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Steuerrecht
09.02.2023
Steuerrecht
EuGH: Staatliche Beihilfen – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Voraussetzung der Selektivität – Grundsatz des Vertrauensschutzes – Grundsatz der Rechtssicherheit – Rückforderung der Beihilfe

EuGH, Urteil vom 2.2.2023 – (verb. Rs.) C-649/20 P, C‑658/20 P und C‑662/20 P; Königreich Spanien u. a.; ECLI:EU:C:2023:60

Volltext BB-Online BBL2023-341-1

Tenor

1.         Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 23. September 2020, Spanien u. a./Kommission (T-515/13 RENV und T-719/13 RENV, EU:T:2020:434), wird aufgehoben, soweit das Gericht die Klagen insoweit abgewiesen hat, als damit beantragt wurde, Art. 1 des Beschlusses 2014/200/EU der Kommission vom 17. Juli 2013 über die staatliche Beihilfe SA.21233 C/11 (ex NN/11, ex CP 137/06) Spaniens – Auf bestimmte Finanzierungs-Leasingvereinbarungen anwendbares Steuersystem, das auch als spanisches True-Lease-Modell bezeichnet wird, für nichtig zu erklären, sofern darin die wirtschaftlichen Interessenvereinigungen und ihre Investoren als die einzigen Begünstigten der von diesem Beschluss erfassten Beihilfe bezeichnet werden, und Art. 4 Abs. 1 dieses Beschlusses für nichtig zu erklären, sofern das Königreich Spanien damit verpflichtet wird, den gesamten Betrag der vom Beschluss erfassten Beihilfe gegenüber den davon begünstigten Investoren der wirtschaftlichen Interessenvereinigungen zurückzufordern.

2.         Im Übrigen werden die Rechtsmittel zurückgewiesen.

3.         Art. 1 des Beschlusses 2014/200 wird für nichtig erklärt, soweit darin die wirtschaftlichen Interessenvereinigungen und ihre Investoren als die einzigen Begünstigten der von diesem Beschluss erfassten Beihilfe bezeichnet werden.

4.         Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses 2014/200 wird für nichtig erklärt, soweit damit dem Königreich Spanien aufgegeben wird, den gesamten Betrag der von diesem Beschluss erfassten Beihilfe von den dadurch begünstigten Investoren der wirtschaftlichen Interessenvereinigungen zurückzufordern.

5.         Das Königreich Spanien, die Lico Leasing SA und die Pequeños y Medianos Astilleros Sociedad de Reconversión SA sowie die Caixabank SA, die Asociación Española de Banca, die Unicaja Banco SA, die Liberbank SA, die Banco de Sabadell SA, die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA, die Banco Santander SA, die Santander Investment SA, die Naviera Séneca AIE, die Industria de Diseño Textil SA (Inditex), die Naviera Nebulosa de Omega AIE, die Abanca Corporación Bancaria SA, die Ibercaja Banco SA, die Naviera Bósforo AIE, die Joyería Tous SA, die Corporación Alimentaria Guissona SA, die Naviera Muriola AIE, die Poal Investments XXI SL, die Poal Investments XXII SL, die Naviera Cabo Vilaboa C-1658 AIE, die Naviera Cabo Domaio C-1659 AIE, die Caamaño Sistemas Metálicos SL, die Blumaq SA, die Grupo Ibérica de Congelados SA, die RNB SL, die Inversiones Antaviana SL, die Banco de Albacete SA, die Bodegas Muga SL und die Aluminios Cortizo SAU tragen neben ihren gesamten eigenen Kosten drei Viertel der Kosten, die der Europäischen Kommission im ersten Rechtszug und im Rahmen der Rechtsmittel, die Gegenstand der Rechtssache C-128/16 P sowie der verbundenen Rechtssachen C-649/20 P, C-658/20 P und C-662/20 P waren, entstanden sind.

6.         Die Decal España SA trägt ihre eigenen Kosten.

7.         Die Europäische Kommission trägt ein Viertel der Kosten, die ihr im ersten Rechtszug und im Rahmen der Rechtsmittel, die Gegenstand der Rechtssache C-128/16 P sowie der verbundenen Rechtssachen C-649/20 P, C-658/20 P und C-662/20 P waren, entstanden sind.

