EuGH: Unterschiedliche Besteuerung von OGAW
EuGH, Urteil vom 10.5.2012 - verb. Rs. C-338/11 bis 347/11, FIM Santander Top 25 Euro Fi.
Tenor
Die Art. 63 AEUV und 65 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die die Dividenden inländischer Herkunft einer Quellensteuer unterwirft, wenn sie von in einem anderen Staat ansässigen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren bezogen werden, während solche Dividenden, die von im ersten Staat ansässigen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren bezogen werden, von der Steuer befreit sind.
Aus den Gründen
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Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 63 AEUV und 65 AEUV.
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Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten von gebietsfremden Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (im Folgenden: OGAW) gegen die französischen Steuerbehörden wegen Einbehaltung der Quellensteuer auf die an diese OGAW ausgeschütteten Dividenden inländischer Herkunft.
Nationales Recht
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Nach französischem Recht gehören zu den OGAW die Sociétés d'investissement à capital variable (Investmentgesellschaften mit variablem Kapital; im Folgenden: SICAV) und die Fonds communs de placement (Investmentfonds; im Folgenden: FCP). Nach Art. 208 1bis A des französischen Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch; im Folgenden: CGI) sind die SICAV von der Körperschaftsteuer für im Rahmen ihres gesetzlichen Zwecks erzielte Gewinne befreit. Was die FCP angeht, unterliegen diese als Miteigentümer von Gesetzes wegen nicht der Körperschaftsteuer.
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Art. 119bis Abs. 2 CGI bestimmt:
„Von den [Dividenden] wird eine Quellensteuer einbehalten, deren Satz sich nach Art. 187 bestimmt, wenn sie Personen zugutekommen, die ihren steuerlichen Sitz oder ihren Wohnsitz nicht in Frankreich haben ..."
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In Art. 187 CGI heißt es:
„1. Der Satz der in Art. 119bis vorgesehenen Quellensteuer beträgt:
...
- 25 % für alle anderen Einkünfte."
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
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Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren sind belgische OGAW (Rechtssachen C‑342/11 und C‑346/11), deutsche (Rechtssachen C‑340/11, C‑341/11, C‑343/11 und C‑347/11), spanische (Rechtssachen C‑338/11 und C‑339/11) und in den Vereinigten Staaten ansässige OGAW (Rechtssachen C‑344/11 und C‑345/11), die insbesondere in Aktien französischer Gesellschaften investieren und aus diesen Investitionen Dividenden beziehen. Diese Dividenden unterliegen nach Art. 119bis Abs. 2 und Art. 187 Abs. 1 CGI in Frankreich einer Quellensteuer von 25 %.
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Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts führt die in den Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung eine unterschiedliche steuerliche Behandlung zum Nachteil der gebietsfremden OGAW ein, indem von den Dividenden französischer Herkunft, die solche Organismen beziehen, eine Quellensteuer einbehalten wird, während dies bei den Dividenden gleicher Herkunft, die an gebietsansässige OGAW ausgezahlt werden, nicht der Fall ist. Diese unterschiedliche Behandlung stellt nach Ansicht des vorlegenden Gerichts eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 63 AEUV dar, die nur dann nach Art. 65 AEUV zulässig sei, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betreffe, die objektiv nicht vergleichbar seien, oder wenn die Beschränkung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei. Bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situationen sei die Frage entscheidend, ob die Situation der Anteilsinhaber neben der Situation der OGAW zu berücksichtigen sei.
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Werde nur die Situation der OGAW berücksichtigt, sei festzustellen, dass sich diese unabhängig davon, ob sie in Frankreich oder in einem anderen Mitgliedstaat ansässig seien, in einer objektiv vergleichbaren Situation befänden. In diesem Fall könne die unterschiedliche Behandlung auch nicht als durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt betrachtet werden.
