FG Köln: Steuerliche Behandlung von Einnahmen und Ausgaben aus einem SWAP-Geschäft
FG Köln, Urteil vom 18.12.2018 – 8 K 3086/16
ECLI:DE:FGK:2018:1218.8K3086.16.00
Volltext BB-Online BBL2019-789-8
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die steuerrechtliche Behandlung von Einnahmen (2008) bzw. Aufwendungen (2009-2012) aus einem Swap-Geschäft in den Streitjahren 2008 bis 2012.
Die Klägerin ist hervorgegangen aus einer Erbengemeinschaft. Die Gesellschafter der Klägerin, Herr A, Frau A1 und Frau A2, sind Geschwister. Sie erbten zum 1.3.2005 diversen Grundbesitz, u.a. ein Grundstück, auf dem die Haus A GmbH ihr Hotel betreibt und das Grundstück K-Straße ..., sowie sämtliche Geschäftsanteile an der Haus A GmbH. Herr A und Frau A2 übertrugen ihre Geschäftsanteile an der Haus A GmbH zum 29.3.2011 auf A1. Zwischen den Beteiligten unstreitig bestand vom Erbanfall bis zu dieser Übertragung eine Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der Haus A GmbH. Nach Übertragung aller Geschäftsanteile auf Frau A1 hat die Klägerin ihr Verpächterwahlrecht ausgeübt.
Die Gesellschafter der Klägerin erkundigten sich Ende 2006/Anfang 2007 bei der G‑Bank über die Finanzierung zum einen des Erwerbs des Erbbaurechts für das Grundstück D-Straße ... in R, sowie den Umbau des aufstehenden Hauses in behindertengerechte Wohnungen und zum anderen der Bebauung des ererbten Grundstücks K-Straße ... mit einem Mehrfamilienhaus. Insoweit sind in der vom Beklagten überlassenen Prüferhandakte zwei Angebote der G-Bank vom 20.11.2006 und vom 12.1.2007 enthalten, auf die Bezug genommen wird (Prüferhandakte Band II). Das Schreiben vom 20.11.2006 beinhaltet unter dem Betreff „Objekt: Kauf ...“ ein Angebot über ein Darlehen i.H.v. 370.000 € mit einer Laufzeit von 35 Jahren und einem für 10 Jahre festen Zinssatz von 4,5 %. Das Schreiben vom 12.1.2007 beinhaltet unter dem Betreff „Objekt: Kauf ... und Neubau ...“ ein Angebot über ein Darlehen i.H.v. 1.200.000 CHF mit einer Laufzeit von 35 Jahren und einem für 10 Jahre festen Zinssatz von 3,919 %. Die Angebote nahmen die Gesellschafter der Klägerin nicht an.
Am 29.1.2007 schlossen die Gesellschafter der Klägerin (bezeichnet als „in GbR“) mit der G-Bank einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte, auf den nebst Anlagen Bezug genommen wird (Bl. 81-85 der Prozessakte). Aufgrund dieses Rahmenvertrages schlossen die Gesellschafter der Klägerin (bezeichnet als „in GbR“) mit der G-Bank am 30.1.2007 einen Zins- und Währungsswap, den die G-Bank mit Schreiben vom 31.1.2007 (Bl. 86-91 der Prozessakte; von den Gesellschaftern der Klägerin am 4.2.2007 unterzeichnet) bestätigte. In diesem Zins- und Währungsswap verpflichteten sich die Gesellschafter der Klägerin dazu, an die G-Bank jeweils quartalsweise bis zum 28.2.2017 einen festen Zinssatz 3,8 % auf eine Summe von 1.620.000 CHF zu zahlen. Die G-Bank verpflichtete sich im Gegenzug, an die Gesellschafter der Klägerin jeweils quartalsweise bis zum 28.2.2017 einen grundsätzlich an der Euribor Interest Settlement Rate für 3-Monatsgelder orientierten variablen Zinssatz auf einen Betrag von 1.000.000 € zu zahlen. Zudem verpflichteten sich die Vertragsparteien dazu, am 28.2.2017 – also zum Ende der Swap-Laufzeit – einen Kapitaltausch dergestalt vorzunehmen, dass die Gesellschafter der Klägerin 1.620.000 CHF an die G-Bank und die G‑Bank 1.000.000 € an die Gesellschafter der Klägerin zahlen.
