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Steuerrecht
17.09.2009
Steuerrecht
BFH: Verjährung von Rückforderungsanspruch von aufgrund einer Unregelmäßigkeit gewährter Ausfuhrerstattung

BFH, Urteil vom 7.7.2009 - VII R 24/06

Vorinstanz: FG Hamburg vom 21.4.2005 - IV 181/03

LEITSÄTZE

1. Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 verkürzt die im nationalen Recht bestehenden Verjährungsfristen nicht, sondern soll lediglich die Anwendung aus Sicht des gemeinschaftlichen Verordnungsgebers unangemessen kurzer Verjährungsfristen des nationalen Rechts ausschließen.

2. Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 lässt nicht nur die Anwendung im nationalen Recht enthaltener ausdrücklicher Verjährungsvorschriften zu, sondern verlangt die Ermittlung dessen, was sich aus dem nationalen Recht hinsichtlich der Verjährung ergibt. Dabei sind die anerkannten Methoden der Rechtsanwendung einschließlich derjenigen der analogen Anwendung von Vorschriften sowie die ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätze des nationalen Rechts zu berücksichtigen.

3. Es verstößt nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip, eine aufgrund einer dem Ausführer zuzurechnenden Unregelmäßigkeit zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattung noch nach einer Frist von sechs Jahren zurückzufordern.

VO Nr. 2988/95 Art. 3; BGB § 195 a.F.

SACHVERHALT

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hat im April 1993 rd. 8 000 kg Rindfleisch zur Ausfuhr nach Jordanien abfertigen lassen und dafür im Wege der Vorfinanzierung Ausfuhrerstattung erhalten. Nach Vorlage entsprechender Zolldokumente hat der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) die von der Klägerin gestellte Sicherheit im Juli 1993 freigegeben.

Im Rahmen von der Europäischen Kommission aufgenommener Untersuchungen sind Zweifel daran aufgetaucht, ob das Fleisch tatsächlich in den freien Verkehr Jordaniens gelangt und nicht vielmehr im Transit- oder Reexportverfahren in den Irak befördert worden ist, wohin Fleisch mit Ursprung in der Gemeinschaft aufgrund eines entsprechenden Handelsembargos damals nur nach Erteilung einer entsprechenden Ausfuhrgenehmigung ausgeführt werden durfte, welche die Klägerin nicht eingeholt hat.

Das HZA hat deshalb mit Bescheid vom 13. Oktober 1999 die Ausfuhrerstattung von der Klägerin zurückgefordert. Auf die hiergegen erhobene Klage hat jedoch das Finanzgericht (FG) den Rückforderungsbescheid aufgehoben. Es urteilte, bei Erlass des angefochtenen Bescheids sei der Rückforderungsanspruch gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 (VO Nr. 2988/95) über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 312/1), der eine vierjährige, auch für vor Inkrafttreten der Verordnung verwirklichte Sachverhalte gültige Verjährungsfrist festlege, verjährt gewesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des HZA, das beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision des HZA zurückzuweisen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 27. März 2007 eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) eingeholt, welcher mit Urteil vom 29. Januar 2009 C-278/07 bis C-280/07 Folgendes entschieden hat:

"1. Die in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften geregelte Verjährungsfrist ist auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Rückforderung einer Ausfuhrerstattung anwendbar, die der Ausführer infolge von Unregelmäßigkeiten zu Unrecht erlangt hat.

2. In Fällen wie denen der Ausgangsverfahren ist die in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 geregelte Verjährungsfrist

- auf Unregelmäßigkeiten anwendbar, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung begangen worden sind, und

- beginnt ab dem Zeitpunkt der Begehung der fraglichen Unregelmäßigkeit zu laufen.

3. Die längeren Verjährungsfristen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 weiterhin anwenden dürfen, können sich aus Auffangregelungen ergeben, die dem Erlass dieser Verordnung vorausgehen."

Das HZA hält auch nach Ergehen dieser Vorabentscheidung an seinem Revisionsantrag fest.

Die Klägerin trägt zu der Vorabentscheidung vor, es stellten sich noch drei Fragen, nämlich:

"a) Haben die deutschen Gerichte nach Inkrafttreten der VO Nr. 2988/95 auf die Geltendmachung von Ausfuhrerstattungs-Rückforderungsansprüchen, die die Klägerin zu Unrecht erhalten hat, weiterhin die Verjährungsfrist von 30 Jahren analog § 195 BGB angewandt?

b) Im Falle einer Bejahung dieser Frage: Durften die deutschen Gerichte nach nationalem Recht die Vorschrift des § 195 BGB auf Ausfuhrerstattungs-Rückforderungsansprüche überhaupt entsprechend anwenden?

c) Im Falle der Bejahung dieser Frage: Gibt es für die entsprechende Anwendung des § 195 BGB auf Ausfuhrerstattungs-Rückforderungsansprüche gemeinschaftsrechtliche Grenzen?"

