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Steuerrecht
11.05.2011
Steuerrecht
FG Baden-Württemberg: Unternehmereigenschaft bei sog. Strohmanngeschäften

FG Baden-Württemberg , Urteil  vom 22.07.2009 - Aktenzeichen 12 K 445/06
Redaktionelle Leitsätze: 1. Handelt eine Person auf eigenes Vergütungsrisiko und ohne an Weisungen gebunden zu sein, wird sie umsatzsteuerlich als Unternehmer tätig und sind Provisionszahlungen als Ausgangsumsätze ihr und nicht dem von ihr eingesetzten Strohmann zuzurechnen. 2. Die Steuerhinterziehung ist bereits dann vollendet, wenn eine Steueranmeldung ausbleibt. 3. Ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass der Steuerpflichtige seine Pflicht, Steueranmeldungen zur Umsatzsteuer abzugeben, verkannt haben könnte, ist ein Tatbestandsirrtum i. S. d. § 16 Abs. 1 StGB ausgeschlossen.
  Redaktionelle Normenkette: StGB § 16 Abs. 1; UStG § 2 Abs. 1; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 1; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; UStG § 18 Abs. 1 S. 1; UStG § 18 Abs. 2 S. 1; AO § 169 Abs. 2 S. 2 Hs. 1; AO § 370 Abs. 1 Nr. 2; AO § 370 Abs. 4 S. 1; AO § 150 Abs. 1 S. 3; StGB § 16 Abs. 1;
Tatbestand: 
Streitig ist, ob der Kläger als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG des Umsatzsteuergesetzes ( UStG) eine gewerbliche Tätigkeit selbständig ausgeübt hat. 
Die Stadt X hatte dem Kläger am 1. Juli 1991 die Ausübung einer selbständigen Handelsvertretung untersagt (Auskunft aus dem Gewerbezentralregister vom 13. September 2005, Betriebsprüfungsakten, Bl. 11). Später war der Kläger als angestellter Handelsvertreter bei einer ... GmbH (künftig: F-GmbH) beschäftigt. Von dieser erhielt er im Kalenderjahr 1992 einen Bruttoarbeitslohn von 28.643,37 DM und für Januar 1993 in Höhe von 1.586,96 DM. 
Für die Zeit danach, die Monate Februar bis Dezember 1993, erteilte ihm eine ... (künftig: A) - "Altbausanierungsvertretung" - eine Lohnsteuerbescheinigung, nach der der Kläger einen Bruttoarbeitslohn von 14.940,00 DM erzielt haben soll. Nach einer weiteren Lohnsteuerbescheinigung soll A dem Kläger für das Kalenderjahr 1994 einen Bruttoarbeitslohn von 15.600,00 DM bezahlt haben. Der Beklagte folgte diesen Angaben. 
Nachdem A davon abgesehen hatte, die Steueranmeldungen für die Kalenderjahre 1993 bis 1995 abzugeben, setzte der Beklagte bei A die Umsatzsteuer für diese Jahre im Wege der Schätzung fest. Im Einzelnen schätzte der Beklagte die Bemessungsgrundlage 
für das Kalenderjahr 
mit 
mit Bescheid vom 
1993 
5.000,00 DM 
12. Oktober 1994 
1994 
30.100,00 DM 
17. Oktober 1994 
1995 
19.500,00 DM 
17. Juli 1997 
Nachdem der Beklagte aber erfahren hatte, dass A von der F-GmbH Vergütungen 
für das Kalenderjahr 
In Höhe von 
1993 
222.487,00 DM 
1994 
344.413,00 DM 
erhalten haben sollte, änderte er die Bescheide für diese beiden Jahre. Die Bescheide vom 2. Dezember 1998 wurden unanfechtbar. 
Im Laufe des Jahres 1998 teilten die damaligen Bevollmächtigten des Klägers dem Beklagten mit, der Kläger habe bislang nicht berücksichtigte Betriebseinnahmen erzielt, und zwar 
im Kalenderjahr (Streitjahr) 
in Höhe von 
1994 
61.009,62 DM 
1995 
136.732,49 DM 
(Schreiben vom 22. April und 17. Juni 1998, Umsatzsteuerakten für 1995, Bl. 1, 5 bzw. für 1994, Bl. 1). Diesen Angaben folgend setzte der Beklagte für das Streitjahr 1994 und - jetzt erstmals - für den Besteuerungszeitraum 1995 beim Kläger Umsatzsteuer fest (Bescheide über die Umsatzsteuer für das Streitjahr 1994 vom 16. Dezember 1999 und für den Besteuerungszeitraum 1995 vom 31. Januar 2000). 