In der Folge nahmen die Gesellschafter der Klägerin (bezeichnet als „in Erbengemeinschaft“) ein Darlehen (Nr. 1) über 750.000 € mit einem an der Euribor Interest Settlement Rate für 3-Monatsgelder orientierten variablen Zinssatz von zunächst 5,291 % ab. Als Laufzeit ist dort der 28.2.2017 vorgedruckt, wobei die 2017 handschriftlich gestrichen und eine 2042 handschriftlich ergänzt ist (Prüferhandakte Bd. II). In einer Neuausfertigung des Darlehensvertrages vom 17.9.2017 (Datum auf dem Vertrag) bzw. 20.9.2017 (Datum der Unterzeichnung) ist die Laufzeit mit 28.2.2017 aufgeführt und der handschriftliche Zusatz „wegen irrtümlicher handschriftlicher Änderung im Befristungsdatum“ wieder herausgenommen (Bl. 92-95 der Prozessakte). Als Darlehenszweck ist die „Finanzierung des Baus eines Mehrfamilienhauses mit 6 Wohneinheiten und Stellplätzen auf dem Baugrundstück U-Straße/K-Straße in R“ angegeben.
Mit Kauf- und Erbbaurechtsvertrag vom 17.4.2008 erwarben die Gesellschafter der Klägerin jeweils zu 1/3 das Erbbaurecht an dem Grundstück D-Straße ....
Am 31.10.2009 (Darlehen Nr. 2) sowie am 5.8.2010 (Darlehen Nr. 3) nahmen die Gesellschafter der Klägerin (bezeichnet als „in Erbengemeinschaft“) zwei weitere Darlehen bei der G-Bank über jeweils 125.000 € auf.
Die Klägerin erklärte zunächst für 2008 und 2009 Mieteinnahmen aus diversem Grundbesitz und ordnete die unter Abzug von Werbungskosten errechneten Überschüsse teilweise den Einkünften aus Gewerbebetrieb und teilweise den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu. Unter anderem erklärte sie Überschüsse der Werbungskosten über die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung eines zum 1.1.2008 neu angeschafften Grundstücks D-Straße ... („betreutes Wohnen“) sowie eines „im Bau befindlichen“ Objekts K-Straße ....
Der Beklagte folgte den Erklärungen für 2008 und 2009 zunächst weitgehend und stellte die Besteuerungsgrundlagen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich fest.
Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 23.10.2013 führte der Beklagte eine steuerliche Außenprüfung betreffend die Jahre 2008 und 2009 bei der Klägerin durch. Die Prüferin hielt ihre Feststellungen zunächst in ihrem Prüfungsbericht vom 26.11.2014 (Prüferhandakte Band III) – vor Durchführung einer Schlussbesprechung – fest, auf den Bezug genommen wird. Hinsichtlich des noch streitigen Zins- und Währungsswaps führte sie in Tz. 2.10 aus, der Zins- und Währungsswap sei als Termingeschäft im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG einzuordnen. Sie führte aus, dass das Swap-Geschäft nicht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sei, da kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Zins- und Währungsswap und Darlehnsvertrag vorliege. Der Darlehnsvertrag sei erst sieben Monate nach dem Swap-Geschäft abgeschlossen worden und weder die Beträge noch die Personen stimmten überein (Swap 1.000.000 €/ Darlehen 750.000 €; in GbR/ in Erbengemeinschaft). Sie führte folgende Einkünfte aus Termingeschäft im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 4 EStG auf:
2008 |
2009 |
|
EUR |
EUR |
|
Zinsgutschriften |
57.232,92 |
29.275,13 |
Zinsbelastungen |
50.487,36 |
40.754,45 |
6.745,56 |
-11.479,32 |
|
Rücktrag |
6.745,56 |
6.745,56 |
Verbleibender Betrag |
-4.733,76 |
Auf Grundlage einer zwischenzeitlich eingereichten Feststellungserklärung 2010 stellte der Beklagte die – während der laufenden Betriebsprüfung geschätzten – Besteuerungsgrundlagen 2010 mit Bescheid vom 30.12.2014 geändert fest. Mangels Abgabe von Steuererklärungen stellte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen der Klägerin mit Bescheiden vom 30.12.2014 für die Jahre 2011 und 2012 in geschätzter Höhe und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich fest.
