FG Hamburg: Verdeckte Gewinnausschüttung - Reduzierung von Darlehenszinsen und unregelmäßige Gehaltszahlungen
FG Hamburg, Beschluss vom 22.3.2011 - 6 V 169/10
Sachverhalt
I. Die Beteiligten streiten über das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen (Verzinsung von Gesellschafterdarlehen und Anerkennung von Geschäftsführergehältern).
Die Antragstellerin war eine mit Gesellschaftsvertrag vom ... gegründete GmbH (Handelsregister - Amtsgericht A, HR ...). Gesellschafter waren B und C (beide jeweils zu 50 %). Seit Anfang 2009 ist der Antragsgegner für die Besteuerung der Antragstellerin zuständig. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom ... ist die Gesellschaft aufgelöst worden.
Geschäftsführer der Antragstellerin waren die beiden Gesellschafter. Diese bezogen gem. § 7 der Anstellungsverträge vom 01.01.1998, die den Präambeln zu diesen Verträgen zufolge auf Beschlüssen der Gesellschafterversammlung vom gleichen Tag beruhten, ein festes Monatsgehalt in Höhe von ... DM, welches den genannten Verträgen zufolge zum Ende eines jeden Monats gezahlt werden sollte.
Zudem gewährte die Antragstellerin ihren Gesellschaftern mit Verträgen vom ... Darlehen in Höhe von ... DM (B) und ... DM (C) sowie mit Vertrag vom ... dem Gesellschafter B ein weiteres Darlehen in Höhe von ... DM. Gemäß Ziff. 3 des jeweiligen Vertrages wurde ein Zinssatz von 6 % vereinbart. Die Darlehen sollten jeweils bis zum ... laufen. Regelmäßige Zins- und Tilgungsleistungen wurden nicht festgelegt; Sondertilgungen sollten jederzeit möglich sein. Eine verbleibende Restschuld sollte durch Verrechnung von Teilabtretungen aus Gehaltszahlungen beglichen werden, spätestens bis zum ... Eine Besicherung der Darlehen wurde nicht vereinbart. Eine Zinsanpassungsklausel enthielten die Darlehensverträge nicht.
Einem Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom ... zufolge wurden die Gehälter mit Wirkung ab ... auf 1.000 DM herabgesetzt. Als Grund wird eine "Reduzierung des Arbeitseinsatzes durch Wegfall der erwarteten Aufträge" angegeben.
Für die Streitjahre 1998 bis 2000 führte das damals noch zuständige Finanzamt E aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 07.10.2004 eine Betriebsprüfung durch. Im Verlauf dieser Prüfung beanstandete die Prüferin (unter anderem), dass die Gesellschafter die von ihnen geschuldeten Darlehenszinsen ab dem Jahr 1999 nicht mehr in voller Höhe gezahlt hätten und dass die Geschäftsführergehälter nicht monatlich ausgezahlt worden seien. Auf die Arbeitsakten der Prüferin wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Die Antragstellerin legte daraufhin mit Schreiben vom ... ein Protokoll über eine Gesellschafterversammlung vom ... vor, demzufolge der Zinssatz für die den Gesellschafter-Geschäftsführern gewährten Darlehen zur "Angleichung an den marktüblichen Zinssatz" auf 2,75 % herabgesetzt wurde. Nach einem Hinweis der Prüferin, dass die Herabsetzung nicht rückwirkend berücksichtigt werden könne, legte die Antragstellerin mit Schreiben vom ... zwei weitere Protokolle über Gesellschafterversammlungen vom ... und vom ... vor, denen zufolge bereits zu diesen Zeitpunkten (jeweils) eine Herabsetzung des Zinssatzes auf 2,75 % beschlossen worden war. Die Prüferin hielt fest, dass es in Anbetracht der beiden älteren Beschlüsse nicht nachvollziehbar sei, warum in dem Protokoll vom Dezember 2000 - erneut - von einer "Herabsetzung" des vereinbarten Zinssatzes und einer "Angleichung" an den marktüblichen Zinssatz gesprochen werde. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei, dass die Protokolle vom Dezember 1998 und 1999 nicht bereits mit dem Schreiben vom ... vorgelegt worden seien. Die Annahme liege nahe, dass diese Protokolle nachträglich erstellt worden seien. Einem Aktenvermerk vom 11.01.2007 zufolge konnte im Rahmen einer Besprechung vom 09.01.2007 in beiden Punkten keine Einigung erzielt werden.