Das Amtsgericht X verurteilte den Kläger am 28. Juli 2004 wegen der Hinterziehung von Einkommensteuer in zwei Fällen zu einer Gesamtstrafe von 100 Tagessätzen. Mit seinem Urteil (Einspruchsakten, Bl. 47) stellte das Amtsgericht fest, der Kläger sei zunächst über ein Jahr bei der F-GmbH als deren Angestellter im Bereich der Akquisition und Kundenberatung beschäftigt gewesen. Danach habe er sich entschlossen, seine Tätigkeit für die F-GmbH als selbständiger Vertreter fortzusetzen. 
Allerdings sei dem Kläger die Ausübung eines Gewerbes untersagt gewesen. Daher habe er A veranlasst, unter ihrem Namen ein Gewerbe "Vertreter für Altbausanierungen" anzumelden und ein Bankkonto einzurichten. Darüber hinaus hätte A im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit keine Aufgaben wahrzunehmen gehabt. A sei hierzu auch nicht in der Lage gewesen. Dies gelte insbesondere für den eigentlichen Gegenstand des Unternehmens, nämlich Aufträge zu erwerben. 
Vielmehr habe der Kläger das Gewerbe "faktisch ... selbständig" geführt. Er habe die Umsätze des Unternehmens mithin allein erwirtschaftet. Auch habe die A die Geldbeträge, die dem erwähnten Bankkonto gutgeschrieben worden seien, als Geldmittel angesehen, die dem Kläger zugestanden hätten. Dementsprechend habe der Kläger über das Konto - auch mit Karte - verfügen, sich insbesondere Geldbeträge auszahlen lassen können. Ferner sei das Konto nur mit solchen Daueraufträgen belastet worden, die zugunsten des Klägers auszuführen waren. 
Insoweit berücksichtigte das Amtsgericht zum einen, dass der Kläger selbst angegeben hatte, er habe seine Anstellung deshalb aufgegeben, weil er im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst erzielen könne. Zum anderen stützte sich das Amtsgericht auf die Angaben, die A zunächst bei den Beamten der Steuerfahndungsstelle und nunmehr - im Wesentlichen deckungsgleich - in der Hauptverhandlung gemacht habe. Darüber hinaus bestätige der Umstand, dass der Kläger seine Tätigkeit nach der Trennung von A - mit seiner jetzigen Ehefrau - in der beschriebenen Weise fortgesetzt habe, dass der Kläger das vorliegende Unternehmen "faktisch geleitet" habe. 
Schließlich nahm das Amtsgericht an, dass der Kläger Betriebseinnahmen für den Besteuerungszeitraum 1993 in Höhe von 168.310,96 DM und für den Besteuerungszeitraum 1994 in Höhe von 286.358,72 DM erzielt habe. 
Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 28. Juli 2004 nahm der Kläger erst am 21. Juni 2005 - nachdem das Landgericht mit der Hauptverhandlung bereits begonnen hatte - wieder zurück. 
Anschließend berichtete der Fahnder dem Beklagten, der Kläger habe seine Dienste in den Streitjahren und auch im Kalenderjahr 2005 nicht der A, sondern der F-GmbH erbracht. Dabei sei er als selbständiger Handelsvertreter tätig geworden. Die F-GmbH habe dem Kläger hierfür 
im Kalenderjahr 
Vergütungen in Höhe von 
1993 
112.389,21 DM 
1994 
306.959,81 DM 
1995 
18.959,81 DM 
bezahlt. Hiervon ausgehend errechnete der Fahnder sodann 
für das Streitjahr 
die Umsatzsteuer mit 
den Gewinn des Klägers mit 
1993 
14.659,50 DM 
66.078 DM 
1994 
40.038,20 DM 
164.785 DM 
Der Beklagte folgte dem Bericht vom 31. August 2004 (u. a. mit den an den Kläger gerichteten Bescheiden über die Umsatzsteuer für die Streitjahre vom 17. November 2005). Die Einsprüche blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006). Die Klage u. a. gegen die Bescheide für die Streitjahre über die Einkommensteuer, den Gewerbesteuermessbetrag und die Umsatzsteuer wurde zunächst bei dem 8. Senat unter dem Aktenzeichen 8 K 274/06 anhängig. Der 8. Senat hat die Klage wegen der Umsatzsteuer abgetrennt und an den erkennenden Senat abgegeben.  
Der Kläger führt aus, er habe die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts nur deshalb zurückgenommen, weil er - nachdem inzwischen bekannt geworden sei, dass er bereits wegen einer anderen Straftat rechtskräftig verurteilt war - befürchtet habe, dass nunmehr auf eine entsprechend höhere Gesamtstrafe erkannt werde. 