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Wenn dagegen in Anbetracht des ausschließlichen Zwecks der OGAW, als bloßer Mittler - nicht notwendigerweise mit eigener Rechtspersönlichkeit - Geld für Rechnung von Anlegern anzulegen, und angesichts der tatsächlichen Besteuerung der Dividenden bei den Anteilsinhabern, ob gebietsansässig oder gebietsfremd, entweder unmittelbar aufgrund der Steuerregelung für gebietsansässige OGAW oder mittelbar durch den Einbehalt der Quellensteuer bei gebietsfremden OGAW nicht nur die Situation der OGAW, sondern auch die Situation ihrer Anteilsinhaber zu berücksichtigen sei, könnte die Quellensteuer mit dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs vereinbar sein, wenn entweder die Situationen wegen der anwendbaren Steuerregelung insgesamt als nicht objektiv vergleichbar betrachtet werden könnten oder ein zwingender Grund des Allgemeininteresses im Hinblick auf die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle die unterschiedliche Behandlung rechtfertige.
Unter diesen Umständen hat das Tribunal administratif de Montreuil (Frankreich) beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist neben der Situation der Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) diejenige der Anteilsinhaber zu berücksichtigen?
2. Wenn ja: Unter welchen Voraussetzungen kann angenommen werden, dass die streitige Quellensteuer mit dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs vereinbar ist?
Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 4. August 2011 sind die Rechtssachen C‑338/11 bis C‑347/11 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
Zu den Vorlagefragen
Vorab ist klarzustellen, dass sich die vorgelegten Fragen, auch wenn die Art. 119bis Abs. 2 und 187 CGI allgemein auf Personen anwendbar sind, die ihren steuerlichen Sitz oder ihren Wohnsitz nicht in Frankreich haben, nur auf die steuerliche Behandlung der OGAW beziehen, die sich aus der Anwendung dieser Bestimmungen ergibt.
Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 63 AEUV und 65 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die Dividenden inländischer Herkunft, die an OGAW ausgeschüttet werden, je nach dem Sitz des empfangenden Organismus steuerlich unterschiedlich behandelt. Insbesondere möchte es wissen, ob bei der Besteuerung der Dividenden, die von gebietsansässigen Gesellschaften an gebietsfremde OGAW ausgeschüttet werden, der Vergleich der Situationen, um bestimmen zu können, ob eine unterschiedliche Behandlung vorliegt, die ein Hemmnis für den freien Kapitalverkehr darstellt, nur auf der Ebene des Anlageinstruments vorzunehmen ist oder ob auch die Situation der Anteilsinhaber berücksichtigt werden muss.
Hierzu ist vorab darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, diese jedoch ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben müssen (Urteile vom 4. März 2004, Kommission/Frankreich, C‑334/02, Slg. 2004, I‑2229, Randnr. 21, vom 20. Januar 2011, Kommission/Griechenland, C‑155/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39, und vom 16. Juni 2011, Kommission/Österreich, C‑10/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 23).
Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den Maßnahmen, die Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten (Urteile vom 25. Januar 2007, Festersen, C‑370/05, Slg. 2007, I‑1129, Randnr. 24, vom 18. Dezember 2007, A, C‑101/05, Slg. 2007, I‑11531, Randnr. 40, sowie vom 10. Februar 2011, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, C‑436/08 und C‑437/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50).
Bezüglich der Frage, ob eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die in den Ausgangsverfahren fragliche eine Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellt, ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Regelung die Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft an einen gebietsfremden OGAW ausschüttet - gleich, ob dieser in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat ansässig ist - durch Einbehaltung einer Quellensteuer von 25 % besteuert werden, während solche Dividenden nicht besteuert werden, wenn sie an einen gebietsansässigen OGAW ausgeschüttet werden.
Eine solche unterschiedliche steuerliche Behandlung der Dividenden, je nachdem, wo der OGAW seinen Sitz hat, ist geeignet, gebietsfremde OGAW von Investitionen in Gesellschaften, die in Frankreich ansässig sind, und in Frankreich ansässige Anleger vom Erwerb von Anteilen an gebietsfremden OGAW abzuhalten.
