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Steuerrecht
15.03.2012
Steuerrecht
BFH: Willkür- und Schikaneverbot bei Erlass einer Prüfungsanordnung

BFH, Gerichtsbescheid vom 28.9.2011 - VIII R 8/09


Leitsätze


1. Weist der konkrete Einzelfall besondere tatsächliche Umstände auf, die darauf hindeuten, dass das FA bei Erlass einer Prüfungsanordnung sich möglicherweise von nicht zum Gegenstand der Begründung gewordenen sachfremden Erwägungen hat leiten lassen und der Zweck der Prüfung der steuerlichen Verhältnisse in den Hintergrund getreten ist, kann in dem Übergehen eines hierzu gestellten Beweisantrags der Verfahrensmangel ungenügender Sachaufklärung liegen.


2. Ein Verstoß gegen das Willkür- und Schikaneverbot ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die angeordnete Außenprüfung i. S. von § 193 Abs. 1 AO ein in irgendeiner Weise umsetzbares Ergebnis haben könnte.


3. Ein die Außenprüfung vorbereitendes Vorlage- und Auskunftsverlangen kann ein Verwaltungsakt und damit Gegenstand einer zulässigen Anfechtungsklage sein.


Sachverhalt


Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist selbständiger Rechtsanwalt. Im Streit ist die Rechtmäßigkeit einer ihm gegenüber ergangenen Prüfungsanordnung, die nach seinem Vorbringen von leitenden Beamten der Berliner Finanzverwaltung willkürlich und aus sachfremden Erwägungen veranlasst worden sein soll. Streitig ist außerdem, ob ein gleichzeitig mit der Prüfungsanordnung gestelltes schriftliches Verlangen zur Vorlage von Unterlagen und zur Erteilung von Auskünften rechtmäßig war.


Auf der Grundlage der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2001 bis 2003 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) entsprechende Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.


Im Oktober 2004 (ca. drei Monate nach Durchführung der Veranlagungen) unterbreitete der zuständige Veranlagungsplatz beim FA der Betriebsprüfungsstelle einen Prüfungsvorschlag für den Kläger. Als Gründe für die Prüfungsbedürftigkeit wurden Verluste bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 1999 bis 2003 benannt sowie die Erklärung des Klägers, er nutze die Hälfte seines Einfamilienhauses für betriebliche Zwecke. Ferner wurde unter den sonstigen Gründen "heftiger Widerstand seitens d. Stpfl. bei erstmalig angesetzter Bp (...)!!!" angeführt.


Eine Woche später teilte die Betriebsprüfungsstelle dem Veranlagungsplatz mit, dass eine Prüfung beim Kläger für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003 im Prüfungsgeschäftsplan für das Jahr 2005 vorgesehen werde.


Mit Schreiben vom 11. Januar 2005 kündigte der vorgesehene Betriebsprüfer dem Kläger die Durchführung einer Außenprüfung an und teilte ihm das Datum des beabsichtigten Prüfungsbeginns mit. Die ebenfalls angekündigte Prüfungsanordnung für die Jahre 2001 bis 2003 erging ohne weitere Begründung unter Bezugnahme auf § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) am 8. März 2005. Unter demselben Datum forderte der Betriebsprüfer den Kläger in einem Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung auf, verschiedene Unterlagen zur Prüfung vorzulegen und bestimmte tatsächliche Angaben zu machen. Ergänzend wies der Prüfer unter anderem auf § 162 Abs. 1 und 2 AO hin.


Der Kläger legte gegen die Prüfungsanordnung wie auch das Vorlage- und Auskunftsverlangen Einspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, die Durchführung einer Außenprüfung sei unverhältnismäßig. Es sei allenfalls mit einem geringfügigen Mehrergebnis zu rechnen. Die Vorlage der angeforderten Unterlagen und die geforderten Angaben seien nicht erforderlich; seine steuerlichen Verhältnisse seien seit Jahren unverändert und bekannt. Die Gründe für die Anordnung einer Außenprüfung seien nur vorgeschoben. Er, der Kläger, vertrete seit Jahren einen Beamten der Finanzverwaltung (X).wegen behördeninternen Mobbings; die Prüfung sei nur aufgrund der bestehenden Differenzen zwischen diesem Mandanten und der Finanzverwaltung angeordnet worden.


Nachdem eine auf entsprechende Vorwürfe gegründete Petition des Klägers an den Petitionsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses erfolglos geblieben war, wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.


