FG Rheinland-Pfalz: Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, allerdings ohne Kostenübernahme für ein Alten- oder Pflegeheim
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.7.2019 – 5 K 2332/17
ECLI: ECLI:DE:FGRLP:2019:0730.5K2332.17.00
Volltext BB-Online BBL2019-2325-4
Leitsatz
Der Ausschluss der Anpassung der geschuldeten Zahlungshöhe aus einem Hofübergabevertrag für den Fall des Auszugs der Übergeber aus ihrer bisherigen Wohnung gleich aus welchem Grund stellt eine so wesentliche Einschränkung der Anpassungsmöglichkeit nach § 323 ZPO dar, dass in den von dem Übernehmer geleisteten Zahlungen eine Leibrente und keine dauernde Last vorliegt und ein Sonderausgabenabzug entsprechend nur begrenzt auf den Ertragsanteil möglich ist(Rn.32) (Rn.34).
Normen: § 10 Abs 1 Nr 1a EStG 2002, § 323 ZPO, EStG VZ 2007
Sachverhalt
Streitig ist, ob der Kläger Barzahlungen, zu denen er sich im Zusammenhang mit der Übernahme des elterlichen landwirtschaftlichen Betriebes verpflichtet hat, in voller Höhe als dauernde Last oder nur mit dem Ertragsanteil als Rente nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a) Einkommensteuergesetz in der Fassung vom 13. Dezember 2006 (im Folgenden: EStG) als Sonderausgaben abziehen kann.
Die Kläger sind im Streitjahr 2007 zusammen veranlagte Eheleute. Mit notariellem Hofübergabevertrag vom 16. Dezember 1998 übernahm der Kläger zum 31. Dezember 1998 den elterlichen Weinbaubetrieb, aus dem er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, von S, geboren 1935 und E, geboren 1936 (siehe Bl.1 ff. Vertragsakte).
Unter Ziffer V. Nr. 7 des Vertrages verpflichtete der Kläger sich und seine Rechtsnachfolger, seinen Eltern, den Übereignern, beginnend ab dem 1. Januar 1999 einen Beitrag zu deren Lebensunterhalt in Höhe von 6.000,- DM (3.067,75 €) monatlich (jährlich 72.000,- DM = 36.813,- €) als „dauernde Last“ zu zahlen. Die Verpflichtung besteht bis zum Ableben des Längstlebenden der Übereigner. Wörtlich heißt es in der vertraglichen Regelung weiter:
„ […]
§ 323 ZPO ist auf die wiederkehrenden Barleistungen mit materiell-rechtlicher Wirkung sinngemäß anwendbar, so daß insbesondere Veränderungen im Unterhaltsbedarf des Berechtigten und/oder in der Leistungskraft des Verpflichteten die Höhe der Zahlungspflicht beeinflussen können.
Verlassen die Berechtigten, also die Übereigner (oder auch der Längstlebende von ihnen allein), jedoch ihre derzeitige Wohnung, gleich aus welchem Grund (z.B. Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim), so führt ein hierdurch verursachter Mehrbedarf in ihrer Person jedoch zu keiner Anpassung der dauernden Last.
[...]“
Zur Wertbeständigkeit der Versorgungsleistungen vereinbarten die Parteien eine Wertsicherungsklausel bezogen auf den Verbraucherpreisindex. Auch auf diese erstreckten sie § 323 Zivilprozessordnung (ZPO). Die wiederkehrenden Barleistungen sollen deshalb als dauernde Last zu behandeln sein.
In Ziffer V. Nr. 8 vereinbarten die Parteien:
„Auf die Aufnahme einer Pflegeverpflichtung in die heutige Urkunde durch den Erwerber zu Gunsten seiner Eltern, den heutigen Übereignern, wird hiermit ausdrücklich verzichtet.“
Unter Ziffer III., Seite 9 des Vertrages heißt es: „Im Hinblick auf die nachstehend vereinbarte monatliche Rente...“.