In dem Prüfungsbericht vom 21.05.2007 führte die Prüferin aus:
Gegenüber einem fremden Dritten hätte die Antragstellerin nicht auf die ihr vertraglich zustehenden Zinsen verzichtet. Der Zinsverzicht in Höhe von 3,25 % sei daher gesellschaftsrechtlich veranlasst und stelle eine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Der ursprünglich vereinbarte Zinssatz von 6 % werde dabei nicht beanstandet. In den Jahren 1999 und 2000 hätten die banküblichen Festgeldzinsen bei etwa 3 % gelegen und die bankübliche Sollverzinsung für ein besichertes Darlehen bei etwa 8 %. Daher sei für ein unbesichertes Darlehen von einem Zinssatz von 10 % auszugehen. Da sich im Zweifel Darlehensgeber und Darlehensnehmer die Spanne zwischen banküblichen Haben- und Sollzinsen teilten, ergebe sich im Schätzungswege ein angemessener Zinssatz von 6,5 % ( = (3+20) / 2).
Das Geschäftsführergehalt für die Monate Januar bis Oktober 1998 sei erst im Oktober 1998 eingebucht worden; anschließend seien die Buchungen fortlaufend erfolgt. Die Lohnsteuer für 1998 sei erstmals im Januar 1999 angemeldet worden. Alle Buchungen seien zunächst über Verrechnungskonten gelaufen. Im Jahresabschluss sei dies rückgängig gemacht und das Jahresgehalt für beide Geschäftsführer als Verbindlichkeit erfasst worden, ohne dass eine Darlehensvereinbarung vorliege. Erst im Februar und im Mai 1999 seien die Geschäftsführergehälter für 1998 tatsächlich ausgezahlt worden. Auch für die Jahre 1999 und 2000 seien die Gehälter nur unregelmäßig ausgezahlt worden. Zum Teil seien Zahlungen für drei Monate erfolgt, zum Teil für einen Monat. Einer der Geschäftsführer habe für Dezember 1999 überhaupt kein Gehalt erhalten. Ab Oktober 2000 sei nicht mehr nachvollziehbar, ob und wie Gehälter ausgezahlt worden seien. Um das Konto "Verbindlichkeiten aus Lohn und Gehalt" auszugleichen, seien die bestehenden Verbindlichkeiten, die sich aus dem Gehalt für Dezember 1999 für einen Geschäftsführer sowie aus den Gehältern für Oktober bis Dezember 2000 für beide Geschäftsführer zusammensetzten, insgesamt über das Verrechnungskonto des einen Gesellschafters aufgelöst worden. Es fehle daher an einer tatsächlichen Durchführung und somit an der Ernsthaftigkeit der Gehaltsvereinbarungen. Die Gesellschafter der Antragstellerin seien insoweit als beherrschende Gesellschafter anzusehen. Zwar halte jeder für sich betrachtet keine Mehrheitsbeteiligung, doch lägen in Bezug auf die Geschäftsführergehälter gleichgerichtete Interessen vor. Ein Indiz für ein Zusammenwirken der Gesellschafter, seien die übereinstimmende Höhe der Gehälter und das zeitliche Zusammenfallen der den Verträgen zugrunde liegenden Beschlüsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 21.05.2007 und die Arbeitsakten der Prüferin Bezug genommen.