Aus den Gründen

1          Mit ihren Rechtsmitteln begehren das Königreich Spanien, die Lico Leasing SA und die Pequeños y Medianos Astilleros Sociedad de Reconversión (im Folgenden: PYMAR) SA sowie die Caixabank SA, die Asociación Española de Banca, die Unicaja Banco SA, die Liberbank SA, die Banco de Sabadell SA, die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA, die Banco Santander SA, die Santander Investment SA, die Naviera Séneca AIE, die Industria de Diseño Textil SA (Inditex), die Naviera Nebulosa de Omega AIE, die Abanca Corporación Bancaria SA, die Ibercaja Banco SA, die Naviera Bósforo AIE, die Joyería Tous SA, die Corporación Alimentaria Guissona SA, die Naviera Muriola AIE, die Poal Investments XXI SL, die Poal Investments XXII SL, die Naviera Cabo Vilaboa C-1658 AIE, die Naviera Cabo Domaio C-1659 AIE, die Caamaño Sistemas Metálicos SL, die Blumaq SA, die Grupo Ibérica de Congelados SA, die RNB SL, die Inversiones Antaviana SL, die Banco de Albacete SA, die Bodegas Muga SL und die Aluminios Cortizo SAU (im Folgenden zusammen: Caixabank u. a.) die Aufhebung des Urteils vom 23. September 2020, Spanien u. a./Kommission (T-515/13 RENV und T-719/13 RENV, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:434), mit dem das Gericht die Nichtigkeitsklagen des Königreichs Spanien, von Lico Leasing und von PYMAR gegen den Beschluss 2014/200/EU der Kommission vom 17. Juli 2013 über die staatliche Beihilfe SA.21233 C/11 (ex NN/11, ex CP 137/06) Spaniens – Auf bestimmte Finanzierungs-Leasingvereinbarungen anwendbares Steuersystem, das auch als spanisches True-Lease-Modell bezeichnet wird (ABl. 2014, L 114, S. 1, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

I.          Vorgeschichte des Rechtsstreits

2          Nach Beschwerden, dass das auf bestimmte Finanzierungs-Leasingvereinbarungen für den Erwerb von Schiffen anwendbare spanische True-Lease-Modell (Sistema español de arrendamiento fiscal, im Folgenden: SEAF) es Reedereien ermögliche, von spanischen Schiffswerften gebaute Schiffe mit einem Preisnachlass zwischen 20 und 30 % zu erwerben, leitete die Europäische Kommission mit dem Beschluss C(2011) 4494 final vom 29. Juni 2011 (ABl. 2011, C 276, S. 5) das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV ein.

3          Im Lauf dieses Verfahrens stellte die Kommission fest, dass das SEAF bis zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses für Transaktionen verwendet worden sei, die den Bau von Schiffen durch Werften und ihren Erwerb durch Reedereien sowie die Finanzierung dieser Transaktionen im Wege einer von einer Bank ad hoc gegründeten rechtlichen und finanziellen Einheit beträfen. An einem SEAF beteiligt waren bei jedem Schiffbauauftrag eine Reederei, eine Werft, eine Bank, eine Leasinggesellschaft und eine wirtschaftliche Interessenvereinigung (WIV), bestehend aus dieser Bank und Investoren, die Beteiligungen an dieser WIV erwarben. Letztere leaste das Schiff von einer Leasinggesellschaft ab Schiffbaubeginn und verleaste es anschließend an eine Reederei mittels Bareboat-Chartervertrag. Die WIV verpflichtete sich, das Schiff am Ende der Laufzeit des Leasingvertrags zu erwerben, während die Reederei sich verpflichtete, es am Ende der Laufzeit des Bareboat-Chartervertrags zu kaufen. Nach den Angaben im streitigen Beschluss handelte es sich um ein Geflecht von Maßnahmen zur Steuerplanung, um Steuervorteile für die Investoren einer „steuerlich transparenten“ WIV zu schaffen und einen Teil dieser Steuervorteile an eine Reederei in Form eines Nachlasses auf den Schiffspreis weiterzugeben.

