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Steuerrecht
10.09.2015
Steuerrecht
EuGH: Steuerbefreiung von Lieferungen von Gegenständen an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen

EuGH, Urteil vom 3.9.2015 – C-526/13, „Fast Bunkering Klaipėda“ UAB gegen Valstybinė mokesčių inspekcija prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos

Tenor

Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung grundsätzlich nicht auf Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen anwendbar ist, selbst wenn zum Zeitpunkt der Lieferung die endgültige Verwendung der Gegenstände bekannt und ordnungsgemäß belegt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens kann diese Steuerbefreiung jedoch anwendbar sein, wenn die Übertragung des Eigentums an den betreffenden Gegenständen auf diese Mittelspersonen gemäß den im anwendbaren nationalen Recht vorgesehenen Formen frühestens mit dem Zeitpunkt zusammenfällt, zu dem den Betreibern der auf hoher See eingesetzten Schiffe die Befähigung übertragen wurde, über diese Gegenstände faktisch so zu verfügen, als wären sie ihr Eigentümer; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1).

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der „Fast Bunkering Klaipėda“ UAB (im Folgenden: FBK) und der Valstybinė mokesčių inspekcija prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos (Staatliche Steuerinspektion beim Finanzministerium der Republik Litauen) über den mehrwertsteuerrechtlichen Status von Treibstofflieferungen, die an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen vorgenommen wurden.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

3          Das am 7. Dezember 1944 in Chicago (Vereinigte Staaten) unterzeichnete Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt ist von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ratifiziert worden; die Europäische Union ist allerdings selbst nicht Vertragspartei dieses Abkommens. Es sieht u. a. Regelungen zur Registrierung von Luftfahrzeugen und zu Fluggenehmigungen vor.

Unionsrecht

4          Mit der Richtlinie 2006/112 wurde die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben und ersetzt.

5          Art. 14 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:

„(1) Als ‚Lieferung von Gegenständen‘ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

(2) Neben dem in Absatz 1 genannten Umsatz gelten folgende Umsätze als Lieferung von Gegenständen:

...

c) die Übertragung eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission.

...“

6          Art. 131 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 werden … unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen.“

7          In Art. 146 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 heißt es:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

a) die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden;

...“

8          Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 übernimmt gleichlautend die Bestimmungen von Art. 15 Nr. 4 der Sechsten Richtlinie. Dieser Art. 148 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

a) die Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, die auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr, zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei … eingesetzt sind …;

...

e) die Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Luftfahrzeugen, die von Luftfahrtgesellschaften verwendet werden, die hauptsächlich im entgeltlichen internationalen Verkehr tätig sind;

f) Lieferung, Umbau, Reparatur, Wartung, Vercharterung und Vermietung der unter Buchstabe e genannten Luftfahrzeuge, sowie Lieferung, Vermietung, Reparatur und Wartung von Gegenständen, die in diese Luftfahrzeuge eingebaut sind oder ihrem Betrieb dienen;

...“

Litauisches Recht

9          Art. 44 des Lietuvos Respublikos pridėtinės vertės mokesčio įstatymas Nr. IX751 (Gesetz Nr. IX751 der Republik Litauen über die Mehrwertsteuer) vom 5. März 2002 (Žin., 2002, Nr. 35-1271) in der durch das Gesetz Nr. X261 vom 21. Juni 2005 (Žin., 2005, Nr. 812944) geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) sieht vor:

„(1) Die Lieferung von Gegenständen wird mit einem Mehrwertsteuer-Nullsatz besteuert, wenn die Gegenstände zur Versorgung von Schiffen, auf die in Art. 43 Abs. 1 dieses Gesetzes Bezug genommen wird, [nämlich ‚Seeschiffen, die zum Transport von Passagieren und/oder Fracht auf internationalen Strecken und/oder zur Erbringung anderer Dienstleistungen gegen Bezahlung eingesetzt sind‘] geliefert werden …

(3) In diesem Gesetz sind unter Versorgungsmitteln … Treibstoffe (Kraftstoffe) und Schmiermittel zu verstehen …“

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

10        FBK ist in Litauen für die Zwecke der Mehrwertsteuer registriert.

11        Vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2011 belieferte FBK in den litauischen Hoheitsgewässern Schiffe, die auf hoher See eingesetzt sind, mit Treibstoff. Der betreffende Treibstoff stammte aus Drittstaaten und wurde in Litauen im Zolllagerverfahren gelagert. In Anwendung dieser Regelung war die Erhebung der für die Einfuhr dieses Treibstoffs geschuldeten Mehrwertsteuer ausgesetzt, solange dieser nicht in der Europäischen Union in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wurde.