Am 12.06.2007 bzw. 18.06.2007 erließ das Finanzamt E geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer für die Jahre 1998, 1999 und 2000. Die Körperschaftsteuer wurde auf ... € (1998), ... (1999) und ... (2000) festgesetzt. Für das Jahr 2000 erging am 02.07.2007 erneut ein geänderter Bescheid, mit dem die Körperschaftsteuer auf ... € herabgesetzt wurde.
Die Antragstellerin legte gegen die Bescheide am 09.07.2007 Einspruch ein. Sie machte im Wesentlichen geltend, dass eine Reduzierung und Angleichung des für die Darlehen vereinbarten Zinssatzes von 6 % auf 2,75 % den seinerzeitigen wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprochen habe; die Vergleichsberechnungen der Prüferin gingen völlig am tatsächlichen Sachverhalt vorbei. Hinsichtlich der Geschäftsführergehälter läge keine Beherrschung durch die Gesellschafter vor, da beide jeweils zur Hälfte beteiligt seien. Auch müsse berücksichtigt werden, dass die Gesellschafter ... Staatsbürger seien, was die Form der Geschäftsführung präge. Die Lohnkosten seien laufend erfasst und gebucht bzw. als Speicherbuchhaltung geführt und gesichert worden. Die Buchungen im Jahresabschluss 1998 hätten lediglich einem Abgleich von Verrechnungskonten und Lohnkonten gedient. Hintergrund sei, dass die Geschäftsführer zum Bestreiten aller Aufwendungen Kosten verauslagt hätten, ohne dass ein Kassenbuch geführt worden sei. Tatsächlich seien die Löhne entweder zeitnah ausgezahlt oder aber auf dem Darlehenswege verrechnet worden. Löhne ab Oktober 2000 seien als Bargeld bzw. Bankabhebungen ausgezahlt worden. Schließlich sei auch noch zu berücksichtigen, dass eine Schlussbesprechung nicht stattgefunden habe und dass die Betriebsprüfung aus diesem Grund noch nicht abgeschlossen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Antragstellerin vom 09.07.2007 samt Anlagen und vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Mit Entscheidung vom 30.04.2010 wies der Antragsgegner die Einspruchsentscheidung in Bezug auf die hier streitigen Punkte als unbegründet zurück und folgte dabei dem Bericht der Betriebsprüfung: Der Antragstellerin habe der vertraglich vereinbarte Zinssatz in Höhe von 6 % zugestanden; dieser Zinssatz sei auch angemessen gewesen, und einem fremden Dritten gegenüber hätte die Antragstellerin nicht auf Zinsen in Höhe von 3,25 % verzichtet. Die Vereinbarung über die Geschäftsführergehälter sei steuerlich nicht anzuerkennen, da es an der tatsächlichen Durchführung fehle. Eine Schlussbesprechung habe zwar unstreitig nicht stattgefunden, doch stehe dies der Verwertung der Prüfungsergebnisse ohnehin nicht entgegen; zudem gelte die Außenprüfung als abgeschlossen, wenn das Finanzamt den Abschluss zumindest konkludent erklärt habe, was im Streitfall durch Übersendung des Prüfungsberichts geschehen sei. Jedenfalls seien aber die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen und Belege bei der Einspruchsentscheidung berücksichtigt worden, so dass die nicht abgehaltene Schlussbesprechung keinerlei Auswirkung auf die Steuerfestsetzung habe.
Die Körperschaftsteuer für 1998 wurde mit der Einspruchsentscheidung auf ... und die für 2000 auf ... herabgesetzt (wegen hier nicht streitiger Punkte). Die Festsetzung für 1999 blieb mit ... unverändert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Am 01.06.2010 hat die Antragstellerin Klage erhoben (Aktenzeichen: 6 K 110/10). Am 02.06.2010 hat sie bei dem Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung der mit der Klage angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide in folgender Höhe beantragt: ...
Der Antragsgegner hat diesen Antrag mit Bescheid vom 11.06.2010 abgelehnt. Der dagegen gerichtete Einspruch der Antragstellerin vom 06.07.2010 ist mit Entscheidung des Antragsgegners vom 15.07.2010 als unbegründet zurückgewiesen worden.
