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Steuerrecht
24.05.2018
Steuerrecht
Baden-Württemberg: Stückzinsen bei Wertpapiersachdarlehen keine Dauerschuld i. S. d. § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.2.2018 – 3 K 3018/15

Volltext:BB-ONLINE BBL2018-1237-2

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist die Hinzurechnung von Entgelten für Dauerschulden im Sinne von § 8 Nr. 1 3. Alt. des Gewerbesteuergesetzes in der bis zum Jahr 2007 geltenden Fassung (nachfolgend GewStG a.F.) bei Wertpapiersachdarlehen über festverzinsliche Anleihen streitig.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Deutschland. [ ___ ]. [ ___ ] .

Die Klägerin schloss am 19. Januar 2005 mit der A Ltd. einen „Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen“ (im Folgenden Rahmenvertrag; Gerichtsakten Bl. 84 ff.), der die Grundlage für einzelne Wertpapiersachdarlehen im Sinne des § 607 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist (vgl. Nr. 1). Nach den Bestimmungen des Rahmenvertrags erhält der Darlehensnehmer das unbeschränkte Eigentum an den überlassenen Wertpapieren (Nr. 3 Abs. 2 Satz 1). Der Darlehensnehmer schuldet dem Darlehensgeber ein Entgelt, das sich aus dem im Einzelabschluss vereinbarten Prozentsatz p.a. bezogen auf den Marktwert der Wertpapiere an dem im Einzelabschluss vereinbarten Tag errechnet (Nr. 5). Die während der Laufzeit des Darlehens geleisteten Zinsen, Gewinnanteile und sonstige Ausschüttungen stehen dem Darlehensgeber zu. Den Gegenwert hat der Darlehensnehmer mit Wertstellung zum Tag der tatsächlichen Zahlung an den Darlehensgeber zu zahlen (sog. Kompensationszahlung, Nr. 6). Am Ende der Darlehenslaufzeit hat der Darlehensnehmer Wertpapiere gleicher Art, Güte und Menge zurück zu gewähren (Nr. 1 Abs. 1 Satz 3; § 607 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Rahmenvertrag unterliegt dem Recht der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 11 Abs. 5).

In den Jahren 2005 bis 2009 kam es zwischen der Klägerin als Darlehensnehmer und der A Ltd. als Darlehensgeber nacheinander zum Abschluss von 14 Verträgen über Wertpapiersachdarlehen; auf das Jahr 2005 (Streitjahr) entfielen zwei Verträge. Durch diese Verträge standen der Klägerin ab dem 25. Januar 2005 liquide Wertpapiere von ca. 360.000.000 EUR und ab dem 10. Februar 2006 von ca. 740.000.000 EUR durchgehend zur Verfügung (vgl. die Übersicht der Betriebsprüfung, Prüferhandakte Bl. 4, 5; Übersicht der Klägerin, Prüferhandakte Bl. 64).

Mit Verträgen vom 19. Januar 2005 und 16. Dezember 2005 gewährte die A Ltd. der Klägerin Wertpapiersachdarlehen über festverzinsliche Anleihen der Bundesrepublik Deutschland (Gerichtsakten Bl. 87, 91) zu folgenden Konditionen:

 

 
 

Vertrag vom

19.01.2005

16.12.2005

Laufzeit

25.01.2005 - 30.12.2005

20.12.2005 - 13.12.2006

Nennwert (Face Value)

323.500.000 EUR

365.160.000 EUR

Nominalzins (Coupon)

5,375 %

2,25 %

Kurswert (Bond price)

111,11 (25.01.2005)

99,600 (20.12.2005)

Kurswert incl. Stückzinsen (Dirty Price)

111,419246575

99,630821918

Betrag (Amount)

360.441.262,67

363.811.909,32

Nächster Zinstermin

04.01.2006

15.12.2006

Leihgebühr p.a.

0,7 % 

0,48 %

Leihgebühr nominal

2.375.908,66 EUR (339d/360d)

1.736.595,51 EUR (358d/360d)

davon auf 2005 entfallend (vgl. GewSt-Akten Bl. 119)

2.375.908,66 EUR

53.359,00 EUR

Im Anschluss veräußerte die Klägerin die ihr übertragenen Anleihen am 25. Januar 2005 zu einem Kurs von 111,09 % (vgl. Gerichtsakten Bl. 89) und am 20. Dezember 2005 zu einem Kurs 99,60 % zzgl. Stückzinsen (vgl. Gerichtsakten Bl. 93) an Dritte.

