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Steuerrecht
11.01.2018
Steuerrecht
FG Münster: Umsatzsteuerbemessungsgrundlage für Leistungen gegen Prämienpunkte

FG Münster, Urteil vom 14.11.201715 K 281/14 U

ECLI:DE:FGMS:2017:1114.15K281.14U.00

Sachverhalt

Streitig ist, ob der Beklagte (Bekl.) die von der S GmbH (S) vor dem Streitjahr 2006 für die Lieferung sog. x vereinnahmten Entgelte im Umsatzsteuer(USt)-Bescheid für 2006 zu Recht als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt behandelt hat, soweit die ausgegebenen x in 2006 ihre Gültigkeit verloren haben.

Die Klägerin (Klin.) war wie in den Vorjahren in 2006 u.a. umsatzsteuerliche Organträgerin der Organgesellschaft S. Die S bot in den Vorjahren und in 2006 ein als sog. x-Programm bezeichnetes Kundenbindungssystem für den Internethandel an. Ab 2007 betrieb die Tochtergesellschaft der S, die in Y GmbH (Y) umbenannte B GmbH (B) das u.a. wie folgt beworbene x-Programm: „Als einer der ersten haben wir erkannt, dass das Belohnungsprinzip – attraktive Prämien belohnen das Sammeln von Bonus… – herkömmlichen Rabattsystemen hinsichtlich Effizienz und Motivationskraft deutlich überlegen ist. … Denn dann winken Ihren Kunden Traumprämien, für die sich das Sammeln von … lohnt – und damit der Einkauf bei Ihnen.“

Die S schloss mit den im (Internet)handel tätigen, als Partner bezeichneten Unternehmen eine sog. Partnervereinbarung ab. Laut deren Vorbemerkung konnten die Partner ihren als Teilnehmer bezeichneten Kunden Gutschriften in Form von x (virtuellen Prämienpunkten) bei Bezug von Produkten oder Dienstleistungen vom Partner gewähren. Die Teilnehmer, d.h. die Kunden der Partner erlangten auf Grund der ihnen zugeteilten x nicht gegen ihre Lieferanten, d.h. nicht gegen die Partner der S, sondern ausschließlich gegen die S einen Anspruch auf Einlösung der virtuellen Prämienpunkte in Form von Sach- oder Dienstleistungen. Laut der Vorbemerkung war die S bei Einlösung von x durch den Teilnehmer für die Gewährung der von ihr angebotenen Prämien auf eigene Rechnung verantwortlich.

Die beispielhaft von der S bzw. der B bzw. der Y mit der Firma E AG (E) abgeschlossene Partnervereinbarung, auf die im Übrigen verwiesen wird, regelt unter Ziffer 4 „Service-Leistungen von x“ auszugsweise: „4.1 Über die technische und administrative Abwicklung des x-Programms hinaus erbringt Y folgende „Standard-Service-Leistungen“, die mit der Bezahlung der Vergütung für die abgenommenen x gem. Ziff. 9 abgegolten sind: (a) Kundenmanagement (1 Manntag pro Quartal); (b) Teilnehmer-Betreuung (1 Kontakt pro 100 Transaktionen).“ Ziffer 5 „Stornierung von x“ bestimmt u.a.: „5.1 Y schreibt den Teilnehmern ihre vorläufig erworbenen x endgültig gut, sobald die zwischen Y und dem Partner vereinbarte Frist abgelaufen oder Bedingungen eingetreten sind, es sei denn, der Partner hat die x rechtzeitig storniert.“ Ziffer 6 „Einlösung der x, Prämien“ lautet auszugsweise: „6.1 Für die Gewährung der Prämien bei Einlösung der x durch den Teilnehmer ist Y allein und auf eigene Rechnung verantwortlich. 6.4 Art, Auswahl und Anzahl der Prämien im Prämienshop werden allein von Y bestimmt. Y verpflichtet sich, jederzeit eine ausreichend große Auswahl an Prämien unterschiedlicher Preisgruppen für die Kunden bereit zu halten und die Prämien gemäß den Y AGB nach Bestellung an den Kunden auszuliefern bzw. ausliefern zu lassen.“ Ziffer 9 „Vergütung; Mindestabnahme; Buchungsdifferenzen“ bestimmt u.a.: „9.1 E entrichtet für jede abgenommene x eine Vergütung von EURO … . 9.2. E garantiert, während der Laufzeit dieses Vertrages .. in jeder Abrechnungsperiode gemäß Ziff. 12.1 mindestens ... x („Mindestabnahme“) in monatlichen Mindestabnahme-Raten ... abzunehmen.  Die Vergütung für die Mindestabnahme ist nicht rückzahlbar; sowohl während der Abrechnungsperiode abgenommene, aber von E noch nicht ausgegebene als auch zwar rechtzeitig ausgegebene, aber später stornierte x verfallen nach Ablauf der jeweiligen Abrechnungsperiode. Ziffer 9.2 … Wird der Vertrag nicht verlängert, erhält E eine Rückerstattung in Geld. 9.3 Y stellt die Vergütung für die Mindestabnahme-Raten monatlich im Nachhinein zusammen mit den darüber hinaus abgenommenen x in Rechnung. 9.4 Abgenommene x dürfen ausschließlich zum Zweck der Kundenbindung, -steuerung und -neugewinnung ausgegeben werden. Abgenommene x dürften nicht von E selbst im Prämienshop eingelöst werden.“ Ziffer 12 „Vertragslaufzeit“ bestimmt u.a.: „Ziffer 12.3 Endet der Vertrag - gleich aus welchem Rechtsgrund -, endet auch die Mindestabnahmeverpflichtung des Partners gemäß Ziff. 9.2. Bereits abgenommene x sind von dem Partner zu bezahlen, können jedoch während des Monats, für den sie abgenommen wurden, weiter ausgegeben werden. Eine Rückzahlung der vom Partner gezahlten Vergütung kommt mit Ausnahme des in Ziffer 9.2 (letzter Satz) geregelten Falles nicht in Betracht.“