Die erste Frage sei zu verneinen. Nach der Vorabentscheidung sei eine 30-jährige Verjährungsfrist entsprechend § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) a.F. nur dann anwendbar, wenn eine solche Anwendung nach dem 26. Dezember 1995, dem Inkrafttreten der VO Nr. 2988/95, durch die deutschen Gerichte tatsächlich vorgenommen worden ist, was nicht der Fall sei. Insbesondere habe sich der Bundesfinanzhof nur in dem Urteil vom 7. Mai 2002 VII R 5/01 (BFH/NV 2002, 1189) beiläufig dazu geäußert, dass er die Ansicht des dort angefochtenen Urteils, § 195 BGB a.F. sei auf die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen entsprechend anzuwenden, für zutreffend halte, aber schon in seinem Vorabentscheidungsersuchen Zweifel daran geäußert, ob eine solche Anwendung mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Gebot vereinbar sei, nach angemessener Zeit Rechtsfrieden zu gewähren.

Ungeachtet dessen verstieße jedoch eine Anwendung dieser nationalen Verjährungsregelung auch gegen das Analogieverbot, den Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Berufsausübungsfreiheit und den Grundsatz der Gleichbehandlung.

Regelungslücken in einem Gesetz seien so auszufüllen, wie der Gesetzgeber die Frage wahrscheinlich geregelt hätte, wenn sie in seinen Gesichtskreis getreten wäre. Deshalb scheide eine analoge Anwendung des § 195 BGB a.F. schon deshalb aus, weil z.B. mit Rücksicht auf die kaufmännische Planbarkeit im Handelsrecht weitaus kürzere Fristen, solche aber auch im öffentlichen Recht, insbesondere im Steuerrecht, gälten. Selbst im Zivilrecht stelle § 195 BGB a.F. eine Ausnahmeregelung dar, die im Rechtsdenken seit Jahren als überholt angesehen worden und dementsprechend vom Gesetzgeber im Jahr 2002 auf drei Jahre verkürzt worden sei. Im Übrigen betreffe § 195 BGB a.F. nicht verwaltungsrechtliche Sachverhalte, wie die Generalanwältin in dem vorgenannten Vorabentscheidungsverfahren mit Recht ausgeführt habe.

Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes würden durch eine 30-jährige Verjährungsfrist deshalb verletzt, weil ein Unternehmen wie die Klägerin hinreichende Planungssicherheit haben müsse und nicht mit einer Regelung konfrontiert werden dürfe, die der Unverjährbarkeit einer Rückforderung gleichkomme. Eine 30-Jahres-Frist sei unverhältnismäßig und beeinträchtige in unzulässiger Weise die Berufsausübungsfreiheit, weil sie zu einer permanenten Existenzgefährdung von Ausfuhrunternehmen führe, gegen welche eine Risikovorsorge nicht möglich sei. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verlange überdies, die Risiken des Erstattungsnehmers, der im Interesse einer Entlastung des europäischen Rindfleischmarktes tätig geworden sei, zeitlich zu begrenzen. All dies habe offenbar auch der Senat in seinem Vorabentscheidungsersuchen grundsätzlich anerkannt, jedoch unzulässigerweise gemeint, angesichts des zwischen der der Klägerin vorgeworfenen Unregelmäßigkeit und der Rückforderung verstrichenen Zeitraums von nur sechs Jahren komme es auf die Unangemessenheit der in § 195 BGB a.F. festgelegten 30-jährigen Verjährungsfrist nicht an.

Das Diskriminierungsverbot sieht die Klägerin dadurch verletzt, dass Fleischexporteure aus Irland und Holland, die in dem fraglichen Zeitraum ebenfalls Rindfleisch nach Jordanien exportiert haben, die ihnen gewährte Ausfuhrerstattung nicht hätten zurückzahlen müssen. Deshalb gebiete es auch der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung, die Ausfuhrerstattung von deutschen Exporteuren in vergleichbarer Lage nicht zurückzufordern.

AUS DEN GRÜNDEN

II.

Die Revision des HZA ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache an dieses zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die dem Urteil des FG tragend zugrunde liegende Annahme, der in dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der der Klägerin gewährten Ausfuhrerstattung sei bei Erlass jenes Bescheids verjährt gewesen, verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

Das FG ist davon ausgegangen, die VO Nr. 2988/95, insbesondere deren Art. 3, welcher eine Verjährungsfrist für die Verfolgung von Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht regelt, sei auch auf Sachverhalte anwendbar, bei denen die fragliche Unregelmäßigkeit vor Inkrafttreten jener Verordnung am 26. Dezember 1995 begangen worden ist, und sie sei auch auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Rückforderung einer einem Wirtschaftsteilnehmer gewährten Ausfuhrerstattung anzuwenden.