Mit der dagegen erhobenen Klage machte der Kläger im Wesentlichen die Ermessenswidrigkeit der Prüfungsanordnung wegen eines Verstoßes gegen das Willkür- und Schikaneverbot geltend. Der den Kläger betreffende Prüfungsvorschlag vom 19. Oktober 2004 sei ohne nachvollziehbaren sachlichen Grund erfolgt und habe im engen zeitlichen Zusammenhang mit massiven Repressalien (Zwangsversetzung und ungerechtfertigter Verweis) gegen seinen Mandanten X im September 2004 gestanden. Die Anordnung der Betriebsprüfung habe zudem in einem zeitlichen Zusammenhang mit zwei vom Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses für berechtigt erachteten Petitionen gestanden, die zwei weitere vom Kläger vertretene Angehörige des Finanzamts ... wegen Mobbingvorwürfen gegen den (damaligen) Vorsteher jenes Finanzamts eingereicht hätten. Zeitlich parallel zu diesen Vorgängen hätten leitende Beamte der Senatsverwaltung "Tiefenprüfungen" bei zwei Angehörigen des Petitionsausschusses veranlasst. Auch der Vorsitzende des Ausschusses sei offenbar geprüft worden und habe in einer Ausschusssitzung geäußert, dass es bereits statistisch kein Zufall sein könne, dass ausgerechnet die beiden mit den Petitionen befassten Abgeordneten, der Rechtsanwalt der drei Petenten und der Ausschussvorsitzende zeitgleich steuerlichen Überprüfungen unterzogen worden seien.


Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Klage gegen das Vorlageverlangen sei unzulässig, weil es sich bei dem Schreiben vom 8. März 2005 nicht um einen Verwaltungsakt handele, sondern um eine vorbereitende Maßnahme zur Ermittlung des Sachverhalts im Rahmen einer Außenprüfung. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil die Prüfungsanordnung rechtmäßig sei.


Die Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO sei ermessensfehlerfrei ergangen. Bei freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen wie dem Kläger sei eine Außenprüfung ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Das Ziel der Ermessensausübung der Finanzbehörde sei es, die vollständige und richtige Besteuerung sowie die zutreffende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Einzelfall zu sichern. Deshalb spreche regelmäßig eine Vermutung dafür, dass die Heranziehung eines der in § 193 Abs. 1 AO genannten Steuerpflichtigen zu einer Außenprüfung nicht ermessensmissbräuchlich sei.


Anhaltspunkte für einen Ermessensmissbrauch im Sinne eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen das Willkür- und Schikaneverbot lägen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Es habe deshalb nicht der Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen bedurft, insbesondere nicht zu der Frage, ob der zuständige Sachbearbeiter des Veranlagungsplatzes aufgrund einer Weisung "von oben" gehandelt habe.


Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und insbesondere von Verfahrensrecht.


Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege darin, dass das FG auf das zentrale Klagevorbringen zum Verstoß gegen das Willkür- und Schikaneverbot nicht eingegangen sei und die dazu gestellten und schriftlich bei Gericht eingereichten Beweisanträge auf Zeugenvernehmung übergangen habe.


Zur Vertiefung seines Vortrags hat der Kläger im Revisionsverfahren unter anderem eine chronologische Auflistung eingereicht (Bl. 6 f. der Anlagen zum Schriftsatz vom 19. Mai 2009), die die zeitlichen Zusammenhänge zwischen Untersuchungen der Abgeordneten A, B und C im Petitionsausschuss und repressiven Maßnahmen der Senatsverwaltung für Finanzen gegen die Abgeordneten, den Kläger und die von ihm vertretenen Petenten belegen soll. So heißt es dort unter dem Datum des 21. Januar 2004: "Am Vorabend eines mit den Abgeordneten B und C vereinbarten Besprechungstermins lässt der Vorsteher ... des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen das Dienstzimmer des Petenten X zwangsräumen. Am selben Tag lässt der damalige Finanzpräsident ... (Freund des Vorstehers ...) die Dienstaufsichtsbeschwerde in der Steuersache des Abgeordneten B zurückweisen."


Unter dem Datum 9. Februar 2004 ist die "Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung des Petenten X mit dem Ziel der Zwangspensionierung (§ 77 LBG)" und "Beginn der Betriebsprüfung bei der Firma (...-GmbH) des Abgeordneten A" aufgeführt. Am Tag der Entscheidung des Petitionsausschusses, den damaligen Finanzpräsidenten zu vernehmen, ist danach die steuerliche Prüfung des Klägers vorgeschlagen worden.


Der Kläger beantragt, das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 27.. Juni 2007 8 K 10097/06 B sowie die Prüfungsanordnung und das Vorlageverlangen (Anforderung von Unterlagen) des FA vom 8. März 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2006 aufzuheben, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des FG Berlin-Brandenburg zurückzuverweisen. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.


Es folgt im Wesentlichen der Vorentscheidung.


Aus den Gründen


II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die vom Kläger beantragte Beweisaufnahme zum Zustandekommen der strittigen Prüfungsanordnung durchzuführen. Seine Feststellungen reichen im Übrigen nicht aus, um über die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung und des Vorlageverlangens zu entscheiden.


1. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung erfordert weitere tatsächliche Feststellungen.


a) Ob und in welchem Umfang eine Außenprüfung bei einem Steuerpflichtigen angeordnet wird, ist eine Ermessensentscheidung (Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 196 Rz 3), die in den Anwendungsbereich des § 102 FGO fällt (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 102 Rz 12, m.w.N.). Dabei prüft das Gericht, ob die gesetzlichen Grenzen der Ermessensvorschrift eingehalten wurden und ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen unter Beachtung des Gesetzeszwecks fehlerfrei ausgeübt hat (vgl. Gräber/von Groll, a.a.O., § 102 Rz 2, m.w.N.).


b) Im Streitfall hat das FA die äußeren Grenzen des Ermessens nicht überschritten. Nach § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung unter anderem zulässig bei Steuerpflichtigen, die --wie der Kläger-- freiberuflich tätig sind. Weitere Anforderungen enthält die Norm nicht; es handelt sich um eine tatbestandlich voraussetzungslose Prüfungsermächtigung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 193 Rz 15, m.w.N.).


c) Die Prüfungsanordnung wäre auch nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich --wie der Kläger behauptet-- bei einer Prüfung ein allenfalls nur geringfügiges steuerliches Mehrergebnis ergäbe. Eine Prüfungsanordnung bedarf zu ihrer Begründung grundsätzlich nicht der voraussichtlichen Erzielung eines steuerlichen Mehrergebnisses, weil sie auch die Verifikation der Angaben des Steuerpflichtigen bezweckt (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 193 AO Rz 33 ff.).


d) Der Rechtsmäßigkeit der Prüfungsanordnung steht auch nicht der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen. Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (ständige Rechtsprechung und nahezu einhellige Auffassung, s. zuletzt Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-vom 23. September 2009 XI R 56/07, BFH/NV 2010, 12; vom 22. Mai 2001 VII R 79/00, BFH/NV 2001, 1369; vom 28. Juni 2000 X R 24/95, BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514; vom 20. Dezember 2000 II R 74/99, BFH/NV - 2001, 1027., m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 27. September 2010 II B 164/09, BFH/NV 2011, 193; vom 4. Juni 2008 I R 9/07, BFH/NV 2008, 1647; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 102 Rz 60 ff.; Gräber/von Groll, a.a.O., § 102 Rz 13, m. w. N.). Im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung (Januar 2006) war indes im Streitfall die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer der vorgesehenen Prüfungsjahre 2001 bis 2003 nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO jedenfalls noch nicht abgelaufen. Auf die Frage, ob die Festsetzungsfrist in der Folgezeit wegen des --zwischen den Beteiligten streitigen-- Beginns einer Außenprüfung gemäß § 171 Abs. 4 AO in ihrem Ablauf gehemmt war, kommt es somit nicht an.


Hiervon abgesehen ist eine Außenprüfung grundsätzlich auch dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie sich auf Zeiträume erstreckt, für die Steuerfestsetzungen möglicherweise wegen Verjährung nicht mehr durchgeführt werden können (s. BFH-Urteil vom.2. September 2008 X R 9/08, BFH/NV 2009, 3, m.w.N.).


e) Hingegen hat es das FG zu Unrecht dahingestellt sein lassen, ob der Vortrag des Klägers, der Prüfungsanordnung lägen außersteuerliche Gesichtspunkte zu Grunde, zutreffend ist. Die Außenprüfung dient der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (§ 194 Abs. 1 AO). Sie bezweckt nach § 2 Abs. 1 der Betriebsprüfungsordnung vom 15. März 2000 --BpO-- (BStBl I 2000, 368) "die Ermittlung und Beurteilung der steuerlich bedeutsamen Sachverhalte, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen (§§ 85, 199 Abs. 1 AO). Bei der Anordnung und Durchführung von Prüfungsmaßnahmen sind im Rahmen der Ermessensausübung die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit der Mittel und des geringstmöglichen Eingriffs zu beachten". Aus dem Gesetz wie auch aus der BpO als allgemeiner --die Behörden bindende und von den Gerichten zu beachtende Verwaltungsrichtlinie ist damit zu entnehmen, dass die Entscheidung, eine Außenprüfung vorzunehmen, sich nur von der für geboten erachteten Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse leiten lassen darf. Daraus folgt, dass das Auswahlermessen des Finanzamts bei Anordnung einer Außenprüfung jedenfalls seine Grenze im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und im Willkür- und Schikaneverbot findet (s. etwa BFH-Urteil vom 29. Oktober 1992 IV R 47/91, BFH/NV 1993, 149).