Zeitgleich schloss sie zur Sicherung der ihr gegenüber der A Ltd. obliegenden Rückgewährverpflichtung unbedingte Termingeschäfte (Forwards) über entsprechende Anleihen mit der X Bank (X Bank) ab (Gerichtsakten Bl. 90, 92). Die Anleihe über 323.500.000 EUR wurde zu einem Kurs von 108,524; die Anleihe über 365.160.000 EUR zu einem Kurs von 100,10500 % erworben. Die bis zum Erwerb anfallenden Stückzinsen in Höhe von 17.149.931,51 EUR (360 Zinstage) bzw. 8.171.080,27 EUR (363 Zinstage) wurden separat ausgewiesen und in Rechnung gestellt. Davon entfielen rechnerisch 16.149.519 EUR (339 Zinstage; vgl. Gerichtsakten Bl. 74, 77, 88) bzw. 247.608 EUR (11 Zinstage; vgl. Rechtsbehelfsakten Bl. 96 bis 99) auf die in das Streitjahr fallenden Vertragslaufzeiten.

Zum Ende der Laufzeit der Wertpapiersachdarlehen übertrug die Klägerin die auf Grundlage der Termingeschäfte erworbenen Anleihen an die A Ltd. zurück. Kompensationszahlungen nach Nr. 6 des Rahmenvertrags waren nicht zu leisten, da in die Laufzeit der Wertpapiersachdarlehen keine Zinstermine fielen.

Die Klägerin passivierte das Wertpapiersachdarlehen (Rückübertragungsverpflichtung) vom 20. Januar 2005 mit 360.441.263 EUR (Amount = Nennwert * Dirty Price; vgl. Vertrag vom 19. Januar 2005). Zum Ende der Laufzeit des Sachdarlehens nahm die Klägerin aufwandswirksame Zuschreibungen auf das Wertpapiersachdarlehen auf Grundlage des Kurses der Forwardgeschäfte unter zeitanteiliger Berücksichtigung der Stückzinsen vor (vgl. Ziff. 4.2 des Prüfungsberichts zum Jahresabschluss, Bilanzakten Bl. 125 R). Das Wertpapiersachdarlehen vom 20. Dezember 2005 passivierte die Klägerin mit 363.811.909 EUR (Amount = Nennwert * Dirty Price; vgl. Vertrag vom 16. Dezember 2005); zum Bilanzstichtag wurde eine Zuschreibung in Höhe von 410.328 EUR vorgenommen. Auf die Darstellung der Betriebsprüfung in Anlage 1 zur Stellungnahme vom 14. August 2013 (Rechtsbehelfsakten Bl. 31) wird verwiesen.

In der am 13. April 2007 eingereichten Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr ging die Klägerin davon aus, dass aufgrund der aufeinanderfolgenden Wertpapiersachdarlehen eine Dauerschuld vorliege und rechnete die an die A Ltd. gezahlte bzw. geschuldete (zeitanteilige) Leihgebühr in Höhe von 2.429.268 EUR gemäß § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. zur Hälfte dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu (vgl. Gewerbesteuerakten Bl. 119). Die Veranlagung wurde in diesem Punkt entsprechend der Erklärung unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO) durchgeführt (vgl. Änderungsbescheid vom 14. Juli 2009, Gewerbesteuerakten Bl. 130).

Im Rahmen der bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2006 durchgeführten Außenprüfung vertraten die Prüfer und ihnen folgend der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Auffassung, dass neben der Leihgebühr auch Kompensationszahlungen oder etwaige Abgrenzungsbeträge (Stückzinsaufwand) in Höhe von 16.397.120 EUR als gemäß § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. hinzuzurechnende Entgelte für Dauerschulden zu beurteilen seien (vgl. Tz. 44 Buchst. e des Prüfungsberichts vom 4. Juli 2014, Betriebsprüfungsakte Bl. 43 f.). Anleihe und Zinsanspruch seien zwei unterschiedliche Wirtschaftsgüter und getrennt zu aktivieren. Dem Konto Wertpapiersachdarlehen seien die auf die Laufzeit des Wertpapiersachdarlehens entfallenden Stückzinsen aufwandswirksam zuzuschreiben. Der darin zum Ausdruck kommende, durch den Zinslauf der entliehenen Wertpapiere bei der Klägerin verursachte Aufwand sei wirtschaftlich als (weiteres) Entgelt für das Wertpapiersachdarlehen anzusehen. Auf die Buchungsübersichten der Betriebsprüfung zur Abgrenzung Stückzinsaufwand/Kurssicherungsgeschäfte in der Anlage 2 zur Stellungnahme vom 14. August 2013 (Rechtsbehelfsakten Bl. 32 f.) wird Bezug genommen.

Auf Antrag der Klägerin erging am 29. Mai 2012 ein Änderungsbescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2005, in dem die vom FA angenommenen weiteren Entgelte in Höhe von 16.397.120 EUR gemäß § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zur Hälfte hinzugerechnet wurden (Gewerbesteuerakten Bl. 138). Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens ergingen aus anderen Gründen am 24. Oktober 2012 und 29. September 2014 Änderungsbescheide (Gewerbesteuerakten Bl. 148, 168). Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde mit dem Änderungsbescheid vom 29. September 2014 aufgehoben.

Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg und wurde mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 28. September 2015 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führt das FA aus, dass der Begriff des Entgelts im Sinne von § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. jedenfalls solche Leistungen des Kreditnehmers umfasse, die als Gegenleistung für die eigentliche Nutzung des Fremdkapitals erbracht würden. Der Begriff der Entgelte umfasse Zinsen im wirtschaftlichen Sinn; es komme darauf an, ob das Entgelt wirtschaftlich betrachtet Zinscharakter habe. Angesichts des Umstands, dass der Sinn und Zweck der Wertpapierleihe durch die Klägerin eindeutig in der Beschaffung von (Betriebs-)Kapital durch die umgehende Veräußerung der Wertpapiere gelegen habe, führe die anzustellende wirtschaftliche Betrachtung der Vorgänge dazu, dass die Klägerin gegenüber der A Ltd. einen zusätzlichen Aufwand in Gestalt der mit der Rückgabe der Wertpapiere verbundenen Zuwendung des nahezu gesamten Zinsanspruches eines Jahres getätigt habe. Aufgrund des bis zum Zinsfälligkeitstermin der Wertpapiere auflaufenden Zinsanspruches habe sich der Wert der zurückgegebenen Wertpapiere erheblich erhöht. Zwischen dieser Zuwendung von Zinsansprüchen an die A Ltd. und den bei der Klägerin in Gestalt der an die X Bank entrichteten Stückzinsen angefallenen Aufwendungen bestehe auch ein hinreichender Veranlassungszusammenhang. Die A Ltd. habe im Verhältnis zur Klägerin für die Zeiträume der Ausleihungen nicht auf die Zinsen, die die Emittenten der Wertpapiere zu leisten haben, verzichtet. Daher könne nicht rein formal nur der Akt der bloßen Rückgabe der Wertpapiere betrachtet werden, sondern es sei auch auf den Zinsanspruch abzustellen, der mit Rückgabe der Wertpapiere auf die A Ltd. übergehe. Für die Dauer der Ausleihung sei dieser Zinsanspruch wirtschaftlich betrachtet als zusätzlich aufgewendetes Entgelt zu qualifizieren.

Mit der fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen Folgendes vortragen: Entgelt im Sinne von § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. sei nur das nach Nr. 5 des Rahmenvertrags geschuldete Entgelt (Leihgebühr). Zusätzliche Kompensationszahlungen nach Nr. 6 des Rahmenvertrags habe die Klägerin an die A Ltd. nicht zu leisten gehabt. Die von der Klägerin gegenüber der A Ltd. als zusätzliche Hauptpflicht geschuldete Rückgewähr von Wertpapieren gleicher Art und Güte sei auch dann nicht als Entgelt im Sinne von § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. anzusehen, wenn die zurückgewährte Sache am Tag der Rückgewähr einen anderen Marktwert als bei der Überlassung habe. Dies gelte bei Wertpapierdarlehen über Aktien ebenso wie bei festverzinslichen Wertpapieren, bei denen sich der Marktpreis aus der Bonität des Schuldners, der Entwicklung des Marktzinses und der vorrückenden Nähe zum nächsten Zinszahlungstermin des Emittenten bestimme.

§ 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. erfasse nur reale und nicht etwa auch rein fiktive Entgelte, die rechnerisch ermittelt und abgegrenzt werden können. Die Hinzurechnungstatbestände seien abschließend normiert und könnten nicht durch die allgemeine Betrachtung ersetzt werden, dass jeglicher Aufwand, der durch Schulden verursacht werde, hinzugerechnet werde. Darin läge eine unzulässige steuerverschärfende Analogie. Um die unzulässige Berücksichtigung eines fiktiven Entgelts handele es sich auch dann, wenn die von der X Bank an die Klägerin in Rechnung gestellten Stückzinsen wirtschaftlich als zusätzlich von der Klägerin an die A Ltd. aufgewandtes Entgelt angesehen würden. Mit der X Bank habe die Klägerin nur ein Kaufgeschäft getätigt und dieser kein Entgelt für eine Schuld zur Verstärkung des Betriebskapitals gezahlt. Eine Verpflichtung der Klägerin zu einem Absicherungsgeschäft habe nicht bestanden.

