FG Hamburg: Verlust aus Veräußerung einer GmbH-Beteiligung
FG Hamburg, Urteil vom 10.10.2012 - 2 K 158/11
Leitsatz
Ein Verlust aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung ist auch dann nur hälftig zu berücksichtigen, wenn zwar ein Veräußerungsentgelt von einem Euro vereinbart wird, die Geschäftsanteilsübertragung aber im Rahmen einer Gesamtauseinandersetzung des Veräußernden mit seinen Mitgesellschaftern erfolgt.
Sachverhalt
Streitig ist, ob der Verlust aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung in voller Höhe zu berücksichtigen ist oder dem Halbabzugsverbot unterliegt.
Der Kläger war u. a. seit ihrer Gründung am Stammkapital der A1 GmbH (A1 GmbH) von 150.000 DM mit einem Anteil von zunächst 17.000 DM, ab 17.11.1987 einem weiteren Anteil von 8.500 DM und ab 01.02.1991 weiteren 49.500 DM beteiligt, d. h. insgesamt dann in Höhe von 50%. Die A1 GmbH war ihrerseits zu 90% beteiligt an der A2 GmbH (A2 GmbH), 10% der Anteile hielt der Zeuge B, der auch seit 1989 Geschäftsführer war; der Kläger war Prokurist dieser Gesellschaft. Des Weiteren war die A1 GmbH alleinige Gesellschafterin der ... C GmbH (C GmbH), deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ebenfalls der Kläger war. Ferner war der Kläger Geschäftsführer der D GmbH und der E GmbH ..., die auch zur A1-Gruppe gehörten.
Mit Anteilsübertragungsvertrag vom ... 2000 veräußerte der Kläger einen Teilgeschäftsanteil von 9.000 DM an der A1 GmbH zu einem Kaufpreis von 198.000 DM an F. Dieser erwarb einen weiteren Teilgeschäftsanteil von 9.000 DM von dem Mitgesellschafter G ebenfalls für 198.000 DM. Die Kaufverträge standen unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung der ersten Kaufpreisrate von 363.000 DM bis zum 31.05.2000. In seiner Einkommensteuerklärung für 2000 erklärte der Kläger insoweit einen Veräußerungsgewinn von 187.564 DM, der zunächst im Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 09.04.2003 berücksichtigt wurde.
Am ... 2003 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der A1 GmbH statt, in deren Verlauf u. a. folgendes beschlossen wurde: |
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- die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers und die Entziehung seiner Geschäftsführungsbefugnis |
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- Ermächtigung der Geschäftsführung, sämtliche zwischen der Gesellschaft und dem Kläger ohne vorherige Genehmigung geschlossenen Darlehensverträge anzufechten |
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- Rücknahme der Beschlüsse auf Entlastung des Klägers als Geschäftsführer für die Jahre 1990 bis 2001 wegen grober Verletzung der Geschäftsführerpflichten |
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- Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Höhe von 138.662,12 € sowie etwaiger weiterer Schadensersatzansprüche wegen Steuerzahlungen aus dem Komplex H ... und deren gerichtliche Geltendmachung. |
Im Zuge der Versammlung wurde der Kläger davon unterrichtet, dass die A1 GmbH am ... 2003 im Wege der Abtretung seitens der A2 GmbH zusätzliche Schadensersatzansprüche von 150.000 € nebst Zinsen erworben habe und mit dem Gesamtschadensersatzanspruch von 288.662,12 € nebst Zinsen die Aufrechnung gegen Darlehensforderungen des Klägers erklären werde. Zugleich wurde dem Kläger angeboten, mit der Geschäftsführung Verhandlungen über einen Darlehensverzicht, die Kündigung der vom Kläger übernommenen Bürgschaften und deren Übernahme durch F zu führen.