Die Reallast sollte gemäß der vertraglichen Vereinbarung auch in Höhe von 72.000,- DM jährlich einschließlich der vereinbarten Wertsicherungsklausel im Grundbuch eingetragen werden (Ziffer VI. Nr. 3).
Unter dem 29. Dezember 2011 trafen der Kläger und seine Eltern einfachvertraglich die folgende ergänzende Regelung: Der Vertrag vom 16. Dezember 1998 soll in Ziffer V. Nr. 7 dahingehend ergänzt werden, dass anschließend an „so führt ein hierdurch verursachter Mehrbedarf in ihrer Person jedoch zu keiner Anpassung der dauernden Last“ es nunmehr lautet:
„Eine Änderung der Versorgungsleistungen kann vom Versorgungsberechtigten bei einem Mehrbedarf abgeleitet werden, der sich infolge einer dauerhaften Pflegebedürftigkeit im Rahmen einer häuslichen Pflege ergibt. Dies trifft im Besonderen zu, sofern die Pflege die Einstellung einer Pflegekraft oder die Inanspruchnahme der Leistungen eines Pflegedienstes notwendig werden lassen und hierdurch Kosten entstehen, die nicht durch anderweitige Ansprüche, zum Beispiel aus der gesetzlichen Pflegeversicherung gedeckt sind. Persönliche Pflegeleistungen durch den Erwerber oder seine Rechtsnachfolger, erfolgen unentgeltlich. Bei einer auswärtigen Heimunterbringung ruht die Pflegeverpflichtung und lebt wieder auf, sobald der Berechtigte wieder in der eigenen Wohnung wohnt.“
Ziffer V. Nr. 8 entfalle komplett, da sie sich durch die Ergänzung erübrige.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 machten die Kläger die an die Eltern des Klägers erbrachten Zahlungen in Höhe von 36.813,- € bei den Sonderausgaben als dauernde Lasten geltend, die der Beklagte mit gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid vom 18. September 2009 zunächst wie erklärt berücksichtigte.
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Einkommensteuerbescheid vom 29. November 2011 beschränkte der Beklagte den Abzug der Zahlungen auf den Ertragsanteil (20 %) und berücksichtigte nur noch einen Betrag von 7.363,- € als Sonderausgaben.
Gegen den geänderten Bescheid legten die Kläger am 23. Dezember 2011 Einspruch ein. Es handele sich bei den Zahlungen um eine dauernde Last, nicht um eine Rente. Die vertragliche Regelung lege fest, dass § 323 ZPO auf die wiederkehrende Belastung anwendbar sei. Veränderungen im Unterhaltsbedarf oder in der Leistungskraft des Zahlungspflichtigen könnten daher die Höhe der Zahlungspflicht beeinflussen. Es sei lediglich für den Fall des Auszugs aus der Wohnung die Anpassung an einen daraus möglicherweise entstehenden Mehrbedarf ausgeschlossen. Ein Mehraufwand bei häuslicher Pflege sei ihrer Ansicht nach von dem Ausschluss nicht erfasst. Durch Ziffer V. Nr. 8 sei lediglich die höchstpersönliche Vornahme der Pflegeleistungen durch ihn, den Kläger, ausgeschlossen.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 21. März 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Im Wesentlich führte der Beklagte aus, es handele sich um eine Leibrente, denn mit dem Ausschluss der Pflegeverpflichtung für die Eltern seien sämtliche pflegebedingten Aufwendungen nicht von dem Kläger als Versorgungsverpflichtetem zu tragen. Dies ergebe die Auslegung der gesamten Vertragsvereinbarung. Ausschlaggebend seien die vereinbarten Abänderungsmöglichkeiten der zugesagten Versorgungsleistungen. Dabei könne nicht allein darauf abgestellt werden, dass eine Abänderungsmöglichkeit nach § 323 ZPO vereinbart worden sei. Trotz der Bezugnahme auf § 323 ZPO sei eine Leibrente anzunehmen, wenn und soweit die Abänderbarkeit der Versorgungsleistungen ausdrücklich wesentlich eingeschränkt sei, so, dass materiell-rechtlich tatsächlich nur eine Veränderung der Versorgungsleistungen aufgrund einer Wertsicherungsklausel oder in vergleichbarem Umfang vereinbart sei. Dies sei der Fall, weil eine Anpassung aufgrund wesentlich geänderter Lebensverhältnisse wie der Pflegebedürftigkeit ausgeschlossen sei.