Dies ist nach der von dem erkennenden Senat eingeholten Vorabentscheidung des EuGH, an deren rechtliche Beurteilung der Senat gebunden ist, zutreffend. Der EuGH hat, wie bereits erwähnt, in dieser Entscheidung an der seinem Urteil vom 24. Juni 2004 C-278/02 ("Handlbauer", Slg. 2004, I-6171) zugrunde liegenden Auffassung trotz der dagegen u.a. in den Vorabentscheidungsersuchen des Senats vorgetragenen Bedenken festgehalten, Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 betreffe nicht nur verwaltungsrechtliche Sanktionen. Er hat ferner erkannt, die Verjährungsfrist sei auch bei vor Inkrafttreten der Verordnung begangenen Unregelmäßigkeiten einschlägig, sofern ein ihretwegen entstandener Rückzahlungsanspruch nach dem bei Inkrafttreten der Verordnung geltenden Recht noch nicht verjährt gewesen sei.

Im Streitfall war der in dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Rückzahlungsanspruch des HZA am 26. Dezember 1995 noch nicht verjährt; denn es gibt, wie sogleich näher auszuführen ist, im deutschen Recht, aus dem sich eine Verjährung des Rückzahlungsanspruchs des HZA bis zum Inkrafttreten der VO Nr. 2988/95 allenfalls hätte herleiten lassen, keine Vorschrift, aus der sich eine Verjährung jenes Anspruchs bis zu diesem Zeitpunkt ergäbe.

Das Urteil des FG beruht ferner auf der Annahme, der Rückzahlungsanspruch des HZA sei bei seiner Geltendmachung in dem angefochtenen Bescheid deshalb verjährt gewesen, weil die in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 2988/95 bezeichnete Frist von vier Jahren ab Begehung der verfolgten, der Klägerin angelasteten Unregelmäßigkeit bei Erlass des angefochtenen Rückforderungsbescheids abgelaufen gewesen sei und die von Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 zugelassene Anwendung einer längeren Frist nach Maßgabe des deutschen Rechts nicht in Betracht komme.

Daran ist offenkundig richtig, dass das HZA mit dem angefochtenen Bescheid die Vier-Jahres-Frist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 nicht gewahrt hat. Es liegt im Übrigen, ohne dass dies hier näherer Ausführung bedürfte, kein Tatbestand vor, der gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 VO Nr. 2988/95 jene Frist unterbrochen und eine neue vierjährige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt hätte, innerhalb derer der angefochtene Bescheid ergangen wäre.

Nicht zu folgen vermag der erkennende Senat indes der Auffassung des FG, Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 sei deshalb nicht anwendbar, weil das deutsche Recht keine in spezifischer Weise die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen betreffende Verjährungsfrist festlege und etwaige sinngemäß anwendbare Vorschriften des deutschen Rechts jedenfalls nicht in der von Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 vorausgesetzten Weise nach Ergehen dieser Verordnung erlassen worden seien, schließlich weil die Anwendung einer 30-jährigen Verjährungsfrist in analoger Anwendung des § 195 BGB in seiner bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz --SMG--) vom 26. November 2001 (BGBl. I, S. 3138) geltenden Fassung (hier: § 195 BGB a.F.) den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes widerspräche.

Der erkennende Senat kann diesen --seiner Ansicht nach nicht überzeugenden-- rechtlichen Erwägungen des FG zum einen Teil schon deshalb nicht folgen, weil ihnen die Vorabentscheidung des EuGH entgegensteht. Denn dieser hat, wie erwähnt, erkannt, dass Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 weder eine spezifische nationale Bestimmung voraussetzt, die auf die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen oder zumindest allgemein auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen anwendbar ist, und dass Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 auch nicht eine Verlängerung der in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 festgelegten gemeinschaftsrechtlichen Verjährungsfrist nur durch solche nationalen Bestimmungen zulässt, die nach Ergehen jener Verordnung erlassen worden sind. Vielmehr hat der EuGH aus dem Wortlaut jener Vorschrift, wonach die Mitgliedstaaten "die Möglichkeit behalten", eine längere Frist als die in Abs. 1 vorgesehene Frist "anzuwenden", gefolgert, dass diese sowohl die Befugnis hätten, eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bestehende längere Frist "zu behalten" (vgl. Rz 41 der Vorabentscheidung), als auch ungeachtet der zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung bestehenden Verjährungsfristen "nach diesem Zeitpunkt neue Verjährungsregelungen mit längeren Fristen ein(zu)führen" (Rz 42 der Vorabentscheidung).