Tatsächlich einigte sich der Kläger in der Folgezeit mit den Gesellschaftern der A1 GmbH und der A2 GmbH über die Streitpunkte in einer notariellen Vereinbarung vom ... 2004. In dieser Urkunde wurde u. a. im Rahmen einer Präambel Folgendes festgehalten: |
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- Der Kläger verkauft seine Anteile an der A1 GmbH an die Mitgesellschafter G und F; der Kläger wird als Geschäftsführer abberufen, ihm wird für seine Tätigkeit für die Gesellschaft bis 31.12.2003 Entlastung erteilt |
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- Die dem Kläger für die A2 GmbH erteilte Prokura erlischt zum 31.12.2003, ihm wird insoweit Entlastung erteilt, |
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- Der Kläger wird als Geschäftsführer der C GmbH abberufen, der Geschäftsführervertrag aufgehoben und ihm Entlastung erteilt |
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- Die Mitgesellschafter G, F und B verzichten auf die Geltendmachung jeglicher Ansprüche aus den Beschlüssen der Gesellschafterversammlungen der A1 GmbH, der A2 GmbH und der C GmbH |
Des Weiteren wurde in der notariellen Urkunde geregelt, dass die A1 GmbH Darlehensverträge zwischen ihr und der H ... mit einem Gesamtrückzahlungsbetrag von 204.000 € anerkennt, der Übergang der erworbenen Altersversorgungsansprüche des Klägers, die Freistellung des Klägers von den übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen, der Verzicht des Klägers auf Darlehensforderungen gegen die C GmbH. Ferner wurde der Kaufpreis für den am ... 2000 an F veräußerten Geschäftsanteil von 198.000 DM auf 1 € wegen "nicht realisierter Werthaltigkeit" reduziert; den bereits gezahlten Teilbetrag von 92.799,48 € (181.500 DM) sollte der Kläger der Gesellschaft zur Verfügung stellen und seinen Rückzahlungsanspruch gegenüber der A1 GmbH an F abtreten, der auf seinen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Kläger verzichtete. Der Kläger verzichtete ferner gegenüber der A1 GmbH auf seinen in der Bilanz 2002 ausgewiesenen weiteren Darlehensrückzahlungsanspruch von 181.773,41 € und den in der Bilanz der A2 GmbH ausgewiesenen Darlehensrückforderungsanspruch von 59.588,67 €. Darüber hinaus erteilten sich die Beteiligten gegenseitig Generalquittung des Inhalts, dass mit der Erfüllung der in der notariellen Urkunde vereinbarten Verpflichtungen und der Beurkundung der Abtretung der Geschäftsanteile des Klägers an G und F sowie mit der Rücknahme aller Mahnbescheidsanträge und Klagen der A1 GmbH, der A2 GmbH und der C GmbH gegen die D GmbH und die E GmbH ... sämtliche Forderungen zwischen den Gesellschaften erledigt sind sowie ferner G, F und B für sich persönlich wie für die Gesellschaften A1 und A2 auf die Geltendmachung etwaiger weiterer Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, bekannt oder nicht bekannt, gegenüber dem Kläger verzichten.
In Umsetzung dieser Vereinbarung veräußerte der Kläger am selben Tag seine Geschäftsanteile an der A1 GmbH zu einem Kaufpreis von jeweils 1 € an G und F. Der vom Kläger beauftragte Rechtsanwalt legte für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Auseinandersetzungsvereinbarung vom ... 2004 einen Gegenstandswert von 920.096,20 € zugrunde.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten "Schadensersatz lt. Notarvertrag vom ... 2004" in Höhe von 241.362 € und "Rechtsanwaltskosten wegen Schadensersatz" in Höhe von 18.041 € geltend, die der Beklagte mit Einkommensteuerbescheid vom 25.10.2006 mangels erkennbaren Zusammenhangs mit Einnahmen unberücksichtigt ließ. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom ... 2006. Im Einspruchsverfahren machte der Kläger zudem einen Veräußerungsverlust im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung geltend, und zwar zunächst in Höhe von 16.871,63 € (Erlös 2 €, Anschaffungskosten Beteiligung 33.745,26 €, davon 50% = 16.871,63 €), den der Beklagte mit geändertem Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 22.01.2008 erklärungsgemäß berücksichtigte. Bzgl. der streitigen Werbungskosten wurde eine Einigung dahin erzielt, dass der Darlehensverzicht gegenüber der A1 GmbH in Höhe von 181.773,41 € gesellschaftsrechtlich veranlasst sei, während der Darlehensverzicht gegenüber der A2 und einer weiteren Gesellschaft als Schadensersatz zu qualifizieren sei. Nunmehr berief sich der Kläger darauf, dass das Halbeinkünfteverfahren keine Anwendung finden könne, mithin der Veräußerungsverlust in voller Höhe zu berücksichtigen sei. Der gesellschaftsrechtlich veranlasste Darlehensverzicht gegenüber der A1 GmbH sei als Einlage zu qualifizieren und erhöhe mithin den Veräußerungsverlust auf 215.516,67 €. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 05.09.2008 berücksichtigte der Beklagte dementsprechend -unter Beachtung des Halbeinkünfteverfahrens- einen Veräußerungsverlust von 107.758 € und entsprechend der einvernehmlichen Regelung weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit von 116.737 €.