Diese Regelung stellt daher eine nach Art. 63 AEUV grundsätzlich verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.
Zu prüfen ist jedoch, ob diese Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach den Bestimmungen des AEU-Vertrags gerechtfertigt sein kann.
In Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV heißt es: „Artikel 63 [AEUV] berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, ... die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln."
Diese Bestimmung ist, da sie eine Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs darstellt, eng auszulegen. Sie kann somit nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Staat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre (vgl. Urteile vom 11. September 2008, Eckelkamp u. a., C‑11/07, Slg. 2008, I‑6845, Randnr. 57, vom 22. April 2010, Mattner, C‑510/08, Slg. 2008, I‑3553, Randnr. 32, sowie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 56).
Die in der genannten Bestimmung vorgesehene Ausnahme wird nämlich ihrerseits durch Art. 65 Abs. 3 AEUV eingeschränkt, wonach die in dessen Abs. 1 genannten nationalen Vorschriften „weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 63 darstellen [dürfen]".
Die nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV zulässigen Ungleichbehandlungen müssen daher von den durch Art. 65 Abs. 3 AEUV verbotenen Diskriminierungen unterschieden werden. Nach der Rechtsprechung kann eine nationale Steuerregelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche aber nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die von ihr vorgesehene Ungleichbehandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. Urteile vom 6. Juni 2000, Verkooijen, C‑35/98, Slg. 2000, I‑4071, Randnr. 43, vom 7. September 2004, Manninen, C‑319/02, Slg. 2004, I‑7477, Randnr. 29, und vom 1. Dezember 2011, Kommission/Belgien, C‑250/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 51).
Um die Vergleichbarkeit der Situationen beurteilen zu können, wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob die Situation der Anteilsinhaber neben derjenigen der OGAW zu berücksichtigen ist.
Die französische Regierung hält an ihrer Ansicht fest, dass die OGAW keine Anleger im eigenen Namen, sondern gemeinsame Anlageinstrumente seien, die für Rechnung ihrer Anteilsinhaber handelten. Da auf steuerlicher Ebene die Zwischenschaltung der OGAW neutral sei, würden die Dividenden, die sie bezögen, nicht besteuert. Somit sei auch die Situation der Anteilsinhaber zu berücksichtigen, um bestimmen zu können, ob die unterschiedliche Behandlung für die Dividenden, die an gebietsfremde OGAW ausgeschüttet würden, im Vergleich zu der Behandlung, die den an gebietsansässige OGAW ausgeschütteten Dividenden vorbehalten sei, Situationen betreffe, die nicht objektiv vergleichbar seien.
Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden.
Zwar ist es Sache jedes Mitgliedstaats, unter Beachtung des Unionsrechts sein System der Besteuerung von Gewinnausschüttungen auszugestalten. Wird jedoch in einer nationalen Steuerregelung ein Kriterium für die Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne aufgestellt, ist die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situationen unter Berücksichtigung dieses Kriteriums vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France, C‑170/05, Slg. 2006, I‑11949, Randnrn. 34 und 35, vom 18. Juni 2009, Aberdeen Property Fininvest Alpha, C‑303/07, Slg. 2009, I‑5145, Randnrn. 51 bis 54, vom 19. November 2009, Kommission/Italien, C‑540/07, Slg. 2009, I‑10983, Randnr. 43, und vom 20. Oktober 2011, Kommission/Deutschland, C‑284/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 60).
Im Übrigen sind für die Beurteilung, ob die unterschiedliche Behandlung aufgrund einer derartigen Regelung einem objektiven Unterschied der Situationen entspricht, nur die von der betreffenden Regelung aufgestellten maßgeblichen Unterscheidungskriterien zu berücksichtigen. Entscheidet sich daher ein Mitgliedstaat dafür, seine Befugnis zur Besteuerung der Dividenden, die von gebietsansässigen Gesellschaften ausgeschüttet werden, nach Maßgabe allein des Ortes des Sitzes der die Dividenden beziehenden OGAW auszuüben, ist die steuerliche Situation ihrer Anteilsinhaber für die Beurteilung, ob diese Regelung diskriminierend ist, unerheblich.