Mit Bescheiden vom 22.07.2010 hat die Antragsgegnerin die Körperschaftsteuerbescheide für 1999 und für 2000 erneut geändert. Die Änderungen betreffen jedoch nur die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen, die bislang versehentlich nicht berücksichtigt worden sind.
Am 13.08.2010 hat die Antragstellerin bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über Körperschaftsteuer für 1998 bis 2000 beantragt. Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor: Eine nachträgliche Vereinbarung über die Höhe der Darlehenszinsen liege entgegen den Behauptungen des Antragsgegners nicht vor. Dabei verkenne der Antragsgegner, dass es sich um "Haben-Zinsen" gehandelt habe. Die Antragstellerin hätte mit den Geldern, die sie den Gesellschaftern als Darlehen gewährt habe, bankübliche Habenzinsen erzielen können. Diese stellten wirtschaftlich die höchstens möglichen Zinseinnahmen dar. Es gebe keinen Grund, die Guthabenszinsen der Antragstellerin mit fiktiven Schuldzinsen zu vergleichen, schon gar nicht, soweit dabei auf festverzinsliche Geldanlagen zurückgegriffen werde. Eine Beherrschung der Antragstellerin durch die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer sei weder erkennbar noch nachvollziehbar belegt. Durch die jeweils hälftige Beteiligung werde eine Beherrschung durch einen Gesellschafter im Gegenteil ausdrücklich ausgeschlossen. Schriftform sei für Dienstverträge nicht vorgeschrieben. Auch in anderen Fällen seien mündliche Vereinbarungen getroffen worden; dies ergebe sich aus den Geschäftsabläufen. Unregelmäßigkeiten in der Auszahlung seien im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung aufgegriffen und geklärt worden. Auch die Abrechnung von Produktionen habe sich zeitweise über mehrere Monate hingezogen, ohne dass sich einer der maßgeblichen Künstler und Darsteller darüber "hinweggesetzt" habe; was aber "usus" sei, müsse für alle gelten. Schließlich weist die Antragstellerin noch einmal darauf hin, dass keine Schlussbesprechung durchgeführt worden sei und dass zahlreiche Belege und weiteres Vorbringen noch in die Beurteilung einfließen müssten.
Die Antragstellerin beantragt,
die Körperschaftsteuerfestsetzungen für 1998 bis 2000 von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidungen.
Die Beteiligten haben erklärt, dass sie mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden sind.
Dem Gericht haben folgende Akten vorgelegen: je ein Band Körperschaftsteuerakten, Umsatzsteuerakten, Gewerbesteuerakten, Feststellungsakten, Bilanzakten, Allgemeines; ein Band Betriebsprüfungsakten mit zwei Aktenordnern "Bp-Arbeitsakten"; sowie zwei Bände Rechtsbehelfsakten.
Aus den Gründen
II. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 FGO).
2. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen.
Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel bestehen, wenn nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund des unstreitigen Sachverhalts, der gerichtsbekannten Tatsachen und der präsenten Beweismittel neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Beschluss vom 05.03.2008 - I B 171/07, BFH/NV 2008, 1060, m. w. N.; ferner: Koch in: Gräber, FGO, 7. Aufl., § 69 Rz. 86 m. w. N.). Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen.
Die Entscheidung über einen Aussetzungsantrag ergeht aufgrund des Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde, und präsenten Beweismitteln ergibt. Aus diesen Unterlagen hat das Gericht seine Feststellungen zum Sachverhalt zu treffen (BFH-Beschluss vom 06.11.2008 - IV B 126/07, BStBl. II 2009, 156).
3. Im Streitfall bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide.
a) Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 1 Abs 1 Nr. 1 KStG mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen einer Kapitalgesellschaft nicht.