4          Die Kommission stellte fest, dass die unter Inanspruchnahme des SEAF getätigten Transaktionen fünf Maßnahmen kombiniert hätten, die in mehreren Bestimmungen des Real Decreto Legislativo 4/2004, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Impuesto sobre Sociedades (Königliches gesetzesvertretendes Dekret 4/2004, mit dem die konsolidierte Fassung des spanischen Körperschaftsteuergesetzes angenommen wurde) vom 5. März 2004 (BOE Nr. 61 vom 11. März 2004, S. 10951, im Folgenden: TRLIS) und des Real Decreto 1777/2004, por el que se aprueba el Reglamento del Impuesto sobre Sociedades (Königliches Dekret 1777/2004, mit dem die Durchführungsverordnung zum Körperschaftsteuergesetz angenommen wurde) vom 30. Juli 2004 (BOE Nr. 189 vom 6. August 2004, S. 37072, im Folgenden: RIS) vorgesehen seien. Bei diesen fünf Maßnahmen handelte es sich um die beschleunigte Abschreibung von Leasinggegenständen nach Art. 115 Abs. 6 TRLIS (im Folgenden: vorzeitige Abschreibung), den Ermessensspielraum bei der Anwendung der vorzeitigen Abschreibung, der sich aus Art. 48 Abs. 4 und Art. 115 Abs. 11 TRLIS sowie Art. 49 RIS ergibt, die Bestimmungen über die WIV, das Tonnagesteuersystem nach den Art. 124 bis 128 TRLIS und die Bestimmungen des Art. 50 Abs. 3 RIS.

5          Nach Art. 115 Abs. 6 TRLIS begann die vorzeitige Abschreibung, wenn der Leasinggegenstand betriebsbereit war, d. h., erst wenn der Leasinggegenstand an den Leasingnehmer übergeben wurde und dieser mit seiner Nutzung begann. Art. 115 Abs. 11 TRLIS sah jedoch vor, dass das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen auf offiziellen Antrag des Leasingnehmers ein früheres Datum für den Beginn der betreffenden Abschreibung festlegen konnte. In Art. 115 Abs. 11 TRLIS waren für die vorzeitige Abschreibung zwei allgemeine Voraussetzungen vorgesehen. Die für WIV geltenden besonderen Voraussetzungen fanden sich in Art. 48 Abs. 4 TRLIS. Das Genehmigungsverfahren nach Art. 115 Abs. 11 TRLIS wurde in Art. 49 RIS näher geregelt.

6          Das Tonnagesteuersystem wurde im Lauf des Jahres 2002 durch die Entscheidung K(2002) 582 endg. der Kommission vom 27. Februar 2002 über die staatliche Beihilfe N 736/01, die Spanien gewährt hat – Tonnagebezogene Besteuerung von Schifffahrtsunternehmen (ABl. 2004, C 38, S. 4, im Folgenden: Entscheidung der Kommission vom 27. Februar 2002 über die tonnagebezogene Besteuerung) als nach den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr vom 5. Juli 1997 (ABl. 1997, C 205, S. 5) in der durch die Mitteilung C(2004) 43 der Kommission (ABl. 2004, C 13, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Leitlinien für den Seeverkehr) mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfe genehmigt. Im Rahmen dieses Systems werden die in eines der Register für Seeverkehrsunternehmen eingetragenen Unternehmen, die hierfür eine Genehmigung von der Steuerverwaltung erlangt haben, nicht nach ihren Gewinnen und Verlusten, sondern nach der Tonnage besteuert. Die spanischen Rechtsvorschriften gestatten den WIV die Eintragung in eines dieser Register, obwohl sie keine Seeverkehrsunternehmen sind.

7          Art. 125 Abs. 2 TRLIS sah ein spezielles Verfahren für die zum Zeitpunkt der Überführung in das Tonnagesteuersystem bereits erworbenen Schiffe und die gebrauchten Schiffe vor, die erworben wurden, als das Unternehmen dieses System bereits in Anspruch nahm. Bei dessen normaler Anwendung wurden etwaige Gewinne beim Wechsel zum Tonnagesteuersystem besteuert, und es wurde angenommen, dass die Gewinne, wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt, beim Verkauf oder der Abwrackung des Schiffes besteuert wurden. Abweichend von dieser Bestimmung sah Art. 50 Abs. 3 RIS jedoch vor, dass Schiffe, die im Zuge einer Kaufoption im Rahmen eines zuvor von den Steuerbehörden genehmigten Leasingvertrags erworben wurden, als neue und nicht gebrauchte Schiffe im Sinne des Art. 125 Abs. 2 TRLIS galten, ohne dass berücksichtigt wurde, ob sie bereits abgeschrieben waren, so dass mögliche Gewinne nicht besteuert wurden. Diese bei der Kommission nicht angemeldete Ausnahme wurde nur bei speziellen, von den Steuerbehörden im Rahmen von Anträgen auf Anwendung der vorzeitigen Abschreibung gemäß Art. 115 Abs. 11 TRLIS genehmigten Leasingverträgen angewandt, d. h. bei neu gebauten und geleasten Schiffen, die im Zuge von Transaktionen unter Inanspruchnahme des SEAF erworben wurden und mit einer Ausnahme von spanischen Werften stammten.