Gegen die Feststellungsbescheide für 2010 bis 2012 legte die Klägerin Einspruch ein und reichte im Einspruchsverfahren Feststellungserklärungen für 2011 und 2012 nach. Einnahmen aus den Objekten D-Straße ... und K-Straße ... erklärte die Klägerin erstmals für 2011. Aus dem Swap erklärte die Klägerin insgesamt folgende Salden aus Einzahlungen und Auszahlungen:
2010 |
- 34.391,90 € |
2011 |
-31.053,27 € |
2012 |
- 35.641.72 € |
Aufgrund zwischenzeitlichen Schriftverkehrs und des Ergebnisses einer am 24.9.2015 durchgeführten Schlussbesprechung erstellte die Prüferin einen geänderten Prüfungsbericht vom 29.9.2015, der hinsichtlich des Swaps jedoch unverändert blieb. In dem Bericht ordnete die Prüferin die Einkünfte aus der K-Straße ... den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Tz. 2.12 des Prüfungsberichts) und die Einkünfte aus dem Objekt D-Straße ... unter Anwendung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Abfärbetheorie, Tz. 2.7 des geänderten Prüfungsberichts) den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu.
Der Beklagte schloss sich den Ausführungen der Prüferin an und erließ mit Datum vom 9.10.2015 geänderte Feststellungsbescheide für 2008 und 2009.
Auch hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein.
Im weiteren Verlauf der Einspruchsverfahren erließ der Beklagte mit Datum vom 18.7.2016 geänderte Feststellungsbescheide 2010 bis 2012. Dabei wich er – soweit hier noch relevant – dahingehend von den Erklärungen ab, dass er Aufwendungen aus dem Swap-Geschäft – entsprechend der Ausführungen der Prüferin in ihrem Prüfungsbericht vom 27.11.2014 für die Streitjahre 2008 und 2009 – insgesamt den Betriebsausgaben zuordnete und diese gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG im Ergebnis nicht zum Abzug zuließ.
Mit Einspruchsentscheidung vom 25.10.2016, auf die Bezug genommen wird, wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück und hob die Vorbehalte der Nachprüfung auf.
Zur Begründung führte er aus, der Verlust aus dem Swap-Vertrag unterliege bei der Klägerin der Verlustausgleichsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG. Ein Ausnahmefall i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 4 EStG liege nicht vor. Die Voraussetzungen der zweiten Alternative von § 15 Abs. 4 Satz 4 EStG seien nicht erfüllt. Danach unterlägen Verluste aus Termingeschäften nicht den Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG, wenn die zugrunde liegenden Geschäfte der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienten (sog. Hedge-Geschäfte). Derartige Sicherungsgeschäfte würden erkennbar nicht in Spekulationsabsicht abgeschlossen. Erforderlich sei deshalb sowohl ein objektiver Nutzungs- und Funktionszusammenhang als auch ein subjektiver Sicherungszusammenhang des Hedge-Geschäfts mit den Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs.