12        Wenn FBK einen Auftrag erhielt, wurde der entsprechende Treibstoff dem Zolllager entnommen und FBK erledigte die notwendigen Formalitäten. Der Treibstoff wurde danach „frei an Bord“ verkauft, d. h. ohne Beförderungskosten oder sonstige damit verbundene Gebühren und Steuern sowie ohne Versicherungen, und FBK füllte ihn selbst in die Treibstofftanks der Schiffe ein.

13        Die Aufträge wurden allerdings nicht von den Betreibern der Schiffe an FBK erteilt, sondern von in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Mittelspersonen, denen FBK die Verkäufe in Rechnung stellte. Diese Mittelspersonen handelten sowohl FBK als auch den Betreibern dieser Schiffe gegenüber beim Kauf von Ersterer und beim Verkauf an Letztere im eigenen Namen. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte von FBK ausgeführt, dass diese Mittelspersonen zu keinem Zeitpunkt tatsächlich die Lieferung irgendeiner Treibstoffmenge übernommen hätten, da ihre Rolle vor allem darin bestehe, die Aufträge zu bündeln und die Bezahlung des gelieferten Treibstoffs sicherzustellen. FBK sei erst nach dem Einfüllen des Treibstoffs in die Tanks der Schiffe in der Lage gewesen, die tatsächlich gelieferte Menge zu bestimmen und somit die entsprechende Rechnung zu stellen.

14        Von dem Grundsatz ausgehend, dass der Verkauf des in Rede stehenden Treibstoffs nach dem litauischen Gesetz zur Umsetzung von Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 von der Mehrwertsteuer befreit sei, wandte FBK auf diese Treibstofflieferungen den Mehrwertsteuer-Nullsatz an.

15        Nach einer Steuerprüfung, die sich auf den in Rn. 11 des vorliegenden Urteils genannten Zeitraum bezog, verfasste die Klaipėdos apskrities valstybinė mokesčių inspekcija (Steuerinspektion Klaipėda) am 15. Februar 2013 einen Bericht und führte bei dieser Gelegenheit aus, sie gehe davon aus, dass der in Rede stehende Treibstoff nicht unmittelbar von FBK an die Betreiber der Schiffe verkauft worden sei, sondern an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen, so dass die Letztgenannten als Wiederverkäufer des Treibstoffs an diese Betreiber anzusehen seien. Daher hätte FBK die in Art. 44 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes vorgesehene Steuerbefreiung nicht anwenden dürfen, da diese Steuerbefreiung nur im Fall der Lieferung von Gegenständen an Betreiber von Seeschiffen, die zum Transport von Passagieren und/oder Fracht auf internationalen Strecken eingesetzt seien, Anwendung finde.

16        Auf der Grundlage des am 15. Februar 2013 verfassten Berichts nahm die Klaipėdos apskrities valstybinė mokesčių inspekcija mit Entscheidung vom 26. März 2013 hinsichtlich der Anwendung des Mehrwertsteuer-Nullsatzes auf die streitigen Treibstofflieferungen eine Berichtigung der Erklärung von FBK in Höhe von 37 847 771 litauischen Litas (LTL), etwa 11 Mio. Euro, vor.

17        Am 15. April 2013 erhob FBK bei der Valstybinė mokesčių inspekcija prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos Einspruch gegen die Entscheidung der Klaipėdos apskrities valstybinė mokesčių inspekcija.