Der Senat vermag sich auch nicht die --offenbar von der Klägerin für richtig gehaltene-- Auslegung der Vorabentscheidung zu eigen zu machen, wonach es für die Anwendung des § 195 BGB a.F. im Streitfall oder überhaupt für die Anwendung von Verjährungsregelungen des deutschen Rechts darauf ankommen soll, ob diese Regelungen nach Inkrafttreten der VO Nr. 2988/95 von deutschen Gerichten tatsächlich angewandt worden sind. Unbeschadet der insofern möglicherweise missverständlichen Formulierungen des EuGH insbesondere in Rz 39 der Vorabentscheidung kann es schwerlich darauf ankommen, ob irgendwelche Gerichte --vereinzelt, mehrfach oder in ständiger Rechtsprechung?-- solche Verjährungsvorschriften in von ihnen bis zum Inkrafttreten vorgenannter Verordnung erlassenen Urteilen berücksichtigt haben, sondern nur darauf, ob solche Vorschriften nach Maßgabe des einschlägigen nationalen Rechts bei zutreffender Auslegung und Anwendung desselben anzuwenden sind.

Zu der weiteren, vom FG bejahten Frage, ob allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts unbeschadet des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 die Anwendung einer Verjährungsregelung, wie sie § 195 BGB in der vorstehend bezeichneten Fassung enthielt (30 Jahre nach Entstehen des Anspruchs), ausschließen, äußert sich die Vorabentscheidung allerdings nicht, obschon die Schlussanträge der Generalanwältin zu der diesbezüglichen, auch in dem Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats ausdrücklich angesprochenen Frage eingehende und klare Ausführungen enthielten. Der erkennende Senat erachtet unter diesen Umständen das Schweigen der Vorabentscheidung als beredt: Hätte der EuGH die Anwendung des § 195 BGB a.F. aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für ausgeschlossen gehalten, so hätte es der vom EuGH in ständiger Rechtsprechung betonten Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Aufgabe der Vorabentscheidung, dem ersuchenden Gericht die für die von ihm zu treffende Endentscheidung erforderlichen und nützlichen Hinweise zu geben, entsprochen, das Petitum der Generalanwältin aufzugreifen und die Unangemessenheit einer 30-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. in der Vorabentscheidung festzustellen, zumal sich unter dieser Prämisse die Beantwortung der dritten von dem erkennenden Senat in dem Vorabentscheidungsersuchen gestellten Frage erübrigt hätte.

2. Die dem Urteil des FG zugrunde liegende Auffassung, der in dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Rückzahlungsanspruch sei bei Erlass desselben verjährt gewesen, ist auch nicht im Ergebnis richtig (§ 126 Abs. 4 FGO).

a) Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 soll verhindern, dass etwaige Verjährungsregelungen des nationalen Rechts, die bis zum Inkrafttreten der VO Nr. 2988/95 allein für verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Wiedereinziehung aufgrund von Unregelmäßigkeiten geleisteter Ausfuhrerstattungen einschlägig waren, die Einziehung solcher Zahlungen praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl. Rz 26 der Vorabentscheidung). Er legt, wie der EuGH überzeugend ausführt, eine "Mindestfrist" fest (Rz 27 der Vorabentscheidung), will also, wie nicht zuletzt Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 zeigt, die sich aus dem nationalen Recht ergebenden Verjährungsfristen nicht verkürzen, sondern vielmehr lediglich die Anwendung aus der Sicht des gemeinschaftlichen Verordnungsgebers unangemessen kurzer Verjährungsfristen des nationalen Rechts ausschließen. Wenn es in Rz 29 der Vorabentscheidung zuletzt heißt, der Verordnungsgeber habe die Verjährungsfrist "bewusst auf vier Jahre verkürzt", lässt sich daraus nichts anderes entnehmen; denn angesichts des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 kann die gemeinschaftsrechtliche Regelung in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95, wie vom EuGH ausgeführt, nicht zu einer Verkürzung im nationalen Recht bestehender Verjährungsfristen führen, und zu einer Verkürzung im Gemeinschaftsrecht geregelter Verjährungsfristen kann sie ebenso wenig führen, weil, wie der EuGH zuvor ebenfalls ausgeführt hat, solche Verjährungsfristen vor Inkrafttreten der Verordnung überhaupt nicht bestanden haben.

Erst aus diesem Verständnis des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 als einer "Mindestfrist" wird für den Senat auch nachvollziehbar, dass der gemeinschaftliche Verordnungsgeber davon abgesehen hat, eine Übergangsregelung für solche Fälle zu treffen, in denen die Vier-Jahres-Frist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 bei Inkrafttreten dieser Verordnung fast abgelaufen war. Denn einer solchen Regelung hätte es im Interesse der Gemeinschaft bzw. der für die Wahrung deren finanzieller Interessen zuständigen nationalen Verwaltungen bedurft, wenn diese durch das Inkrafttreten der Verordnung mit einer vorher nicht bestehenden Notwendigkeit hätten konfrontiert werden sollen, in kürzerer Frist, als sie sie bisher hatten in Anspruch nehmen können, und auf welche sie sich folglich bisher hatten einstellen können und eingestellt haben, zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattungen wieder einziehen zu müssen, so dass die hierfür zur Verfügung stehende Frist bei Inkrafttreten der Verordnung also möglicherweise bereits fast abgelaufen und für eine rechtsstaatliche Verwaltung deshalb praktisch nicht mehr zu wahren gewesen wäre.