In Bezug auf die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuerregelung ist festzustellen, dass mit ihr ein Unterscheidungskriterium eingeführt wird, das auf den Ort des Sitzes der OGAW abstellt, indem nur bei gebietsfremden OGAW von den Dividenden, die sie beziehen, eine Quellensteuer einbehalten wird.
Im Übrigen fehlt der von der französischen Regierung behauptete Zusammenhang zwischen der Nichtbesteuerung der Dividenden, die die gebietsansässigen OGAW beziehen, und der Besteuerung dieser Dividenden bei ihren Anteilsinhabern. Die Steuerbefreiung für die gebietsansässigen OGAW ist nämlich nicht von der Besteuerung der an ihre Anteilsinhaber ausgeschütteten Erträge abhängig.
Hierzu ist festzustellen, dass bei den OGAW, die die Kapitalisierung der bezogenen Dividenden vornehmen, keine erneute Ausschüttung an die Anteilsinhaber stattfindet, die später besteuert werden könnte. In der in den Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung wird auf diese Weise kein Zusammenhang zwischen der steuerlichen Behandlung der Dividenden inländischer Herkunft, die die kapitalisierenden OGAW beziehen - unabhängig davon, ob sie gebietsansässig oder gebietsfremd sind -, und der steuerlichen Situation ihrer Anteilsinhaber hergestellt.
Was die OGAW angeht, die die bezogenen Dividenden ausschütten, berücksichtigt die in Rede stehende Regelung ebenfalls die steuerliche Situation ihrer Anteilsinhaber nicht.
Das Vorbringen der französischen Regierung beruht auf der Annahme, dass die Anteilsinhaber der gebietsansässigen OGAW selbst ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich hätten, während die Anteilsinhaber der gebietsfremden OGAW ihren steuerlichen Wohnsitz in dem Mitgliedstaat hätten, in dem der betreffende OGAW niedergelassen sei. Die zwischen der Französischen Republik und dem betreffenden Mitgliedstaat oder Drittstaat geschlossenen bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen gewährleisteten auf diese Weise eine vergleichbare steuerliche Behandlung der Anteilsinhaber der gebietsansässigen und der gebietsfremden OGAW.
Eine solche Annahme ist jedoch wegen ihrer Verallgemeinerung unzutreffend. Es ist nämlich nicht ungewöhnlich, dass ein Anteilsinhaber eines in Frankreich gebietsfremden OGAW seinen steuerlichen Wohnsitz in Frankreich oder ein Anteilsinhaber eines in Frankreich gebietsansässigen OGAW seinen steuerlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat hat.
Nach der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung sind jedoch die Dividenden inländischer Herkunft, die einem ausschüttenden gebietsansässigen OGAW zufließen, auch dann von der Steuer befreit, wenn die Französische Republik ihre Zuständigkeit für die Besteuerung der von einem solchen OGAW erneut ausgeschütteten Dividenden nicht ausübt, insbesondere dann, wenn diese an Anteilsinhaber gezahlt werden, die ihren steuerlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat haben.
Ferner unterliegen die Dividenden inländischer Herkunft, die an die ausschüttenden gebietsfremden OGAW gezahlt werden, unabhängig von der steuerlichen Situation ihrer Anteilsinhaber einer Steuer von 25 %.
Was die gebietsfremden Anteilsinhaber solcher OGAW angeht, sehen zwar einige zwischen der Französischen Republik und dem betreffenden Mitgliedstaat oder Drittstaat geschlossene bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen die Berücksichtigung der in Frankreich einbehaltenen Quellensteuer durch den Wohnsitzstaat dieser Anteilsinhaber vor, doch lässt sich daraus nicht herleiten, dass die in den Ausgangsverfahren fragliche Regelung die steuerliche Situation dieser Anteilsinhaber berücksichtigt. Vielmehr berücksichtigt der Wohnsitzstaat der Anteilsinhaber nach diesen Doppelbesteuerungsabkommen die steuerliche Behandlung der Dividenden in Frankreich auf der Ebene der OGAW.
