: Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage - Berechtigtes Interesse an der Feststellung - Erledigung eines Verwaltungsaktes - Einlegung einer Anschlussrevision
BFH, Urteil vom 26. September 2007 I R 43/06
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 4. April 2006 6 K 121/06 KA (EFG 2006, 1225)
Leitsatz:
Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht zulässig, wenn der mit ihr angegriffene Verwaltungsakt sich schon vor der Klageerhebung erledigt hatte und die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht Voraussetzung dafür ist, dass der Kläger einen effektiven Rechtsschutz erhält.
FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Vollziehung von Steuerbescheiden zu Recht aufgehoben hat.
Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Dienstleistungsunternehmen. Im Anschluss an eine Außenprüfung wurde streitig, ob im Zusammenhang mit bestimmten Aufwendungen ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden war. Das FA nahm dies an und erließ u.a. für das Streitjahr (1996) entsprechende Steuerbescheide.
Die Klägerin legte gegen diese Bescheide Einspruch ein. Daraufhin hob das FA die Vollziehung der mit dem Einspruch angefochtenen Bescheide mit Wirkung vom 2. Juni 2006 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch auf. In dem dazu erlassenen Bescheid des FA heißt es u.a., "die Aufhebung der Vollziehung" habe "keinen Einfluss auf einen eventuellen Erlassantrag bezüglich der bei einem Obsiegen der Finanzverwaltung festzusetzenden Zinsen". Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2005 wies das FA den Einspruch zurück; über die daraufhin erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden. Nach Erhebung der Klage in der Hauptsache hat das FA die Vollziehung der angefochtenen Bescheide mit Verfügung vom 4. August 2005 bis zum Ablauf eines Monats nach Beendigung jenes Verfahrens ausgesetzt.
Mit Schreiben vom 9. Juni 2005 --also noch während des laufenden Einspruchsverfahrens-- wandte sich die Klägerin gegen die vom FA verfügte Aufhebung der Vollziehung. Das FA sah darin einen Einspruch und verwarf diesen als unzulässig. Daraufhin erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. Januar 2006 eine Klage beim FG, mit der sie zunächst begehrte, den Bescheid über die Aufhebung der Vollziehung aufzuheben.
In der mündlichen Verhandlung beim FG stellte die Klägerin demgegenüber den Antrag, festzustellen, dass der Bescheid über die Aufhebung der Vollziehung rechtswidrig gewesen sei. Diesem Begehren folgte das FG mit dem angefochtenen Urteil (FG Düsseldorf, Urteil vom 4. April 2006 6 K 121/06 KA); die Urteilsgründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1225 abgedruckt.
Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung von § 40 Abs. 2 und § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und von § 126 Abs. 1 Nr. 2 und § 350 der Abgabenordnung (AO). Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Ferner hat sie "hilfsweise für den Fall, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt, der Verwaltungsakt habe sich nicht durch Zeitablauf erledigt", eine Anschlussrevision erhoben; mit dieser begehrt sie, die Verfügung des FA über die Aufhebung der Vollziehung aufzuheben.
Aus den Gründen:
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Über die Anschlussrevision der Klägerin ist nicht zu entscheiden.
1. Das FA rügt mit seiner Revision, dass das FG die Klage zu Unrecht für zulässig erachtet habe. Dem ist beizupflichten. Die Zulässigkeit der Klage scheitert daran, dass der Klägerin das notwendige Feststellungsinteresse fehlt.
a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO kann, wenn ein mit der Klage angefochtener Verwaltungsakt sich im Verlauf des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts feststellen. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entsprechend anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt sich schon vor der Klageerhebung erledigt hat (BFH-Urteile vom 7. November 1985 IV R 6/85, BFHE 145, 23, BStBl II 1986, 435; vom 10. April 1990 VIII R 415/83, BFHE 160, 409, 411, BStBl II 1990, 721, 722; vom 2. Juni 1987 VIII R 192/83, BFH/NV 1988, 104). Eine solche Gestaltung liegt im Streitfall vor, da nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) die vom FA verfügte Aufhebung der Vollziehung bis einen Monat nach Abschluss des seinerzeit anhängigen Einspruchsverfahrens befristet war und die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage erst nach Ablauf der so bestimmten Frist erhoben worden ist.
b) § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO macht die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts davon abhängig, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung hat. Diese Voraussetzung gilt gleichermaßen, wenn unmittelbar Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erhoben wird.