Lässt die VO Nr. 2988/95 in Art. 3 Abs. 3 die Anwendbarkeit des nationalen Rechts, sofern dieses keine kürzere als eine Vier-Jahres-Frist für die Verjährung vorsieht, unberührt, so kann die Anwendbarkeit des deutschen Rechts nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil hinsichtlich der Verjährung des Rückzahlungsanspruchs nunmehr keine Regelungslücke mehr bestehe, die durch analoge Anwendung tatbestandlich an sich nicht einschlägiger Vorschriften des deutschen Rechts auszufüllen wäre, vielmehr eine solche ehemals bestehende Regelungslücke durch Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 geschlossen worden sei. Denn dies verkehrte das Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht in das Gegenteil dessen, was die VO Nr. 2988/95, so wie sie der EuGH ausgelegt hat, anordnet, und entnähme Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 eine Regelung, welche die Vorschrift nicht trifft: Die gemeinschaftsrechtliche Frist beansprucht keinen Vorrang vor etwaigen längeren Fristen, welche die Mitgliedstaaten bisher --wie es in Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 bezeichnend heißt-- "angewandt" haben, welche sich also aus ihrer Rechtsordnung ergeben, und sie macht deshalb nicht die Frage überflüssig, ob der Rückzahlungsanspruch nach deutschem Recht --Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 gleichsam hinweggedacht-- erst nach einer längeren Frist als der vorgenannten Vier-Jahres-Frist verjährt. Denn Art. 3 VO Nr. 2988/95 normiert, wie erwähnt, lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Mindestfrist.

Dabei kann die Vorabentscheidung des EuGH nicht dahin verstanden werden, längere nationale Verjährungsfristen könnten sich nur aus Vorschriften des nationalen Rechts ergeben, die eine solche Frist ausdrücklich festlegen. Dass dies bei § 195 BGB a.F. nicht der Fall war, kann dem EuGH schwerlich verborgen geblieben sein, zumal das Vorabentscheidungsersuchen des Senats diesen Umstand ausdrücklich hervorgehoben hatte; wenn der EuGH unter diesen Umständen die Frage des Senats nach der Anwendbarkeit einer längeren als der in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 vorgesehenen Frist bzw. der Anwendbarkeit einer diesbezüglichen "allgemeinen Regelung" wie § 195 BGB a.F., aus der sich eine solche Frist "ergibt" --so das Vorabentscheidungsersuchen--, bejaht hat, ist diese Antwort klar und eindeutig. Es besteht deshalb entgegen einer in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Anregung schwerlich ein Anlass, in dieser Hinsicht eine (weitere) Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Zudem begreift sich von selbst, dass sich nicht nur aus ausdrücklichen Gesetzesbefehlen des geschriebenen Rechts ergibt, welches Recht "anzuwenden" ist, sondern dass bei der Ermittlung der Frist, nach deren Ablauf der Rückzahlungsanspruch des HZA nach deutschem Recht verjährt, die bei jedweder Rechtsanwendung anzuwendenden Methoden einschließlich derjenigen der analogen Anwendung von Vorschriften sowie ungeschriebene allgemeine Rechtsgrundsätze des einschlägigen nationalen Rechts zu berücksichtigen sind.

b) Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 geht in Bezug auf die Befugnis der deutschen Zollverwaltung zur Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattungen ins Leere; denn das deutsche Recht enthält keine Bestimmung, nach der ein Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung in einer kürzeren Frist als vier Jahre seit der Unregelmäßigkeit, die zur Gewährung der Erstattung geführt hat, verjährt. Hingegen greift Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 ein, weil nach deutschem Recht der Anspruch auf Rückzahlung erst nach einer längeren Frist verjährt, wie sich aus folgenden Überlegungen ergibt.

Das Rechtsinstitut der Verjährung kann nach der Rechtsprechung der deutschen Gerichte auch im öffentlichen Recht jedenfalls auf vermögensrechtliche Ansprüche grundsätzlich angewandt werden (vgl. statt aller Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteil vom 24. Januar 2007 3 A 2.05, BVerwGE 128, 99). Es dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, indem es Ansprüche, die über geraume Zeit hinweg nicht geltend gemacht wurden, dem Streit entzieht. Dieses Anliegen besteht im Privatrecht wie im öffentlichen Recht.

Das deutsche Recht enthält allerdings weder eine Verjährungsregelung, die ausdrücklich die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen oder überhaupt die Rückforderung von der Zollverwaltung oder anderen Stellen der Bundesverwaltung gewährter Subventionen oder anderer Zuwendungen regelt, noch finden sich im deutschen Recht sonst allgemeine Regelungen über die Verjährung von Rückzahlungsansprüchen oder überhaupt von vermögensrechtlichen Ansprüchen öffentlich-rechtlicher Art.