Auch wenn, wie die französische Regierung geltend macht, bei einem in Frankreich gebietsansässigen Anteilsinhaber eines gebietsfremden OGAW eine Verwaltungspraxis besteht, die es ihm in bestimmten Fällen ermöglicht, eine Steuergutschrift für die Einbehaltung der Quellensteuer beim gebietsfremden OGAW zu erhalten, ändert dies nichts daran, dass die in den Ausgangsverfahren fragliche Regelung die an die gebietsfremden OGAW ausgeschütteten Dividenden inländischer Herkunft allein wegen des Ortes des Sitzes dieser OGAW zu einem Satz von 25 % und damit unabhängig von der steuerlichen Situation der Anteilsinhaber dieser OGAW besteuert.
In Anbetracht des durch diese Regelung aufgestellten Unterscheidungskriteriums, das allein auf dem Ort des Sitzes des OGAW abstellt, hat die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situationen, um bestimmen zu können, ob diese Regelung diskriminierenden Charakter hat, allein auf der Ebene des Anlageinstruments zu erfolgen.
Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. Mai 2008, Orange European Smallcap Fund (C‑194/06, Slg. 2008, I‑3747), das die niederländische Steuerregelung für die OGAW betraf, die Steuerregelung für natürliche Personen, die Anteilsinhaber sind, bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Steuerregelung der in jener Rechtssache fraglichen Art mit dem freien Kapitalverkehr berücksichtigt hat. Diese steuerliche Regelung hatte nämlich im Gegensatz zu der in den Ausgangsverfahren fraglichen die Steuerbefreiung der OGAW von der Voraussetzung abhängig gemacht, dass sämtliche Gewinne dieser Organismen an ihre Anteilsinhaber ausgeschüttet werden, und zwar zu dem Zweck, die Steuerlast der mittels dieser Organismen erzielten Kapitaleinkünfte der Steuerlast der unmittelbaren Anlagen von Privatpersonen anzugleichen (Urteil Orange European Smallcap Fund, Randnrn. 8, 33 und 60). In dieser letztgenannten Rechtssache hatte somit der nationale Gesetzgeber die steuerliche Situation des Anteilsinhabers als Unterscheidungskriterium für die anwendbare steuerliche Behandlung zugrunde gelegt.
Dagegen ist in den Ausgangsverfahren das anwendbare Unterscheidungskriterium für die steuerliche Behandlung gemäß der betreffenden nationalen Regelung nicht die steuerliche Situation des Anteilsinhabers, sondern allein die Stellung des OGAW, je nachdem, ob er gebietsansässig ist oder nicht.
Sodann ist, wie das vorlegende Gericht hervorhebt, bei einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen, mit der die Kettenbesteuerung der von gebietsansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden vermieden werden soll, die Situation eines gebietsansässigen Dividenden beziehenden OGAW mit derjenigen eines gebietsfremden Dividenden beziehenden OGAW vergleichbar (vgl. Urteile Aberdeen Property Fininvest Alpha, Randnrn. 43 und 44, sowie Kommission/Deutschland, Randnr. 58).