8          Durch die Gesamtheit dieser Maßnahmen erlangte die WIV Steuervorteile in zwei Phasen. In der ersten Phase wurde eine vorzeitige und beschleunigte Abschreibung der Kosten des geleasten Schiffes nach der normalen Regelung für die Körperschaftsteuer angewandt, die sich in hohen Verlusten für die WIV niederschlug, die aufgrund der steuerlichen Transparenz der WIV von den eigenen Einkünften der Investoren im Verhältnis ihrer Beteiligung an der WIV abgeschrieben werden konnten. Während diese vorzeitige und beschleunigte Abschreibung normalerweise in der Folge durch die höheren bei vollständiger Abschreibung des Schiffes oder bei dessen Verkauf mit Gewinn zu entrichtenden Steuern ausgeglichen wird, blieb die Steuerersparnis, die sich aus der Übertragung der anfänglichen Verluste auf die Investoren ergab, in der zweiten Phase dank der Überführung der WIV in das Tonnagesteuersystem, das die vollständige Befreiung der Gewinne aus dem Verkauf des Schiffes an die Reederei ermöglichte, erhalten.

9          Obwohl die Kommission davon ausging, dass das SEAF als „System“ zu beschreiben sei, prüfte sie auch jede einzelne fragliche Maßnahme individuell. Im streitigen Beschluss entschied sie, dass von diesen Maßnahmen jene, die sich aus Art. 115 Abs. 11 TRLIS (betreffend die vorzeitige Abschreibung), aus der Anwendung des Tonnagesteuersystems auf nicht berücksichtigungsfähige Unternehmen, Schiffe oder Tätigkeiten sowie aus Art. 50 Abs. 3 RIS ergäben (im Folgenden: fragliche steuerliche Maßnahmen), eine staatliche Beihilfe zugunsten der WIV und ihrer Investoren darstellten, die vom Königreich Spanien rechtswidrig ab dem 1. Januar 2002 unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährt worden sei. Sie erklärte, dass die fraglichen steuerlichen Maßnahmen mit dem Binnenmarkt unvereinbar seien, soweit die Beihilfe über eine marktkonforme Vergütung für die Tätigkeit von Finanzinvestoren hinausgehe und nicht an Reedereien weitergegeben worden sei, die die Leitlinien für den Seeverkehr in Anspruch nehmen könnten. Sie entschied, dass das Königreich Spanien die Anwendung dieser Beihilferegelung einstellen müsse, soweit sie mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei, und die unvereinbare Beihilfe von den dadurch begünstigten Investoren der WIV zurückfordern müsse, ohne dass diesen Begünstigten die Möglichkeit eingeräumt werde, die mit der Rückforderung der Beihilfe verbundene Belastung auf andere Personen zu übertragen.

10        Allerdings entschied die Kommission, dass keine Rückforderung der Beihilfe erfolge, die im Rahmen von Finanzierungsmaßnahmen gewährt worden sei, bei denen sich die zuständigen nationalen Behörden mit einem bindenden Rechtsakt vor dem 30. April 2007 – dem Datum, an dem die Entscheidung 2007/256/EG der Kommission vom 20. Dezember 2006 über die Beihilferegelung, die Frankreich auf der Grundlage von Artikel 39 CA des französischen Steuergesetzbuchs durchgeführt hat – Staatliche Beihilfe C 46/04 (ex NN 65/04) (ABl. 2007, L 112, S. 41, im Folgenden: Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde – zur Gewährung des mit den Maßnahmen verbundenen Vorteils verpflichtet hätten.

II.    Verfahren vor den Rechtsmitteln und angefochtenes Urteil

11        Mit Klageschriften, die am 25. September und am 30. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht wurden, erhoben zum einen das Königreich Spanien sowie zum anderen Lico Leasing und PYMAR Klagen auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. Die beiden Rechtssachen wurden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

12        Mit Urteil vom 17. Dezember 2015, Spanien u. a./Kommission (T-515/13 und T-719/13, EU:T:2015:1004), erklärte das Gericht den streitigen Beschluss für nichtig.