Nach den Feststellungen der Prüferin habe bereits aus dem Grunde kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Zins- und Währungsswap und Darlehensvertrag vom 31.8.2007 vorgelegen, da die Klägerin den Swap-Vertrag nicht (zeitnah) nach dem Darlehensvertrag abgeschlossen habe. Der Umstand, dass die Darlehensverträge erst geraume Zeit (sieben Monate; zwei Jahre und neun Monate und drei Jahre und sieben Monate) nach Abschluss des Swap-Vertrags geschlossen worden seien, spreche gegen den behaupteten unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Allenfalls das Darlehen (Nr. 1) vom 31.8.2007 in Höhe von 750.000 € könnte in Zusammenhang mit dem – nach klägerischem Vortrag – zu Sicherungszwecken eingegangenen Swapgeschäft gesehen werden. Die Differenz von 250.000.- € zwischen dem Volumen des Swapgeschäfts und des abzusichernden Darlehens vom 31.8.2007 spreche jedoch gegen diesen Zusammenhang. Inwieweit das ursprüngliche Darlehensangebot vom 12.1.2007 über 1.200.000 CHF zu den dort aufgeführten Konditionen (Festzins 3,919% pro Jahr, 35 Jahre Laufzeit) einen Zusammenhang mit dem Ende Januar 2007 geschlossenen Zins- und Währungsswap aufgewiesen habe, könne dahingestellt bleiben, denn letztlich habe der Darlehensvertrag vom September 2007 gänzlich andere Kondition bezüglich der Darlehenshöhe (750.000 €), Gewährung sowie einer variablen Verzinsung ausgewiesen.
Der Zins- und Währungsswap der G-Bank sei als Sicherungsgeschäft zudem nicht geeignet gewesen, die Risiken aus dem – von der Klägerin behaupteten – Hauptgeschäft zu kompensieren. Denn der Zins- und Währungsswap habe nicht in der erforderlichen Korrelation zu dem Darlehensvertrag, der in Höhe von 750.000 € Ende August 2007 vereinbart worden sei, gestanden. Zwar könne zwischen der variabel vereinbarten Verzinsung des Darlehens über 750.000 € und der Festzinsvereinbarung beim Zins- und Währungsswap in Höhe von 3,8 % eine Korrelation im Hinblick auf ein Absicherungsmerkmal zu erkennen sein. Es sei jedoch nicht zu erkennen, inwieweit das bei Abschluss des Zins und Währungsswaps eingegangene Wechselkursrisiko in Korrelation zu dem aufgenommenen Darlehen gestanden habe, zumal das Darlehen auf einen Eurobetrag gelautet und somit kein Wechselkursrisiko aufgewiesen habe, das es abzusichern gegolten hätte. Zudem seien die Gesellschafter der Klägerin von der G-Bank über die mit dem Swap-Vertrag verbundenen Risiken aufgeklärt worden.
Eine andere Beurteilung erfahre der Vorgang auch nicht durch die in der Vereinbarung vom 31.5.2016/3.6.2016 aufgenommene Vorbemerkung, es habe sich bei den Darlehensverträgen und dem Zins- und Währungsswap nach Auffassung der Parteien um ein verbundenes Rechtgeschäft gehandelt.
Zutreffend habe er, der Beklagte, das Zins- und Währungsswap-Geschäft den gewerblichen Einkünften der Klägerin zugeordnet, da sie wegen der vorliegenden Betriebsaufspaltung in Form der GbR Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele. Nach dem Rahmenvertrag vom 29.1.2007 sei der Zins- und Währungsswap zwischen der aus den Gesellschaftern der Klägerin bestehenden GbR (also der Klägerin) und der G-Bank abgeschlossen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage.
Sie trägt vor, die Verluste ihrer Gesellschafter aus dem Swapgeschäft seien ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen und bei diesen als Werbungskosten abzugsfähig.
Der dafür erforderliche unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang bestehe. Das Swapgeschäft sei nach den Vorstellungen beider Vertragsparteien zwecks Finanzierung des Mehrfamilienhauses abgeschlossen worden und habe mit den Darlehensverträgen subjektiv eine wirtschaftliche Einheit gebildet. Die Laufzeiten der Darlehensverträge und des Swapgeschäfts seien identisch. Bezugsbeträge und Darlehensbeträge stimmten ebenfalls exakt überein, wenn man die beiden späteren Darlehensverträge über jeweils 125.000 € in die Betrachtung einbeziehe.
