsächlicher Grenzüberschreitung beim Transport durch Arex kein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Wie ich jedoch bereits an anderer Stelle ausführen durfte, ist für die Ermittlung der steuerbefreiten Lieferung nicht ausschlaggebend, welcher Ort tatsächlich der Ausgangspunkt der Transportbewegung war, vgl. dazu meine Schlussanträge in der Rechtssache EMAG Handel Eder (C-245/04, EU:C:2005:675, Nr. 40).
Vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C-430/09, EU:C:2010:786, Rn. 45).