13        Mit Rechtsmittelschrift, die am 29. Februar 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, legte die Kommission ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil des Gerichts ein. Im Rahmen dieses Rechtsmittels wurden die Bankia SA, die seitdem von der Caixabank übernommen wurde, und 33 weitere Unternehmen mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 21. Dezember 2016, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:1007), als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge von Lico Leasing und PYMAR zugelassen.

14        Mit Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, EU:C:2018:591), hob der Gerichtshof das Urteil des Gerichts auf, verwies die Sachen an das Gericht zurück, behielt die Kostenentscheidung vor und erlegte den am Rechtsmittelverfahren beteiligten Streithelferinnen ihre eigenen Kosten auf.

15        Nach der Zurückverweisung wies das Gericht mit dem angefochtenen Urteil die Klagen ab. Das Gericht wies den die Selektivität des SEAF betreffenden Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV zurück und führte dazu im Wesentlichen aus, dass das Bestehen eines weiten Ermessens der Steuerverwaltung bei der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung ausreiche, um das SEAF in seiner Gesamtheit als selektiv anzusehen. Das Gericht wies auch die Klagegründe zurück, mit denen ein Begründungsmangel des streitigen Beschlusses, Verstöße gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit sowie ein Verstoß gegen die für die Rückforderung der Beihilfe geltenden Grundsätze gerügt worden waren. In Bezug auf diese Rückforderung war das Gericht der Ansicht, dass die Kommission keinen Rechtsfehler begangen habe, als sie die Rückforderung der gesamten in Rede stehenden Beihilfe von den Investoren angeordnet habe, obwohl ein Teil des betreffenden Vorteils auf Dritte übertragen worden sei.

III. Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

16        Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 2. August 2021 ist die Decal España SA in der Rechtssache C-662/20 P als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Caixabank u. a. zugelassen worden.

17        Nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts hat der Gerichtshof die Rechtssachen C-649/20 P, C-658/20 P und C-662/20 P gemäß Art. 54 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil verbunden.

18        Mit ihren Rechtsmitteln beantragen das Königreich Spanien, Lico Leasing und PYMAR sowie Caixabank u. a., unterstützt durch Decal España, das angefochtene Urteil aufzuheben, den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

19        Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel in der Rechtssache C-662/20 P als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen sowie die Rechtsmittel in den Rechtssachen C-649/20 P und C-658/20 P zurückzuweisen. Außerdem beantragt sie, dem Königreich Spanien, Lico Leasing, PYMAR, Caixabank u. a. sowie Decal España die Kosten aufzuerlegen.

IV.    Zu den Rechtsmitteln

A.         Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels in der Rechtssache C-662/20 P

20        Während Caixabank u. a. geltend machen, das Gericht habe sie zu Recht als Streithelferinnen im Verfahren nach Zurückverweisung zugelassen, so dass ihr Rechtsmittel zulässig sei, ist die Kommission der Ansicht, dass sie, abgesehen davon, dass sie nicht dargetan hätten, inwiefern das angefochtene Urteil sie unmittelbar betreffe, keine „Streithelfer“ im Sinne von Art. 56 Abs. 2 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seien und, da ihnen in der Rechtssache T-719/13 RENV die Streithelfereigenschaft fehle, nicht zur Einlegung eines Rechtsmittels befugt seien.

21        Folglich habe das Gericht ihnen in Rn. 65 des angefochtenen Urteils unter Verstoß gegen Art. 217 seiner Verfahrensordnung rechtsfehlerhaft die Streithelfereigenschaft zuerkannt, obwohl sie nie beantragt hätten, vor diesem Gericht als Streithelfer zugelassen zu werden, und obwohl nach dieser Vorschrift eindeutig nur die „am Verfahren vor dem Gericht beteiligten Parteien“ befugt seien, im Rahmen des Verfahrens nach der Zurückverweisung einer Rechtssache durch den Gerichtshof eine Stellungnahme einzureichen.