Am 19. April 2012 haben die Kläger dagegen Klage erhoben. Die Qualifizierung der von ihm, dem Kläger, an seine Eltern erbrachten Zahlungen als Leibrente sei unzutreffend. Der Beklagte setze sich mit seiner nunmehr vorgenommenen Bewertung in Widerspruch zu der bisherigen Verwaltungspraxis, die sich nach den Vorgaben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) gerichtet habe. Dies führe zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung vergleichbarer Fälle in den verschiedenen Bundesländern. Der Beklagte sei an die Anweisungen des BMF gebunden, andernfalls verletze er den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung.
Darüber hinaus lege der Beklagte die in dem notariellen Vertrag vom 16. Dezember 1998 getroffenen Vereinbarungen unzutreffend aus. Die Abänderungsmöglichkeiten der Leistungen bei einem Mehrbedarf der Eltern infolge Pflegebedürftigkeit oder Heimunterbringung sei nicht ausgeschlossen worden. Auch sei mit dem Verzicht der Aufnahme einer Pflegeverpflichtung in Ziffer V. Nr. 8 der Urkunde nicht vereinbart worden, dass die Übergeber auf Pflege durch den Kläger verzichteten oder dass der Kläger keine pflegebedingten Aufwendungen zu tragen habe bzw. sich seine aufwandsbezogene Anpassungsmöglichkeit bei den Versorgungsleistungen auf einen unwesentlichen Umfang reduziere. Ziffer V. Nr. 8 stelle eine rechtlich völlig unverbindliche Erklärung der Vertragsparteien dahingehend dar, dass sie am Tag der Beurkundung keine verbindliche Regelung zur Ausgestaltung einer Pflegeverpflichtung hätten treffen wollen. Es sei lediglich klargestellt, dass der Kläger nicht höchstpersönlich und selbst zu einer Pflegeleistung im Bedarfsfall verpflichtet sein solle. Die Ausgestaltung einer eventuell später notwendigen Pflege habe für den Fall einer späteren Notwendigkeit den Übergebern überlassen bleiben sollen.
Dass sich die Vertragsparteien bewusst gewesen seien, dass sich der Kläger zur Kostenübernahme für die Pflege der Übergeber verpflichten solle, zeige Ziffer V. Nr. 7. Zu dem danach zu zahlenden Betrag gehörten die Kosten für eine notwendige häusliche Pflege. Vor diesem Hintergrund sei gerade die Anwendbarkeit des § 323 ZPO vereinbart worden. Die Einschränkung der Abänderbarkeit des Geldbetrages im Falle eines Mehrbedarfs der Übergeber aufgrund einer auswärtigen Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim zeige im Umkehrschluss, dass bei einem Mehrbedarf wegen häuslicher Pflege eine Erhöhung des Zahlbetrags verlangt werden könne. Dies belege auch die Erklärung des beurkundenden Notars vom 3. Februar 2012.