Die von der S mit ihren Partnern vereinbarten, als Teilnahmebedingungen für das x-Programm bezeichneten Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmen in Ziffer 4 „Sammeln von x“ u.a.: „Ziffer 4.4 Nach Abschluss der mit x begünstigen Transaktion, werden dem Teilnehmer die x vorläufig gutgeschrieben. Die endgültige Gutschrift der x ist von dem Eintritt der von Y und dem x Partnerunternehmen festgelegten Bedingungen abhängig. Ziffer 4.5 Die Verwendung von x ist nur im Rahmen des x-Programms möglich. Ziffer 4.6 Die gesammelten x haben während der Dauer der Teilnahme an x eine Gültigkeit von drei Jahren ab endgültiger Gutschrift. Werden x während dieses Zeitraums nicht eingelöst, verfallen sie zum nächstfolgenden Quartalsende.“

Laut der Klagebegründung verpflichtete sich jeder Partner unabhängig von der Anzahl der abgenommenen x, für jede abgenommene x an die S eine (kombinierte) Vergütung zu zahlen, die aus einem Einlösewert genannten, für jeden Partner gleichhohen Festbetrag von … € und einem variablen, individuell mit jedem Partner vereinbarten Service-Fee genannten Betrag von bis zu … € bestand. Laut der Klagebegründung entsprach der Einlösewert dem Gegenwert, den der Teilnehmer, d.h. Kunde des Partners bei Einlösung der ihm vom Partner zugewiesenen x als Sach- oder Dienstleistungsprämie erhielt, während die Service-Fee die organisatorische Abwicklung des x-Programms (Service- und Managementleistungen) vergütete. Mittlerweise sei die in jeder Rechnung erfolgte Aufschlüsselung der vom Partner zu zahlenden Entgelte in Einlösewert und Service-Fee ausdrücklich in der Partnervereinbarung geregelt. In 2006 rechnete die S an ihre Partner ausgegebene x von … € ohne Ausweis von USt ab. In den Vorjahren und in 2006 versteuerte die Klin. die an die Partner ausgegebenen x nur insoweit, als die Teilnehmer, d.h. die Kunden der Partner die ihnen von den Partnern zugeteilten x einlösten, und die S auf Grund der Einlösung entweder eine Sach- oder Dienstleistungsprämie an die Teilnehmer lieferte. Den Einlösewert der x versteuerte die Klin. mit dem durch die gelieferte Prämie ausgelösten Steuersatz. Die in 2006 vereinnahmte Service-Fee versteuerte die Klin., soweit die S Service-Fee-Leistungen an inländische Kunden erbracht hatte. Als nach § 3a Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht steuerbar behandelte die Klin. die in 2006 an ausländische Kunden erbrachten Service-Fee-Leistungen und ebenso die Innenumsätze innerhalb des Organkreises der Klin. In 2006 berechnete die S ihren Partnern Service-Fee-Entgelte von netto … €. In 2006 erbrachte die S neben den Service-Fee-Leistungen weitere sonstige Leistungen, die nicht in Abhängigkeit von den ausgegebenen x standen, und zwar Marketingleistungen, Beratungsleistungen und sonstige, insbesondere IT-Leistungen. Diese Entgelte besteuerte die Klin. in 2006 in voller Höhe.

Ende 2006 verfielen wegen Ablaufs der laut Ziffer 4.6. der allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmten Gültigkeitsdauer teilweise die von der S ausgegebenen, in den Vorjahren von der Klin. aber nicht versteuerten x. Laut den Feststellungen einer  bei der Klin. auf Grund einer Anordnung vom 10.08.2009 u.a. für die USt für 2006 durchgeführten Außenprüfung (Ap), die bei der S das Finanzamt N durchführte, entfiel auf in 2006 verfallene, nicht von den Kunden eingelöste x ein Entgelt von … € und eine dadurch ausgelöste Ausgangssteuer von … €. Das Finanzamt N traf zu den in 2006 verfallenen x in Anlage 6 seines Ap-Berichts vom 17.12.2012 folgende umsatzsteuerliche Feststellungen: Die S habe die für in 2006 verfallene x vereinnahmten Entgelte nicht in 2006 als umsatzsteuerbaren Ertrag gebucht. Für die in 2006 verfallenen x habe die S ein zusätzliches umsatzsteuerpflichtiges Entgelt für ihre Service- und Managementleistungen bezogen. Jeder Partner habe der S als Entgelt für deren Leistungen den Betrag zugewendet, den die S dem Partner dafür in Rechnung gestellt habe, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die an den Partner ausgegebenen x von den Teilnehmern eingelöst werden würden. Bereits die Ausgabe der x in den Vorjahren habe der S die Möglichkeit eines in 2006 zusätzlich fällig werdenden Entgelts auf Grund des Verfalls nicht eingelöster x eröffnet. Die S sei nicht verpflichtet gewesen, das für die gelieferten x gezahlte Entgelt bei Nichteinlösung der x durch den Teilnehmer an den jeweiligen Partner zurückzuzahlen. Bereits bei Ausgabe der x an die Partner seien beide davon ausgegangen, dass die Teilnehmer die ihnen vom Partner zugewendeten x nicht zu 100 % einlösen würden. Die Einlösequote von x durch die Teilnehmer, d.h. die Kunden der Partner der S, betrage linear je Kalenderjahr nur circa … %, weshalb sich der Einlösewert für die x entsprechend vermindert habe. Der von der S den Partnern bei der Ausgabe der x berechnete Einlösewert sei nur dann zutreffend, wenn die Einlösequote der ausgegebenen x 100 % betragen oder die S die dem Partner für verfallene x in Rechnung gestellten Einlösewerte erstattet hätte. Das vom Partner für den Bezug der x gezahlte Entgelt habe bei Zufluss bei der S nicht einer bestimmten Leistung der S zugeordnet werden können, weil die Einlösequote der ausgegebenen x zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden habe. Die Höhe des Entgelts für die Verwaltungsleistungen werde erst im Zeitpunkt des Verfalls der x genau bestimmbar. Diese Auffassung stehe nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 07.10.2010 C-53/09, C-55/09 „Loyalty Management UK und Baxi Group“ (Slg. 2010, I-9187, BFH/NV 2010, 2376). Laut dem EuGH entstehe im Zeitpunkt des Verkaufs der x an den Partner nur in Höhe der Service-Fee ein umsatzsteuerbarer Umsatz. Bezüglich der an die Partner ausgegebenen x erbringe die S erst im Zeitpunkt der Lieferung der Prämiengegenstände bzw. der Prämiendienstleistung an den Teilnehmer eine steuerbare Lieferung oder sonstige Leistung. Zu der infolgedessen erforderlichen Aufteilung des vom Partner an die S gezahlten Entgelts gebe das EuGH-Urteil vor, dass die von der S vereinnahmten Beträge insoweit ihrer Managementdienstleistung zuzurechnen seien, als sie der Gewinnmarge, d.h. der Differenz zwischen dem Preis für die Beschaffung der Prämie durch die S und dem Wert der Prämie bei ihrer Weitergabe an den Teilnehmer entspreche.