Das Argument der französischen Regierung, aus dem Urteil vom 22. Dezember 2008, Truck Center (C‑282/07, Slg. 2008, I‑10767, Randnr. 47), ergebe sich, dass die unterschiedliche Behandlung der gebietsansässigen und der gebietsfremden OGAW nur die unterschiedliche Lage dieser Organismen im Hinblick auf die Erhebung der Steuer widerspiegele, ist zurückzuweisen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass in der mit dem Urteil Truck Center abgeschlossenen Rechtssache die in Rede stehende nationale Regelung sowohl bei den gebietsansässigen als auch bei den gebietsfremden Dividenden beziehenden Gesellschaften die Besteuerung bestimmter Einkünfte inländischer Herkunft vorsah. Diese Regelung enthielt nur unterschiedliche Erhebungsmodalitäten je nach dem Ort des Sitzes der Dividenden beziehenden Gesellschaft, die durch einen in der objektiven Situation begründeten Unterschied gerechtfertigt waren, in der sich die gebietsansässigen und die gebietsfremden Gesellschaften befanden. In den Ausgangsverfahren beschränkt sich die in Rede stehende Regelung jedoch nicht darauf, je nach dem Wohnort des Beziehers der Dividenden inländischer Herkunft unterschiedliche Erhebungsmodalitäten vorzusehen. Vielmehr sieht sie eine Besteuerung dieser Dividenden allein bei den gebietsfremden OGAW vor.
Deshalb kann die unterschiedliche Behandlung der gebietsansässigen OGAW, die eine Steuerbefreiung für die Dividenden inländischer Herkunft, die sie beziehen, genießen, und der gebietsfremden OGAW, die einer Quellensteuer auf solche Dividenden unterliegen, nicht durch einen erheblichen in der Situation begründeten Unterschied gerechtfertigt werden.
Es ist noch zu prüfen, ob die Beschränkung, die sich aus einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden ergibt, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. Urteile vom 11. Oktober 2007, ELISA, C‑451/05, Slg. 2007, I‑8251, Randnr. 79, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 63, sowie Kommission/Belgien, Randnr. 68).
Die französische Regierung hat sich vor dem Gerichtshof auf verschiedene Rechtfertigungsgründe berufen, nämlich die Notwendigkeit, die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren, die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten, und die Wahrung der Kohärenz der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Steuerregelung. Was die Rechtfertigungsgründe für Beschränkungen des Kapitalverkehrs in Bezug auf Drittstaaten angeht, stützt sich die französische Regierung zum einen auf die Ansicht, dass in diesem besonderen Kontext die in Rede stehenden Bestimmungen notwendig seien, um die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten, und zum anderen auf Art. 64 Abs. 1 AEUV.
Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Rechtfertigung mit der Notwendigkeit der Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere dann anerkannt werden kann, wenn mit der betreffenden Regelung Verhaltensweisen verhindert werden sollen, die geeignet sind, das Recht eines Mitgliedstaats auf Ausübung seiner Steuerhoheit für die in seinem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten zu gefährden (vgl. Urteile vom 18. Juli 2007, Oy AA, C‑231/05, Slg. 2007, I‑6373, Randnr. 54, vom 8. November 2007, Amurta, C‑379/05, Slg. 2007, I‑9569, Randnr. 58, Aberdeen Property Fininvest Alpha, Randnr. 66, und Kommission/Deutschland, Randnr. 77).
Hat sich jedoch ein Mitgliedstaat dafür entschieden, die gebietsansässigen OGAW, die Dividenden inländischer Herkunft beziehen, nicht zu besteuern, kann er sich nicht auf die Notwendigkeit einer ausgewogenen Aufteilung der Steuerhoheit zwischen den Mitgliedstaaten berufen, um die Besteuerung der gebietsfremden OGAW, die derartige Einkünfte haben, zu rechtfertigen (vgl. Urteile Amurta, Randnr. 59, Aberdeen Property Fininvest Alpha, Randnr. 67, und Kommission/Deutschland, Randnr. 78).
Die in den Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung kann auch nicht mit der Notwendigkeit gerechtfertigt werden, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten. Wie im Übrigen das vorlegende Gericht ausgeführt hat, kann die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle keine Besteuerung rechtfertigen, mit der nur und spezifisch Gebietsfremde belastet werden.
Zum Argument der Wahrung der Kohärenz der französischen Steuerregelung ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Notwendigkeit, diese Kohärenz zu wahren, eine Regelung rechtfertigen kann, die geeignet ist, Grundfreiheiten einzuschränken (vgl. Urteile vom 28. Januar 1992, Bachmann, C‑204/90, Slg. 1992, I‑249, Randnr. 21, vom 23. Oktober 2008, Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, C‑157/07, Slg. 2008, I‑8061, Randnr. 43, und Kommission/Belgien, Randnr. 70).