Aus dem zu einer Rückgabeverpflichtung aus einem Sachdarlehen für überlassene Vorräte bei einer Betriebsverpachtung ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 30. November 1965 I R 70/60 S (BStBl III 1966, 51) ergebe sich lediglich, dass die Rückgabeverpflichtung eine Dauerschuld sein solle, die im Rahmen der Gewerbekapitalsteuer unter Berücksichtigung der erheblichen Preissteigerungen anzusetzen sei. Daran anknüpfend habe der BFH im Urteil vom 5. Mai 1976 I R 166/74 (BStBl II 1976, 717) entschieden, dass der für die Überlassung von Vorräten gezahlte Teil des Pachtzinses als Dauerschuldzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. auszuscheiden sei. Die Hinzurechnung eines vergleichbaren Entgelts, der Leihgebühr, sei vorliegend nicht streitig.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Teil-Einspruchsentscheidung vom 28. September 2015 den Änderungsbescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2005 vom 29. September 2014 dahingehend zu ändern, dass die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ohne die Hinzurechnung von 8.198.560 EUR (= 50 % von 16.397.120 EUR) erfolgt,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Es hält an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest und führt in der mündlichen Verhandlung ergänzend aus, dass ein fiktives Entgelt nicht vorliege. Bei der Klägerin sei durch die Übergabe der von der X Bank erworbenen Stückzinsen an die A Ltd. ein realer Aufwand angefallen. Die Übergabe der nunmehr höheren Stückzinsforderung sei als Entgelt im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. für die Überlassung der Anleihen zu werten.

Am 13. Oktober 2017 hat die Berichterstatterin den Streitfall mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift über den Erörterungstermin wird Bezug genommen (Gerichtsakten Bl. 125 ff.).

Der Senat hat den Streitfall am 22. Februar 2018 mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.

Dem Senat lagen bei der Entscheidung folgende Akten vor: 1 Bd. Gewerbesteuerakten, 1 Bd. Bilanzakten, 1 Ordner Körperschaftsteuerakten, 1 Bd. Betriebsprüfungsakte, 1 Bd. Prüfer-Handakte, 1 Bd. Rechtsbehelfsakten (Gerichtsakten Bl. 101, 152).

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Die Klage ist zulässig. Das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf der Klägerin ist erfolglos geblieben (§ 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Nach § 367 Abs. 2a Satz 1 AO kann die Finanzbehörde vorab über Teile des Ein-spruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll (§ 367 Abs. 2a Satz 2 AO). Ob der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung sachdienlich und ermessensgerecht war oder nicht, unterliegt zwar der gerichtlichen Überprüfung, allerdings nur, wenn sich die Klage allein gegen die Rechtmäßigkeit der Teil-Einspruchsentscheidung richtet und deren isolierte Aufhebung beantragt wird (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 2012 X R 50/09, BStBl II 2012, 536). Wird hingegen der ursprüngliche Verwaltungsakt in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung angefochten (vgl. § 44 Abs. 2 FGO), ist für die Zulässigkeit der Klage nach § 44 Abs. 1 FGO lediglich maßgebend, ob sich die Klage gegen die Besteuerungsgrundlagen richtet, die Gegenstand des Tenors der Teil-Einspruchsentscheidung waren (vgl. Gräber/Levedag, FGO, 8. Aufl. 2015, § 44 Rz. 32; Bartone in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 367 AO Rz. 55).

Im Streitfall hat das FA, wie sich aus dem Tenor der Teil-Einspruchsentscheidung vom 28. September 2015 ergibt, hinsichtlich der im Klageverfahren ausschließlich streitigen Hinzurechnung von Entgelten für Schulden gemäß § 8 Nr. 1 GewStG a.F. eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen, mit der der Einspruch der Klägerin insoweit als unbegründet zurückgewiesen wurde.

II. Die Klage ist begründet. Entgegen der Auffassung des FA sind im Streitfall nur die von der Klägerin an die A Ltd. entrichteten Darlehensentgelte nach Nr. 5 des Rahmenvertrags, nicht aber die während der Dauer des Sachdarlehens über die festverzinslichen Anleihen aufgelaufenen Stückzinsen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb als Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. zur Hälfte hinzuzurechnen.

Nach § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. wird die Hälfte der Entgelte für Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG a.F.) bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

1. Bei der von der Klägerin aufgrund ihrer Verpflichtung zur Rückgewähr der als Sachdarlehen im Sinne von § 607 BGB empfangenen Anleihen passivierten Sachdarlehensverbindlichkeit handelt es sich um eine sog. Dauerschuld im Sinne von § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. (vgl. BFH-Urteile vom 30. November 1965 I 70/60 S, BStBl III 1966, 51 und in BStBl II 1976, 717 zu Sachdarlehen im Rahmen einer Unternehmenspacht).

