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Steuerrecht
25.08.2017
Steuerrecht
FG Köln : Windkraftanlage als inländische Betriebsstätte

FG Köln, Gerichtsbescheid vom 14.3.2017 – 2 K 920/14

ECLI:DE:FGK:2017:0314.2K920.14.00

Volltext: BB-Online BBL2017-2006-5

unter www.betriebs-berater.de

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist unter anderem streitig, ob die Klägerin eine im Ausland ansässige Unternehmerin ist.

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft ausländischen Rechts. Sie ist im Bereich der Elektrizitätserzeugung tätig. Sie betreibt ... in Deutschland eine Windenergieanlage und veräußert den hierbei erzeugten Strom.

Am 21. September 2011 stellte die Klägerin beim Beklagten über das ausländische elektronische Portal einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern im Rahmen des besonderen Verfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV für den Vergütungszeitraum 1-12/2010 i.H.v. 8.205,13 €. In dem Antrag war die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer 1 angegeben. Zu den eingereichten Rechnungen gehörten u.a. Rechnungen über Wartungsarbeiten.

Mit Bescheid vom 19. Juli 2012 setzte der Beklagte die Vorsteuervergütung i.H.v. 7.001,02 € fest und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass in den hiervon betroffenen Rechnungen die Umsatzsteuer zu Unrecht ausgewiesen worden sei, da die betreffenden Leistungen in Deutschland nicht steuerbar und steuerpflichtig seien, weil sich der Ort der sonstigen Leistung gemäß § 3a Abs. 2 UStG an dem Ort befinde, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibe, folglich nicht in Deutschland. In dem Bescheid war als Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben: 1.

Hiergegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. In ihrer Einspruchsbegründung vom 1. September 2012 trug die Klägerin u.a. vor, dass ihre im Antrag angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer lediglich am 1. Januar 2010 gültig gewesen sei, so dass die Rechnungsaussteller die Umsatzsteuer zu Recht ausgewiesen hätten. Sodann wies der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 20. März 2013 darauf hin, dass die Umsatzsteuer vor diesem Hintergrund mangels Unternehmereigenschaft der Klägerin zu verweigern sei. Der Beklagte wies außerdem darauf hin, dass er bei Aufrechterhaltung des Einspruchs den Vorsteuervergütungsbescheid zu Lasten der Klägerin ändern werde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. März 2014 setzte der Beklagte die Vorsteuervergütung auf 0,00 € herab.

Zur Begründung ihrer hiergegen fristgemäß erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass sie Unternehmerin sei und auch im Einspruchsverfahren nichts Anderes vorgetragen habe. Ihre Unternehmereigenschaft ergebe sich daraus, dass sie in Deutschland über Windenergieanlagen Elektroenergie erzeuge.

Ungeachtet dessen habe sie in Erfahrung bringen können, dass ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer 2 laute. Zum Beleg dessen hat sie Ausdrucke der positiven elektronischen Abfragen bei dem Beklagten sowohl vor der Klageerhebung (am 5. März 2014) als auch danach (am 5. April 2014) eingereicht. Hierauf wird Bezug genommen (Bl. 49 der Verwaltungsakte des Beklagten und Bl. 31 der FG-Akte).

In den vom Beklagten beanstandeten Rechnungen sei die Vorsteuer nicht zu Unrecht ausgewiesen worden. Sie habe den Leistungserbringern gegenüber keine wirksame Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet und diesen auch keine Bestätigung der ausländischen Steuerbehörden bezüglich ihrer Unternehmereigenschaft vorgelegt.

Im Übrigen werde auf das Urteil des FG Münster vom 5. September 2013 (5 K 1768/10 U) Bezug genommen, wonach Windräder als ortsfeste Einrichtungen auch dann eine Zweigniederlassung im Sinne von § 13 Abs. 4 Satz 1 UStG a.F., also im Jahr 2010 eine Betriebsstätte im Sinne von § 13b Abs. 7 UStG, begründen würden, auch wenn bei den Windkraftanlagen kein eigenes Personal tätig sei. Da die streitigen Rechnungen die Stromerzeugung durch die Windkraftanlagen betroffen hätten, wären die entsprechenden Leistungen für die Betriebsstätte damit in Deutschland erbracht worden. Dann wäre der Ausweis der Umsatzsteuer auf jeden Fall zutreffend gewesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3. März 2014 die Vorsteuervergütung für den Zeitraum 1-12/2010 i.H.v. 8.205,13 € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Klägerin ihre Antragsberechtigung nicht nachgewiesen habe. Zwar habe die Klägerin im Laufe des Verfahrens mit Schreiben vom 5. März 2014 die Kopie einer Bestätigungsabfrage vom 5. März 2014 übersandt, wonach ihre ausländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer – abweichend von der im Antrag angegebene Nummer – 2 laute. Gemäß eines Auszuges aus dem ausländischen „...register“ sei diese Nummer mit Wirkung zum 1. Januar 1998 vergeben worden. Dies beweise aber nicht, dass die Nummer auch zum Zeitpunkt der Antragstellung am 21. September 2011 und für den Zeitraum, für den die Vergütung beantragt worden sei (01-12/2010) gültig gewesen sei. Denn durchaus denkbar seien Fälle, in denen die unternehmerische Tätigkeit vorübergehend nicht ausgeübt werde.