Der Bekl. erließ u.a. laut diesen Feststellungen einen USt-Bescheid für 2006, in dem er für den Streitpunkt „verfallene x“ die USt um … € erhöhte, gegen den die Klin. Einspruch einlegte. Im Einspruchsverfahren erging der USt-Bescheid, in dem der Bekl. die USt für 2006 auf … € festsetzte und im Streitpunkt an seinem bisherigen Standpunkt festhielt. Als Einspruchsbegründung trug die Klin. vor: Die S habe im Zeitpunkt des Verfalls der x kein zusätzliches Entgelt für die an die Partner erbrachten Service- und Managementleistungen bezogen. Im Urteil vom 07.10.2010 C-53/09, C-55/09 „Loyalty Management UK und Baxi Group“ (Slg 2010, I-9187, BFH/NV 2010, 2376) habe der EuGH die umsatzsteuerliche Beurteilung der Ausgabe von Gutscheinen im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen nicht im Sinne der vom Bekl. vertretenen Rechtsauffassung geklärt. Laut Verfügung der OFD Karlsruhe vom 25.08.2011 S 7230 (DStR 2011, 1910) liege erst mit der Einlösung des Gutscheins eine umsatzsteuerbare Leistung vor, sofern der Gutschein zum Bezug einer nicht genau bezeichneten Leistung berechtige. Nur für bestimmte konkret bezeichnete Leistungen ausgegebene Gutscheine seien im Zeitpunkt ihrer Bezahlung nach § 13 Abs. 1 Satz 4 UStG als Anzahlung der USt zu unterwerfen. Zwar gehörten auch freiwillig vom Leistungsempfänger gezahlte Beträge zum Entgelt. Die Partner leisteten keine freiwilligen Zahlungen an die S. Vielmehr seien sie verpflichtet, vertraglich vereinbarte Entgelte für die x und für die Service- bzw. Managementleistungen der S zu entrichten. Die Bewertung der Ap widerspreche dem Unionsrecht. Ob ein Gutschein eingelöst werde oder nicht, sei für die Bestimmung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für die im Zusammenhang mit dem Kundenbindungsprogramm erbrachten Verwaltungsleistungen ohne Bedeutung.

Durch Einspruchsentscheidung (EE) wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Im Urteil vom 07.10.2010 C-53/09, C-55/09 „Loyalty Management UK und Baxi Group“ (Slg 2010, I-9187, BFH/NV 2010, 2376) habe der EuGH Kundenbindungsprogramme beurteilt, die dem Kunden die Möglichkeit böten, gesammelte Punkte in Treueprämien einzulösen. Nach diesen Grundsätzen seien die vorab für später nicht eingelöste x vereinnahmten Entgelte in 2006 als zusätzliches Entgelt für den von der S an ihre Partner erbrachte Managementleistungen zu besteuern.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klin. im Streitpunkt „verfallene x“ die Rückgängigmachung der Besteuerung der nicht eingelösten, in 2006 verfallenen x in der Fassung des Änderungsbescheides, in dem der Bekl. nur den dem vorhergegangenen Bescheid beigegebenen Vorbehalt der Nachprüfung aufhob.

Als Klagebegründung trägt die Klin. vor: Der von der S für die verfallenen x vereinnahmte Einlösewert stelle kein Entgelt für an die Partner ausgeführte Service- und Managementleistungen dar. Für die Bestimmung des Entgelts sei der zivilrechtliche Vertrag zwischen der S und ihren Partnern maßgebend, wonach Service- und Managementleistungen der S nur mit der Service-Fee zu vergüten seien. Der zusätzlich von den Partnern entrichtete Einlösewert stelle kein Entgelt, sondern den in den x verkörperten Wert dar, so dass es an einem Verbrauch im Sinne des UStG fehle. Mit Ablauf der Dreijahresfrist habe der Partner von der S keine Leistung bezogen, die er hätte verbrauchen können. Für den Partner bestehe die einzige Verbrauchsmöglichkeit in den Service- und Managementleistungen der S. Zweck des Einlösewerts sei es, eine Leistung der S an den Teilnehmer, d.h. an den Kunden des Partners der S abzugelten. Hätte die S nur die x an ihre Vertragspartner ausgegeben, und hätte statt der S ein Dritter die Service- und Managementleistungen erbracht, liege die Fehlerhaftigkeit der seitens des Bekl. erfolgten Umqualifizierung auf der Hand. Dass die S beide voneinander unabhängige Tätigkeiten (Ausgabe der x und Administration des Prämiensystems) ausführe, gebiete keine andere umsatzsteuerliche Bewertung. Der Verfall von x in 2006 führe nicht zur nachträglichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG. § 17 UStG setze Art. 90 der Richtlinie 2006/138/EG – Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) – in nationales Recht um. Art. 90 der MwStSystRL erlaube nur eine nachträgliche Verminderung, nicht aber eine nachträgliche Erhöhung der Bemessungsgrundlage. § 17 Abs. 1 UStG setze u.a. einen steuerpflichtigen Umsatz voraus. Daran fehle es im Streitfall, weil zwischen den steuerpflichtigen Service- und Managementleistungen und dem Verfall der x kein Zusammenhang bestehe. Nach der Rechtsprechung des BFH (zuletzt Urteil vom 30.08.2017 XI R 37/14, DB 2017, 2525, DStR 2017, 2330) sei entscheidend für den Leistungsaustausch, dass der Leistende im Zeitpunkt der Leistung sicher mit einer Vergütung rechnen könne. Hänge die Vergütung aber von Unwägbarkeiten ab, fehle es an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Dies sei hier der Fall, da bei Ausgabe der x nicht festgestanden habe, in welchem Umfang sie verfallen würden. Die Rechtsauslegung des Bekl. stehe im Widerspruch zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen. Der Verkauf eines Gutscheins stelle noch keinen steuerbaren Vorgang dar. Erst die Einlösung des Gutscheins löse zu diesem Zeitpunkt einen steuerbaren Leistungsaustausch aus. Der EuGH habe im Urteil vom 07.10.2010 C-53/09, C-55/09 „Loyalty Management UK und Baxi Group“ (Slg 2010, I-9187, BFH/NV 2010, 2376) keine Aussage dazu getroffen, wie verfallene x zu behandeln seien. Die Grundsätze des EuGH seien nur in den Fällen anzuwenden, in denen der Kunde die x eingelöst und eine Prämie erhalten habe. Nur in diesem Fall liege eine Leistung vor, bei der der Wert der Prämie für Zwecke der Entgeltauffüllung berücksichtigt werden könne.