Nach welchen Regeln sich die Verjährung in den Fällen richtet, in denen grundsätzliche Regelungen oder unmittelbar anwendbare spezielle Verjährungsvorschriften nicht bestehen, entscheidet die Rechtsprechung insbesondere des BVerwG im Wege einer Analogie. Sie bewertet nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage, welche Verjährungsregelung als die "sachnächste" analog heranzuziehen ist.

Verjährungsregelungen, die hier unter diesem Gesichtspunkt in Betracht zu ziehen sind, bestehen in einzelnen zum öffentlichen Recht gehörenden Gesetzen (für das Sozialrecht: Bundessozialgericht, Urteil vom 1. August 1991 6 RKa 9/89, BSGE 69, 158), insbesondere bekanntlich in der Abgabenordnung (AO) für das Steuerrecht. Schon die unterschiedliche Länge der dort festgelegten Fristen, vor allem aber der Umstand, dass diese Regelungen Rechtsverhältnisse betreffen, die ihrer Struktur nach und im Hinblick auf die bei ihnen zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Interessen mit dem Marktordnungsrecht und insbesondere mit dem Ausfuhrerstattungsrecht nicht vergleichbar sind, schließen es freilich aus, eine der dort getroffenen Regelungen analog auf die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen anzuwenden oder gar aus jenen Regelungen einen allgemeinen, für alle Bereiche geltenden Grundsatz des deutschen öffentlichen Rechts herzuleiten, dass vermögensrechtliche Ansprüche eines Trägers öffentlicher Gewalt gegenüber dem Bürger binnen bestimmter Frist verjähren. Insbesondere § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist auf die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung nicht analog anwendbar. Denn der Anspruch des Staates auf Erhebung einer Steuer wie der in jener Vorschrift geregelten Verbrauchsteuer ist mit dem Anspruch auf Rückzahlung einer Subvention, die einem Wirtschaftsbeteiligten aufgrund einer von ihm begangenen bzw. ihm zugerechneten Unregelmäßigkeit zu Unrecht gewährt worden ist, offenkundig nicht vergleichbar, wenn auch die Interessenlage des Schuldners bei Verbrauchsteuern ebenso wie bei Ausfuhrerstattungen darauf gerichtet sein mag, möglichst schnell Rechtssicherheit zu erlangen. Ebenso wenig sind Vorschriften des Handelsrechts in diesem Zusammenhang entsprechend anwendbar, was angesichts des grundlegenden rechtssystematischen Unterschieds zwischen Rechtsbeziehungen zwischen Kaufleuten einerseits und zwischen einem Subventionsnehmer und der zur Wahrung des Rechts und der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft verpflichteten öffentlichen Verwaltung andererseits keiner weiteren Darlegung bedarf.

Im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), wo eine allgemeine Regelung über die Verjährung von Ansprüchen auf Rückzahlung von dem Beteiligten durch Unregelmäßigkeiten erlangter öffentlicher Zuwendungen am ehesten erwartet werden könnte, findet sich über die Verjährung solcher Ansprüche oder überhaupt solcher vermögensrechtlicher Art nichts. Das dürfte nicht unwesentlich damit zusammenhängen, dass solche Ansprüche jedenfalls in aller Regel durch den Erlass entsprechender Verwaltungsakte festgesetzt werden müssen und der Bürger gegen den Erlass solcher Verwaltungsakte, die ihm gewährte finanzielle Vorteile beseitigen, allerdings durch das VwVfG, insbesondere dessen § 48, aber auch sonst in den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Gesetzen geschützt ist. In diesem Zusammenhang besteht auch eine --nach der Auslegung, die sie in der Rechtsprechung gefunden hat, freilich für den Rechtsfrieden wenig hilfreiche-- Fristenregelung, nämlich § 48 Abs. 4 VwVfG.

Für vermögensrechtliche Ansprüche des öffentlichen Rechts enthält, wie aus diesem Befund gefolgert werden muss, das deutsche öffentliche Recht --vorbehaltlich eben erwähnter bereichsbezogener Sonderregelungen und der allgemeinen Vorschriften über die Änderung von Verwaltungsakten-- keine Vorschriften, aus denen die Verjährbarkeit des hier streitigen Rückzahlungsanspruchs gefolgert werden könnte.

Gleichwohl nimmt insbesondere die Rechtsprechung des BVerwG an, solche nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht verjährbaren Ansprüche seien, obwohl --wie hier-- ausdrückliche, spezielle Vorschriften des einschlägigen Rechts fehlten, nicht unverjährbar; vielmehr seien die Regelungen des BGB über die Verjährung vermögensrechtlicher Ansprüche analog anzuwenden. In der 30-jährigen Regelverjährung des § 195 BGB a.F. komme nämlich ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 3 C 37.07, Deutsches Verwaltungsblatt -DVBl.-- 2009, 445). Der erkennende Senat hat die dem folgende Ansicht des Urteils des FG Hamburg in seinem Urteil in BFH/NV 2002, 1189 bereits beiläufig als zutreffend bezeichnet. Er hält daran mit den sich aus den folgenden Überlegungen ergebenden Maßgaben fest.