22        Insoweit hat das Gericht in Rn. 65 des angefochtenen Urteils ausgeführt, da der Gerichtshof die Rechtssachen zur Prüfung bestimmter Klagegründe, die Rechtsfragen von Belang für Bankia und 32 weitere Unternehmen sowie für Aluminios Cortizo beträfen, an das Gericht zurückverwiesen habe, seien im Interesse einer geordneten Rechtspflege die im Rechtsmittelverfahren als Streithelfer vor dem Gerichtshof zugelassenen Parteien als Streithelfer im Verfahren nach Zurückverweisung zuzulassen, um eine sachgerechte Behandlung des beim Gericht anhängigen Rechtsstreits sicherzustellen und die Kontinuität der streitigen Erörterung zu fördern. Das Argument der Kommission, dass dies gegen Art. 217 Abs. 1 der Verfahrensordnung verstoße, sei zurückzuweisen. Der Wortlaut dieser Bestimmung stehe dem nicht unbedingt entgegen, da der Ausdruck „die am Verfahren vor dem Gericht beteiligten Parteien“ nicht definiert sei und nicht ausgeschlossen werde, dass die im Verfahren vor dem Gerichtshof zugelassenen Streithelfer aufgrund dieser Zulassung auch im Verfahren nach Zurückverweisung eine solche Stellung erlangen könnten.

23        Diese Ausführungen des Gerichts sind rechtsfehlerfrei. Denn wie der Gerichtshof in Rn. 124 des Beschlusses vom 1. August 2022, Soudal und Esko-Graphics/Magnetrol und Kommission (C-74/22 P[I], EU:C:2022:632), entschieden hat, gebieten Art. 40 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, die Wahrung der den Streithelfern durch die Verfahrensordnung des Gerichts garantierten Verfahrensrechte und der Grundsatz der geordneten Rechtspflege im Rahmen eines kohärenten Zusammenspiels der Verfahren vor dem Gerichtshof und dem Gericht, dass ein am Rechtsmittelverfahren beteiligter Streithelfer automatisch über die Streithelfereigenschaft vor dem Gericht verfügt, wenn eine Rechtssache dorthin zurückverwiesen wird, nachdem der Gerichtshof eine Entscheidung des Gerichts aufgehoben hat.

24        Folglich hatten Caixabank u. a. entgegen dem Vorbringen der Kommission die Streithelfereigenschaft vor dem Gericht und sind nach Art. 56 Abs. 2 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union befugt, ein Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil einzulegen, sofern es sie unmittelbar berührt.

25        Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass ein Kläger, der zur Durchführung des Urteils des Gerichts möglicherweise einen Betrag zurückzahlen muss, als von diesem Urteil unmittelbar berührt anzusehen ist (Urteil vom 26. Oktober 2016, DEI und Kommission/Alouminion tis Ellados, C-590/14 P, EU:C:2016:797, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26        Es besteht aber unzweifelhaft die Möglichkeit, dass Caixabank u. a. zur Durchführung des angefochtenen Urteils, mit dem die vor dem Gericht erhobenen Klagen auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses abgewiesen wurden, die von diesem Beschluss erfassten Beihilfen, die sie empfangen haben, zurückzahlen müssen. Folglich sind Caixabank u. a. als von diesem Urteil unmittelbar berührt anzusehen. Ihr Rechtsmittel ist somit zulässig.

B.         Zu den Rechtsmittelgründen betreffend die Selektivität des SEAF

27        Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-649/20 P und dem jeweils ersten Rechtsmittelgrund in den Rechtssachen C-658/20 P und C-662/20 P rügen das Königreich Spanien, Lico Leasing und PYMAR sowie Caixabank u. a., unterstützt durch Decal España, das Gericht habe hinsichtlich der Selektivität des SEAF gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen.

1.         Zur Zulässigkeit

28        Die Kommission trägt vor, diese Rechtsmittelgründe seien unzulässig, da sie den Rahmen des Rechtsstreits erweiterten. Das Königreich Spanien, Lico Leasing und PYMAR hätten nämlich in ihren Klageschriften keinen die Selektivität des SEAF betreffenden Klagegrund angeführt und insbesondere vor dem Gericht nicht geltend gemacht, dass der streitige Beschluss mit einem Rechtsfehler behaftet sei, weil die Kommission die Selektivität des SEAF nicht anhand des in den Rn. 83 und 97 des angefochtenen Urteils erwähnten dreistufigen Prüfungsschemas geprüft habe, das darin bestehe, zur Beurteilung der Frage, ob eine nationale Steuermaßnahme selektiven Charakter habe, erstens die allgemeine Steuerregelung zu ermitteln, zweitens zu beurteilen, ob die betreffende Maßnahme von dieser allgemeinen Regelung abweiche, indem sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführe, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden, und drittens zu prüfen, ob der Mitgliedstaat nachgewiesen habe, dass diese Maßnahme durch die Natur oder den Aufbau des Systems, in das sie sich einfüge, gerechtfertigt sei (im Folgenden: dreistufiges Prüfungsschema der Selektivität einer Beihilfe).

29        Nach gefestigter Rechtsprechung sind die Befugnisse des Gerichtshofs im Rahmen der Prüfung eines Rechtsmittels auf die rechtliche Beurteilung der Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt. Eine Partei kann daher vor dem Gerichtshof nicht erstmals ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorbringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, da ihr damit letztlich gestattet würde, den Gerichtshof, dessen Befugnisse bei Rechtsmitteln begrenzt sind, mit einem weiter reichenden Rechtsstreit zu befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte (Urteil vom 6. Oktober 2021, Sigma Alimentos Exterior/Kommission, C-50/19 P, EU:C:2021:792, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30        Allerdings kann ein Rechtsmittelführer zulässigerweise ein Rechtsmittel einlegen, mit dem er vor dem Gerichtshof Rechtsmittelgründe und Argumente geltend macht, die sich aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben und mit denen dessen Stichhaltigkeit aus rechtlichen Erwägungen in Frage gestellt wird (Urteil vom 6. Oktober 2021, Sigma Alimentos Exterior/Kommission, C-50/19 P, EU:C:2021:792, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31        Im vorliegenden Fall machen die Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es den die Selektivität des SEAF betreffenden Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV zurückgewiesen und die Anwendung des dreistufigen Prüfungsschemas der Selektivität einer Beihilfe ausgeschlossen habe. Somit kann, soweit mit dem zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-649/20 P sowie mit dem jeweils ersten Rechtsmittelgrund in den Rechtssachen C-658/20 P und C-662/20 P die rechtlichen Konsequenzen in Frage gestellt werden, die das Gericht aus seiner eigenen Entscheidung über ein vor ihm erörtertes Vorbringen gezogen hat, nicht davon ausgegangen werden, dass diese Rechtsmittelgründe den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand verändern.

32        Die fraglichen Rechtsmittelgründe sind folglich zulässig.

2.         Zur Begründetheit

33        Mit ihren Rechtsmittelgründen rügen die Rechtsmittelführer, das Gericht habe erstens das dreistufige Prüfungsschema der Selektivität einer Beihilfe zu Unrecht nicht angewandt, zweitens rechtsfehlerhaft angenommen, dass das SEAF selektiv sei, weil die Steuerverwaltung bei der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung über ein Ermessen verfügt habe, drittens einen Rechtsfehler begangen, indem es die Situationen der Unternehmen, denen die Inanspruchnahme des SEAF gewährt werde, nicht mit den Situationen der davon ausgeschlossenen Unternehmen verglichen habe, und viertens die Selektivität des SEAF nur anhand einer der Maßnahmen, aus denen das SEAF bestehe, und nicht anhand des gesamten SEAF geprüft.

a)         Zur Rüge der unterlassenen Anwendung des dreistufigen Prüfungsschemas der Selektivität einer Beihilfe

1)         Vorbringen der Parteien

34        Die Rechtsmittelführer rügen, das Gericht habe das dreistufige Prüfungsschema, das der Gerichtshof für die Beurteilung der Selektivität einer Beihilfe vorschreibe, nicht angewandt. Es habe weder die allgemeine Steuerregelung ermittelt noch geprüft, ob das SEAF selektiv sei, weil es von dieser allgemeinen Regelung abweiche, indem es Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführe, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden. Es habe auch nicht geprüft, ob der Mitgliedstaat nachgewiesen habe, dass das SEAF durch die Natur oder den Aufbau des Systems, in das es sich einfüge, gerechtfertigt sei.

35        Insoweit vertritt das Königreich Spanien im Rahmen seines ersten Rechtsmittelgrundes die Auffassung, das Gericht habe missachtet, was der Gerichtshof in Rn. 71 des Urteils vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, EU:C:2018:591), entschieden habe.