c) "Berechtigtes Interesse" i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art (BFH-Urteil vom 9. November 1994 XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621). Dieses kann sich zum einen daraus ergeben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit die Voraussetzung für den Eintritt einer vom Kläger erstrebten weiteren Rechtsfolge ist (BFH-Urteile vom 12. Januar 1995 IV R 83/92, BFHE 177, 4, BStBl II 1995, 488; in BFH/NV 1995, 621; Schmidt-Troje in Beermann/ Gosch, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 FGO Rz 49, m.w.N.). Zum anderen kann es daraus abzuleiten sein, dass ein konkreter Anlass für die Annahme besteht, das FA werde die vom Kläger für rechtswidrig erachtete Maßnahme in absehbarer Zukunft wiederholen (BFH-Urteile vom 29. April 1980 VII K 5/77, BFHE 130, 568, BStBl II 1980, 593; vom 28. Juni 2000 X R 24/95, BFHE 192, 32, 40, BStBl II 2000, 514, 518; vom 20. April 2004 VIII R 88/00, BFH/NV 2004, 1103; Schmidt-Troje in Beermann/Gosch, a.a.O., § 100 FGO Rz 48, m.w.N.). Schließlich kann es unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VII R 14/94, BFHE 176, 201, BStBl II 1995, 210) sowie deshalb bestehen, weil die begehrte Feststellung voraussichtlich in einem beabsichtigten und nicht völlig aussichtslosen Schadensersatzprozess erheblich sein wird (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. Mai 1976 VII R 108/73, BFHE 119, 26, BStBl II 1976, 566; BFH-Beschluss vom 15. Mai 2002 I B 8/02, I S 13/01, BFH/NV 2002, 1317; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 FGO Rz 57, m.w.N.); beide Gestaltungen liegen jedoch im Streitfall ersichtlich nicht vor.
d) Das FG hat ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung deshalb für gegeben erachtet, weil die Klägerin nur auf diese Weise die spätere Festsetzung von Aussetzungszinsen (§ 237 AO) verhindern könne. Dem ist nicht zu folgen. Denn wie auch das FG nicht verkannt hat, hängt die Festsetzung von Zinsen nach § 237 AO nicht davon ab, ob die Vollziehung zu Recht oder zu Unrecht ausgesetzt oder aufgehoben wurde (BFH-Urteile vom 9. Dezember 1998 XI R 24/98, BFHE 187, 400, BStBl II 1999, 201; vom 21. Juli 1993 X R 104/91, BFH/NV 1994, 597). Aussetzungszinsen fallen deshalb auch dann an, wenn die Finanzbehörde die rechtlichen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung unzutreffend beurteilt hat (BFH-Urteil vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 237 AO Rz 22, m.w.N.). Diese "Tatbestandswirkung" der Aufhebungsverfügung kann eine Feststellung des Inhalts, dass jene Verfügung rechtswidrig gewesen sei, nicht erschüttern. Nur eine solche Feststellung könnte die Klägerin jedoch im Verfahren nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erwirken.
Andererseits tritt der Senat nicht der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Überlegung der Klägerin bei, die genannte "Tatbestandswirkung" müsse im Streitfall richtigerweise dazu führen, dass die Aufhebungsverfügung nicht als erledigt anzusehen sei. Denn ob eine Erledigung eingetreten ist oder nicht, ist ausschließlich danach zu beurteilen, ob der Regelungsgehalt des zu beurteilenden Verwaltungsakts fortwirkt. Der Regelungsgehalt der Aufhebungsverfügung bestand jedoch allein darin, dass die Klägerin die ihr gegenüber festgesetzte Steuer nicht entrichten musste; diese Wirkung der Verfügung hat mit dem Ablauf der vom FA bestimmten Aufhebungsfrist geendet. Die Anknüpfung des gesetzlichen Zinsanspruchs an die gewährte Aufhebung der Vollziehung ist nur eine weitere Rechtsfolge der Aufhebungsverfügung, die deren Erledigung nicht hindert. Die Anknüpfung des Zinsanspruchs an die Aufhebungsverfügung ist insoweit mit der Anknüpfung eines Verwertungsverbots an die Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung vergleichbar, die ebenfalls nicht verhindert, dass sich die Prüfungsanordnung mit dem Abschluss der angeordneten Prüfung erledigt und sodann nicht mehr im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden kann (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 24. Juni 1982 IV B 3/82, BFHE 136, 192, BStBl II 1982, 659; Tipke in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 100 FGO Rz 54, m.w.N.). Sie führt deshalb nicht dazu, dass im Streitfall das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage notwendige berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung entbehrlich ist.