Die der Klägerin von der A Ltd. überlassenen Anleihen gingen nach Ziff. 3 Abs. 2 des Rahmenvertrags in das Eigentum der Klägerin über und verstärkten deren Betriebskapital nicht nur vorübergehend. Maßgebend ist insoweit die tatsächliche Dauer der Verstärkung und nicht die vereinbarte Laufzeit der Schuld (BFH-Urteil vom 27. Februar 1991 I R 29/89, BStBl II 1991, 529). Durch die jeweils kurz vor Laufzeitende der einzelnen Wertpapiersachdarlehen zwischen der Klägerin und der A Ltd. vereinbarten Folgeverträge ergab sich insgesamt eine Laufzeit der Sachdarlehensverbindlichkeit(en) von über einem Jahr. Stehen mehrere Schuldverhältnisse zwischen denselben Vertragsparteien in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, so kann die privatrechtliche Begründung mehrerer Schuldverhältnisse als eher formaler Gesichtspunkt in den Hintergrund treten und eine einheitliche Beurteilung erfolgen (vgl. BFH-Urteile vom 6. Juni 1973 I R 257/70, BStBl II 1973, 670 und 16. Januar 1974 I R 2545/70, BStBl II 1974, 388; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl. 2006, § 8 Nr. 1 Rz. 27; GewStR 2007 Abschn 45 Abs. 1 Satz 2 ff.).

2. Der Begriff „Entgelte für Schulden“ wird im Gewerbesteuergesetz nicht definiert und ist nicht abschließend geklärt (vgl. Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente, 2. Aufl. 2011, § 4 Rz. 259).

a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist Entgelt „für" Schulden die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital. Dazu gehören in erster Linie die laufenden Zinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts. Der Begriff des Entgelts umfasst aber auch andere Leistungen, die der Kreditnehmer für die Nutzung des Fremdkapitals an den Kreditgeber zu erbringen hat. Dies ergibt sich daraus, dass der Begriff "Entgelte" durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093) an Stelle des Begriffs "Zinsen" in § 8 Nr. 1 GewStG 1984 eingefügt worden ist. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf war Anlass für die Änderung, dass auch gewinnabhängige Vergütungen für die Nutzung von Fremdkapital zur Hinzurechnung führen sollten, was unter der Geltung des früheren Wortlauts nach der Rechtsprechung des BFH nicht möglich war. Zudem wurde es als sachgerecht angesehen, auch solche Entgelte für die langfristige Nutzung von Fremdkapital in die Bemessungsgrundlage Gewerbeertrag einzubeziehen, die zwar nicht als Zinsen bezeichnet werden, aber Zinscharakter haben, wie z.B. das Damnum, das eine Zinskorrekturfunktion habe (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 2014 I R 85/12, BFH/NV 2014, 1588 m.w.N.).

b) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung wird auch in der Literatur darauf abgestellt, dass Entgelt für das Fremdkapital nur die für die Nutzung (= Nutzungsmöglichkeit) des Fremdkapitals zu erbringende Gegenleistung sei, da der Wert des Fremdkapitals für den Schuldner in der Nutzung (= Nutzungsmöglichkeit) des Kapitals bestehe (vgl. Hofmeister/Blümich, GewStG, § 8 Rz. 41). Der Entgeltbegriff sei wirtschaftlich zu verstehen, die Entgelte müssten aber mit der tatsächlichen Nutzung von Fremdkapital zusammenhängen (vgl. Bunzeck in Deloitte (Hrsg.), Gewerbesteuergesetz Kommentar, 2009, § 8 Nr. 1a Rz. 19). Entscheidend sei, dass die Gegenleistung für die Überlassung der Fremdmittel und nicht für eine andere Leistung erfolge (Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente, 2. Aufl. 2011, § 4 Rz. 260).

Bei der Qualifikation von Vergütungen als Entgelte mit Zinscharakter für die langfristige Nutzung von Fremdkapital seien vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise mehrere Kriterien zu würdigen: Unabdingbare Voraussetzung für die Hinzurechnung sei, dass überhaupt ein Schuldverhältnis existiere, für das ein Entgelt geleistet worden sein könnte; insoweit sei eine Abgrenzung von über die eigentliche Kapitalüberlassung hinausgehenden Leistungen des Kreditgebers vorzunehmen. Weitere unabdingbare Voraussetzung sei, dass die Art und Weise der Berechnung der zu leistenden Vergütung in Abhängigkeit von der Darlehensgewährung, d.h. in Abhängigkeit von der Darlehenshöhe bzw. der Dauer der Nutzung des Fremdkapitals erfolge. Als drittes Kriterium könne heranzuziehen sein, dass die Vergütung nicht nur einmalig, sondern wiederkehrend bezogen auf die Laufzeit der Nutzung des Fremdkapitals geleistet werde (vgl. Köster in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 79 - 82; s.a. Haase/Geils, DStR 2016, 273 zu Bankentgelten).