Verdeckte Gewinnausschüttungen i. S. d. genannten Vorschriften sind Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrungen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirken und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wird regelmäßig dann angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Der Vorgang muss zudem geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 08.10.2008 - I R 61/07, BStBl. II 2011, 62, mit weiteren Nachweisen).
b) Nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ist der Antragsgegner aller Voraussicht nach zu Recht davon ausgegangen, dass in der Reduzierung der von den Gesellschaftern zu zahlenden Darlehenszinsen in den Streitjahren 1999 und 2000 eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen ist.
Im Falle der Gewährung eines Darlehens durch die Gesellschaft an ihren Gesellschafter muss die dem Darlehen zugrunde liegende Vereinbarung klar, eindeutig und zivilrechtlich wirksam sein. Soweit dies zutrifft, muss darüber hinaus eine marktübliche Verzinsung vereinbart worden sein. Ober- und Untergrenze der Marktüblichkeit sind der höchstrichterlichen Rechtsprechung zufolge die banküblichen Haben- und Sollzinsen, wobei bislang regelmäßig davon ausgegangen wurde, dass sich Gesellschaft und Gesellschafter die dazwischen liegende Spanne teilen (vgl. BFH-Urteile vom 28.02.1990 - I R 83/87, BStBl. II 1990, 649; vom 19.01.1994 - I R 93/93, BStBl. II 1994, 725; und vom 22.10.2003 - I R 36/03, BStBl. II 2004, 307).
Allerdings sind in Rechtsprechung und Schrifttum Zweifel geäußert worden, inwieweit diese Auffassung nach wie vor Bestand haben kann. So hat beispielsweise das FG Sachsen-Anhalt entschieden, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht angenommen werden könne, wenn die zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern vereinbarten Zinsen für von den Geschäftsführern ausgereichte Darlehen nicht oder nur geringfügig über den maximal möglichen Obergrenzen der Streubreite für Sollzinsen der Banken für Kredite liegen (Urteil vom 21.02.2008 - 3 K 305/01, juris; s. dazu auch BFH-Beschluss vom 22.09.2008 I B 69-71/08, juris). Und in der Kommentarliteratur heißt es: Soll-Größe eines fremdvergleichsgerechten Verhaltens könne regelmäßig immer nur jener Zinssatz sein, den der ver- oder entleihende Geschäftspartner auf dem "freien" Markt erreichen könne. Die "Bandbreitenbetrachtung" der Rechtsprechung sei insoweit unangebracht; eher schon müsse gefragt werden, ob der Kapitalgesellschaft auf dem "freien" Markt eine anderweitige (alternative) Verwendung der Darlehensmittel zur Verfügung gestanden hätte und welchen "Preis" sie dabei hätte erzielen können (so Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz. 693; vgl. auch Häußermann in Ernst & Young, KStG, § 8 Rz. 1235; a. A. hingegen Rengers, in: Blümich, KStG, § 8 Rz. 594 f.).
Vor diesem Hintergrund ließe sich die Annahme des Antragsgegners, die für die Streitjahre 1999 und 2000 gezahlten Zinsen in Höhe von 2,5 % seien nicht (mehr) angemessen gewesen, in Zweifel ziehen. Doch kommt es hierauf nicht an; denn letztlich ist ein anderer Gesichtspunkt ausschlaggebend: Die Antragstellerin hatte ursprünglich mit ihren Gesellschafter-Geschäftsführern einen Zinssatz von 6 % vereinbart. Zinsanpassungsklauseln enthielten die Darlehensverträge nicht. Es ist daher nicht ersichtlich, auf welcher tatsächlichen oder rechtlichen Grundlage ein fremder Dritter von der Antragstellerin als Darlehensgeberin eine Reduzierung des vertraglich festgelegten und damit auch für die Streitjahre 1999 und 2000 geschuldeten Zinssatzes hätte verlangen und erreichen können. Der schlichte Hinweis auf die veränderten "wirtschaftlichen Gegebenheiten" hätte jedenfalls unter fremdüblichen Bedingungen nicht ausgereicht; denn niemand verzichtet ohne weiteres auf vertraglich vereinbarte Zinsen, auch nicht teilweise. Nachvollziehbare sonstige Gründe sind von der Antragstellerin nicht vorgetragen worden und auch aus den vorliegenden Akten und Unterlagen nicht ersichtlich.