Ein auf diesen Rechtfertigungsgrund gestütztes Argument kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung nur Erfolg haben, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung besteht (Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung), wobei die Unmittelbarkeit dieses Zusammenhangs im Hinblick auf das mit der fraglichen Regelung verfolgte Ziel beurteilt werden muss (Urteile vom 27. November 2008, Papillon, C‑418/07, Slg. 2008, I‑8947, Randnr. 44, und Aberdeen Property Fininvest Alpha, Randnr. 72).
Wie jedoch aus Randnr. 30 des vorliegenden Urteils hervorgeht, ist die Befreiung der Dividenden von der Quellensteuer nicht von der Voraussetzung abhängig, dass die vom betreffenden OGAW bezogenen Dividenden von diesem weiter ausgeschüttet werden und ihre Besteuerung bei den Anteilsinhabern dieses OGAW einen Ausgleich für die Befreiung von der Quellensteuer erlaubt.
Infolgedessen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne der in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zwischen der Befreiung der von einem gebietsansässigen OGAW bezogenen Dividenden inländischer Herkunft von der Quellensteuer und der Besteuerung dieser Dividenden als Einkünfte der Anteilsinhaber dieses OGAW.
Was schließlich insbesondere die Rechtfertigungsgründe für Beschränkungen des Kapitalverkehrs in Bezug auf Drittstaaten angeht, ist zum einen festzustellen, dass die französische Regierung lediglich vorgetragen hat, dass im Rahmen dieses Kapitalverkehrs und in Ermangelung von Besteuerungsabkommen, die einen wechselseitigen Beistand der Verwaltung vorsehen, die streitigen Beschränkungen durch die Notwendigkeit gerechtfertigt seien, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten. Zwar fügt sich nach ständiger Rechtsprechung dieser Kapitalverkehr in einen anderen rechtlichen Kontext ein als in die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten (Urteil A, Randnr. 60). Doch genügt hierzu die Feststellung, dass die französische Regierung nichts vorgetragen hat, um darzutun, aus welchen Gründen die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle eine Besteuerung rechtfertigen soll, die nur und spezifisch die gebietsfremden OGAW belastet. Da zum anderen mit den Vorabentscheidungsersuchen nicht um eine Auslegung von Art. 64 Abs. 1 AEUV ersucht wird, braucht nicht geprüft zu werden, ob die Beschränkung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern, die sich aus einer nationalen Regelung der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art ergibt, nach dieser Bestimmung gerechtfertigt werden könnte.
Nach alledem ist auf die vorgelegten Fragen zu antworten, dass die Art. 63 AEUV und 65 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die die Dividenden inländischer Herkunft einer Quellensteuer unterwirft, wenn sie von in einem anderen Staat ansässigen OGAW bezogen werden, während solche Dividenden, die von im ersten Staat ansässigen OGAW bezogen werden, von der Steuer befreit sind.
Zum zeitlichen Geltungsbereich des vorliegenden Urteils
Die französische Regierung hat den Gerichtshof im Rahmen ihrer mündlichen Ausführungen ersucht, die zeitliche Wirkung des vorliegenden Urteils zu begrenzen, falls er feststellen sollte, dass eine nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende mit den Art. 63 AEUV und 65 AEUV unvereinbar ist.
Zur Begründung ihres Ersuchens hat die französische Regierung den Gerichtshof zum einen auf die schwerwiegenden finanziellen Folgen hingewiesen, die ein Urteil, das eine solche Feststellung trifft, nach sich ziehen würde. Zum anderen hat sie geltend gemacht, die Französische Republik habe in Anbetracht des Verhaltens der Europäischen Kommission und der anderen Mitgliedstaaten davon ausgehen dürfen, dass die in den Ausgangsverfahren streitige Regelung mit dem Unionsrecht in Einklang stehe.
Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Art. 267 AEUV vornimmt, erläutert und verdeutlicht, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschriften in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschriften betreffenden Streit vorliegen (vgl. u. a. Urteile vom 3. Oktober 2002, Barreira Pérez, C‑347/00, Slg. 2002, I‑8191, Randnr. 44, vom 17. Februar 2005, Linneweber und Akritidis, C‑453/02 und C‑462/02, Slg. 2005, I‑1131, Randnr. 41, sowie vom 6. März 2007, Meilicke u. a., C‑292/04, Slg. 2007, I‑1835, Randnr. 34).
Nur ganz ausnahmsweise kann der Gerichtshof aufgrund des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit beschränken, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen. Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich, guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen (vgl. u. a. Urteile vom 10. Januar 2006, Skov und Bilka, C‑402/03, Slg. 2006, I‑199, Randnr. 51, sowie vom 3. Juni 2010, Kalinchev, C‑2/09, Slg. 2010, I‑4939, Randnr. 50).
Der Gerichtshof hat auf diese Lösung nur unter ganz bestimmten Umständen zurückgegriffen, wenn die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen bestand, die insbesondere mit der großen Zahl von Rechtsverhältnissen zusammenhingen, die gutgläubig auf der Grundlage der als gültig betrachteten Regelung eingegangen worden waren, und wenn sich herausstellte, dass die Einzelnen und die nationalen Behörden zu einem mit dem Unionsrecht unvereinbaren Verhalten veranlasst worden waren, weil eine objektive, bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Unionsbestimmungen bestand, zu der eventuell auch das Verhalten anderer Mitgliedstaaten oder der Kommission beigetragen hatte (vgl. u. a. Urteile vom 27. April 2006, Richards, C‑423/04, Slg. 2006, I‑3585, Randnr. 42, und Kalinchev, Randnr. 51).
Was das von der französischen Regierung vorgebrachte Argument der objektiven, bedeutenden Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Unionsbestimmungen betrifft, so hat sie nicht erläutert, inwiefern das Verhalten der Kommission und anderer Mitgliedstaaten zu einer solchen Unsicherheit beigetragen haben soll. Auf alle Fälle ist eine objektive, bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Unionsbestimmungen in den Ausgangsverfahren nicht festzustellen. Wie nämlich aus der in Randnr. 27 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, ist bei der Entscheidung über die Vereinbarkeit einer Regelung der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art im Hinblick auf die Art. 63 AEUV und 65 AEUV auf der vom Mitgliedstaat selbst gewählten Ebene, im vorliegenden Fall auf der Ebene der OGAW, zu beurteilen, ob die Situationen vergleichbar sind. Im Übrigen stellt sich, wie das vorlegende Gericht feststellt, bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Regelung der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art im Hinblick auf die Art. 63 AEUV und 65 AEUV kein besonderes Problem, wenn die Situationen auf der Ebene der OGAW verglichen werden.
Was den Verweis der französischen Regierung auf die erheblichen haushaltsrechtlichen Folgen des Urteils des Gerichtshofs angeht, ist daran zu erinnern, dass ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einem im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil für einen Mitgliedstaat ergeben können, für sich allein nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkungen dieses Urteils rechtfertigen (Urteile vom 20. September 2001, Grzelczyk, C‑184/99, Slg. 2001, I‑6193, Randnr. 52, vom 15. März 2005, Bidar, C‑209/03, Slg. 2005, I‑2119, Randnr. 68, und Kalinchev, Randnr. 52). Im vorliegenden Fall hat die Französische Republik, die die Begrenzung der zeitlichen Wirkung des vorliegenden Urteils erst in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, in dieser Verhandlung nichts vorgetragen, was dem Gerichtshof die Beurteilung erlaubte, ob für die Französische Republik tatsächlich die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen besteht.
Demnach gibt es keinen Grund, die zeitlichen Wirkungen des vorliegenden Urteils zu begrenzen.
Kosten
Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.