Als zu weit und mit dem Wortlaut von § 8 Nr. 1 GewStG a.F. nicht vereinbar wird zwischenzeitlich überwiegend der kausale Ansatz angesehen, wonach alle Kosten erfasst werden, die ohne die Inanspruchnahme der den Schulden korrespondierenden Mittel nicht entstanden wären (vgl. Köster in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 78-82; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 9. Aufl. 2017, § 8 Rz. 6; Bunzeck in Deloitte (Hrsg.), Gewerbesteuergesetz Kommentar, 2009, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 19; offengelassen in BFH-Urteil vom 9. August 2000 I R 92/99, BStBl II 2001, 609).

c) Nicht ausgefüllt wird der Entgeltbegriff des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. von (isolierten) Bewertungs- bzw. Wertberichtigungsmaßnahmen im Schuldnervermögen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 1588; Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente, 2. Aufl. 2011, § 4 Rz. 260; vgl. auch BMF, Gewerbesteuer-Handbuch 2016, § 8 GewStG H 8.1 zu Teilwertabschreibungen).

d) Entgelte, die für eine aus anderem Rechtsgrund erbrachte Leistung gezahlt werden, sind dem Gewinn nicht nach § 8 Nr. 1 GewStG a.F. wieder hinzuzurechnen, sofern die aus dem anderen Rechtsgrund erbrachte Leistung nicht ihrerseits zu einer Dauerschuld im Sinne von § 8 Nr. 1 GewStG a.F. führt. Der mit der Hinzurechnung verbundene Zweck, die weitgehende Gleichstellung von Erträgen aus eigen- und fremdfinanziertem Kapital zu erreichen, würde anderenfalls verfehlt (vgl. BFH-Urteil vom 29. März 2007 IV R 55/05, BStBl II 2007, 655 zur Avalprovision; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 9. Aufl. 2017, § 8 Rz. 6b).

3. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die während der Laufzeit der Wertpapiersachdarlehen aufgelaufenen Stückzinsen keine Entgelte im Sinne des § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F. darstellen.

a) Da bei der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. vorliegen, grundsätzlich jedes einzelne Schuldverhältnis für sich beurteilt werden muss (BFH-Urteil in BStBl II 2007, 655), kommen als Entgelte im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. allein Leistungen in Betracht, die die Klägerin aufgrund der Wertpapiersachdarlehen an die A Ltd. bewirkt hat. Die aufgrund der unbedingten Termingeschäfte von der Klägerin an die X Bank für die Beschaffung der zur Erfüllung der Rückgewährverpflichtung erforderlichen Anleihen gezahlten Stückzinsen sind demnach keine Entgelte gemäß § 8 Nr. 1 3. Alt. GewStG a.F., da zwischen der X Bank und der Klägerin nur ein Kaufgeschäft getätigt wurde. Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.

b) Die beim Wertpapierdarlehensvertrag vom 19. Januar 2005 während der Dauer der Überlassung der Anleihen aufgelaufenen Stückzinsen (16.149.519 EUR) sowie die beim Wertpapierdarlehensvertrag vom 16. Dezember 2005 bis zum Bilanzstichtag aufgelaufenen Stückzinsen (247.608 EUR) sind keine Gegenleistung der Klägerin für die Überlassung/Nutzung der festverzinslichen Anleihen und damit keine Entgelte gemäß § 8 Nr. 1 GewStG a.F.. Vielmehr handelt es sich bei den rechnerisch in die Laufzeit der Wertpapiersachdarlehensverträge fallenden, nach den Vereinbarungen der Vertragsparteien während der Darlehenslaufzeiten noch nicht fälligen (und daher nicht als Kompensationszahlung der A Ltd. zu vergütenden) Stückzinsen um den überlassenen Anleihen (= dem überlassenen Kapital) selbst innewohnende, ihren Marktwert bestimmende Umstände.

aa) Ausgehend vom Wortlaut der Vorschrift, insbesondere der Verwendung der Präposition „für“ zur Angabe einer Gegenleistung (vgl. Duden Online-Wörterbuch, Bedeutungsübersicht „für“; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 9. Aufl. 2017, § 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 6) sieht der Senat -der Rechtsprechung des BFH und dem überwiegenden Teil des Schrifttums folgend- nur solche Leistungen des Darlehensnehmers an den Darlehensgeber als „Entgelte“ an, die (wirtschaftlich) als Gegenleistung für die Nutzung des überlassenen Fremdkapitals zu qualifizieren sind.

bb) Zivilrechtlich sind die während der Dauer des Sachdarlehens aufgelaufenen Stückzinsen kein „Darlehensentgelt“ im Sinne von § 607 Abs. 1 BGB.

Durch den Sachdarlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache (z.B. eine Anleihe) zu überlassen. Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines Darlehensentgelts und bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sachen gleicher Art, Güte und Menge verpflichtet (§ 607 Abs. 1 BGB).