Im Übrigen handele es sich um eine rückwirkende verschärfende Änderung der Verwaltungsauffassung, sodass einer Änderung § 176 AO entgegenstehe. Die rückwirkende Anwendung verstoße gegen die Gleichbehandlung und den Vertrauensschutz, sie würden schlechter gestellt als Steuerpflichtige, deren Bescheide nicht mehr änderbar seien. Hilfsweise werde wegen rückwirkender Änderung der Rechtsprechung beantragt, entsprechend §§ 163, 227 AO zu verfahren.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 29. November 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 21. März 2012 dahingehend zu ändern, dass die gezahlten Versorgungsleistungen in Höhe von 36.813,- € als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a) EStG berücksichtigt werden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, im Übergabevertrag vom 16. Dezember 1998 seien konkrete Vereinbarungen zur Abänderbarkeit der wiederkehrenden Leistungen getroffen worden, die für die steuerliche Qualifizierung der streitgegenständlichen Zahlungen maßgebend seien. Letztlich sähen sie materiell-rechtlich nur eine Veränderung der Leistungen aufgrund einer Wertsicherungsklausel oder in einem entsprechend vergleichbaren Umfang vor. Die Abänderbarkeit der Versorgungsleistungen sei wesentlich eingeschränkt worden. Die Einschränkungen ergäben sich bei Heimunterbringung und bei Pflegebedürftigkeit der Übereigner, sodass wesentliche Abänderungsmöglichkeiten aufgrund veränderter Lebensbedürfnisse der Versorgungsberechtigten ausgeschlossen seien. Die Interpretation der Kläger hinsichtlich des Ausschlusses einer Pflegeverpflichtung des Klägers gehe fehl. Insgesamt ergebe sich aus dem Verzicht einer Übernahme von Pflegeleistungen für die Eltern sowie des Ausschlusses einer Anpassung der Leistungen bei Unterbringung der Übereigner (Eltern) in einem Alten- und Pflegeheim, dass sämtliche pflegebedingten Aufwendungen nicht vom Vermögensübernehmer und Versorgungsverpflichteten (dem Kläger) zu tragen seien. Im Falle eines pflegebedingten Mehrbedarfs seien die Abänderungsmöglichkeiten der Versorgungsleistungen demnach in einem solch erheblichen Umfang ausgeschlossen, dass eine Qualifikation der Leistungen als dauernde Last ausscheide.
Mit Beschluss vom 18. März 2014 war das Verfahren im Hinblick auf die zum damaligen Zeitpunkt anhängigen Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) X R 8/14 und X R 9/14 im Einverständnis mit den Beteiligten zum Ruhen gebracht worden. Nach Ergehen der Urteile vom 23. November 2016 zu X R 8/14 und vom 3. Mai 2017 zu X R 9/14 wurde das Verfahren fortgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2019 Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 29. November 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO)).
Zu Recht berücksichtigte der Beklagte die Leistungen an die Eltern des Klägers im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nur in Höhe des Ertragsanteils. Es handelte sich im Streitjahr nicht um eine dauernde Last, sondern um eine Rentenzahlung, denn die Vertragsparteien hatten eine gleichmäßige Versorgungsleistung vereinbart.
1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a) Satz 1 EStG sind Sonderausgaben die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Dauernde Lasten sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a) Satz 1 EStG in vollem Umfang abziehbar. Leibrenten können nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a) Satz 2 EStG nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG aufgeführten Tabelle ergibt.
Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet (grundlegend BFH, Beschluss vom 5. Juli 1990 - GrS 4-6/89 -, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847 sowie BFH, Urteil vom 27. August 1997 - X R 54/94 -, BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813 m.w.N.). Diese steuerrechtliche Zuordnung von Versorgungsleistungen auf Grund eines "Vermögensübergabevertrages" (private Versorgungsrente) zu den wiederkehrenden Bezügen und den Sonderausgaben beruht darauf, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Vermögensleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 5. Juli 1990 a.a.O.). Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerlich privilegierte private Versorgungsrente ist, dass eine ertragbringende Wirtschaftseinheit, die schon bisher vom Übergeber bewirtschaftet war und durch ihre Erträge ganz oder teilweise dessen Existenz sicherte, zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird (BFH, Urteile vom 14. Februar 1996 - X R 106/91 -, BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687 und vom 24. Juli 1996 - X R 167/95 -, BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315).