Daher ist mit dem Antragsgegner (jedenfalls vorläufig) davon auszugehen, dass der Zinsverzicht gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Auf die Frage, wann dieser Zinsverzicht tatsächlich beschlossen wurde und wie sich die vorgelegten Protokolle über die Gesellschafterversammlungen zueinander verhalten, kommt es daher für das vorliegende Aussetzungsverfahren nicht an.
c) Gleichermaßen scheint es nach summarischer Prüfung gerechtfertigt, in Bezug auf die Gehaltsvereinbarungen und die Geschäftsführergehälter von verdeckten Gewinnausschüttungen auszugehen.
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 22.10.2003 - I R 36/03, BStBl. II 2004, 310, mit weiteren Nachweisen). Ein Gesellschafter ist ein beherrschender in diesem Sinne, wenn er entweder die Mehrheit der Stimmrechte hat oder mit anderen Gesellschaftern zusammenwirkt, die die gleichen finanziellen Interessen haben (BFH-Urteil vom 09.04.1997 - I R 52/96, BFH/NV 1997, 808; vgl. auch Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz. 221). Die Interessen müssen, um eine Beherrschung anzunehmen, im allgemeinen in dem Zeitpunkt gleichgerichtet sein, in dem das möglicherweise als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilende Rechtsgeschäft vorgenommen wird (BFH a. a. O.). Ein solcher Interessengleichklang wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn den zu gleichen Anteilen beteiligten Gesellschaftern ein gleichlaufender Vorteil zugute kommt (so etwa Gosch, a. a. O., Rz. 222).
An einer tatsächlichen Durchführung von Gehaltsvereinbarungen kann es unter anderem dann fehlen, wenn fällige Gehaltsansprüche nicht zeitnah erfüllt werden (vgl. etwa BFH-Urteil vom 13.11.1996 - I R 53/95, BFH/NV 1997, 622; BFH-Beschluss vom 21.03.2001 - I B 31/00, BFH/NV 2001, 1149, mit weiteren Nachweisen). In der Regel werden Gehaltsansprüche durch Überweisung des Nettogehalts auf ein Bankkonto des Geschäftsführers oder durch Barauszahlung des Nettogehalts und Abführung der Lohnsteuer und etwaiger Sozialversicherungsbeiträge erfüllt. Für Monatsgehälter gilt der Grundsatz, dass sie auch monatlich ausbezahlt zu werden pflegen. Selbst kurzfristige Verzögerungen in der Auszahlung können steuerlich nur anerkannt werden, wenn sie ihren Grund in den Besonderheiten des Einzelfalles haben und üblich sind (BFH-Urteil vom 13.11.1996 -I R 53/95, BFH/NV 1997, 622; s. hierzu auch Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz. 827).
Ungeachtet dessen kann der Gehaltsanspruch auch dadurch erfüllt werden, dass er aufgrund einer gesonderten Vereinbarung in einen Darlehensanspruch gegen die Gesellschaft umgewandelt wird oder durch Aufrechnung erlischt. Ersteres setzt die - objektiv nachvollziehbare - Vereinbarung eines Darlehens voraus, letzteres eine Aufrechnungserklärung des Geschäftsführers. Allein das bestehen einer Aufrechnungslage, also die Tatsache, dass die Voraussetzungen für eine Aufrechnung gegeben sind (vgl. § 387 BGB), genügt nicht (BFH-Beschluss vom 21.03.2001 - I B 31/00, BFH/NV 2001, 1149).
Im Streitfall geht das Gericht nach summarischer Prüfung davon aus, dass die beiden Gesellschafter in Bezug auf die Gehaltsvereinbarungen "kraft gleichgelagerter Interessen" als beherrschende Gesellschafter anzusehen sind; denn sie sind jeweils zu 50 % an der Antragstellerin beteiligt und haben sich mit Anstellungsverträgen vom gleichen Tag und zu gleichen Bedingungen ein monatliches Gehalt von jeweils 5.000,00 DM zugesagt.