Bei einem Beratungsgespräch bei ihren Gesellschaftern zu Hause hätten die Kundenberater der G-Bank die Möglichkeit eines Fremdwährungsdarlehens zur Finanzierung der Projekte D-Straße ... und K-Straße ... aufgezeigt, dessen Verzinsung zum damaligen Zeitpunkt ca. einen Prozentpunkt unter der Verzinsung eines herkömmlichen Darlehens gelegen habe. Nach Aussage der Kundenberater hätte erst diese Zinsersparnis es möglich gemacht, beide Projekte im Verbund zu finanzieren. In einem weiteren Gespräch, einige Wochen später im Kundencenter der G-Bank, sei von dem Fremdwährungsdarlehen keine Rede mehr gewesen. Stattdessen sei ihren Gesellschaftern die Finanzierung über einen Zins- und Währungsswap vorgestellt und erläutert worden. Das Modell sei damit beworben worden, dass der Kreditnehmer alle Vorteile einer variablen Kreditfinanzierung in Anspruch nehmen und sich durch den Zinstausch gleichzeitig gegen eine negative Zinsentwicklung absichern könne. Im Ergebnis erhalte er einen „synthetischen“ Festzins, vergleichbar einem konventionellen Hypothekendarlehen mit Zinsbindungsfrist. Auf der Grundlage dieses Gesprächs hätten ihre Gesellschafter am 29.1.2007 mit der G-Bank den „Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte“ geschlossen.
Ihnen sei nicht bekannt gewesen, dass es sich wegen des Wechselkursrisikos um ein höchst riskantes Produkt gehandelt habe. Ihnen sei auch erst später bewusst geworden, dass sie mithilfe des Swap-Vertrages nur den Zins und nicht, wie sie zunächst glaubten, zugleich das gewünschte Darlehen in Höhe von einer Million Euro gesichert hätten.
Die relativ große Zeitspanne zwischen dem Abschluss des Swapgeschäfts und dem ersten Darlehensvertrag über 750.000 € sei auf Verzögerungen im Baugenehmigungsverfahren zurückzuführen. Der Baubeginn auf dem Grundstück K-Straße ... habe sich aufgrund von Komplikationen bei der Erteilung der Baugenehmigung um mehrere Monate verzögert. Dass sie das Darlehen nur über 750.000 € abgeschlossen habe, sei durch die zwischenzeitlich möglich gewordene anderweitige Finanzierung des Umbaus des Pfarrheimes bedingt. Das Projekt D-Straße ... hätte sie entgegen der ursprünglichen Absicht nur zu einem geringen Teil über die G-Bank und im Wesentlichen über ein zu günstigeren Konditionen angebotenes Darlehen der M-Bank finanziert (Annuitätendarlehen in Höhe von 205.600 €).
Die Aufnahme der beiden weiteren Darlehen über jeweils 125.000 € sei erforderlich gewesen, um Mehrkosten zu finanzieren. Die vom ursprünglich gefassten Plan abweichende Verwendung der Darlehen und die Aufteilung der Darlehenssumme auf drei nacheinander abgeschlossene Verträge ändere nichts an dem Zusammenhang des Swaps mit den Bauvorhaben. Das Darlehen über 750.000 € habe sie zu 95%, die Darlehen über 125.000 € zu 100 % bzw 75,2 % für die Finanzierung des Mehrfamilienhauses eingesetzt.
Der Zusammenhang ergebe sich auch aus einer Überziehungsgenehmigung der G‑Bank vom 26.1.2007. Der Überziehungskredit von 150.000 € auf dem Girokonto 4 sei ihren Gesellschaftern eingeräumt worden, um die Zeitspanne zwischen dem Abschluss des Derivategeschäfts und dem Abschluss des Darlehensvertrages zu überbrücken. Hierbei seien die Parteien von einem Zeitraum von „maximal 90 Kalendertagen“ ausgegangen, so dass der Kredit bis zum 29.4.2007 befristet worden sei. Das Swapgeschäft hätten sie vorgezogen, weil es aufgrund der Zinsentwicklung kurzfristig habe „gehandelt“ werden sollen.
Zum Nachweis haben die Kläger ein internes Schreiben der G-Bank vom 26.1.2007 zur Akte gereicht, auf das Bezug genommen wird (Bl. 105 der Prozessakte).