Es ist unstreitig, dass die zwischen dem Kläger und seinen Eltern vereinbarten wiederkehrenden Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege vorweggenommener Erbfolge zugesagt wurden, weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers darstellen und den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a) EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zuzuordnen sind. Unstreitig ist auch, dass damit die Anwendung des für Unterhaltsleistungen geltenden Abzugsverbots des § 12 Nrn. 1 und 2 EStG durch das Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen spezialgesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. BFH, Urteil vom 19. Januar 2005, X R 23/04, BFHE 209, 91, BStBl II 2005, 434).
2. a) Stellen sich wiederkehrende Leistungen als abänderbar dar, liegen in vollem Umfang abzugsfähige dauernde Lasten vor, andernfalls Leibrenten, die lediglich mit ihrem Ertragsanteil anzusetzen sind.
Hierzu haben der Große Senat des BFH im Beschluss vom 15. Juli 1991 GrS 1/90 (BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78) und im Anschluss daran die Rechtsprechung des X. Senats für die Einordnung von Versorgungsleistungen als Leibrente oder dauernde Last folgende Grundsätze aufgestellt (dazu BFH, Urteil vom 23. November 2016 – X R 8/14 –, BFHE 256, 415, BStBl II 2017, 512, m.w.N.):
- wiederkehrende Sach- und Geldleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, stellen dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind;
- für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt grundsätzlich der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO, weil dies so zu verstehen ist, dass der Vertrag nach Maßgabe des materiellen Rechts, auf das diese Vorschrift Bezug nimmt, abänderbar sein soll. Eine solche ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO führt jedoch dann nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, wenn die Vertragspartner deren Höhe nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen;
- fehlt eine Bezugnahme auf § 323 ZPO, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit aufgrund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt. Diese muss jede Vertragspartei bei veränderten Verhältnissen verlangen können;
- die Abänderbarkeit kann auch aus der Rechtsnatur des typischen Versorgungsvertrags folgen. Versorgungsleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe von existenzsicherndem Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden, sind nach Ansicht der Rechtsprechung "im Regelfall" abänderbar, es sei denn, aus dem Vertrag ergibt sich, dass die Parteien ausnahmsweise gleichbleibende Leistungen vereinbart haben.
b) Die streitgegenständliche Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vom 16. Dezember 1998 enthält unter Ziffer V. Nr. 7 die Regelung, dass alljährlich 72.000,- DM zu begleichen sind, die wertbeständig sind, § 323 ZPO sinngemäß anwendbar ist und eine Wertsicherungsklausel gilt, indes ein durch das Verlassen der derzeit bewohnten Wohnung, gleich aus welchem Grund (z. B. Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim) verursachter Mehrbedarf zu keiner Anpassung führt. Unter Ziffer V Nr. 8 verzichten die Vertragspartner zudem auf die Aufnahme einer Pflegeverpflichtung in den Übergabevertrag.
Diese Regelung spricht – insoweit gleichlaufend zu den Urteilen des BFH vom 23. November 2016, X R 8/14 (a.a.O.) und vom 3. Mai 2017, X R 9/14 (BFH/NV 2017, 1164 ff.) - für die Absicht der Vertragsparteien, eine gleichbleibende Barleistung im Sinne einer Leibrente zu vereinbaren. Auch die ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO führt in diesem Fall nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, denn die Vertragspartner haben deren Höhe nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen, auch wenn sie diese nochmals separat vertraglich festgehalten haben.
So haben die Vertragsparteien im Streitfall zwar eine Änderung nach § 323 ZPO grundsätzlich dann ermöglicht, wenn eine Veränderung im Unterhaltsbedarf der Berechtigten oder in der Leistungskraft des Verpflichteten vorliegt. Die Anpassung ist jedoch für den Fall eines finanziellen Mehrbedarfs durch den Auszug aus der eigenen Wohnung gleich aus welchem Grund ausgeschlossen. Hierbei ist insbesondere die im Alter häufig vorkommende Veränderung des eigenen finanziellen Bedarfs durch eine Aufnahme in ein Alten- oder Pflegeheim durch die Vertragsparteien ausgeschlossen. Damit ist nach Ansicht des Senats bereits eine so wesentliche Einschränkung der Änderungsmöglichkeit erfolgt, dass die Bezugnahme auf § 323 ZPO allein zur Einordnung der Zahlungen als dauernde Last nicht mehr genügt.