3. Es verstößt nicht gegen allgemeine, höherrangige Grundsätze des Gemeinschaftsrechts oder des deutschen Rechts, den in dem angefochtenen Bescheid geltend gemachten Rückzahlungsanspruch als bei Erlass desselben noch nicht verjährt anzusehen.

Der vom FG in diesem Zusammenhang bemühte Grundsatz des Vertrauensschutzes kann von vornherein nicht betroffen sein, weil die Klägerin mangels eines geeigneten Anknüpfungspunktes nicht darauf vertrauen konnte, --nach Ablauf der im Streitfall zwischen der Begehung der für die Rückforderung verantwortlichen "Unregelmäßigkeit" bzw. der Gewährung der Erstattung verstrichenen Frist von sechs Jahren-- mit der Rückforderung nicht mehr rechnen zu müssen.

Ob der Grundsatz der Rechtssicherheit bei der Rückforderung von Ausfuhrerstattung nach einer Frist von fast 30 Jahren seit Gewährung derselben verletzt wäre, wie die Generalanwältin in den Schlussanträgen des Vorabentscheidungsverfahrens geltend gemacht hat, mag dahinstehen; soweit ersichtlich, ist allerdings zu § 195 BGB a.F. in der jahrzehntelangen Rechtsprechung jedenfalls der deutschen Gerichte und im Rahmen der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift außerhalb ihres ausdrücklich angesprochenen Regelungsbereichs sowie im Schrifttum die bei Annahme einer Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit bestehende Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift nicht geltend gemacht worden. Selbst wenn indes diese Vorschrift verfassungswidrig gewesen sein sollte, könnte dies nur dazu Anlass geben, die dort festgelegte Verjährungsfrist richterrechtlich auf ein angemessenes und mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und mit dem Rechtsfrieden vereinbares Maß zu verkürzen. Entsprechendes gälte bei Unvereinbarkeit einer so langen Verjährungsfrist mit den Geboten des Gemeinschaftsrechts. Denn es kann nicht ernstlich angenommen werden, aufgrund der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift seien die von ihr erfassten Ansprüche unverjährbar.

Es wäre dem erkennenden Senat auch nicht nachvollziehbar, warum die Verfassungswidrigkeit des § 195 BGB a.F. dazu führen sollte, dass der dem nationalen Recht von Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 eingeräumte Vorrang hinfällig und an die Stelle des nationalen Rechts die Mindestfrist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 treten sollte, die, wie ausgeführt, lediglich eine unangemessen kurze Frist des nationalen Rechts beiseite räumen will und deshalb nicht dem Unterfangen entgegensteht, eine unangemessen lange Frist des nationalen Rechts in der verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlich gebotenen Weise in Ausübung richterlicher Notkompetenz auf das angemessene Maß zu verkürzen.

Ob in Ausübung einer solchen richterlichen Notkompetenz die Frist des § 195 BGB a.F. zu verkürzen oder zumindest bei entsprechender Anwendung jener Vorschrift eine kürzere Frist für die Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung aufgrund einer Unregelmäßigkeit zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattungen um der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens willen festgelegt werden müsste, braucht der Senat nicht abschließend zu prüfen und zu entscheiden. Denn eine solche Frist könnte jedenfalls nicht so kurz bemessen werden, dass der vom HZA geltend gemachte Anspruch bei Erlass des angefochtenen Bescheids verjährt gewesen wäre.

Dafür ist ausschlaggebend, dass eine solche Frist nicht so kurz sein dürfte, dass ein Anspruchsverlust wegen Überschreitens dieser Frist mehr als im Ausnahmefall zu besorgen wäre; eine absolute Verjährungsfrist müsste vielmehr so lang sein, dass die Gefahr, dass Ansprüche verjähren, bevor das HZA von ihnen überhaupt Kenntnis erlangt, auf ein hinnehmbares Maß beschränkt ist (zu diesem Gesichtspunkt vgl. schon BTDrucks 14/6040, S. 108). Da Unregelmäßigkeiten bei Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattungen oftmals --wie gerade der Streitfall erkennen lässt-- erst durch umfangreiche und schwierige Untersuchungen in Drittstaaten oder durch nachgehende Marktordnungsprüfungen entdeckt werden, die zudem mitunter --auch im Interesse des Ausführers-- erst nach längeren prüfungsfreien Intervallen durchgeführt werden, wäre nach Auffassung des erkennenden Senats eine absolute Frist von vier Jahren unangemessen kurz und am ehesten an eine Frist von zehn Jahren zu denken, die bei Erlass des angefochtenen Bescheids jedoch nicht verstrichen gewesen wäre. Dass eine solche Frist auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar wäre, ist zweifelsfrei.