An der aus diesem Grund erforderlichen tatsächlichen Durchführung der Gehaltsvereinbarung fehlt es nach derzeitiger Einschätzung des Gerichts in allen drei Streitjahren. Die Auszahlung der Gehälter für das Streitjahr 1998 ist nicht monatlich erfolgt, sondern zusammengefasst erst in den Monaten Februar bzw. Mai des Jahres 1999. Die Auszahlung der Gehälter für die Streitjahre 1999 und 2000 ist insgesamt so unregelmäßig erfolgt, dass sie nach gegenwärtiger Auffassung des Gerichts nicht mehr den Charakter monatlicher Gehaltszahlungen haben; es entsteht vielmehr der Eindruck, als hätten sich die Gesellschafter-Geschäftsführer nach Bedarf "bedient".
Die Regelungen in den Darlehensverträgen, denen zufolge Sondertilgungen "jederzeit möglich" sind, rechtfertigen keine anderweitige Beurteilung. Denn um Gehaltsansprüche und Darlehensverbindlichkeiten gegeneinander aufrechnen zu können, wären entsprechende Aufrechnungserklärungen erforderlich gewesen. Allein das Bestehen einer Aufrechnungslage führt - wie dargelegt - noch nicht zur Aufrechnung und damit zur Erfüllung der Gehaltsansprüche.
Gleichermaßen fehlt es an Belegen über Vereinbarungen über die Umwandlung von Gehaltsansprüchen in Darlehen. Der Hinweis der Antragstellerin auf "zahlreiche Belege und weiteres Vorbringen" ersetzt konkrete Nachweise nicht. Das Gericht kann im Aussetzungsverfahren nur über das entscheiden, was ihm vorliegt.
Auch der Verweis auf die "Eigenart dieser X-Produktionsfirma" ist zu wenig konkret, um die unregelmäßigen Zahlungen erläutern und rechtfertigen zu können, ebenso der Hinweis auf die "in der Branche üblichen À-conto-Zahlungen", zumal die Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mit den für einzelne Produktionen verpflichteten ... und ... verglichen werden können. Die Antragstellerin wird im Hauptsacheverfahren Gelegenheit haben, hierzu ergänzend vorzutragen.
Aus dem von der Antragstellerin angeführten Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.01.1990 (I R 157, 86, BStBl. II 1990, 645) kann nichts gegenteiliges hergeleitet werden; denn der dort festgestellte Sachverhalt unterscheidet sich von dem vorliegenden dadurch, dass die den dortigen Geschäftsführern zugesagten Gehälter tatsächlich bei Fälligkeit - also monatlich - ausbezahlt worden waren (s. BFH, a. a. O., unter II.1.c.). Dies ist im Streitfall aber gerade nicht geschehen.
In dem weiteren von der Antragstellerin angeführten Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.07.1992 (I R 18/91, BStBl. II 1993, 139) wurde hingegen die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Finanzamt und Finanzgericht ausdrücklich bestätigt; welche Schlüsse die Antragstellerin aus dieser Entscheidung für das vorliegende Verfahren ziehen möchte, vermag das Gericht gegenwärtig nicht zu erkennen.
d) Hinsichtlich des Vorbringens der Antragstellerin, es habe keine Schlussbesprechung stattgefunden, ist darauf zu verweisen, dass dieser Umstand kein Verwertungsverbot nach sich zieht (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 24.08.1998 - III S 3/98, BFH/NV 1999, 436; ebenso: Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 201 AO Tz. 2, mit weiteren Nachweisen). Auch hat die Antragstellerin im Einspruchsverfahren Gelegenheit gehabt, sich zu den einzelnen Feststellungen im Prüfungsbericht zu äußern.
4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 135 Abs. 1, § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO.