BFH: Zur Frage des Rückflusses von Werbungskosten bei einvernehmlicher Beilegung des Rechtsstreits um die Haftung eines Kreditinstituts im Zusammenhang mit der Vermittlung von sog. Schrottimmobilien
BFH, Urteil vom 10.11.2020 – IX R 32/19
ECLI:DE:BFH:2020:U.101120.IXR32.19.0
Volltext BB-Online BBL2021-533-3
Amtliche Leitsätze
1. Erklärt die finanzierende Bank, einen Teil des ausstehenden Darlehens, welches der Steuerpflichtige zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Eigentumswohnung aufgenommen hat, nicht mehr zurückzufordern, liegt keine Erstattung von Schuldzinsen und damit kein Rückfluss von Werbungskosten vor, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Bank mit dem „Verzicht“ auf die weitere Geltendmachung der Forderung behauptete Schadensersatzansprüche des Steuerpflichtigen im Wege der Aufrechnung abgegolten hat.
2. Ein derartiger „Verzicht“, den die Bank im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung zur einvernehmlichen Beendigung eines Zivilrechtsstreits ausspricht, führt auf Seiten des Steuerpflichtigen auch nicht zu sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG.
Sachverhalt
I.
Streitig ist, ob der im Vergleichswege erfolgte Verzicht der finanzierenden Bank auf die Geltendmachung eines Teils der ausstehenden Darlehensforderung für den Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einkünfteerhöhend zu berücksichtigen ist.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im Jahr 1995 eine Eigentumswohnung zum Kaufpreis von 284.000 DM (145.206 €). Der Kaufpreis und die Anschaffungsnebenkosten wurden mittels zweier Darlehen der X-Bank über 270.000 DM (138.048 €) und 65.000 DM (33.233 €) voll finanziert. Die Eigentumswohnung wird seit dem Erwerb zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Bis Ende 2010 kam der Kläger seinen Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen gegenüber der X-Bank nach.
Im Jahr 2010 machte der Kläger Schadensersatzansprüche wegen einer Aufklärungspflichtverletzung aus dem Gesichtspunkt des konkreten Wissensvorsprungs einredeweise gegenüber der X-Bank geltend und berief sich dabei auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 16.05.2006 - XI ZR 6/04 (BGHZ 168, 1) und vom 29.04.2008 - XI ZR 221/07 (Neue Juristische Wochenschrift–Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2008, 1226) sowie des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 22.08.2008 - 6 U 167/06 (Verbraucher und Recht 2008, 386). Zudem widerrief der Kläger die der X-Bank erteilte Einzugsermächtigung und stellte die Zahlung der vereinbarten Darlehensraten ein. Daraufhin kündigte die X-Bank die beiden Darlehen fristlos und stellte den gesamten Darlehensbetrag einschließlich rückständiger Zinsen und Kosten (125.342 € bzw. 26.545 €) zur sofortigen Rückzahlung fällig. Auf Antrag der X-Bank wurde im Jahr 2011 die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung angeordnet.
In der Folge erhob der Kläger Vollstreckungsgegenklage. Er machte geltend, dass sich die X-Bank die darlehensvertraglichen Ansprüche im Wege der arglistigen Täuschung im Zusammenhang mit einer "drückervermittelten Schrottimmobilienfinanzierung" verschafft habe. Ihm, dem Kläger, sei die Immobilie von einem von der X-Bank als "Profivermittler" bezeichneten Vermittler unter Ausnutzung einer Haustürsituation und im Wege der arglistigen Täuschung angedient worden. Die X-Bank habe mit dem "Profivermittler" kollusiv zusammengewirkt und ihm, dem Kläger, eine sittenwidrig überteuerte Immobilie verkauft. Bei einem Kaufpreis von 284.000 DM habe der Wert der Wohnung nur 71.353 DM --aus einem im Laufe des Gerichtsverfahrens vom Kläger vorgelegten Gutachten ergab sich später ein Verkehrswert von 68.100 €-- betragen. Zudem sei er über die erzielbare Miete getäuscht worden.
Im Rahmen der öffentlichen Sitzung vor dem Landgericht (LG) ... kündigte die X-Bank an, dem Kläger ein Vergleichsangebot zu unterbreiten, woraufhin das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde. Nach anschließenden Vergleichsverhandlungen kam im Dezember 2012 folgende Vergleichsvereinbarung zwischen dem Kläger und der X-Bank zustande:
"[...] Wir bieten im Hinblick auf die persönliche / wirtschaftliche Situation Ihrer Mandantschaft und ohne Präjudiz, insbesondere ohne Anerkennung einer Situation i.S.d. HaustürWG, folgenden
Vergleich
an:
1. Die oben genannten Darlehen wurden bereits zum 01.04.2011 gekündigt. Die im Kündigungsschreiben aufgeführten Forderungen i.H.v. EUR 125.342,67 für Darlehen ...1 und EUR 26.545,85 für Darlehen ...2 werden hiermit in voller Höhe anerkannt. Auf den Ausweis von Tageszinsen und Kosten seit Kündigung wird an dieser Stelle verzichtet.
2. Ihr Mandant leistet eine Zahlung (Einmalzahlung) in Höhe von EUR 88.000,00 (i. W. Achtundachtzigtausend Euro) auf das Darlehenskapital bis spätestens 30.12.2012. [...]
Falls die Einmalzahlung nicht fristgerecht bei der Bank eingeht, behält sich die Bank das Recht vor, die vorliegende Vereinbarung für gegenstandslos zu erklären. In diesem Falle wird die ursprüngliche Forderung in voller Höhe aufrechterhalten. Die Bank ist weiterhin berechtigt, wegen fälliger Forderungen, Zwangsmaßnahmen zu betreiben.
3. Nach Eingang des Betrages von EUR 88.000,00 wird die Bank:
Die Löschungsbewilligung für die folgende Grundschuld erteilen: DEM 335.000,00 auf dem Grundbuch von Z-Stadt, Blatt ...
Rücknahme des Zwangsversteigerungs- und Verwaltungsverfahrens ... veranlassen. Ein eventueller Übererlös aus dem Zwangsverwaltungsverfahren steht unserer Bank zu.
[...]
Die Löschungsbewilligung werden wir direkt an Herrn ... oder an dessen ablösende Bank übersenden. Die noch anfallenden Notarkosten für die Löschung unserer Grundschuld übernimmt die Bank.
4. Die bestehende Lebensversicherung Nr. 3... bei der Y-Versicherung, lautend auf Herrn ..., wird nach Eingang der Zahlung zu Z. 2 dieser Vereinbarung freigegeben.
5. Nach Erfüllung der Punkte 2 und 3 wird die Bank keine darüber hinausgehenden Forderungen aus den Darlehen Nr. ...1 und ...2 gegen Ihren Mandanten geltend machen und die Darlehenskonten schließen.
Die Kosten der Einschaltung der Rechtsanwälte [...] werden von der Bank nicht übernommen. Gleiches gilt für eventuelle Sonderumlagen, Hausgelder, Maklercourtage und andere Kosten, zu deren Übernahme sich die Bank nicht ausdrücklich bereit erklärt hat.
Mit Zustandekommen der vorliegenden Vereinbarung sind sämtliche etwaigen Schadensersatzansprüche und Forderungen des Darlehensnehmers aus dem Erwerb des Objekts [...] und dem Abschluss der oben bezeichneten Darlehensverträge - gleich ob bekannt oder unbekannt - für die Gegenwart und Zukunft gegenüber der [Bank] abgegolten und erledigt. Etwa bestehende Anfechtungs- und Widerrufsrechte sowie Einreden gegen den Bestand des Darlehensvertrages werden gegenüber der Bank nicht geltend gemacht.
Die Parteien verpflichten sich, soweit nicht eine gesetzliche Offenbarungspflicht besteht, über den dieser Vereinbarung zu Grunde liegenden Sachverhalt sowie über den Inhalt dieser Vereinbarung strengstes Stillschweigen zu bewahren und deren Inhalt weder selbst, noch über andere Personen an Dritte weiterzuleiten.
Diese wirtschaftliche Lösung beruht insbesondere auf den Angaben der Selbstauskunft Ihrer Mandantschaft. Sollten sich diese Angaben nachträglich als unzutreffend herausstellen ist die Bank berechtigt, von vorstehender Vereinbarung zurückzutreten. [...]
Die vor dem LG ... anhängige Klage ... wird zurückgenommen.
Die Bank stellt keinen Kostenantrag."
Im Veranlagungsverfahren vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass der Vergleichsvereinbarung zwischen dem Kläger und der X-Bank wechselseitige Ansprüche der X-Bank auf Zahlung der Darlehenssumme und des Klägers auf Schadensersatz wegen aller aufgrund des überhöhten Kaufpreises erlittenen Schäden zugrunde lägen. Bei der "Erlasssumme" handele es sich im Ergebnis um eine Aufrechnung wechselseitiger Ansprüche. Sie sei daher aufzuteilen in den Schadensersatz für den überhöhten Kaufpreis (30.126 €), der sich (ab dem Folgejahr 2013) auf die Anschaffungskosten als Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA) auswirke, und die Rückzahlung überhöhter Schuldzinsen (33.762 €), die zu Einnahmen des Streitjahres 2012 aus Vermietung und Verpachtung führe. Entsprechend veranlagte das FA den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau, die Klägerin und Revisionsbeklagte, mit Bescheiden vom 02.06. bzw. 26.06.2014 zur Einkommensteuer 2012.
Der Einspruch der Kläger, mit dem sie sich darauf beriefen, dass mit der Einmalzahlung von 88.000 € ein kompletter Schuldenerlass, aber kein Ersatz von Schuldzinsen verbunden gewesen sei, blieb ohne Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 10.07.2017 setzte das FA die Einkommensteuer 2012 --nach einem entsprechenden Verböserungshinweis-- herauf, indem es die im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 5.600 € (mangels Verausgabung) nicht mehr zum Werbungskostenabzug zuließ und die Rückzahlung überhöhter Schuldzinsen mit 30.917 € berücksichtigte.
Mit der anschließenden Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter und machten geltend, der Vergleich sei allein aus der persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Klägers heraus geschlossen worden. Er weise gerade keine Vereinbarung über etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers auf. Eine Verrechnung wechselseitiger Ansprüche sei nicht erfolgt.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. In Anwendung der Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31.01.2017 - IX R 26/16 (BFHE 257, 78, BStBl II 2018, 341) könne nicht festgestellt werden, dass die X-Bank mit dem Verzicht auf die weitere Geltendmachung von Forderungen aus den Darlehensverträgen Schadensersatz für einen überteuerten Kaufpreis, Zinsen auf die infolge des überteuerten Kaufpreises zu hoch aufgenommenen Darlehen oder nicht erzielbare zugesicherte Einnahmen habe leisten und im Wege der Aufrechnung habe abgelten wollen.
Dagegen richtet sich die Revision, mit der das FA eine Verletzung von § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen rügt.
Es beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie teilen die Auffassung der Vorinstanz.
Aus den Gründen
II.
14 Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
15 Das FG ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Vergleichsvereinbarung zwischen dem Kläger und der X-Bank nicht mit einem Zufluss von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) im Streitjahr 2012 verbunden war. Insbesondere hat der Vergleich nicht zu einer Erstattung von seitens des Klägers in der Vergangenheit geleisteter Schuldzinsen und damit zu einem Rückfluss von Werbungskosten geführt (dazu unter 1.). Ebenso wenig ist von einer Minderung der Anschaffungskosten der Eigentumswohnung und damit der AfA-Bemessungsgrundlage (§ 7 Abs. 4 EStG) auszugehen, die ohnehin allein die Veranlagungszeiträume ab 2013 betreffen würde (dazu unter 2.). Sonstige Einkünfte des Klägers nach § 22 Nr. 3 EStG liegen nicht vor (dazu unter 3.).
16 1. Zu Recht hat das FG Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) in Gestalt erstatteter Schuldzinsen verneint.
17 a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, im Jahr des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind (BFH-Beschluss vom 13.07.2000 - VI B 184/99, BFH/NV 2000, 1470, m.w.N.; s.a. Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz 85; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 19. Aufl., § 21 Rz 48 "Schadensersatz"; BeckOK EStG/Spilker, 8. Ed. [01.10.2020], EStG § 21 Rn 677). Entsprechendes gilt für Schadensersatzleistungen, die Werbungskosten --wie beispielsweise zu viel bezahlte Schuldzinsen-- ersetzen (vgl. Senatsurteile vom 23.03.1993 - IX R 67/88, BFHE 171, 183, BStBl II 1993, 748, m.w.N.; in BFHE 257, 78, BStBl II 2018, 341; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz 240 "Schrottimmobilien"; Schmidt/Kulosa, EStG, 39. Aufl., § 21 Rz 117 "Schadensersatzzahlungen"; vgl. auch Jäger, Deutsches Steuerrecht 2011, 155, 158; Weber-Grellet, Der Betrieb 2007, 2740, 2742). Werden wechselseitige Ansprüche miteinander verrechnet, kann dies zu einem Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG führen. Ein Zufluss wechselseitiger Ansprüche durch Aufrechnung oder einen Verrechnungsvertrag setzt allerdings voraus, dass sich zwei voneinander unabhängige, fällige Ansprüche gegenüberstehen (Senatsurteile vom 19.02.2002 - IX R 36/98, BFHE 198, 198, BStBl II 2003, 126; in BFHE 257, 78, BStBl II 2018, 341).
18 Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehört die Auslegung von Verträgen zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und bindet das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 25.02.2009 - IX R 76/07, BFH/NV 2009, 1268, unter II.2., m.w.N.). Umgekehrt entfällt diese Bindungswirkung --mit der Folge, dass der erkennende Senat die erforderliche Auslegung ggf. selbst vornehmen kann--, wenn die Auslegung des FG anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt (z.B. BFH-Urteil vom 19.08.2015 - X R 30/12, BFH/NV 2016, 203). Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen in diesem Sinne gehören bei der Auslegung von Verträgen auch die vollständige Erfassung des Vertragstextes und --darauf fußend-- die Einbeziehung der systematischen Stellung der zu betrachtenden Regelungen im jeweiligen Gesamtzusammenhang.
19 b) Daran gemessen ist der Schluss des FG, im Streitfall könne nicht festgestellt werden, dass die X-Bank mit dem Verzicht auf die weitere Geltendmachung von Forderungen aus den Darlehensverträgen Schadensersatz für einen überteuerten Kaufpreis, Zinsen auf die infolge des überteuerten Kaufpreises zu hohen Darlehen oder nicht erzielbare zugesicherte Einnahmen habe leisten und diesen im Wege der Aufrechnung abgelten wollen, nicht zu beanstanden.
20 aa) Die Vorinstanz hat aus ihren tatsächlichen Feststellungen geschlussfolgert, die X-Bank habe den Verzicht nicht aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Kläger ausgesprochen. Hintergrund und Motiv für den Vergleich seien für die X-Bank zumindest auch die vom Kläger erhobenen Schadensersatzansprüche gewesen; dies reiche indes --mangels einzelfallbezogener Schadensermittlung, Anerkenntnis entsprechender Ansprüche und zumindest konkludenter Erklärung der Aufrechnung durch die X-Bank-- nicht für die Annahme, die X-Bank habe mit dem Verzicht auf die weitere Geltendmachung der vom Kläger ausdrücklich anerkannten Darlehen solche Ansprüche auch im Wege der Verrechnung abgelten wollen. Vielmehr spreche vieles dafür, dass der Vergleich zur Beendigung der für die Beteiligten des Zivilrechtsstreits belastenden Prozesssituation geschlossen worden sei, nicht aber, um den Klägern in der Vergangenheit überzahlte Schuldzinsen oder einen zu hohen Kaufpreis zu erstatten.
21 bb) Diese Schlussfolgerungen verstoßen auf der Grundlage der --vom FA nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen und daher den Senat bindenden-- tatsächlichen Feststellungen des FG weder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze noch gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze.
22 (1) Auf der Grundlage der Feststellungen der Vorinstanz ist nicht ersichtlich, dass die X-Bank dem Kläger überhöht berechnete Schuldzinsen erstatten wollte. Zutreffend hat das FG in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Vergleichsvereinbarung zwischen dem Kläger und der X-Bank keine konkreten Hinweise auf das Bestehen der seitens des Klägers geltend gemachten Schadensersatzansprüche enthält. Insbesondere Einzelheiten zur einzelfallbezogenen Schadensermittlung sind nicht geregelt worden (s. dazu Senatsurteil in BFHE 257, 78, BStBl II 2018, 341, Rz 19). Vielmehr sollte der Vergleich ausweislich seines Einleitungssatzes gerade in Ansehung der persönlichen bzw. wirtschaftlichen Situation des Klägers und "ohne Präjudiz, insbesondere ohne Anerkennung einer Situation i.S.d. HaustürWG", geschlossen werden. Die Abgeltungsklausel, die sämtliche Schadensersatzansprüche und Forderungen des Klägers aus dem Erwerb des Objekts abdeckt, steht dem als typischer Bestandteil eines Vergleichs nicht entgegen.
23 Zudem haben die vom Kläger in der Vergangenheit gezahlten Schuldzinsen ihren Rechtsgrund in den von den Beteiligten des Zivilrechtsstreits in der Vergleichsvereinbarung ausdrücklich in ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit bestätigten Darlehensverträgen, die auch nach der Vergleichsvereinbarung weiterhin Bestand haben sollten. Der Kläger hat die Darlehensforderungen und damit den Rechtsgrund für die in der Vergangenheit gezahlten Zinsen ausdrücklich anerkannt. Eine Rückabwicklung der Darlehensverhältnisse ist ebenso wenig erfolgt wie eine Rückabwicklung des Erwerbs der Eigentumswohnung. Vor diesem Hintergrund wäre eine Rückzahlung von Schuldzinsen seitens der X-Bank ohne rechtlichen Grund erfolgt (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 257, 78, BStBl II 2018, 341, Rz 18); folglich wäre auch eine dahingehende Sachverhaltswürdigung nicht schlüssig.
24 (2) Darüber hinaus ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die X-Bank mit der Vergleichsvereinbarung nicht die Aufrechnung mit ihr zustehenden Forderungen aus den bestehenden Darlehensverträgen gegen Schadensersatzansprüche des Klägers erklärt hat. Dem Vergleich lässt sich eine derartige Erklärung weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form entnehmen. Anhaltspunkte für einen Verrechnungsvertrag bestehen ebenso wenig.
25 (3) Die Würdigung des FG, der Vergleich sei zur Beendigung der sowohl für den Kläger als auch für die X-Bank belastenden Prozesssituation geschlossen worden, ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung (Senatsurteil in BFHE 257, 78, BStBl II 2018, 341, Rz 19) jedenfalls möglich und in sich schlüssig; zwingend muss sie nicht sein (BFH-Urteil vom 25.08.2010 - II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 96 Rz 135 und § 118 Rz 54). In diesem Zusammenhang haben die Kläger zu Recht darauf hingewiesen, dass einem (Prozess-)Vergleich stets die Beendigung des Verfahrens und damit einer belastenden Prozesssituation innewohnt. Die Würdigung des FG verstößt weder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze noch gegen die anerkannten Auslegungsregeln. Insbesondere den vom FA behaupteten Widerspruch zwischen der Annahme einer fehlenden Einzelregelung von Schadensersatzansprüchen und der umfassenden Abgeltungsklausel vermag der Senat nicht zu erkennen. Der BFH ist daher an die zu den tatsächlichen Feststellungen gehörende Gesamtwürdigung des FG gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
26 2. Soweit sich das FA auf eine Minderung der Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) der Eigentumswohnung (und damit auf eine Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage, § 7 Abs. 4 EStG) beruft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine derartige Minderung --wie das FA im Veranlagungsverfahren zutreffend erkannt hat-- nur die Veranlagungszeiträume ab 2013, nicht aber das Streitjahr betreffen würde. Zudem hat das FG aus seinen tatsächlichen Feststellungen --für den BFH bindend-- geschlussfolgert, es könne gerade nicht festgestellt werden, dass die X-Bank mit dem Verzicht auf die weitere Geltendmachung von Forderungen Schadensersatz (für einen überteuerten Kaufpreis, für Zinsen auf die infolge des überteuerten Kaufpreises zu hohen Darlehen oder für nicht erzielbare zugesicherte Einnahmen) habe leisten wollen (s.o.). Damit geht einher, dass das FG keine Feststellungen zum Bestehen eines hinreichend wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der Verzichtsleistung der Bank und dem Anschaffungsvorgang --im Sinne einer Rückführung von Anschaffungskosten auf die Eigentumswohnung-- hat treffen können (zur maßgebenden Differenzierung zwischen Anschaffungspreisminderungen und Schadensersatzleistungen aufgrund eines rechtlich und wirtschaftlich eigenständigen Rechtsgrunds s. Senatsurteil vom 04.10.2016 - IX R 8/15, BFHE 255, 436, BStBl II 2017, 316, Rz 17; vgl. auch BFH-Urteil vom 26.03.1992 - IV R 74/90, BFHE 169, 123, BStBl II 1993, 96). Unter Zugrundelegung dieses Sachverhaltes kann unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt von einer Minderung der Anschaffungskosten im Wege des Schadensersatzes ausgegangen werden.