Nachdem das Einspruchsverfahren zunächst wegen der beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revision IX R 98/07 geruht hatte, wurde der Einspruch mit Entscheidung vom ... 2010 zurückgewiesen.
Am ... 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass der -betragsmäßig nicht streitige- Veräußerungsverlust in volle Höhe in Ansatz zu bringen sei, weil das Halbeinkünfteverfahren entsprechend § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG a. F.) nicht zur Anwendung kommen könne. Der Kaufpreis von jeweils 1 € sei symbolisch gewesen und zudem nicht gezahlt worden. Die veräußerten Anteile seien wertlos gewesen.
Sofern das Gericht zu der Überzeugung gelange, dass im Rahmen der notariellen Vereinbarung über die vereinbarten 2 € hinausgehende Gegenleistungen geregelt worden seien, wie etwa der Verzicht auf weitere Schadensersatzansprüche, müsse zur Höhe der Gegenleistung ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Darüber hinaus seien dann auch weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 05.09.2008 und die Einspruchsentscheidung vom ... 2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb ein Verlust aus der Veräußerung der Beteiligung an der A1 GmbH von 215.516,67 € berücksichtigt wird.
Hilfsweise beantragt der Kläger, den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 05.09.2008 und die Einspruchsentscheidung vom ... 2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass im Falle der Berücksichtigung eines Verlustes aus der Veräußerung der A1 GmbH-Anteile auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens in Höhe des dann anzunehmenden Schadensersatzbetrages Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt, die Klage anzuweisen.
Der Beklagte sieht die Voraussetzungen für den Ausschluss des Halbabzugsverbots nicht als erfüllt an. Es sei bereits nicht nachvollziehbar, dass die veräußerten Anteile objektiv wertlos gewesen seien. Die A1 GmbH habe nach Aktenlage kein negatives Kapital ausgewiesen. Bei ihrer Tochtergesellschaft, der A2 GmbH, habe zwar per Ende 2002 ein nicht gedeckter Fehlbetrag bestanden, die weitere Entwicklung der Gesellschaft lasse jedoch den Schluss zu, dass die Anteile im Zeitpunkt der Veräußerung nicht wertlos gewesen seien, in 2003 sei ein Gewinn von 157.424,88 € erzielt worden.
Das Gericht hat gem. Beschluss vom ... 2012 Beweis erhoben über die Modalitäten der Anteilsveräußerung durch Vernehmung des Zeugen B.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschriften über die Erörterungstermine mit Beweisaufnahme und die Senatssitzung Bezug genommen.
Aus den Gründen
Der zulässigen Klage bleibt in der Sache der Erfolg versagt.
I.
Der Beklagte hat zu Recht den Verlust aus der Veräußerung der Anteile an der A1 GmbH gem. § 17 i. V. m. §§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c, 3c Abs. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung EStG (a. F.) nur zur Hälfte berücksichtigt.
a) Gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG ist die Hälfte des Veräußerungspreises i. S. von § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Die hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind nur zur Hälfte abzuziehen. Nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Bei steuerfreien Einnahmen soll kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden (BFH-Urteile vom 06.04.2011 IX R 61/10, BFH/NV 2011, 1575; vom 06.07.2005 XI R 61/04, BStBl II 2006, 163).