Dass die Verjährungsfrist für die Rückforderung aufgrund einer dem Begünstigten zuzurechnenden Unregelmäßigkeit diesem gewährter gesetzwidriger öffentlicher Zuwendungen von Verfassungs wegen bei der gebotenen Abwägung der Belange eines solchen Beteiligten gegen das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht weniger als sechs Jahre, die im Streitfall bis zur Rückforderung verstrichen sind, betragen könnte, ist erst recht nicht zweifelhaft. Wie der Vorbehalt des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 zeigt, ist auch der Gemeinschaftsgesetzgeber davon ausgegangen, dass eine längere Verjährungsfrist als die vierjährige des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Es fehlt deshalb auch in dieser Hinsicht an einem Anlass, den EuGH hierzu gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zu befragen, ganz abgesehen davon, dass sich die Antwort auf eine solche Frage umso klarer aus der vom Senat eingeholten Vorabentscheidung entnehmen lässt, als der EuGH dort, wie ausgeführt, entgegen den Anträgen der Generalanwältin nicht einmal Anlass gesehen hat, eine 30-jährige Frist zu beanstanden.

4. Aus den jetzt geltenden Verjährungsregeln des deutschen Rechts, die aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes § 195 BGB a.F. abgelöst haben, lässt sich für die Entscheidung des Streitfalls nichts gewinnen.

Dass diese Regeln nicht unmittelbar anwendbar sind, liegt auf der Hand: Ein Bescheid, durch den ein nach dem zum Zeitpunkt seines Erlasses geltenden Recht nicht verjährter Anspruch festgesetzt wird, wird nicht dadurch nachträglich rechtswidrig, dass sich die Verjährungsvorschriften dahin ändern, dass der Anspruch nach Maßgabe des neuen Rechts nicht hätte festgesetzt werden dürfen. Überdies enthält Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (i.d.F. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes) eine Übergangsvorschrift, nach der die neue Frist des § 195 BGB ebenso wie die neue Zehn-Jahres-Frist des § 199 Abs. 4 BGB ohnehin erst am 1. Januar 2002 zu laufen begönne.

Den durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz eingeführten Verjährungsvorschriften lässt sich auch nicht die gesetzgeberische Wertung entnehmen, dass eine 30-jährige Verjährungsfrist für vermögensrechtliche Ansprüche unangemessen lang und der Rechtssicherheit oder dem Rechtsfrieden abträglich sei (vgl. BVerwG-Urteil in DVBl. 2009, 445). Die eigentliche Reform des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes besteht nämlich nicht in der Verkürzung der Frist des § 195 BGB a.F., nachdem die dementsprechende neue Frist für eine Reihe von Ansprüchen nach wie vor 30 Jahre, für andere 10 Jahre (§ 199 Abs. 4 BGB) beträgt --die Anwendung der diese betreffenden Vorschriften würde offensichtlich ebenfalls zum Misserfolg der Klage führen--; sie besteht vielmehr in der Ergänzung dieser sog. absoluten Verjährungsfristen durch eine relative, die mit der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Anspruchsberechtigten von den seinen Anspruch begründenden Umständen und der Person seines Schuldners beginnt (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), was übrigens in gewissem Umfang mit der die Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Ansprüche, wie erwähnt, oftmals beschränkenden Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG korrespondiert.

Letztere Frist, die nach § 195 BGB drei Jahre beträgt und deren entsprechende Anwendung auf Rückzahlungsansprüche der hier streitigen Art erheblichen, jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit nicht weiter zu vertiefenden Bedenken begegnete, wäre im Streitfall gewahrt. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das HZA ungeachtet der ihm noch nicht vorliegenden Informationen über das Ergebnis der von der Europäischen Kommission eingeleiteten, eingangs erwähnten Untersuchungen grob fahrlässig nicht früher erkannt hat, dass das von der Klägerin exportierte Fleisch möglicherweise in den Irak gelangt und nicht, wie behauptet, in Jordanien in den freien Verkehr überführt worden ist.

5. Das Diskriminierungsverbot wird durch den angefochtenen Rückforderungsbescheid, anders als die Klägerin meint, nicht verletzt. Es gebietet nicht, dass sich Behörden und Gerichte eines Mitgliedstaats der Entscheidungspraxis anderer Mitgliedstaaten anpassen, mag es auch ein Gebot der Billigkeit sein, ungeachtet ausdrücklicher Regelungen hierüber dafür Sorge zu tragen, dass bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts in Deutschland nicht ohne rechtfertigenden Grund den Marktbeteiligten nachteilige Ergebnisse erzielt werden, die andere Mitgliedstaaten möglicherweise abzuwenden verstanden haben.

6. Die Sache muss nach alledem zurück an das FG gehen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO), damit dieses prüft, ob unter Berücksichtigung der Verteilung der Feststellungslast die für eine Rückforderung der Ausfuhrerstattung erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere die Ausfuhrwaren nicht in den freien Verkehr Jordaniens überführt worden sind.

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