Die Klin. beantragt,

unter Änderung des USt-Bescheids in der Fassung vom … die USt für 2006 um … € herab- und auf … € festzusetzen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er nimmt Bezug auf seine Verwaltungsentscheidungen. Die Regelung des § 17 Abs. 1 UStG sei unionsrechtskonform. Abweichend von der Abrechnung der S gegenüber ihren Partnern sei als Gegenleistung für die Service- und Managementleistung die Differenz zwischen dem von der S für die Beschaffung der Prämien gezahlten Einkaufspreises und dem vom Partner für die x gezahlten Preis anzusetzen. In Höhe der verfallenen x erspare sich die S Aufwendungen für die ihr obliegende Lieferung der Sach- oder Dienstleistungsprämien. Die x seien multifunktionale Gutscheine (Mehrzweck- oder Wertgutscheine), bei denen offen sei, ob und gegen welche Leistungen der Berechtigte sie zu welchem Zeitpunkt eintausche. Die Abgabe der x seitens S an ihren Partner sei der nichtsteuerbaren Abgabe eines Zahlungsmittels gleichzusetzen, weil zu diesem Zeitpunkt unklar sei, in welchem Umfang die an die Partner gelieferten x gegen Sach- oder Dienstleistungen eingetauscht würden. Streitig sei nicht die umsatzsteuerliche Behandlung der Ausgabe der x, sondern die Höhe des Entgelts für die im Zusammenhang von der S erbrachten Service- und Managementleistungen. Der Streitfall sei gerade nicht mit dem Fall der Besteuerung von Gutscheinen vergleichbar, die der Lieferant an den Leistungsempfänger, d.h. seinen Kunden ausgebe. Der USt-Bescheid für 2006 entspreche den Vorgaben des EuGH-Urteils vom 07.10.2010 -53/09, C-55/09 „Loyalty Management UK und Baxi Group“ (Slg 2010, I-9187, BFH/NV 2010, 2376). Der EuGH habe nur entschieden, dass die Zahlungen der Partner kein steuerpflichtiges Entgelt für Dienstleistungen des Ausgebers der Gutscheine darstellten, soweit sie den Wert der vom Betreiber des Gutscheinprogramms tatsächlich gelieferten Prämien ausglichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte einschließlich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 14.11.2017 und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist nicht begründet.

Der USt-Bescheid für 2006 in der nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Fassung vom … ist rechtmäßig und verletzt die Klin. nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Zu Recht hat der Bekl. die von der S in den Vorjahren für die in 2006 verfallenen x bezogenen Entgelte der Klin. als Entgelt für von der S an die Partner erbrachte Leistungen zugerechnet und bei der Klin. in 2006 besteuert. Infolge der Erhöhung der durch die Leistungen der S ausgelöste Bemessungsgrundlage war für das Streitjahr der Steuerbetrag um … € zu erhöhen.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG hat der Unternehmer, der einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen, wenn sich die Bemessungsgrundlage für den steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert hat.

Zu Recht hat der Bekl. die Klin. als Unternehmerin im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG angesehen, weil der Klin. u.a. der durch die Leistungen der S ausgelöste Steuerbetrag zuzurechnen ist. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG sind dem Organträger die Umsätze seiner Organgesellschaften zuzurechnen und ist allein der Organträger im Sinne des § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG das Steuersubjekt, das die USt für den Organkreis schuldet. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird eine gewerbliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). In diesem Falle sind die aus Organträger und Organgesellschaft bestehenden Unternehmensteile als ein Unternehmen zu behandeln (vgl. BFH, Urteil vom 14.03.2012 XI R 28/09, BFH/NV 2012, 987). Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte geht der Senat in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon aus, dass die S in 2006 finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Klin. eingegliedert, d.h. die Klin. die Organträgerin und die S deren Organgesellschaft mit der Rechtsfolge war, dass die Umsätze der S der Klin. zuzurechnen sind.

Die der Klin. zuzurechnende Leistung der S an die Händler durch Belieferung der Teilnehmer, d.h. der Kunden der im (Internet)handel als Verkäufer tätigen Partner mit Waren- oder Dienstleistungsprämien stellt ebenso wie die im Zusammenhang mit dem x-Programm von der S an die Partner ausgeführten Managementleistungen steuerbare Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG dar. Der USt unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG Lieferungen oder sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland im Rahmen eines Unternehmens gegen Entgelt ausführt. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 30.08.2017 XI R 37/14 U, DB 2017, 2525, DStR 2017, 2330) ist diese Vorschrift entsprechend den Vorgaben des Art. 4 der für das Streitjahr 2006 anzuwendenden Richtlinie 77/388/EWG weit auszulegen. Gemäß des Art. 413 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) ist die MwStSystRL erst ab dem 01.01.2007 anzuwenden. Erforderlich ist eine beliebige Vorteilsgewährung, die zu einem Verbrauch führen kann. Der Vorteil muss einem identifizierbaren Leistungsempfänger eingeräumt werden. Voraussetzung für die Annahme eines „Umsatzes gegen Entgelt“ ist das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Leistung und der tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung. Es muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (vgl. EuGH, Urteil vom 02.06.2016 C-263/15 Lajver, UR 2016, 525, MwStR 2016, 575). Dabei kommt es nicht darauf an, ob mit den Leistungen ein Gewinn erzielt wird (vgl. dazu FG Münster, Urteil vom 03.11.2015 15 K 1252/14 U, EFG 2016, 152 m.w.N.).

Entgegen der von der Klin. in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung führte die S auf der Grundlage ihrer Partnerverträge mit den Händlern Leistungen aus, die im vorstehende dargelegten Sinne bei den Händlern einen Verbrauch auslösten. Allerdings führte die S nicht schon mit der Ausgabe der x an die Händler steuerbare Leistungen mit der Folge aus, dass die Klin. im Zeitpunkt der Bezahlung der x durch die Partner die vereinnahmten Beträge nicht als Anzahlung im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 4 UStG zu besteuern hatte. Ob die Lieferung des Gutscheins eine nichtsteuerbare Lieferung eines Zahlungsmitteläquivalents darstellt, oder ob bereits mit der Ausgabe eines Gutscheins eine umsatzsteuerbare Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG verbunden ist, hängt davon ab, ob der Gutschein als multifunktionaler Gutschein (Mehrzweckgutschein) für den Bezug verschiedener Leistungen oder ob er als monofunktionaler Gutschein nur für den Bezug einer bestimmten Leistung (Einzweckgutschein) nutzbar ist. Die Lieferung eines multifunktionalen Gutscheins ist zunächst als eine nicht steuerbare Ausgabe eines Zahlungsmitteläquivalents zu qualifizieren, so dass der Lieferant eines solchen Gutscheins nicht bereits im Zeitpunkt der Lieferung des Gutscheins, sondern erst im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins durch den Gutscheinempfänger eine steuerbare Lieferung ausführt (vgl. dazu FG Köln, Urteil vom 16.02.2016 1 K 927/13, EFG 2016, 772; m.w.N. mit Anmerkung von Dohmen; im Ergebnis ebenso BFH, Urteile vom 11.05.2006 V R 33/03, BFHE 213, 264, BStBl II 2006, 699; vom 24.08.2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340; Heinrichshofen/Kupke in UVR 2017, 142 Tz. 1 m.w.N.). Für diese Auslegung spricht auch die Neuregelung des Art. 30a Nr. 3 in Verbindung mit Art 30b Abs. 2 der MwStSystRL in der Fassung der Richtlinie 2016/1065/EU vom 27.06.2016 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen (ABl. EU 2016 Nr. L. 177; 9). Danach unterliegt bei der Ausgabe eines Mehrzweckgutscheins erst die spätere tatsächliche Übergabe der Gegenstände oder die spätere tatsächliche Erbringung der Dienstleistung der Mehrwertsteuer, wohingegen jede vorherige Übertragung eines „Mehrzweckgutscheins“ im Sinne der MwStSystRL nicht der Besteuerung unterliegt (vgl. dazu Heinrichshofen/Kupke in UVR 2017, 142 Tz. 2 c). Die von der S ausgegebenen x stellen Mehrzweckgutscheine dar. Im Zeitpunkt ihrer Ausgabe durch die S an die Partner, d.h. die Händler, stand gerade noch nicht fest, welche im „Prämienshop“ der S vorgehaltenen Sach- oder welche Dienstleistungsprämien die S im Zeitpunkt der Einlösung der x an die anspruchsberechtigten Teilnehmer liefern musste. Steuerbare Leistungen an die Händler erbrachte die S erst im Zeitpunkt der Belieferung der Teilnehmer mit den bei Einlösung der x angeforderten Sach- oder Dienstleistungsprämien. Mit der Belieferung der Teilnehmer, d.h. der Kunden der Partner ersparte es die S ihrem jeweiligen Partner, dass dieser seinen Kunden mit von ihm angeforderten Sach- oder Dienstleistungsprämien beliefern oder einen anderen Dritten mit der Belieferung der Kunden beauftragen musste. Die Klin. übersieht, dass Grundlage für den dargelegten Verbrauch in Form der Ersparnis von anderenfalls den Händler treffenden Aufwendungen nicht eine vertragliche Beziehung zwischen der S und dem Verbraucher, dem Teilnehmer, sondern die als Partnerschaftsvereinbarung bezeichnete vertragliche Beziehung zwischen der S und ihrem Partner war, kraft derer die S gegenüber dem Partner zur Belieferung der Teilnehmer bei Einlösung der x verpflichtet war. Die S führte an die Händler daneben durch die Nutzung des x-Programms ausgelöste Verwaltungsleistungen aus und ersparte es damit den Händlern, selber die im Zusammenhang mit der Nutzung des x-Programms bei den Händlern anfallenden Verwaltungstätigkeiten auszuführen oder gegen Entgelt die erforderlichen Verwaltungsleistungen von sonstigen Dritten beziehen zu müssen.

Die Leistung der S an die Händler durch Belieferung der Kunden mit den Sach- und Dienstleistungsprämien und die daneben von der S erbrachten Verwaltungsleistungen stellen aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers jeweils gesonderte, d.h. voneinander unabhängige Leistungen dar. Ob gesonderte Leistungen vorliegen oder ob eine einheitliche Leistung vorliegt, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller das Wesen des Umsatzes ausmachenden Umstände zu beantworten (BFH, Urteile vom 03.08.2017 V R 15/17, BFH/NV 2017, 1572; vom 15.04.2015 V R 44/14, BFH/NV 2015, 1066; vom 11.10.2012 V R 9/10, BFHE 238, 570, BStBl II 2014, 279; vom 10.02.2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109). In der Regel ist jeder Umsatz als eine eigene selbständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf aber eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Eine aus mehreren Elementen zusammengesetzte Lieferung oder sonstige Leistung stellt dann eine einheitliche Leistung dar, wenn der Unternehmer außer Stande ist, seine Tätigkeit auf einzelne Aufgabengebiete zu beschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 25.021999 C-349/96, Card Protection Plan Ltd., Slg. 1999, I-973, UR 1999, 254; BFH, Urteil vom 10.02.2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109). Indiz für eine einheitliche Leistung kann der Umstand sein, dass der Unternehmer für die von ihm ausgeführte, aus mehreren Elementen bestehende Lieferung oder sonstige Leistung ein einheitliches Entgelt bezieht (vgl. BFH, Urteil vom 15.04.2015 V R 44/14, BFH/NV 2015, 1066).

Auf Grund des von der S mit den Partnern geschlossenen Partnerschaftsvertrags einschließlich der in dessen Rahmen geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen erbrachte die S an den jeweiligen Partner, d.h. den Händler, voneinander unabhängige Leistungen, bestehend aus der nicht steuerbaren Lieferung des Zahlungsäquivalents x und im Zeitpunkt der Einlösung der x durch die Teilnehmer bestehend aus der steuerbaren Leistung der S an die Partner in Form der Belieferung der Teilnehmer mit Sach- und Dienstleistungsprämien. Grundlage der Belieferung der Teilnehmer war, was die Klin. nicht hinreichend in den Blick genommen hat, nicht eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Teilnehmern und der S, sondern ausschließlich die Partnervereinbarung zwischen der S und dem Partner, in der sich die S gegenüber dem Partner verpflichtete, die auf Grund der Einlösung der x zu liefernde Sach- oder Dienstleistungsprämie nicht an den Partner zur Weiterleitung durch den Partner an den Teilnehmer, den Kunden des Partners, sondern im abgekürzten Lieferweg direkt an die Kunden auszuführen. Nach dem Partnerschaftsvertrag erbrachte die S auch die mit der Nutzung des x-Programms anfallenden Verwaltungsleistungen. Die Verwaltungsleistungen teilen nicht das rechtliche Schicksal der in Form der Belieferung der Teilnehmer mit Sach- und Dienstleistungsprämien bei Einlösung der x an die Händler ausgeführten Leistungen, weil es sich bei den Verwaltungsleistungen nicht um Nebenleistungen zu den steuerbaren Leistungen an die Händler durch die Belieferung der Teilnehmer mit den Sach- und Dienstleistungsprämien handelt. Gegen die Annahme einer Nebenleistung spricht aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers, dass nach dem unwiderlegten Vortrag der Klin. die Vertragspartner abweichend von der Regelung unter Ziffer 4.1 der Partnervereinbarung jeweils gesonderte Entgelte für die Lieferung und Einlösung der x und für die Verwaltungsleistungen zu entrichten hatten. Hiermit übereinstimmend warf die Klin. in den ihren Partnern erteilten Rechnungen jeweils gesondert ein Entgelt für die x und für die Verwaltung aus. Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers waren die von der S erbrachten Managementleistungen gerade nicht der Gestalt mit deren Leistungen an die Händler in Form der Belieferung der Teilnehmer mit Sach- und Dienstleistungsprämien verklammert, dass nur ein und derselbe Unternehmer und nicht eine Vielzahl verschiedener Unternehmer die von der S ausgeführten Leistungen erbringen konnte. Das Urteil des EuGH vom 07.10.2010 C-53/09, C-55/09 (Slg 2010, I-9187, BFH/NV 2010, 2376) belegt vielmehr das Gegenteil. Im vom EuGH entschiedenen Fall führten zwei voneinander unabhängige Firmen die Belieferung der Kunden mit Sach- und Dienstleistungen im Rahmen des dortigen Kundenbindungsprogramms aus und erbrachten die auf Grund dieses Programms erforderlichen Verwaltungsleistungen.

Die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ist unionsrechtskonform nicht nur auf den Fall der Minderung, sondern auch auf den Fall der hier streitigen Erhöhung der Bemessungsgrundlage anwendbar, obwohl Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG zwar Minderungsfälle, nicht aber ausdrücklich auch Fälle der Erhöhung der Bemessungsgrundlage kennt. Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG stellt nur für die Vielfalt der dort genannten Rückgängigmachungs- und Minderungsfälle die Verpflichtung zur Steuerberichtigung klar. Die Auslegung, dass auch nachträgliche Erhöhungen der Bemessungsgrundlage zu besteuern sind, entspricht vielmehr der Grundregel des Art. 11 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wonach die Bemessungsgrundlage „alles“ umfasst, was letztendlich den Wert für die Gegenleistung bildet. Somit legt die Grundregel fest, dass infolge nachträglicher Minderung oder Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Steuerbetrag zu berichtigen ist, weil nach der Konzeption der Richtlinie 77/388/EWG wie auch des nationalen USt-Rechts nur der Steuerbetrag zu erklären ist, den der Unternehmer tatsächlich vereinnahmt hat. Angesichts dieser Konzeption kann nicht angenommen werden, dass eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage deshalb nicht zu erfassen ist, weil der Richtliniengeber für diesen Fall keine klarstellende Vorschrift erlassen hat (vgl. Stadie in Rau-Dürrwächter, UStG, § 17 Rdn. 2.1.; Rdn. 22; Korf in Hartmann-Metzenmacher, UStG, § 17 Rdn. 79).