Nach der Rechtsprechung des BFH kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG a. F. dann nicht in Betracht, wenn keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen. Die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, trete in diesem Fall nicht ein. Denn dieser Aufwand stehe nicht -wie dies § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. schon dem Wortlaut nach für die hälftige Kürzung verlange- in wirtschaftlichem Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen. Fließen danach keine Einnahmen zu, ist § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. nicht anzuwenden und der Erwerbsaufwand in vollem Umfang abziehbar (BFH vom 06.04.2011 IX R 61/10, BFH/NV 2011, 1575; vom 25.06.2009 IX R 42/08, BStBl II 2010, 220; vom 14.07.2009 IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399; BFH vom 18.03.2010 IX B 227/09, BStBl II 2010, 627).
In diesem Sinne erzielt keine Einnahmen, wer objektiv wertlose Anteile zu einem symbolischen Kaufpreis (z. B. von 1 €) veräußert. In diesem Fall vereinbaren die Vertragsparteien kein Entgelt für die Werthaltigkeit der übertragenen Anteile, sondern wählen diese Gestaltung regelmäßig aus buchungstechnischen Gründen. Von einem bloß symbolisch angesetzten Kaufpreis zu unterscheiden sind Fälle, in denen Veräußerungseinnahmen erzielt werden, auch wenn diese von geringer Höhe sind und der Veräußerer insgesamt einen Verlust erleidet. Hier sind Halbeinkünfteverfahren und Halbabzugsverbot anzuwenden. Damit wird nicht etwa eine Geringfügigkeitsgrenze für die Anwendung des Halbabzugsverbots eingeführt. Es geht nicht darum, ab welcher Höhe ein Veräußerungspreis als für die Anwendung des Halbabzugsverbots erheblich zu erachten wäre, sondern darum, ob ein einem Veräußerungspreis von 0 € gleichzusetzender Kaufpreis für die Übernahme wertloser Anteile im Rechtsverkehr aus buchungstechnischen Gründen lediglich symbolische Bedeutung zukommt (BFH vom 06.04.2011 IX R 61/10, BFH/NV 2011, 1575 und IX 40/10, BStBl II 2011, 785 sowie IX R 31/10 n. v.).
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 der Finanzgerichtsordnung -FGO-) nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger wertlose Anteile zu einem symbolischen Kaufpreis übertragen hat und das Halbabzugsverbot deshalb nicht anzuwenden wäre.
aa) Es kann nicht festgestellt werden, dass die übertragenen Anteile wertlos waren. Bei der A1 GmbH selbst bestand nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten kein negatives Kapital. Soweit sich der Kläger darauf berufen hat, dass wegen der Holding-Funktion der A1 GmbH entscheidend auf die A2 GmbH abzustellen sei, belegt dies die Wertlosigkeit seiner Beteiligung aber ebenfalls nicht. Bilanzielle Konsequenzen sind seitens der A1 GmbH aus der vermeintlichen Wertlosigkeit ihrer Beteiligung an der A2 GmbH ersichtlich nicht gezogen worden. Nach den Angaben des Beklagten bestand lediglich Ende 2002 ein nicht gedeckter Fehlbetrag, während in 2003 bereits wieder ein Gewinn erwirtschaftet wurde. Beide Gesellschaften sind bis heute existent und wirtschaftlich aktiv. Auch der Zeuge B, langjähriger Geschäftsführer der A2 GmbH und damit über die wirtschaftliche Situation der betroffenen Unternehmen orientiert, hat bekundet, dass die Beteiligung des Klägers "sicherlich nicht wertlos" gewesen sei. Die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft habe Schwankungen unterlegen und der Umstrukturierung bedurft. Der Zeuge selbst hat für die Veräußerung seiner zehnprozentigen Beteiligung an der A2 GmbH in zeitlicher Nähe zu der hier streitigen Anteilsveräußerung im Jahr 2004 auch ein Entgelt erhalten. Insoweit sind die Anteile an der A2 GmbH ersichtlich nicht als wertlos angesehen worden. Dass der Anteil an der A1 GmbH nicht wertlos war wird auch dadurch belegt, dass in dem Gesellschafterbeschluss vom ... 2003 im Zusammenhang mit der Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers vorgesehen war, eine Auseinandersetzungsbilanz auf den ... 2003 zu erstellen, um das dem Kläger zustehende Entgelt zu ermitteln. Dessen hätte es nicht bedurft, wenn der Anteil objektiv wertlos gewesen wäre.