Soweit der Beklagte seine Auffassung auch darauf stütze, dass der Swap-Vertrag durch ihre Gesellschafter „in GbR“, die Darlehen hingegen durch ihre Gesellschafter „in Erbengemeinschaft“ abgeschlossen worden sei, seien die unterschiedlichen Bezeichnungen auf ein internes Kommunikationsproblem der G-Bank zurückzuführen. An der notwendigen Personenidentität fehle es jedenfalls nicht.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 und 2009 vom 9.10.2015, die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 bis 2012 vom 18.7.2016 jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.10.2016 abzuändern und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2008 auf 40.052,79 € und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wie folgt festzustellen:
2008: |
- 11.931,00 € |
2009: |
- 18.695,00 € |
2010: |
- 2.307,00 € |
2011: |
22.307,00 € |
2012: |
17.265,00 €, |
und die festgestellten positiven Einkünfte aus Termingeschäften i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG 2008 sowie negativen Einkünfte aus Termingeschäften i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG 2009 bis 2012 aus der Feststellung herauszunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich auf die in der Einspruchsentscheidung dargelegten Gründe.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2018 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Der Beklagte ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Einkünfte der Klägerin aus dem Objekt K-Straße ... den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen sind. Der Beklagte hat die Einnahmen und Aufwendungen aus dem Zins- und Währungsswap aber zu Unrecht den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet. Die Einnahmen und Aufwendungen aus dem Zins- und Währungsswap sind den aus dem Grundstück K-Straße ... erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen. Dort unterliegen sie keiner Abzugsbeschränkung.
1.
Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen, Schiffen, die in ein Schiffsregister eingetragen sind, und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht). Gemäß § 21 Abs. 3 EStG sind Einkünfte der in § 21 Abs. 1 und 2 EStG bezeichneten Art Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören. Grundsätzlich sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der – nicht gewerblichen – Vermögensverwaltung zuzuordnen. Wenn die Nutzung des Vermögens im Einzelfall hinter die Bereitstellung einer einheitlichen unternehmerischen Organisation zurücktritt, kann die Vermietung an sich bereits einen Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG darstellen (vergl. Buge in: Herrmann/ Heuer/ Raupach, EStG/ KStG, 288. Lieferung 10.2018, § 15 EStG, Rn. 1180 m.w.N.).
Auch wenn die Vermietung an sich nicht im Rahmen eines Gewerbebetriebes stattfindet, können die Einnahmen daraus den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen sein. Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt nämlich als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer OHG, einer KG oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht (Abfärbetheorie).
Erbengemeinschaften und Bruchteilsgemeinschaften werden einkommensteuerlich auch als Personengesellschaft behandelt, obwohl sie zivilrechtlich keine Personengesellschaften sind. Gemeinschaften betätigen sich grundsätzlich nicht mit Einkünfteerzielungsabsicht. Werden die Gemeinschafter gleichwohl mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig, weil sie z.B. einen ererbten Gewerbebetrieb fortführen, so ist darin die konkludente Gründung einer Personengesellschaft zu sehen, die von der Gemeinschaft getrennt zu beurteilen ist (Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15 EStG, Rn. 1422 mit weiteren Nachweisen). Bei einer Erbengemeinschaft beschränkt sich die gewerbliche Betätigung der Miterben grundsätzlich auf den zum Nachlass gehörenden Betrieb. Dabei kann es sich auch um ein schon innerhalb des Erblassers begründetes Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung handeln (BFH-Urteil vom 23.10.1986, IV R 214/84, BStBl II 1980, 120).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die aus dem Objekt K-Straße ... erzielten Einkünfte solche aus Vermietung und Verpachtung.
Die (anfänglich geplante, später tatsächliche) Vermietung des auf dem Grundstück K‑Straße ... erbauten Mehrfamilienhauses stellte eine reine Vermögensverwaltung dar. Da dies zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab.