e) Ein solches Interesse lässt sich ferner nicht daraus ableiten, dass die Finanzbehörde auf Aussetzungszinsen ganz oder teilweise verzichten kann, wenn deren Erhebung nach Lage des Falles unbillig wäre (§ 237 Abs. 4 i.V.m. § 234 Abs. 2 AO). Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass im Zusammenhang mit dieser Regelung die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsverfügung durchaus rechtliche Bedeutung erlangen kann. Denn die Entscheidung über das Absehen von einer Zinsfestsetzung ist eine Ermessensentscheidung, bei der u.a. berücksichtigt werden kann, ob der zinsbegründende Vorgang auf einem Antrag des Steuerpflichtigen beruht oder ob er ihm von der Finanzbehörde gegen seinen Willen aufgedrängt worden ist (s. dazu im Einzelnen Koepsell/Walbrodt, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 2006, 822). Doch muss dieser Überlegung hier nicht weiter nachgegangen werden, da sich im Streitfall aus ihr ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin jedenfalls nicht ableiten lässt.
Denn ob die Aufhebungsverfügung rechtsfehlerhaft ist oder nicht, kann im Rahmen einer Entscheidung über den Verzicht auf eine Zinsfestsetzung ggf. eigenständig beurteilt und entschieden werden. Dieser Umstand würde der Annahme eines Feststellungsinteresses i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zwar nicht notwendig entgegenstehen, wenn die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erst im Verlauf des Klageverfahrens eingetreten wäre; dann könnte unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie möglicherweise ein solches Interesse daraus abgeleitet werden, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme in dem bereits eingeleiteten gerichtlichen Verfahren abschließend geklärt werden kann und dazu nicht ein weiteres Verfahren benötigt wird (vgl. Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteile vom 29. April 1992 4 C 29/90, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 1992, 1092; vom 27. März 1998 4 C 14/96, NVwZ 1998, 1295; BVerwG-Beschluss vom 8. Mai 2001 1 WB 15/01, Neue Zeitschrift für Wehrrecht 2001, 1654; jeweils zu dem mit § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO wortgleichen § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung --VwGO--). So liegen die Dinge hier aber nicht. Vielmehr wurde die Klage erst erhoben, nachdem die vom FA gesetzte Frist für die Aufhebung der Vollziehung --ein Monat nach Erlass der Entscheidung über den Einspruch gegen die Steuerbescheide-- abgelaufen und die Aufhebungsverfügung dadurch gegenstandslos geworden war. Jene Verfügung hatte sich mithin schon vor der Klageerhebung erledigt, und bei einer so gelagerten Fallgestaltung kann das Feststellungsinteresse nicht mit der Konzentration auf ein einmal eingeleitetes Gerichtsverfahren begründet werden.
Vielmehr muss hier der Gedanke durchgreifen, dass die von der Klägerin geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Aufhebungsverfügung im Rahmen der Entscheidung über einen Verzicht auf Aussetzungszinsen allenfalls eine Vorfrage darstellt, die nicht in einem selbständigen Verfahren entschieden werden muss und deshalb kein berechtigtes Interesse an der Einleitung eines solchen Verfahrens begründen kann. Die Rechtslage unterscheidet sich insoweit von derjenigen, die im Zusammenhang mit einer erledigten Prüfungsanordnung besteht, da dort die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung Voraussetzung für das Eingreifen eines Verwertungsverbots ist (BFH-Urteile vom 14. August 1985 I R 188/82, BFHE 144, 329, BStBl II 1986, 2; vom 21. April 1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649, m.w.N.); ein solcher unmittelbarer Zusammenhang zwischen der von der Klägerin begehrten Feststellung und einer ihr günstigen Rechtsfolge besteht hier nicht. Vielmehr ist der Streitfall insoweit mit Gestaltungen vergleichbar, bei denen eine Fortsetzungsfeststellungsklage der Vorbereitung eines zivilgerichtlichen Schadensersatzprozesses dient: Ebenso wie dieses Ziel zwar die Fortsetzung eines vor der Erledigung des Verwaltungsakts begonnenen Verfahrens, nicht aber die erstmalige Erhebung einer Klage gegen einen bereits erledigten Verwaltungsakt rechtfertigen kann (vgl. dazu BVerwG-Urteil vom 20. Januar 1989 8 C 30.87, BVerwGE 81, 226, Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 113 Rz 136, m.w.N.), gilt dies für einen etwa bestehenden Zusammenhang zwischen der rechtlichen Beurteilung einer Aufhebung der Vollziehung und einem späteren Verzicht auf Aussetzungszinsen. Im Streitfall ist zudem nicht einmal hinreichend sicher vorhersehbar, ob sich die Frage eines Zinsverzichts jemals stellen wird; das wird letztlich vor allem vom Ausgang des Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide abhängen, da nur bei einem endgültigen Unterliegen der Klägerin Zinsen anfallen würden, auf die das FA verzichten könnte. Im Ergebnis ist der Hinweis der Klägerin auf § 237 Abs. 4 AO daher nicht geeignet, ein für § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ausreichendes Feststellungsinteresse zu begründen.