Auch die nachträgliche Reduzierung des Kaufpreises für die Teilanteilsübertragung im Jahr 2000 von 198.000 DM auf 1 € im Rahmen der notariellen Vereinbarung vom ... 2004 rechtfertigt nicht, von einer Wertlosigkeit der restlichen Anteile im Zeitpunkt ihrer Übertragung im Januar 2004 auszugehen. Auch wenn es in der notariellen Urkunde heißt, die Reduzierung erfolge "wegen nicht realisierter Werthaltigkeit", muss berücksichtigt werden, dass die "Kaufpreiskorrektur" im Rahmen der Gesamtverständigung erfolgte (hierzu im unter bb)), hierfür möglicherweise eine kaufvertragsrechtliche Grundlage fehlte und diese Form des Verzichts des Klägers auf rund 200.000 DM bzw. rund 100.000 € für ihn steuerrechtlich günstig war, weil sich auf diese Weise der ursprünglich in 2000 erklärte Veräußerungsgewinn in einen Veräußerungsverlust verwandelte. Die "Rückabwicklung" erfolgte auch nicht unmittelbar gegenüber dem Erwerber der Beteiligung, F, durch Erstattung des Betrages an ihn, sondern dieser stellte den Betrag der A1 GmbH als Darlehen zur Verfügung. Zur Erfüllung seiner Rückzahlungsverpflichtung trat der Kläger ihm einen eigenen Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die A1 GmbH in nämlicher Höhe ab. Damit verblieb die Darlehnssumme weiterhin im Unternehmen, der A1 GmbH.
Offensichtlich ist der Kaufpreis für den in 2000 von dem Gesellschafter G erworbenen Teilgeschäftsanteil in Höhe von ebenfalls 198.000 DM nicht nachträglich reduziert worden.
bb) Der Kläger hat für seine Beteiligung auch mehr als nur den jeweiligen symbolischen einen Euro erhalten.
In der notariellen Urkunde vom ... 2004 über die Geschäftsanteilsübertragung ist als Gegenleistung für die Übertragung zwar lediglich ein Kaufpreis von jeweils einem Euro vereinbart worden. Als Veräußerungsentgelt i. S. von § 17 Abs. 2 EStG ist aber alles anzusehen, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erlangt (BFH vom 07.03.1995 VIII R 29/93, BStBl II 1995, 693 m. w. N.). Deshalb kann im Streitfall nicht allein auf den "notariellen" Kaufpreis abgestellt werden. Als Gegenleistung für die Anteilsübertragung sind die weiteren Absprachen aus der notariellen Urkunde vom ... 2004 einzubeziehen. Abgesehen von dem Verzicht auf bezifferte Schadensersatzansprüche gegen den Kläger in Höhe von 288.662,12 €, denen Darlehensrückgewähransprüche des Kläger in Höhe von etwa 230.000 € gegenüberstanden, ist hier insbesondere zu berücksichtigen, dass die A1 GmbH beschlossen hatte, die von dem Kläger ohne vorherige Genehmigung abgeschlossenen Darlehensverträge mit der H ..., die zum fraglichen Zeitpunkt in Höhe von 204.000 € valutierten, anzufechten und die dem Kläger für die Jahre 1990 bis 2001 erteilte Entlastung wegen grober Verletzung der Geschäftsführerpflichten zurückzunehmen. Aufgrund der notariellen Vereinbarung vom ... 2004 sind die Darlehensverträge, die erhebliche Steuernachzahlungen für die A1 GmbH ausgelöst hatten und zu entsprechenden Regressansprüchen gegen den Kläger hätten führen können, nicht angefochten worden und dem Kläger ist bis 2003 für seine Geschäftsführer- und Prokuristentätigkeit Entlastung erteilt worden. Außerdem ist der Kläger aus den von ihm übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen freigestellt worden. Zudem hat er durch die gegenseitige Generalquittung gem. § 8 der notariellen Vereinbarung einen Verzicht seiner Mitgesellschafter und des Zeugen B persönlich wie der von diesen vertretenen Gesellschaften A1 GmbH und A2 GmbH auf jegliche weitere Ansprüche erlangt.