Im Streitfall ist die Behauptung des Klägers, das FA habe bei Erlass der Prüfungsanordnung gegen das Willkür- und Schikaneverbot verstoßen, nach seinen umfänglichen, konkretisierten Ausführungen zu tatsächlichen Besonderheiten nicht von der Hand zu weisen.


Das FG hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, weil es davon ausgegangen ist, dass "im Hinblick auf den weiten Anwendungsbereich des § 193 Abs. 1 AO eine Außenprüfung --wenn überhaupt-- das Willkürverbot erst dann (verletzt), wenn sicher feststeht, dass das Ergebnis einer Außenprüfung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt umgesetzt werden kann". Diese Auffassung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Auch wenn eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO grundsätzlich ohne weitere Begründung ermessensfehlerfrei angeordnet werden kann (s. BFH-Beschluss vom 30. Juni 2005 IV B 131/03, BFH/NV 2005, 1966, m.w.N.), kann die Anordnung nach dem zuvor Gesagten im Einzelfall gleichwohl ermessensfehlerhaft sein, wenn sich nämlich das FA maßgeblich von sachfremden Erwägungen leiten lässt und der Zweck der Prüfung der steuerlichen Verhältnisse in den Hintergrund tritt.


Deshalb kommt es im Streitfall entscheidungserheblich auf die Frage an, ob das FA die Außenprüfung beim Kläger aus sachfremden Erwägungen angeordnet hat. Das FG hätte den Sachverhalt in diesem Punkt weiter aufklären müssen (§ 76 Abs. 1 FGO); es hätte die in der, mündlichen Verhandlung unter Verweis auf den Schriftsatz vom 26. Juni 2007 gestellten Beweisanträge nicht insgesamt übergehen dürfen, weil zumindest die Durchführung gdes unter 2. des Schriftsatzes beantragten Beweiserhebung (Vernehmung des Vorstehers) zu entscheidungserheblichen Erkenntnissen führen könnte.


f) Auf diesem Verfahrensfehler kann die Vorentscheidung beruhen. Sie ist daher aufzuheben.


aa) Die Sache ist zur Nachholung der unterbliebenen Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.


Der Grund für die beantragte Verweisung an einen anderen Senat des FG (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 126 Rz 15, m.w.N.) ist obsolet geworden. Aufgrund der Änderungen in dem --im Internet zugänglichen-- Geschäftsverteilungsplan des FG nach dem Stand vom 24. August 2011 ist für Klagen gegen das FA grundsätzlich der 14. Senat des FG zuständig.


bb) Bei der im zweiten Rechtsgang nachzuholenden Sachaufklärung wird das FG zunächst zu prüfen haben, ob auch die im Übrigen angeführten Zeugen --jeder für sich-- nach Funktion und vom Kläger jeweils benannten Beweisthema grundsätzlich in der Lage sein könnten, Entscheidungserhebliches zu bekunden. Der Senat weist zudem darauf hin, dass es für die Entscheidung des Streitfalls von Bedeutung sein kann, nach welchen Kriterien das beklagte FA im Übrigen im fraglichen Zeitraum seinen Prüfungsplan erstellt hat und wie sich dies insbesondere in Bezug auf die Angehörigen der freien Berufe verhielt, ferner, wie der zeitliche Ablauf von Vorschlag zur Außenprüfung, Aufnahme in den Prüfungsplan und (beabsichtigtem) Prüfungsbeginn regelmäßig gestaltet war.


2. Das FG hat ferner dem Vorlage- und Auskunftsverlangen des FA vom 8. März 2005 zu Unrecht die Eigenschaft als Verwaltungsakt (§ 118 AO) abgesprochen. Zwar ist im Umfeld von Außenprüfungen die Grenze zwischen reinen Hilfs- und Vorbereitungsmaßnahmen ohne Regelungscharakter und Verwaltungsakten nicht immer eindeutig. Im Streitfall zeigt aber die mit einer Androhung von Zwangsmitteln verbundene Wiederholung der Aufforderung zu einem späteren Zeitpunkt gerade, dass es sich um ein erzwingbares (Auskunfts-)Verlangen (s. Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 118 Rz 10) und damit um einen den Fortgang des Verwaltungsverfahrens regelnden Verwaltungsakt i.S. von § 118 AO handelte.


Das FG hätte die Klage in diesem Punkt deshalb nicht als unzulässig abweisen dürfen. Auch insoweit ist das Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Da das Verlangen des FA im sachlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Prüfung stand, ist seine Rechtmäßigkeit in erster Linie am Maßstab der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung zu beurteilen. Demgegenüber ist die Frage nachrangig --und nur bei rechtmäßiger Prüfungsanordnung zu beantworten--, ob das Verlangen in seinen einzelnen Punkten unverhältnismäßig oder unzumutbar war, wie der Kläger meint.


3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143


Abs. 2 FGO.



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