Das die Bemessungsgrundlage im Sinne des § 17 UStG bestimmende Entgelt umfasst alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der USt, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt, § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG. Bei unionsrechtskonformer Auslegung ist nach der Rechtsprechung des BFH (zuletzt Urteile vom 30.08.2017 XI R 37/14, DB 2017, 2525, DStR 2017, 2330; vom 31.05.2017 XI R 2/14, BFHE 258, 191, BFH/NV 2017, 1393) eine Aufwendung (Zahlung) grundsätzlich (nur) dann Entgelt (Gegenleistung) für eine bestimmte Leistung, wenn sie „für die Leistung“ bzw. „für diese Umsätze“ gewährt wird bzw. wenn der Leistende sie dafür erhält. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ist entscheidend, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem „Rechtsverhältnis“ ergibt. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird, oder ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält. Denn die Entrichtung der Gegenleistung für Lieferungen oder sonstige Leistungen kann auch durch einen „anderen als den Leistungsempfänger“, § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, bzw. durch „einen Dritten“, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, erfolgen, d.h. durch einen nicht mit dem Leistungsempfänger identischen Zahlenden (vgl. EuGH, Urteil vom 25.02.1993 Bally, Slg. 1993, I-2871, DB 1994, 25). Maßgebend ist, dass der Dritte für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt und der Unternehmer die Zahlung hierfür erhält, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung und der Drittzahlung besteht. Ob die Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorgangs ist, ist unerheblich. Bei der Zahlung des Dritten darf es sich nur nicht um ein Entgelt für eine an ihn erbrachte Leistung handeln (vgl. BFH, Urteil vom 22.07.2010 V R 14/09, BFHE 231, 273; BStBl II 2012, 428).

Nach diesen Grundsätzen bezahlten die Händler mit dem ihnen in Rechnung gestellten sog. Einlösewert im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG bzw. des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG vorschüssig ein Entgelt für die von ihnen der S in Auftrag gegebenen Belieferung der Teilnehmer, d.h. der Kunden der Händler. Die S belieferte die Teilnehmer nur deshalb, weil sie vorschüssig für deren Belieferung auf Grund der Partnervereinbarung, was die Klin. mit ihrer Argumentation übersieht, von den Partnern, nicht den Teilnehmern, als Entgelt bereits eine Geldzahlung erhalten hatten. Entgegen der Annahme der Klin. umfasste die Bezahlung des in Rechnung gestellten Einlösewerts auch einen anteiligen Entgeltanteil für die von der S an die Partner im Zusammenhang mit dem der Verwaltung des x-Programms erbrachten Managementleistungen. Angesichts der Regelungen in Ziffer 9.4 des Partnervertrages in Verbindung mit Ziffer 4.6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand bei Zahlung auf die den Partnern in Rechnung gestellten Einlösewerte fest, dass die S nicht verpflichtet war, auf die später verfallenden x anteilig entfallende, vorschüssig vereinnahmte Zahlungen an die Partner zu erstatten, d.h. mit Ausnahme des in Ziffer 12 der Partnervereinbarung geregelten, hier aber nicht einschlägigen Falles traf die Partner im Zeitpunkt der Tilgung der ihnen von der S in Rechnung gestellten Forderungen ein endgültiger Vermögensabfluss. Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers stellten die von den Partnern geleisteten Zahlungen eine Gegenleistung für alle von der S an die Partner erbrachten Leistungen dar. Zwischen den Vertragspartnern S und den Händlern bestand nämlich Einvernehmen, dass die Kunden die ihnen von den Händlern zugewendeten x nicht in vollem Umfang einlösen würden, d.h. es bestand zwischen ihnen Einvernehmen, dass mit dem Einlösewert neben der an die Händler erbrachte Leistung der Belieferung der Kunden mit Sach- und Dienstleistungsprämien von der S an die Händler erbrachte Dienstleistungen abgegolten wurden. Wie der Bekl. zu Recht geltend macht, könnte der Einlösewert nur dann als von den Händlern gezahltes Entgelt für die Lieferung der S an die Händler durch Belieferung der Teilnehmer mit Sach- oder Dienstleistungen angesehen werden, wenn die S vertraglich verpflichtet gewesen wäre, nach Ablauf der Einlösefrist der x die auf die verfallenen x anteilig entfallenden Einlösewerte an die Partner zurückzuzahlen. Einer solchen Rückzahlungspflicht standen aber die Vereinbarungen zwischen der S und den Partnern in Ziffer 9.4 des Partnervertrages in Verbindung mit Ziffer 4.6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entgegen. Entsprechendes gilt im Übrigen, sofern die Partner die ihnen von der S zugelieferten x aus welchem Grund auch immer nicht an ihre Kunden, d.h. die Teilnehmer, weitergaben. Das von der Klin. in der mündlichen Verhandlung dagegen vorgetragene Argument, die S hätte im Hinblick auf die später verfallenden x nicht mit einer Vergütung rechnen können, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Zwar weist die Klin. zu Recht darauf hin, dass ein steuerbarer Leistungsaustausch nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 10.11.2016 C-432/15 Bastova, UR 2016, 913, MwStR 2016, 991) und der ihr nachfolgenden Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 30.08.2017 XI R 37/14, DB 2017, 2525, DStR 2017, 2330) dann nicht vorlegt, wenn im Zeitpunkt der Leistung der Lieferant nicht sicher mit einer Vergütung rechnen kann. Mit einer solchen Fallgestaltung ist der Streitfall aber nicht vergleichbar. Die Klin. verkennt, dass die S den streitigen zusätzlichen Entgeltanteil für ihre Managementleistungen bereits vorschüssig vor der Ausführung dieser Leistung mit der Vereinnahmung der von ihr in Rechnung gestellten Einlösewerte bezogen hatte, so dass bereits im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Vergütung eine Gegenleistung (Entgelt) für ihre Tätigkeit gesichert war, wofür auch die Regelung unter Ziffer 4.1 des Partnerschaftsvertrages spricht. Das darin mit dem Begriff „Einlösewert“ umschriebene Entgelt umfasst ausdrücklich neben der Leistung an die Händler durch die Belieferung der Kunden mit den Sach- und Dienstleistungsprämien auch die Erbringung der Verwaltungsleistungen. Dass die S mit den Partnern für die Vorjahre und für 2006 eine davon abweichende Regelung getroffen hat, konnte der Senat mangels dafür sprechender Anhaltspunkte nicht feststellen. Ohne Erfolg hat die Klin. in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, dass der vorstehenden Auslegung der Partnervereinbarung zwischen der S und den Partnern der Umstand entgegenstehe, dass die S in Höhe des auf die verfallenen x entfallenden Entgeltanteils gegenüber den Partnern nicht mit zum Vorsteuerabzug berechtigendem offenem USt-Ausweis abgerechnet habe. Das UStG untersagt nicht eine von einer Abrechnung abweichende steuerliche Auslegung der zwischen dem abrechnenden Lieferanten und dem Leistungsempfänger abgeschlossenen Vereinbarungen. Die mit dem Argument von der Klin. aufgeworfene Frage, ob die S angesichts der vorstehenden Auslegung der Partnervereinbarung den Rechnungsempfängern berichtigte Abrechnungen erteilen muss, ist nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens. Vergeblich beruft sich die Klin. auf das Urteil des EuGH vom 07.10.2010 C-53/09, C-55/09 „Loyalty Management UK und Baxi Group“ (Slg 2010, I-9187, BFH/NV 2010, 2376). Denn der EuGH hat darin entschieden, dass die Zahlungen des Sponsors, im Streitfall der Händler, an den Manager, im Streitfall die S, teils als Gegenleistung eines Dritten für die vom Manager an die Kunden des Sponsors, d.h. bezogen auf den Streitfall als Gegenleistung der Händler für die von der S an die Teilnehmer, d.h. die Kunden der Händler, erbrachten Sach- und Dienstleistungen und teils als Gegenleistung für die vom Manager an den Sponsor erbrachten Dienstleistungen angesehen werden können, und dass der nationale Richter zu entscheiden hat, ob die Zahlungen auch die Gegenleistung für die Erbringung von Leistungen umfassen, die einer gesonderten Dienstleistung entspricht. Wie bereits zuvor dargelegt, liegt im Streitfall eine mit dem vom EuGH beurteilten Sachverhalt vergleichbare Fallgestaltung vor. Schließlich kann angesichts der vorstehenden Darlegungen die zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung kontrovers diskutierte Frage offen bleiben, ob die S im Falle der Rückzahlung für die verfallenen x bereits vereinnahmter Entgelte ein „Verlustgeschäft“ gemacht hätte, weil das UStG nicht darauf abstellt, ob der Unternehmer mit seiner Leistung einen Gewinn erzielt. Maßgeblich ist allein, dass – wie im Streitfall – ein Entgelt bezogen wurde.