18        Mit Entscheidung vom 27. Juni 2013 wies die Valstybinė mokesčių inspekcija prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos diesen Einspruch mit der Begründung zurück, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs in den Urteilen Velker International Oil Company (C185/89, EU:C:1990:262) und Elmeka (C181/04 bis C183/04, EU:C:2006:563) die in Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 für die Lieferung von Gegenständen zur Versorgung von auf hoher See eingesetzten Schiffen vorgesehene Steuerbefreiung, deren Umsetzung Art. 44 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes darstelle, nur auf das letzte Glied der Handelskette der in Rede stehenden Gegenstände bei ihrer Lieferung an den Betreiber der Schiffe, der sie verwende, angewendet werden könne.

19        Am 30. Juli 2013 reichte FBK gegen diese Entscheidung Klage bei der Mokestinių ginčų komisija prie Lietuvos Respublikos Vyriausybės (Kommission für Steuerstreitigkeiten bei der Regierung der Republik Litauen) ein.

20        Nach deren Ansicht bestehen Zweifel, ob sich die vom Gerichtshof im Urteil Velker International Oil Company (C185/89, EU:C:1990:262) angestellten Erwägungen auf eine Situation übertragen lassen, in der die in Rede stehenden Gegenstände zum einen von einem Steuerpflichtigen in die Tanks der Schiffe, die sie verwenden, eingefüllt werden, und in der zum anderen ausreichende tatsächliche Kontrollen bestanden, die es erlaubten, die effektive Verwendung der für die Versorgung von auf hoher See eingesetzten Schiffen bestimmten Gegenstände zu gewährleisten. Im Urteil A (C33/11, EU:C:2012:482) habe der Gerichtshof u. a. mit der Begründung, dass in Anbetracht der Art der in Rede stehenden Gegenstände und insbesondere der Registrierungs- und Zulassungsverfahren, denen ihre Nutzung unterliege, diese Ausdehnung der Steuerbefreiung nicht dazu angetan scheine, für die Staaten und die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer Zwänge zu schaffen, die mit der im jetzigen Art. 131 der Richtlinie 2006/112 geforderten korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen unvereinbar wären, nämlich zugelassen, dass die im jetzigen Art. 148 Buchst. f der Richtlinie 2006/112 für die Lieferung von Luftfahrzeugen vorgesehene Steuerbefreiung auch auf Lieferungen vor der letzten Stufe der Handelskette angewandt werden könne.

21        Unter diesen Umständen hat die Mokestinių ginčų komisija prie Lietuvos Respublikos Vyriausybės beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass dessen Bestimmungen über die Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht nur auf Lieferungen an den Betreiber eines Schiffes, das auf hoher See eingesetzt ist, anwendbar sind, der diese Gegenstände für die Versorgung des Schiffes verwendet, sondern auch auf Lieferungen an Personen, die vom Betreiber des Schiffes verschieden sind, d. h. an nicht bekannt gegebene Mittelspersonen, wenn zum Zeitpunkt der Lieferung die endgültige Verwendung der Gegenstände schon bekannt und ordnungsgemäß belegt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden?

Zur Vorlagefrage

22        Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung auf Lieferungen von zur Versorgung von Schiffen bestimmten Gegenständen anwendbar ist, die an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen erfolgen, wenn zum Zeitpunkt der Lieferung die endgültige Verwendung der Gegenstände schon bekannt und ordnungsgemäß belegt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden.

23        Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 sieht vor, dass Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, die auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr, zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt sind, von der Mehrwertsteuer befreit sind.

24        Zunächst ist hervorzuheben, dass diese Bestimmung den gleichen Wortlaut wie Art. 15 Nr. 4 der Sechsten Richtlinie aufweist, die durch die Richtlinie 2006/112 aufgehoben und ersetzt wurde.

25        Daher ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 15 Nr. 4 der Sechsten Richtlinie für die Auslegung von Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 grundsätzlich maßgebend.

26        Nach dieser Rechtsprechung sind die Umsätze zur Versorgung von Schiffen, die auf hoher See eingesetzt sind, deshalb von der Steuer befreit, weil sie Ausfuhrumsätzen gleichgestellt sind (Urteil Velker International Oil Company, C185/89, EU:C:1990:262, Rn. 21).

27        Ebenso wie die für Ausfuhrumsätze vorgesehene Steuerbefreiung nur für endgültige Lieferungen ausgeführter Gegenstände durch den Verkäufer oder für dessen Rechnung gilt, kann sich die in Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 vorgesehene Steuerbefreiung folglich nicht auf Lieferungen dieser Gegenstände erstrecken, die auf einer vorhergehenden Handelsstufe erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil Velker International Oil Company, C185/89, EU:C:1990:262, Rn. 22).

28        Diese Schlussfolgerung wird im Übrigen durch den Umstand bestätigt, dass die Erstreckung der Steuerbefreiung auf Handelsstufen vor der endgültigen Lieferung der Gegenstände an den Betreiber der Schiffe, der sie für ihre Versorgung verwendet, von den Staaten verlangen würde, dass sie Kontroll- und Überwachungsmechanismen einführen, um sich der endgültigen Bestimmung dieser unter Steuerbefreiung gelieferten Gegenstände zu vergewissern. Diese Mechanismen würden keineswegs zu einer verwaltungsmäßigen Vereinfachung führen, sondern für die Staaten und die betroffenen Steuerpflichtigen Zwänge schaffen, die mit der von Art. 131 der Richtlinie 2006/112 vorgeschriebenen korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen unvereinbar wären (vgl. in diesem Sinne Urteil Velker International Oil Company, C185/89, EU:C:1990:262, Rn. 24).

29        Eine Lieferung von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen muss daher – um in den Genuss der in Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Steuerbefreiung zu kommen – an den diese Gegenstände verwendenden Betreiber von auf hoher See eingesetzten Schiffen erfolgen und dementsprechend auf der letzten Stufe der Handelskette dieser Gegenstände stattfinden.

30        Mithin ist zu prüfen, ob eine Lieferung von zur Versorgung von Schiffen bestimmten Gegenständen an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen, wie die im Ausgangsverfahren, den in den vorstehenden Randnummern aufgeführten Bedingungen genügt.

31        Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2006/112 den Begriff der im eigenen Namen handelnden Mittelsperson nicht verwendet.

32        Dies vorausgeschickt, ergibt sich aus Art. 14 Abs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie, dass die Übertragung eines Gegenstands aufgrund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission als eine Lieferung von Gegenständen anzusehen ist.

33        Ein Kommissionsvertrag stellt grundsätzlich eine Übereinkunft dar, durch die sich eine Mittelsperson verpflichtet, in eigenem Namen, aber für Rechnung einer dritten Person ein oder mehrere Rechtsgeschäfte vorzunehmen.

34        Daher ist eine an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen erfolgte Lieferung von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, auch wenn diese Mittelspersonen für Rechnung der Schiffsbetreiber, die die Gegenstände verwenden, tätig werden, für die Zwecke des Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 von einer an diese Betreiber erfolgten Lieferung zu unterscheiden.

35        Somit findet eine an eine im eigenen Namen handelnde Mittelsperson erfolgte Lieferung von Gegenständen nicht auf der letzten Stufe der Handelskette dieser Gegenstände statt, da die Mittelsperson sie nicht erwirbt, um sie zu verwenden, sondern um sie an einen Dritten weiterzuverkaufen.

36        Daraus ergibt sich, dass eine Lieferung von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, die an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erfolgt, grundsätzlich nicht als eine Lieferung wie die in Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 genannte angesehen werden und daher nicht in den Genuss der von dieser Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiung kommen kann.

37        Der Gerichtshof hat jedoch, allerdings im Zusammenhang mit Art. 15 Nr. 6 der Sechsten Richtlinie, deren Bestimmungen in Art. 148 Buchst. f der Richtlinie 2006/112 nahezu wortgleich übernommen wurden, zugelassen, dass die von dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung auch für die Lieferung eines Luftfahrzeugs an einen Wirtschaftsteilnehmer gelten kann, der selbst nicht zu den Luftfahrtgesellschaften gehört, die hauptsächlich im entgeltlichen internationalen Verkehr tätig sind, sondern es zum Zweck der ausschließlichen Nutzung durch eine solche Gesellschaft erwirbt, ohne auf die Letztgenannte die Befähigung zu übertragen, wie ein Eigentümer über das Luftfahrzeug zu verfügen, wenn diese Nutzung bekannt und ordnungsgemäß belegt ist. In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof u. a. unterstrichen, dass sich aus der Überprüfung einer solchen tatsächlichen Verwendung in Anbetracht der Art des in Rede stehenden Gegenstands und insbesondere der Registrierungs- und Zulassungsverfahren, denen seine Nutzung unterliegt, für die Staaten und die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer keine Zwänge ergeben können, die mit der korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen unvereinbar wären (vgl. in diesem Sinne Urteil A, C33/11, EU:C:2012:482, Rn. 56 und 57).