Im Hinblick auf die von der Klägerin zitierte Entscheidung des FG Münster vom 5. September 2013 (5 K 1768/10 U) sei zu beachten, dass sich der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin hiernach im Inland befinde. Folglich würde es sich bei ihr nicht um ein ausländisches Unternehmen im Sinne des § 13b UStG handeln.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

Die Einspruchsentscheidung vom 3. März 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die begehrte Vorsteuervergütung ist zu versagen, da die Klägerin im Inland eine Betriebsstätte unterhielt und folglich kein ausländischer Unternehmer war.

I.          Gemäß § 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV in der im Streitjahr gültigen Fassung ist der Vergütungsantrag eines im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers binnen neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Dabei setzt der Vorsteuervergütungsanspruch gemäß § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG voraus, dass der antragstellende Unternehmer im Ausland ansässig ist. Dieses in § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG normierte Erfordernis basiert auf der Elften Richtlinie (2008/9/EG vom 12. Februar 2008). Ungeachtet der Frage der Unternehmereigenschaft als solcher, erfüllt die Klägerin diese Voraussetzung nicht.

1.         Gemäß § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG in der im Streitjahr anwendbaren Fassung ist ein im Ausland ansässiger Unternehmer ein Unternehmer, der im Inland keinen Wohnsitz, keinen Sitz, keine Geschäftsleitung und keine Betriebsstätte hat. Der Betrieb der Windräder im Inland begründet indes eine inländische Betriebsstätte der Klägerin, die der Anwendung des besonderen Vorsteuervergütungsverfahrens gemäß § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV entgegensteht.

Eine Betriebsstätte bzw. Niederlassung erfordert einen durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildeten Mindestbestand. Erforderlich ist ein hinreichender Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht (vgl. EuGH-Urteil vom 2. Mai 2006, C-260/95, Planzer, Slg. 2007, I-5655).

2.         Die Windräder der Klägerin stellen eine solche Betriebsstätte dar. Es handelt sich hierbei um ortsfeste Einrichtungen von erheblichem Wert, die einen höchstmöglichen Grad von Beständigkeit aufweisen. Dass die Klägerin über kein eigenes Personal verfügt, welches ständig vor Ort bei den Windkraftanlagen tätig ist, steht der Annahme einer festen Niederlassung bzw. Betriebsstätte angesichts der Gesamtumstände nicht entgegen. Zwar ist grundsätzlich auch die personelle Ausstattung eines der wesentlichen Elemente einer Betriebsstätte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kriterien der personellen und der technischen Ausstattung stets im gleichen Maße erfüllt sein müssen; vielmehr kann eine gering ausgeprägte – oder in Ausnahmefällen sogar fehlende – personelle Ausstattung durch eine überdurchschnittlich stark ausgeprägte sachliche Ausstattung kompensiert werden. So verhält es sich im Streitfall. Es ist kaum ein höherer Grad an Beständigkeit einer betrieblichen Niederlassung vorstellbar als bei einem Windrad.

Daher ist bei einer ortsfesten Betriebsvorrichtung, die – wie im Streitfall – ohne Zutun von Personal Umsätze erbringt, für die Frage der Ansässigkeit nicht auf das Vorhandensein von eigenem Personal abzustellen. Ungeachtet dessen ist in einem solchen Fall jedenfalls die Beauftragung von Fremdpersonal, etwa – wie im Streitfall – für die Durchführung von Wartungsarbeiten, ausreichend.

II.         Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die Klägerin im Vergütungszeitraum Unternehmerin i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG war. Der Besitz einer gültigen Unternehmer-Steueridentifikationsnummer ist hierfür jedoch nicht maßgeblich, da es sich insoweit nicht um eine Voraussetzung der Vorsteuervergütung handelt. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Antragsteller als Unternehmer tätig war.

III.         Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV.        Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 GKG.

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