Der Sachdarlehensvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis. Die Pflicht des Darlehens-gebers zur Überlassung des Eigentums an der als Darlehen hingegebenen Sache (vgl. Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 Rahmenvertrag) steht mit der Pflicht des Darlehensnehmers zur Zahlung eines Darlehensentgelts (vgl. Nr. 5 Rahmenvertrag) im Gegenseitigkeitsverhältnis im Sinne der §§ 320 ff. BGB (vgl. Berger in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 607 Rz. 3, 32; Palandt/Weidenkaff, 77. Aufl. 2018, § 607 Rz. 9). Die Pflicht des Darlehensnehmers zur Rückerstattung einer Sache gleicher Art, Güte und Menge steht nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis. Sie entsteht ohne Weiteres kraft Gesetz als Folge der Vereinbarung der zeitlich begrenzten Überlassung der vertretbaren Sache durch den Darlehensgeber. Der Darlehensnehmer muss dem Darlehensgeber Besitz und Eigentum verschaffen (Berger in: Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 607 Rz. 29; Palandt/Weidenkaff, 77. Aufl. 2018, § 607 Rz. 9).

Während das Darlehensentgelt nach Nr. 5 des Rahmenvertrags als Gegenleistung für die Nutzung der von der A Ltd. überlassenen Anleihe zu erbringen war, erfüllte die Klägerin mit der Rückgabe einer Anleihe gleicher Art, Güte und Menge (einschließlich der aufgelaufenen Stückzinsen) an die A Ltd. die am Ende der Laufzeit der Wertpapiersachdarlehen kraft Gesetz entstehende Rückerstattungsverpflichtung.

cc) Unter dem Kennwort „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ werden zwei verschiedene Rechtsanwendungsprobleme abgehandelt, die Auslegung der von den Steuergesetzen verwendeten Begriffe und das Verhältnis zwischen gesetzlichem Tatbestand und Sachverhalt (allgemein zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 320 bis 335 m.w.N.).

Bei ersterem geht es um die Auslegung der in den Steuertatbeständen verwendeten zivilrechtlichen Begriffe. Es besteht weder eine Vermutung für ein übereinstimmendes noch für ein abweichendes Verständnis aus dem Zivilrecht entlehnter Begriffe der Steuergesetze. Bei der Verwendung von Begriffen aus dem BGB in Steuertatbeständen ist im Einzelfall nach dem Zweck der jeweiligen Norm, zu deren Tatbestand er gehört, zu überprüfen, wie der dem Zivilrecht entlehnte Begriff im Steuerrecht zu verstehen ist (BFH-Urteil vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BStBl II 1999, 348). Ergibt diese Auslegung, dass das Steuerrecht den zivilrechtlichen Begriff „aufnimmt“, ist aufgrund der ausdrücklichen Anknüpfung der zivilrechtliche Begriffsinhalt maßgeblich. Bestimmt ein Steuergesetz den Steuergegenstand nach den Rechtsformen und Rechtsgestaltungen des Zivilrechts, indem es die Steuertatbestände mit Begriffen des Zivilrechts beschreibt, dann knüpft damit noch nicht die Besteuerung an die zivilrechtliche Rechtsgestaltung an. Es knüpft die Besteuerung an wirtschaftliche Vorgänge, Zustände und Veranstaltungen an, nur beschreibt es diese mit den Begriffen des Zivilrechts.

Bei der zweiten Frage geht es um die Qualifikation der zivilrechtlichen Gestaltung des Sachverhalts in Bezug auf den gesetzlichen Steuertatbestand. Die zivilrechtliche Gestaltung des Sachverhalts liefert nur Indizien für die steuerrechtliche Qualifikation des Sachverhalts. Hier ist zu fragen, ob ein Steuertatbestand mit seinem wirtschaftlichen Sinn erfüllt ist.

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise vermag jedoch nicht ein vom möglichen Wortsinn des Gesetzes nicht gedecktes Ergebnis zu rechtfertigen, auch wenn dieses wirtschaftlich sinnvoll erscheinen mag. Bei steueranspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmalen -hier dem Begriff der Entgelte für Schulden in § 8 Nr. 1 GewStG a.F.- kann sie nicht das Fehlen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals ersetzen oder dazu dienen, den Sachverhalt rein wirtschaftlich und ohne Rücksicht auf den gesetzlichen Tatbestand zu qualifizieren (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 334; vgl. Klein/Gersch, AO, 13. Aufl. 2016, § 4 AO Rz. 34).

dd) Nach diesen Grundsätzen sind die vorliegend zu beurteilenden, während der Dauer der Wertpapiersachdarlehen aufgelaufenen Stückzinsen auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise keine Entgelte im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG a.F..