Schließlich spricht auch der von den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers für die Auseinandersetzungsvereinbarung angenommene Gegenstandswert von insgesamt 920.096,20 € gemäß Honorarrechnung vom 26.03.2004 dafür, dass nennenswerte gegenseitige Ansprüche abgegolten worden sind, und -entgegen der Behauptung des Klägers- in der Gesellschafterversammlung vom ... 2003 nicht nur eine Drohkulisse aufgebaut, sondern tatsächliche Ansprüche geltend gemacht worden sind.
Mit welchem Wert diese weiteren Gegenleistungen für die Anteilsübertragung anzusetzen und damit der tatsächliche Veräußerungspreis i. S. von § 17 Abs. 2 EStG zu bestimmen ist, bedarf keiner Entscheidung. Der Beklagte hat den Veräußerungsverlust unter Ansatz eines Entgelts von 2 € mit 215.516,67 € ermittelt und hiervon die Hälfte berücksichtigt. Durch den Ansatz eines höheren Entgelts unter Einbeziehung der zuvor dargestellten weiteren erlangten Vorteile wäre der Veräußerungsverlust geringer. An einer derartigen Verböserung ist das Gericht jedoch gehindert. Das Verböserungsverbot besagt, dass eine Schlechterstellung des Klägers bezogen auf die mit der Klage angegriffene Steuerfestsetzung verboten ist (siehe dazu z. B. Seer in Tipke/Kruse, § 96 FGO, Rz. 101 m. w. N.). Unter diesen Umständen bedurfte es nicht der Erhebung des vom Kläger angebotenen Sachverständigenbeweises zur Wertermittlung der Gegenleistung nach Maßgabe der notariellen Vereinbarung.
II.
Der auf die Berücksichtigung von weiteren Werbungskosten gerichtete Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.
Soweit sich der Kläger (hilfsweise) darauf berufen hat, dass im Falle der Berücksichtigung einer höheren -noch durch Einholung eines Sachverständigengutachtens konkret zu ermittelnden- Gegenleistung in korrespondierender Höhe weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien, und zwar aus dem Gesichtspunkt einer Schadensersatzleistung, fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vorbringen.
Zwar können Schadensersatzleistungen als Werbungskosten abzugsfähig sein, wenn die Ersatzpflicht durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und die Schadensersatz verursachende Handlung noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegt. Zu beachten ist aber, dass ein objektiver Zusammenhang in diesem Sinne nicht schon immer dann gegeben ist, wenn die Berufsausübung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Ausgabe entfiele. Die berufliche Veranlassung kann vielmehr von nichtberuflichen Gründen überlagert werden, beispielsweise kann ein Verstoß gegen Straf- und Dienstvorschriften, mit dem eine Schädigung des Arbeitgebers bezweckt oder billigend in Kauf genommen wird, nicht mehr als im Rahmen der beruflichen Zielvorstellung des Arbeitnehmers liegend angesehen werden (vgl. z. B. BFH vom 03.05.1985 VI R 110/82, BFH/NV 1986, 270, vom 18.09.1987 VI R 121/84, BFH/NV 1988, 353).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hätte der Kläger, den die Feststellungslast hinsichtlich der steuermindernden Tatsachen trifft, im Rahmen seines Hilfsvorbringens darlegen müssen, welche Schadensersatzleistungen im Zusammenhang mit welchen seiner zahlreichen Geschäftsführertätigkeiten in Betracht kommen und zum Werbungsabzug berechtigen könnten. Ein derartiger Vortrag war dem Kläger auch zuzumuten, da nach dem Gang des Verfahrens, dem Gegenvorbringen des Beklagten und der Bitte des Gerichts um Vorlage des Gesellschafterbeschlusses vom ... 2003 erkennbar war, dass aufgrund der notariellen Vereinbarung möglicherweise weitere Faktoren als Gegenleistung für die Anteilsübertragung einzubeziehen sein könnten.
Demgegenüber war das Gericht in Anbetracht des Umstandes, dass die Parteien der notariellen Vereinbarung die Bezifferung der vielfältigen einzelnen Leistungen ausdrücklich offengelassen haben, nicht gehalten, von sich aus, gewissermaßen "ins Blaue hinein", Ermittlungen anzustellen, zumal diese im Rahmen des Hauptantrages entbehrlich waren.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.