27 3. Entgegen der Ansicht des FA hat der Vergleich zwischen dem Kläger und der X-Bank auch nicht zu Einkünften des Klägers nach § 22 Nr. 3 EStG geführt. Der Senat kann die erforderliche rechtliche Würdigung selbst vornehmen, da das FG alle dafür maßgebenden Umstände festgestellt hat.
28 a) Einkünfte aus Leistungen gehören nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG zu den sonstigen Einkünften, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften i.S. der § 22 Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände.
29 aa) Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst (ständige Rechtsprechung; vgl. nur Senatsurteile vom 13.03.2018 - IX R 18/17, BFHE 261, 264, BStBl II 2018, 531, Rz 12, und vom 02.07.2018 - IX R 31/16, BFHE 262, 102, BStBl II 2018, 759, Rz 24).
30 Ein synallagmatisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Sinne eines wechselseitigen Austauschvertrages ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, ob die Gegenleistung durch das Verhalten des Steuerpflichtigen (Leistung) wirtschaftlich veranlasst ist. Insofern ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige bei Erbringung seiner Leistung eine Gegenleistung schon erwarten müsste. Ausreichend ist vielmehr, dass er eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Verhalten gewährte Gegenleistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er sein Verhalten der erwerbswirtschaftlichen und damit auch steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu (zum Ganzen: Senatsurteil vom 24.04.2012 - IX R 6/10, BFHE 237, 197, BStBl II 2012, 581: "Big Brother"; zuletzt Senatsurteil in BFHE 261, 264, BStBl II 2018, 531, Rz 13).
31 Im Hinblick auf die wirtschaftliche Veranlassung der Gegenleistung durch die Leistung ist in erster Linie auf die (objektivierte) Perspektive des Leistenden abzustellen. Grundsätzlich unerheblich ist dagegen die private Motivation im konkreten Einzelfall. Es kommt folglich nicht darauf an, aus welchen Gründen der Vertrag tatsächlich zustande gekommen ist und ohne welche Inhalte er mutmaßlich nicht zustande gekommen wäre (conditio sine qua non). Erforderlich ist eine objektivierende, wertende Betrachtung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung, wonach die Leistung die Gegenleistung "ausgelöst" haben muss (zuletzt Senatsurteil in BFHE 261, 264, BStBl II 2018, 531, Rz 14).
32 bb) Bei der Verpflichtung zu einem Rechtsverzicht handelt es sich um eine eigenständige Leistung, die mangels Eingreifens anderer Einkünftetatbestände nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar sein kann, wenn ihr eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt und damit als Gegenleistung ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen abgegolten wird. Indes führt nicht jede Einnahme, die durch einen Rechtsverzicht ausgelöst wird, auch zu Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Denn die Norm erfasst, ergänzend zu den übrigen Einkunftsarten, das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit und setzt wie diese die allgemeinen Merkmale des Erzielens von Einkünften nach § 2 EStG voraus (vgl. nur Senatsurteil vom 06.09.2016 - IX R 44/14, BFHE 255, 148, BStBl II 2018, 323, Rz 38, m.w.N.).
33 Danach hat der Senat im Fall einer Entschädigung im Zusammenhang mit sog. Schrottimmobilien eine sonstige Leistung abgelehnt, wenn die Entschädigung ihren Rechtsgrund nicht in der zugesagten Rücknahme einer Schadensersatzklage oder in dem Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche hat, sondern in der Tatsache, dass der Steuerpflichtige Schadensersatz erhalten sollte. Diese Situation ist nicht mit dem Fall eines sog. "Berufsklägers" (vgl. FG Köln, Urteil vom 11.06.2015 - 13 K 3023/13, Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1540, rechtskräftig: gesellschaftsrechtliche Anfechtungsklage eines "räuberischen Aktionärs") vergleichbar, welcher gezielt und mit Einkunftserzielungsabsicht Klage mit dem Zweck erhebt, sich diese später durch eine finanzielle Gegenleistung "abkaufen" zu lassen (Urteil in BFHE 255, 148, BStBl II 2018, 323, Rz 39, m.w.N.).