Auch wenn die Klägerin mit der Vermietung eines anderen Grundstücks an die Haus A GmbH aus einer Betriebsaufspaltung bzw. Betriebsverpachtung in sämtlichen Streitjahren auch gewerbliche Einkünfte erzielt hat, hat das keine Auswirkung auf die Zuordnung der aus dem Mehrfamilienhaus K-Straße ... erzielten Einkünfte. Die Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG ist hier nicht anwendbar.
Die Gesellschafter der Klägerin hatten das Grundstück im Jahr 2005 jeweils zu 1/3 geerbt. Das Grundstück K-Straße ... war nicht Bestandteil des zum Nachlass gehörenden Betriebs der Betriebsaufspaltung. Das Grundstück K-Straße ... war insbesondere weder vom Erblasser noch von den Gesellschaftern der Klägerin zum Betriebsvermögen gewillkürt.
Dass sich die Gesellschafter der Klägerin nach dem Erbanfall und vor den Streitjahren dazu entschlossen haben, das Grundstück mit einem Mehrfamilienhaus zu bebauen und damit Einkünfte zu erzielen, ist entsprechend der zitierten Rechtsprechung des BFH unschädlich. Auch in dem vom BFH entschiedenen Fall handelte es sich um ein „mitererbtes und inzwischen bebautes Grundstück“. Trotzdem hat der BFH in einem solchen Fall die Abfärbetheorie für nicht anwendbar erklärt.
2.
Es besteht ein Zusammenhang des Swaps mit den Einkünften aus der Vermietung des Objekts K-Straße .... Eine Abzugsbeschränkung besteht insoweit nicht.
Gemäß § 8 Abs. 1 EStG sind Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 20 Abs. 8 EStG in der Fassung der Streitjahre sind Einkünfte im Sinne von § 20 Abs. 2 EStG, soweit sie zu solchen aus Vermietung und Verpachtung gehören, diesen Einkünften zuzurechnen.
Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Zumindest ein objektiver Zusammenhang muss stets bestehen (vergl. Krüger in Schmidt, EStG, 37. Auflage 2018, § 9 Rn. 40 ff. m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind sowohl der positive Saldo (2008) als auch die negativen Salden (2009-2012) der Einnahmen und Ausgaben aus dem Swap-Vertrag bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Es besteht ein Veranlassungszusammenhang durch die steuerpflichtigen Einnahmen aus der Vermietung des Grundstücks K-Straße .... Die Klägerin hat die Salden aus dem Zins- und Währungsswap im Zusammenhang mit der in den Streitjahren 2008 bis 2010 geplanten und ab dem Jahr 2011 erfolgten Vermietung des Mehrfamilienhauses K-Straße ... erzielt bzw. aufgewendet.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Gesellschafter der Klägerin den Swap nur im Rahmen der Finanzierung ihrer Bauvorhaben eingegangen sind.
Der Swap war sowohl subjektiv dazu bestimmt als auch objektiv dazu geeignet, das – zum damaligen Zeitpunkt bereits geplante und später – am 31.8.2007 aufgenommene Darlehen i.H.v. 750.000 € abzusichern. Dass der Abschluss des Darlehensvertrages bis zum 31.7.2008 auf sich warten ließ, war durch die Verzögerungen bei der Erteilung der Baugenehmigung für das Mehrfamilienhaus auf dem Grundstück K-Straße ... bedingt und ist für den Zusammenhang zu dem Objekt unschädlich.
Die Gesellschafter der Klägerin hatten bereits Anfang 2007 – und damit noch vor Abschluss des Rahmenvertrags für Finanztermingeschäfte – bei der G-Bank ein Angebot über ein mögliches Darlehens zur Finanzierung ihrer Projekte D-Straße ... und K-Straße ... erbeten. Die G-Bank hatte ihnen auch dementsprechend mit Schreiben vom 12.1.2007 ein Angebot über ein auf Schweizer Franken lautendes Fremdwährungsdarlehen zu einem festen Zinssatz gemacht. Das Angebot hätten die Gesellschafter der Klägerin gar nicht annehmen können, da die G-Bank ein entsprechendes Darlehen gar nicht im Portfolio hatte. Stattdessen haben die Gesellschafter der Klägerin noch im selben Monat den Rahmenvertrag für Finanzdienstleistungen sowie den Swap-Vertrag mit der G-Bank abgeschlossen. Ausweislich der Nr. 1 Abs. 1 des Rahmenvertrags (Bl. 81 der Prozessakte) geschah dies zur Gestaltung u.a. von Zinsänderungsrisiken im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit. Auch die im Verfahren vorgelegte G-Bankinterne Überziehungsgenehmigung vom 31.1.2007 (Bl. 105 der Prozessakte) bestätigt den Zusammenhang des Zins- und Währungsswaps zu den Bauprojekten.