Die Art der vom Bekl. durchgeführten Ermittlung der zusätzlich auf Managementleistungen der S an die Händler entfallenden Entgelte begegnet keinen Bedenken.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein einheitlich vereinbarter Preis (Entgelt) auf die jeweils selbständig ausgeführten (Haupt)leistungen nach der einfachst möglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode aufzuteilen, sofern der Unternehmer für den Gesamtpreis zwei unterschiedlich zu besteuernde Leistungen ausführt (vgl. BFH, Beschluss vom 03.04.2013 V B 125/12, BFHE 240, 447, BStBl II 2013, 973; FG Münster, Urteil vom 08.09.2015 15 K 594/14 U, EFG 2017, 699; FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.09.2016 4 K 59/14, DStRE 2017, 605).

Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Bekl. zu Recht die zusätzlich zu berücksichtigende Bemessungsgrundlage nach dem Einlösewert berechnet, der auf die in 2006 verfallenen x entfiel. Wie vorstehend dargelegt, wurden mit dem laut Ziffer 4.1. der Partnervereinbarung geschuldeten Entgelt u.a. eine Leistung an die Händler durch die Lieferung der Sach- und Dienstleistungsprämien an die Teilnehmer, d.h. an die Kunden der Partner der S, sowie Managementleistungen der S an ihre Partner abgegolten. Ende 2006 stand fest, in welchem Umfang die Zahlungen der Partner auf die Lieferleistung der S an die Teilnehmer, d.h. auf die Lieferung der Sach- und Dienstleistungsprämien auf Grund der von den Kunden der Händler eingelösten x und in welchem Umfang sie auf die Serviceleistungen laut Ziffer 4. der Partnervereinbarung entfielen. Erst mit Ablauf des Jahres 2006 konnte unter Beachtung der Vorgaben des Urteils des EuGH vom 07.10.2010 C-53/09, C-55/09 „Loyalty Management UK und Baxi Group“ (Slg 2010, I-9187, BFH/NV 2010, 2376) die Entgeltaufteilung durchgeführt werden. Im vorgenannten Urteil hat der EuGH entschieden, dass es Aufgabe des nationalen Richters ist, zu entscheiden, inwieweit ein vom „Sponsor“ bezogen auf den Streitfall von dem Partner an den des „Manager“, d.h. im Streitfall an die S gezahltes Entgelt in ein solches für die Dienstleistung Lieferung der Sach- und Dienstleistungsprämie an den von dem Sponsor bestimmten Dritten und ein solches für die Dienstleistung des Managers an den Sponsor aufzuteilen ist. Wie vorstehend dargelegt, liegen im Streitfall die Voraussetzungen vor, nach denen im Sinne des Urteils des EuGH das gezahlte Entgelt anteilig verschiedenen Leistungen des „Managers“ zuzurechnen ist.

Zu Recht hat der Bekl. die zusätzlichen Entgelte im Jahr 2006 angesetzt, weil erst im Jahr 2006 sich der Besteuerungstatbestand im Sinne des § 16 Abs.1 Satz 3 UStG verwirklicht hat. Denn erst mit Ablauf des Jahres 2006 stand fest, ob die gezahlten Entgelte auf die Lieferung von Sach- oder Dienstleistungsprämien der S an die Teilnehmer, d.h. die Kunden der Partner der S oder auf von der S an die Partner erbrachte Dienstleistungen entfielen.

Nach den vorstehenden Ausführungen bestand kein Anlass, den von der Klägerin gestellten Beweis- und Sachaufklärungsanträgen weiter nachzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 FGO. vor.

 

 

 

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