34 b) In Anwendung dieser Grundsätze hat die Vergleichsvereinbarung zwischen dem Kläger und der X-Bank --entgegen der Ansicht des FA-- keine Einkünfte des Klägers aus Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 EStG begründet.
35 aa) Es fehlt bereits an einer konkreten Leistung des Klägers. Das FG hat nicht festgestellt, dass der Teilverzicht der X-Bank als Gegenleistung für die Rücknahme der Zivilklage oder den Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche durch den Kläger erfolgt ist. Vielmehr hat es --in vertretbarer Weise-- geschlussfolgert, der Vergleich sei "zur Beendigung der sowohl für den Kläger als auch für die Bank belastenden Prozesssituation" geschlossen worden. Ein konkretes Tun, Dulden oder Unterlassen des Klägers, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann, ist damit nicht verbunden.
36 bb) Des Weiteren kann der Teilverzicht der X-Bank nicht als Ergebnis einer Erwerbstätigkeit des Klägers angesehen werden; denn er ist nicht im Sinne eines leistungsbezogenen Entgelts durch das Verhalten des Klägers wirtschaftlich veranlasst. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, dass der Kläger den Vergleich (und die damit einhergehende Beendigung der Prozesssituation) "um der Gegenleistung willen" abgeschlossen hat; seine Tätigkeit war demnach nicht auf Erwerb gerichtet. Entgegen der Ansicht des FA ist es insofern ohne Bedeutung, dass das FG im Streitfall nicht feststellen konnte, dass die X-Bank mit dem Verzicht auf die weitere Geltendmachung der Darlehen Schadensersatzansprüche des Klägers im Wege der Verrechnung abgelten wollte. Aus dem Umstand, dass die X-Bank eine Schadensersatzverpflichtung nicht anerkannt hat, kann nicht gefolgert werden, der Kläger habe die Klage gezielt (und mit Einkunftserzielungsabsicht) zu dem Zweck erhoben, sich diese später durch eine finanzielle Gegenleistung "abkaufen" zu lassen. Dem steht schon entgegen, dass der Kläger mit der Vollstreckungsgegenklage (und der einredeweisen Erhebung von Schadensersatzansprüchen) in erster Linie auf die von der X-Bank in die Wege geleiteten Zwangsversteigerung seiner Eigentumswohnung reagiert hat. Der Streitfall ist mithin mit dem Fall eines sog. Berufsklägers nicht vergleichbar.
37 cc) Hinzu kommt, dass der Teilverzicht der X-Bank, der nach Ansicht des FA als Gegenleistung für die Tätigkeit des Klägers anzusehen sein soll, keiner bestimmten --in einem Austauschverhältnis stehenden-- Leistung des Klägers zugeordnet werden kann. Vielmehr ist die Vergleichsvereinbarung zwischen dem Kläger und der X-Bank dadurch gekennzeichnet, dass auf beiden Seiten ein Bündel verschiedener Rechte und Pflichten besteht, das einen pauschalen Interessenausgleich herbeiführen soll (zum Merkmal der Gegenseitigkeit bei pauschalen Entschädigungszahlungen vgl. Senatsurteil vom 31.01.2017 - IX R 10/16, BFHE 256, 250, BStBl II 2018, 571, Rz 26: Entschädigungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter). Wieso der Teilverzicht aus diesem Bündel herausgelöst und einzelnen Leistungen des Klägers (z.B. Klagerücknahme, Stillschweigensvereinbarung) zugeordnet werden können soll, erschließt sich nicht.
38 dd) Zudem hat der Senat bereits entschieden, dass die Annahme der Leistung der Gegenseite nicht ausreicht, um den fehlenden besteuerungsrelevanten Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen, wenn der "Leistende" nicht die Möglichkeit hat, durch seine Leistung das Entstehen des Anspruchs auf die (Gegen-)Leistung des Vertragspartners positiv zu beeinflussen (Urteil in BFHE 261, 264, BStBl II 2018, 531, Rz 18: "Break Fee"). Eine derartige Steuerungsmöglichkeit bestand auch im Streitfall nicht. Vielmehr diente der Vergleich einer "Gesamtbereinigung" des Zivilrechtsstreits. Die in diesem Zusammenhang vom Kläger zu beachtenden "Nebenpflichten" (z.B. Rücknahme der Vollstreckungsabwehrklage, Stillschweigensvereinbarung) sind dabei eher technischer Natur; eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung kommt ihnen nicht zu.
39 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.