Im Einzelnen trägt der Kläger vor, er habe ab Februar 1993 als Angestellter der A gearbeitet. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er für die F-GmbH Kunden geworben und beraten. Auch sei er bevollmächtigt gewesen, über das Geschäftskonto der A zu verfügen. Allerdings würden die ab Juli 1993 getroffenen Verfügungen nahezu ausschließlich die Unterschrift der A tragen. Diese sei auch nach außen stets als Unternehmerin aufgetreten. Später, nach der Trennung von A sei das Unternehmen in der Tat von seiner jetzigen Ehefrau fortgesetzt worden. 
Mit der Wahrnehmung ihrer steuerlichen Angelegenheiten hätten er, aber auch die A den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ... (künftig: G) beauftragt gehabt. Dieser sei daher mit den steuerlichen Verhältnissen von ihm, dem Kläger, und der A vertraut gewesen. Insbesondere sei G im Einzelnen bekannt gewesen, wie A ihr Unternehmen betrieben habe. Daher könne im Streitfall nicht - jedenfalls nicht mit der erforderlichen Gewissheit - davon ausgegangen werden, dass er, der Kläger, dem Beklagten pflichtwidrig steuerlich erhebliche Tatsachen verschwiegen habe. 
Ferner würde das Urteil des Amtsgerichts an "rechtserheblichen Darstellungsmängeln" leiden. Weiter könnten die Aussagen der A nicht zu Lasten des Klägers herangezogen werden. Diese habe mit ihren Aussagen vielmehr stets das Ziel verfolgt, ihre eigene steuerliche Verantwortung auf ihn, den Kläger, abzuschieben. Auch sei A drogenabhängig und mehrfach vorbestraft. 
Der Kläger beantragt, 
die Bescheide vom 17. November 2005 über die Umsatzsteuer für die Besteuerungszeiträume 1993 und 1994 und die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen. 
Der Beklagte beantragt, 
die Klage abzuweisen. 
Der Beklagte trägt vor, die für die Streitjahre nachgeholten Angaben hätten solche Betriebseinnahmen betroffen, die noch - nachdem die persönliche Beziehung zwischen dem Kläger und A beendet gewesen sei - auf dem von A eingerichteten Bankkonto gutgeschrieben worden seien. 
Der Berichterstatter in dem Verfahren 8 K 274/06 erörterte die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 28. April 2008. Hierbei verständigten sich diese darauf, die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr 1993 mit 64.048 DM und für das Streitjahr 1994 mit 157.135 DM anzusetzen. Zugleich erklärten sie den Rechtsstreit (nur) in dem Verfahren 8 K 274/06 als in der Hauptsache erledigt. Der erkennende Senat hat die Akten des 8. Senats zu dem Verfahren 8 K 274/06 beigezogen.  
Entscheidungsgründe: 
1. Die Klage ist unbegründet. 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO hebt das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nur dann auf, wenn dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Die im Streitfall angefochtenen Bescheide vom 17. November 2005 über die Umsatzsteuer für die Besteuerungszeiträume 1993 und 1994 und die Einspruchs- entscheidung vom 6. Oktober 2006 sind nicht als rechtswidrig zu beanstanden: 
a) Der Beklagte hat vielmehr zu Recht angenommen, dass der Kläger als selbständiger Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat. 
Der Umsatzsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer (§ 2 Abs. 1 UStG) gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer in diesem Sinne ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird hingegen nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Gewicht hat u. a. das Merkmal des Unternehmerrisikos in der Form des Vergütungsrisikos (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 10. März 2005, V R 29/03, BStBl II 2005, 730, unter II. a, m. w. Nachw.). 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist das Gericht im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO davon überzeugt, dass der Kläger in den Streitjahren 
- tatsächlich auf eigenes Vergütungsrisiko als selbständiger Handelsvertreter tätig und 
- gerade nicht an die Weisungen der A gebunden (vgl. hierzu näher BFH-Urteil vom 14. Mai 2008, XI R 70/07, BStBl II 2008, 912, unter II. 2. a, m. w. Nachw.) 
war. Diese Umstände entnimmt das Gericht dem Urteil des Amtsgerichts. Das Finanzgericht darf sich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.). 
Das Amtsgerichts hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass 
- A im Rahmen der von dem Kläger als Handelsvertreter ausgeübten Tätigkeit weder wesentliche Aufgaben wahrzunehmen gehabt hatte noch hierzu in der Lage gewesen war, 
- der Kläger das Gewerbe vielmehr "faktisch ... selbständig" geführt und dessen Umsätze mithin allein erwirtschaftet hat, 
- der Kläger seine Tätigkeit als Handelsvertreter - nach der Trennung von A - mit seiner jetzigen Ehefrau fortgesetzt und dabei diese Tätigkeit (zumindest) "faktisch geleitet" hat, 
- der Kläger seine Anstellung deshalb aufgab, weil er im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst erzielen wollte, 
- A die Geldbeträge, die dem erwähnten Bankkonto gutgeschrieben wurden, als Geldmittel angesehen hatte, die dem Kläger zustanden, und 
- der Kläger sich auch tatsächlich Geldbeträge von dem Bankkonto, das auf den Namen von A eingerichtet war, auszahlen lassen und auch sonst über das Konto verfügen konnte. 