Mit der Verwendung des die Gegenleistung bei Gelddarlehen bezeichnenden bürgerlich-rechtlichen Begriffs des „Zinses“ (vgl. § 8 Nr. 1 GewStG in der vor dem Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 -BGBl I 1988, 1093- geltenden Fassung) und des bei Sachdarlehensverträgen benutzten Begriffs des „Entgelts“ in § 8 Nr. 1 GewStG a.F. nimmt der Gesetzgeber bei der Bestimmung des Steuertatbestands auf die zivilrechtliche Gegenleistung Bezug. Die im Zivilrecht vorgenommene Unterscheidung zwischen Gegenleistung (Entgelt) und Rückerstattung ist auch bei der Auslegung von § 8 Nr. 1 GewStG a.F. zu beachten. Im Hinblick auf den Sinn der Hinzurechnungen, den „objektiven Gewerbeertrag“ für Zwecke der GewSt zu ermitteln (vgl. Köster in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz.1), soll nicht das überlassene Kapital selbst (das vor 1998 bei der Gewerbekapitalsteuer steuerlich zu berücksichtigen war, vgl. BFH in BStBl III 1966, 51), sondern nur die Gegenleistung hierfür Gegenstand der hälftigen Hinzurechnung sein.

Hieran anknüpfend ist zunächst zu bestimmen, was konkret im Streitfall als Schuld der Verstärkung des Betriebskapitals diente bzw. der Klägerin zur Nutzung als Fremdkapital überlassen wurde. Nach den zwischen der Klägerin und der A Ltd. geschlossenen Sachdarlehensverträgen wurden der Klägerin festverzinsliche Anleihen für eine begrenzte Dauer überlassen. In die vereinbarte Laufzeit fielen keine Zinstermine. Die der Klägerin überlassenen Anleihen beinhalteten daher von vornherein nicht eine Überlassung auch der vom Emittenten auf die Anleihen zu zahlenden Zinsen.

Mit dem Ansatz der rechnerisch während der Laufzeit des Sachdarlehens auflaufenden Stückzinsen als weiteres Entgelt für die Überlassung der Anleihen, setzt das FA im Ergebnis die Rückerstattung des überlassenen Fremdkapitals mit der für die Überlassung zu erbringenden Gegenleistung gleich. Diese Sichtweise wird der zivilrechtlichen Gestaltung des Sachverhalts, die der steuerlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist, nicht gerecht. Die Behandlung eines den Marktwert der Anleihe im Zeitpunkt der Rückerstattung bestimmenden Faktors als Entgelt ist nach Auffassung des Senats mit dem möglichen Wortsinn des Begriffs des Entgelts als Gegenleistung für die das Betriebskapital verstärkende Schuld auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht vereinbar. Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich der Wert der Anleihen während der Laufzeit des Sachdarlehens durch den näher rückenden Zinstermin bzw. die auf die Laufzeit entfallenden anteiligen Stückzinsen erhöht hat und auch die Kriterien, die für die Qualifikation einer Leistung als Entgelt herangezogen werden (vgl. die Ausführungen unter 2. b), insbesondere die Berechnung in Abhängigkeit von Höhe und Laufzeit, bei den während der Laufzeit anfallenden Stückzinsen erfüllt sind. Auch entstand hierdurch bei der Klägerin Aufwand in Gestalt der Zubuchungen auf dem Wertpapierdarlehenskonto. Dies ändert aber nichts daran, dass die Rückerstattung von Sachen gleicher Art und Güte keine Leistung ist, die für die Nutzung der überlassenen Anleihen zu erbringen ist, sondern Folge der (nur) zeitlich begrenzten Nutzungsmöglichkeit. Wortlaut und Sinn des Gesetzes bieten keine Anhaltspunkte dafür, bei Wertpapiersachdarlehen über festverzinsliche Anleihen zwischen den einzelnen, den Marktwert dieser Anleihen bestimmenden Faktoren zu differenzieren, und Teile davon als (weiteres) Entgelt für das zur Nutzung überlassene Kapital zu behandeln. Der durch die Zubuchungen auf dem Wertpapierdarlehenskonto bei der Klägerin verursachte Aufwand stellt als Wertberichtigungsmaßnahme bei der Bewertung des Vermögens der Klägerin kein Entgelt im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. dar (so auch Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente, 2. Aufl. 2011, § 4 Rz. 261).

Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob Kompensationszahlungen für vom Darlehensnehmer während der Laufzeit vereinnahmte Zinsen Entgelte nach § 8 Nr. 1 GewStG a.F. sind.

III. 1. Die Berechnung des festzusetzenden Gewerbesteuermessbetrags wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 der Zivilprozessordnung.

59        3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären. Die Klägerin konnte die Hilfe eines sachkundigen Bevollmächtigten für unentbehrlich halten (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1967 VI B 2/67, BStBl II 1968, 181).

60        4. Die Revision wird zugelassen. Der Senat misst der höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage der Auslegung des auch in § 8 Nr. 1 Buchst. a der derzeit geltenden Fassung des Gewerbesteuergesetzes verwandten Begriffes „Entgelte für Schulden“ bei Wertpapiersachdarlehen grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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