f) Dasselbe gilt insoweit, als die Klägerin auf das Bestehen einer Wiederholungsgefahr verweist. Insoweit ist zwar zweifelhaft, ob der Ansicht des FA gefolgt werden kann, dass die Annahme einer solchen Gefahr am Fehlen entsprechender Feststellungen des FG scheitert; dagegen könnte sprechen, dass das Bestehen eines Feststellungsinteresses i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage und dass das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 118 FGO Rz 265; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 45, jeweils m.w.N.). Auch eine solche Prüfung führt jedoch im Streitfall dazu, dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin nicht auf den Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gestützt werden kann.
Denn das FA hat, nachdem die zunächst angeordnete Aufhebung der Vollziehung nach Ablauf eines Monats seit dem Ergehen der Einspruchsentscheidung ausgelaufen war, am 4. August 2005 die Vollziehung der streitgegenständlichen Steuerbescheide ausgesetzt. Damit hat sich die von der Klägerin geltend gemachte Wiederholungsgefahr bereits verwirklicht. Die Klägerin konnte nunmehr die Aussetzungsverfügung mit dem Einspruch und ggf. mit einer anschließenden Anfechtungsklage angreifen und auf diese Weise der von ihr gerügten Rechtsbeeinträchtigung wirksam entgegentreten. Sie hat zwar in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie tatsächlich einen Einspruch gegen die neuerliche Aussetzungsverfügung eingelegt und das FA bisher nicht über diesen Einspruch entschieden habe; in dieser Situation ist sie jedoch nicht rechtsschutzlos gestellt, da sie einer ungebührlichen Verzögerung des Verfahrens durch das FA mit einer Untätigkeitsklage (§ 46 Abs. 1 FGO) begegnen kann. Zudem kann sie nach wie vor --bis einen Monat nach der Entscheidung des FG in der Hauptsache-- eine Aufhebung der Aussetzungsverfügung beantragen und diese ggf. mit einer Verpflichtungsklage durchsetzen. Damit konnte --und kann-- sie sich gegen die tatsächlich eingetretene Wiederholung des gerügten Vorgehens des FA gerichtlich zur Wehr setzen. Angesichts dessen kann der Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kein berechtigtes Interesse der Klägerin daran begründen, die Rechtswidrigkeit der bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung erledigten ursprünglichen Aufhebungsverfügung feststellen zu lassen. Vielmehr muss insoweit der Gedanke durchgreifen, dass ein Vorgehen unmittelbar gegen die wiederholende Maßnahme die sachnähere Maßnahme ist und dass die Klägerin in diesem Rahmen einen wirksamen Rechtsschutz erlangen kann. Ob die Rechtslage anders wäre, wenn die Aussetzung der Vollziehung erneut nur kurzfristig angeordnet worden wäre, muss im vorliegenden Verfahren nicht erörtert werden.
g) Da mithin der Klägerin im Ergebnis das von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO geforderte Feststellungsinteresse fehlt, war ihre Klage unzulässig. Daher ist sie auf die Revision des FA unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen.
2. Über die Anschlussrevision der Klägerin muss im Streitfall nicht entschieden werden. Sie ist ausdrücklich unter der Bedingung eingelegt worden, dass der Senat die Verfügung des FA über die Aufhebung der Vollziehung nicht als erledigt ansieht. Dies war zulässig, da die Einlegung einer Anschlussrevision von einem "innerprozessualen Vorgang" abhängig gemacht werden darf (BFH-Urteil vom 20. September 1999 III R 33/97, BFHE 190, 266, BStBl II 2000, 208; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 115 FGO Rz 230) und die Beurteilung einer Rechtsfrage durch das Gericht jedenfalls dann ein solcher "innerprozessualer Vorgang" ist, wenn auf ihr eine Sachentscheidung beruht (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. November 1983 VII ZR 72/83, Neue Juristische Wochenschrift 1984, 1240). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt; denn wenn der Senat die angefochtene Verfügung des FA nicht für erledigt ansähe, müsste er das Feststellungsurteil des FG schon aus diesem Grund aufheben.
Im Streitfall ist jedoch diese hiernach zulässige Bedingung für die Wirksamkeit der Anschlussrevision nicht eingetreten. Daraus folgt, dass das mit der Anschlussrevision verfolgte Begehren nicht zur Entscheidung steht. Im Ergebnis ist daher der Urteilsausspruch auf die Entscheidung über die Revision des FA zu beschränken.