Offenlassen kann das Gericht, 
- ob A - wie vom Kläger behauptet - als Unternehmerin, Dritten, insbesondere der F-GmbH, gegenüber - wenn auch auf Rechnung des Klägers - aufgetreten war und 
- ob sie hierbei für Rechnung des Klägers handelte. 
Dann wäre der Kläger als selbständiger Handelsvertreter möglicherweise zwar nur gegenüber A aufgetreten. Für die Frage, ob er als selbständiger Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG handelte, wäre dieser Befund jedoch ohne Belang (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 10. März 2005, V R 29/03, BStBl II 2005, 730 - zur Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers, vom 11. Oktober 2007, V R 77/05, BStBl II 2008, 443 - Vermietung eines PKW an den Arbeitgeber, und vom 14. Mai 2008, XI R 70/07, BStBl II 2008, 912 - Geschäftsführungsleistungen und Vertretungsleistungen des Mitglieds eines Vereinsvorstands). Deshalb kann das Gericht schließlich offenlassen, ob die A als Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG anzusehen war. 
b) Ferner war die Steuerfestsetzung zulässig, denn die Festsetzungsfrist war im Streitfall noch nicht abgelaufen. 
Die Festsetzungsfrist beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 AO 1977 zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen ist. 
Eine Steuerhinterziehung begeht, wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977). Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO 1977). Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln (§ 15 Halbs. 1 des Strafgesetzbuchs - StGB). Zum Vorsatz der Steuerhinterziehung gehört danach, dass der Täter den angegriffenen bestehenden Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt und dass er ihn trotz dieser Kenntnis gegenüber der Steuerbehörde verkürzen will (BFH-Urteil vom 29. April 2008, VIII R 28/07, BFH/NV 2008, 1391, unter II. 3. b, bb [1], m. w. Nachw.). 
Die Steueranmeldung ist eine Steuererklärung, in der der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 a. F.; jetzt § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Deshalb ist auch die Voranmeldung der Umsatzsteuer eine Steueranmeldung im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AO 1977, denn der Steuerpflichtige hat in dieser gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen. Der Unternehmer hat die Voranmeldung ferner bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Voranmeldungszeitraum war in den Streitjahren grundsätzlich der Kalendermonat (§ 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UStG). Betrug die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 6.000 Deutsche Mark, war das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG). 
Die Steuerhinterziehung ist deshalb schon vollendet, wenn eine Steueranmeldung ausbleibt (Urteil des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 11. Dezember 1990, 5 StR 519/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1315, wistra 1991, 215, unter II. 3.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 26. August, 1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8, unter 2. a). 
Danach hat der Kläger im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 Steuern verkürzt. Er handelte hierbei auch vorsätzlich. Beides entnimmt das Gericht zu seiner Überzeugung aus den vorstehend zu 2. angeführten Umständen. Zugleich damit scheidet im Streitfall ein Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 StGB aus. Ein Tatbestandsirrtum liegt u. a. dann vor, wenn der Täter annahm, dass die steuerliche Behandlung einer Angelegenheit richtig war (BFH-Urteil vom 29. April 2008, VIII R 28/07, BFH/NV 2008, 1391, unter II. 3. b, bb [1], m. w. Nachw.). Ein Irrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 StGB ist nichts weiter als die Negation der erforderlichen Kenntnis, bedeutet also Un-Kenntnis von einem Umstand, der zum gesetzlichen Straftatbestand gehört. Der Tatbestandsirrtum ist die Kehrseite des Wissenselements des Vorsatzes (BFH-Urteil vom 29. April 2008, VIII R 28/07, BFH/NV 2008, 1391, unter II. 3. b, bb [2], m. w. Nachw.). Anhaltspunkte hierfür sind im Streitfall indes weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich oder - wenigstens - naheliegend. Vielmehr ist angesichts der vorstehend zu 2. angeführten Umstände mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass der Kläger seine Pflicht, in den Streitjahren auch Steueranmeldungen zur Umsatzsteuer abzugeben, verkannt haben könnte (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB). 
Die Festsetzungsfrist von zehn Jahren war schließlich (ganz offensichtlich) noch nicht abgelaufen, als dem Kläger die angefochtenen Bescheide zugestellt wurden. 
2. Der Kläger trägt gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens. 
 

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