Das letztendlich am 31.8.2007 bei der G-Bank aufgenommene Darlehen über 750.000 € hat die Klägerin auch zu 95 % für die Finanzierung des Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück K-Straße ... genutzt. Die von der Prüferin mit fünf Prozent berechnete Mitfinanzierung des Objekts D-Straße ... (vergl. Anlage 7 Seiten 4 und 5 zum Prüfungsbericht vom 26.11.2014, Prüferhandakte Bd. III) ist insoweit zu vernachlässigen. Dass ursprünglich eine umfangreichere Finanzierung des Objekts D-Straße ... geplant war, ist nicht maßgeblich. Tatsächlich hat die Klägerin fast ausschließlich das Mehrfamilienhaus finanziert. Die Differenz zwischen den Beträgen (1.000.000 € Swap – 750.000 € Darlehen) ist hier ebenfalls nicht maßgeblich. Auf die beiden späteren Darlehen muss daher gar nicht abgestellt werden. Zudem ist nicht maßgeblich, dass die G‑Bank die Gesellschafter der Klägerin im Rahmen des Rahmenvertrags als „in GbR“ und im Rahmen des Kredits über 750.000 € als „in Erbengemeinschaft bezeichnet hat. Nach Überzeugung des Senats ist beide Male die aus der Erbengemeinschaft hervorgegangene Klägerin gemeint. Im Übrigen nimmt es der Beklagte mit der unterschiedlichen Bezeichnung des Zusammenschlusses der Gesellschafter der Klägerin selbst nicht so genau und bezeichnet diese bereits im Prüfungsbericht teilweise als Erbengemeinschaft, teilweise als GbR und teilweise auch als Grundstücksgemeinschaft.
Der Zins- und Währungsswap war auch dazu geeignet, das Zinsänderungsrisiko aus dem Darlehen über 750.000 € abzusichern. Insoweit standen sich das von der Klägerin getragene Zinsänderungsrisiko aus dem Darlehensvertrag sowie das von der G-Bank getragene Zinsänderungsrisiko aus dem Zins- und Währungsswap gegenüber. Dass der Swap zusätzlich ein Währungsrisiko beinhaltete, ist unschädlich (vergl. Watrin/ Riegler, FR 2015, 1049; sowie Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 20.8.2014, X R 13/12, BStBl II 2015, 177 zu den Voraussetzungen von § 15 Abs. 4 Satz 4 EStG).
3.
Die Feststellungsbescheide sind hinsichtlich des Gewinns aus Gewerbebetrieb 2008 sowie hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im beantragten Umfang zu ändern. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb 2008 ist um den positiven Saldo aus dem Swap zu mindern, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2008 sind entsprechend zu erhöhen. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2009 bis 2012 sind um die negativen Salden aus dem Swap zu mindern. Im Gegenzug sind die festgestellten positiven Einkünfte aus Termingeschäften i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG 2008 sowie die negativen Einkünfte aus Termingeschäften i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG 2009 bis 2012 aus der Feststellung herauszunehmen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
5.
Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Der Bundesfinanzhof hat über die Frage, ob laufende Zahlungen aufgrund eines mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Zusammenhang stehenden Swaps bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Einnahmen bzw. Werbungkosten zu berücksichtigen sind, bislang noch nicht entschieden (vergl. BFH-Urteil vom 13.1.2015, IX R 13/14, BStBl II 2015, 827).