38        Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob diese Rechtsprechung für die Auslegung von Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 maßgebend ist und ob sie zur Anwendung dieser Bestimmung auf Lieferungen von zur Versorgung von Schiffen bestimmten Gegenständen führen kann, die an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen vorgenommen werden, wenn zum Zeitpunkt der Lieferung die endgültige Verwendung der Gegenstände schon bekannt und ordnungsgemäß belegt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden.

39        In diesem Zusammenhang ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 53 des Urteils A (C33/11, EU:C:2012:482) zur Auslegung von Art. 15 Nr. 6 der Sechsten Richtlinie, deren Wortlaut mit dem von Art. 148 Buchst. f der Richtlinie 2006/112 übereinstimmt, ausdrücklich ausgeführt hat, dass zur Übertragung der im Urteil Velker International Oil Company (C185/89, EU:C:1990:262) gewählten Lösung zur Auslegung von Art. 15 Nr. 4 der Sechsten Richtlinie, dessen Wortlaut mit dem von Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 übereinstimmt, kein Anlass bestand.

40        Zwar hängt die Anwendung der in Art. 148 Buchst. a und f der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Steuerbefreiungen jeweils von der künftigen Verwendung der betreffenden Gegenstände ab, doch sind die betreffenden Gegenstände, nämlich Treibstoff im erstgenannten Fall und ein Luftfahrzeug im zweitgenannten, grundlegend verschieden, so dass sich eine mögliche Analogie zwischen den beiden entsprechenden Befreiungsregelungen keineswegs aufdrängt.

41        Im Übrigen stellen die in Art. 148 der Richtlinie 2006/112 genannten Mehrwertsteuerbefreiungen autonome unionsrechtliche Begriffe dar, die folglich Gegenstand einer einheitlichen Auslegung und Anwendung in der gesamten Union sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Unterpertinger, C212/01, EU:C:2003:625, Rn. 34).

42        Im Urteil A (C33/11, EU:C:2012:482) hat der Gerichtshof für die Schlussfolgerung, dass die in Rede stehende Steuerbefreiung auf die unter den in Rn. 37 des vorliegenden Urteils genannten Bedingungen erfolgte Lieferung eines Luftfahrzeugs angewandt werden konnte, insbesondere auf das Vorhandensein von Regelungen zur Registrierung und zu Fluggenehmigungen abgestellt, die in allen Mitgliedstaaten u. a. aufgrund der Beteiligung all dieser Staaten an dem in Rn. 3 des vorliegenden Urteils genannten Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt bestehen.

43        Es ist jedoch nicht erwiesen, dass in allen Mitgliedstaaten gemeinsame Genehmigungsregelungen oder -mechanismen bestehen, durch die sich die tatsächliche Verwendung der für die Versorgung von auf hoher See eingesetzten Schiffen bestimmten Gegenstände sicherstellen ließe.

44        Daraus folgt, dass die einheitliche Anwendung von Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 nicht gewährleistet werden könnte, ohne das in Rn. 28 des vorliegenden Urteils genannte Ziel der verwaltungsmäßigen Vereinfachung in Frage zu stellen, wenn diese Bestimmung dahin auszulegen wäre, dass sie auf Lieferungen von Gegenständen an Wirtschaftsteilnehmer anzuwenden wäre, die nicht Betreiber von auf hoher See eingesetzten Schiffen sind, diese Gegenstände aber zur ausschließlichen Verwendung durch solche Wirtschaftsteilnehmer erwerben, und zwar selbst dann, wenn diese Zielsetzung bekannt und ordnungsgemäß belegt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden.