Es kann daher insoweit dahinstehen, ob der Kläger mit der Regelung in Ziffer V. Nr. 8 des Vertrages vom 16. Dezember 1998 insgesamt ausdrücklich keine Pflegeverpflichtung gegenüber den Übergebern übernommen hat oder ob dies entsprechend der von den Klägern vertretenen Ansicht ausschließlich einen Ausschluss einer höchstpersönlich zu erbringenden Pflegeverpflichtung beinhalten sollte oder aber – wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen – den Eltern des Klägers als Übergeber die Wahl der konkreten Pflege zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch freigestellt werden sollte. Angesichts der demographischen Entwicklung und der Tatsache, dass der Kläger zumindest keinerlei persönliche Pflegeleistungen im Übergabevertrag übernommen hat, lagen Aufwendungen für die Aufnahme der Vermögensübergeber in einem Alten- oder Pflegeheim zumindest im Bereich des Möglichen und wurden von den Vertragsparteien als Anpassungsgrund ausdrücklich ausgeschlossen. Die einfachvertragliche Änderung vom 28. Dezember 2011, die sich ausschließlich zur häuslichen Pflege verhält und eine Anpassung an den Mehrbedarf infolge eines Auszugs aus der eigenen Wohnung weiterhin ausschließt, ist aufgrund des Abschlusses nach dem streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum nicht der Beurteilung der Leistung im Streitjahr 2007 zugrunde zu legen.
Insgesamt enthält der Vertrag zwar die Bezugnahme auf § 323 ZPO, die tatsächlichen Anpassungsmöglichkeiten sind jedoch wesentlich beschränkt, so dass es bei der – ebenfalls vereinbarten – Anpassung entsprechend der Wertsicherungsklausel verbleibt. Ein Abzug als Sonderausgaben kann daher im Streitjahr lediglich in Höhe des Ertragsanteils von 20 % gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG erfolgen, der sich entsprechend dem Alter des Übergebers von 63 Jahren ergibt.
c) Auch die fehlerhafte Behandlung als dauernde Last durch den Beklagten in den Vorjahren steht einer korrekten Erfassung im Streitjahr nicht entgegen. Denn der Beklagte ist aufgrund des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung verpflichtet, eine als falsch erkannte Rechtsauffassung im Rahmen der steuerprozessualen Möglichkeiten – somit im ersten noch offenen Veranlagungszeitraum – aufzugeben und entsprechend zu korrigieren (BFH, Urteil vom 16. Juli 1964 – IV 449/61 –, HFR 1964, 440-441).
Insbesondere wurden auch die zugrundeliegenden Rechtsgrundsätze durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht erst im Nachhinein geprägt, sondern bereits in den Urteilen vom 28. Januar 1986, IX R 12/80 (BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348) und IX R 5/80 (BFH/NV 1986, 526) hat der IX. Senat des BFH erkannt, eine Verpflichtung zu wiederkehrenden Barleistungen in einem Vermögensübergabevertrag sei als Leibrente zu beurteilen, wenn die Vertragsparteien eine Abänderbarkeit der Höhe der Rentenleistungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht hätten, die einer Wertsicherungsklausel entsprächen, selbst wenn sie in diesem Zusammenhang auf § 323 ZPO Bezug nähmen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
4. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen, weil höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob bei Fallkonstellationen der vorliegenden Art eine „Abänderbarkeit“ auch dann (noch) angenommen werden kann, wenn eine Versorgungsverpflichtung für den Fall einer außerhäuslichen Pflege des Übergebers ausgeschlossen ist.