45        Daher kann, auch wenn einige Staaten individuell Mechanismen geschaffen hätten, durch die die tatsächliche Verwendung der für die Versorgung von auf hoher See eingesetzten Schiffen bestimmten Gegenstände sichergestellt werden soll, wie dies bei der Republik Litauen der Fall zu sein scheint, die in Rn. 37 des vorliegenden Urteils dargestellte Rechtsprechung nicht als für die Auslegung von Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 maßgebend angesehen werden.

46        Mithin ist die in Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 vorgesehene Steuerbefreiung grundsätzlich nicht auf Lieferungen an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen anwendbar, selbst wenn zum Zeitpunkt der Lieferung die endgültige Verwendung der Gegenstände bekannt und ordnungsgemäß belegt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden.

47        Allerdings ergibt sich aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte sowie aus den Erläuterungen des Prozessbevollmächtigten von FBK in der mündlichen Verhandlung, dass FBK im Ausgangsverfahren den Treibstoff selbst unmittelbar in die Tanks der Schiffe einfüllte, für die der Kraftstoff bestimmt war. Sie richtete dann die entsprechende Rechnung an die im eigenen Namen handelnden Mittelspersonen, da die genaue Menge des so gelieferten Treibstoffs erst nach Abschluss der Lieferung bestimmt werden konnte.

48        Unter diesen Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Übergang des Eigentums an dem Treibstoff auf diese Mittelspersonen erst nach Abschluss der Befüllung stattfindet. Sollte dem so sein, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat, ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher Eigentumsübergang frühestens mit dem Zeitpunkt zusammenfällt, zu dem den Betreibern der Schiffe die Befähigung übertragen wird, über den Treibstoff faktisch so zu verfügen, als wären sie sein Eigentümer.

49        Wie die Generalanwältin in den Nrn. 42 bis 44 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, kann der Betreiber eines Schiffes normalerweise ab dem Zeitpunkt, zu dem der Treibstoff in dessen Tank eingefüllt worden ist, über den Treibstoff faktisch so verfügen, als wäre er sein Eigentümer.

50        Daher ist festzustellen, dass unter solchen Umständen die Mittelspersonen, auch wenn das Eigentum am Kraftstoff formell in den im anwendbaren nationalen Recht vorgesehenen Formen auf sie übertragen worden war und angenommen wird, dass sie im eigenen Namen handelten, zu keinem Zeitpunkt in der Lage waren, über die gelieferten Mengen zu verfügen, da die Verfügungsgewalt darüber ab dem Einfüllen des Treibstoffs durch FBK den Schiffsbetreibern zustand.

51        Damit aber ein Umsatz als Lieferung von Gegenständen an eine Person im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 eingestuft werden kann, muss er bewirken, dass dieser Person die Befähigung übertragen wird, über diese Gegenstände faktisch so zu verfügen, als wäre sie ihr Eigentümer. Nach ständiger Rechtsprechung bezieht sich der Begriff „Lieferung von Gegenständen“ im Sinne dieser Bestimmung nämlich nicht auf die Eigentumsübertragung in den im anwendbaren nationalen Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (Urteil Evita-K, C-78/12, EU:C:2013:486, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52        In dem in Rn. 48 des vorliegenden Urteils angesprochenen Fall können daher die von einem Wirtschaftsteilnehmer wie FBK bewirkten Umsätze nicht als Lieferungen an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen eingestuft werden, sondern sind als unmittelbar an die Schiffsbetreiber erfolgte Lieferungen anzusehen, für die damit die in Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 vorgesehene Steuerbefreiung gewährt werden kann.

53        Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 148 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung grundsätzlich nicht auf Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen an im eigenen Namen handelnde Mittelspersonen anwendbar ist, selbst wenn zum Zeitpunkt der Lieferung die endgültige Verwendung der Gegenstände bekannt und ordnungsgemäß belegt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens kann diese Steuerbefreiung jedoch anwendbar sein, wenn die Übertragung des Eigentums an den betreffenden Gegenständen auf diese Mittelspersonen gemäß den im anwendbaren nationalen Recht vorgesehenen Formen frühestens mit dem Zeitpunkt zusammenfällt, zu dem den Betreibern der auf hoher See eingesetzten Schiffe die Befähigung übertragen wird, über diese Gegenstände faktisch so zu verfügen, als wären sie ihr Eigentümer; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Kosten

54        Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

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