36        Caixabank u. a. tragen vor, das Gericht habe nach der Feststellung, dass die Kommission im streitigen Beschluss das dreistufige Prüfungsschema der Selektivität einer Beihilfe nicht angewandt habe, nicht die sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen gezogen und insoweit den 156. Erwägungsgrund dieses Beschlusses verfälscht dargestellt. So habe das Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission die Selektivität des SEAF mit zwei alternativen Begründungen bejaht habe, nämlich wegen des Ermessens der Steuerverwaltung und wegen der Sektorbezogenheit des SEAF. Tatsächlich habe die Kommission diese beiden Aspekte aber nicht etwa als zwei alternative Begründungen, sondern als untrennbare Bestandteile ein und derselben Begründung dargelegt. Somit habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es die Begründung des streitigen Beschlusses durch seine eigene Begründung ersetzt habe.

37        Die Kommission hält diese Rüge für unbegründet.

2)         Würdigung durch den Gerichtshof

38        Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 46 des Urteils vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, EU:C:2018:591), entschieden hat, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hatte, indem es den WIV die Eigenschaft von Begünstigten der fraglichen steuerlichen Maßnahmen mit der Begründung abgesprochen hatte, dass diese Einrichtungen „steuerlich transparent“ seien.

39        In Rn. 58 dieses Urteils hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Erwägungen, aufgrund deren das Gericht die Ausführungen der Kommission beanstandet hatte, auf der unzutreffenden Prämisse beruhten, dass nur die Investoren und nicht die WIV als Begünstigte der Vorteile aus den fraglichen steuerlichen Maßnahmen angesehen werden könnten. Der Gerichtshof hat befunden, dass das Gericht daher einen Rechtsfehler begangen hatte, weil es nicht geprüft hatte, ob der Steuerverwaltung durch das System der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung ein Ermessen eingeräumt wurde, das geeignet war, die von den am SEAF beteiligten WIV ausgeübten Tätigkeiten zu begünstigen, oder eine Begünstigung solcher Tätigkeiten bewirkte.

40        Außerdem hat der Gerichtshof in Rn. 67 des Urteils vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, EU:C:2018:591), in Bezug auf einen Rechtsmittelgrund der Kommission festgestellt, dass die Auffassung des Gerichts, dass die von Investoren, die an Transaktionen unter Inanspruchnahme des SEAF beteiligt gewesen seien, erhaltenen Vorteile nicht als selektiv angesehen werden könnten, da diese Transaktionen unter denselben Bedingungen unterschiedslos jedem Unternehmen offengestanden hätten, auf derselben unzutreffenden Prämisse beruhte. In den Rn. 68 bis 71 dieses Urteils hat der Gerichtshof hinzugefügt, dass diese Auffassung im Übrigen nach Maßgabe des Urteils vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981), rechtsfehlerhaft war, da das Gericht nicht geprüft hatte, ob die Kommission nachgewiesen hatte, dass die fraglichen steuerlichen Maßnahmen durch ihre konkreten Wirkungen eine Ungleichbehandlung von Wirtschaftsteilnehmern eingeführt hatten, obwohl sich die von den Steuervorteilen begünstigten Wirtschaftsteilnehmer und diejenigen, die davon ausgeschlossen waren, im Hinblick auf das mit der Steuerregelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befanden.

41        Aus diesen Randnummern des Urteils vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, EU:C:2018:591), geht hervor, dass der Gerichtshof entgegen dem Vorbringen des Königreichs Spanien im vorliegenden Fall keine dreistufige Prüfung der Selektivität des SEAF verlangt hat. Vielmehr hat er dem Gericht aufgegeben, zu prüfen, ob der Steuerverwaltung durch das Verfahren zur Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung ein Ermessen eingeräumt wurde, das geeignet war, die von den am SEAF beteiligten WIV ausgeübten Tätigkeiten zu begünstigen, oder eine Begünstigung solcher Tätigkeiten bewirkte.

42        Das Vorbringen des Königreichs Spanien, das Gericht habe im angefochtenen Urteil missachtet, was der Gerichtshof im Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, EU:C:2018:591), entschieden habe, ist folglich unbegründet.

43        Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, die Kommission habe zwar im streitigen Beschluss die Selektivität des SEAF nicht – zumindest nicht ausdrücklich – in drei Stufen geprüft, aber sie habe im 156. Erwägungsgrund dieses Beschlusses ausgeführt, dass das SEAF insgesamt selektiv sei, nämlich zum einen wegen des Ermessens der Steuerverwaltung bei der auf unklar formulierten Voraussetzungen beruhenden Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung und zum anderen, weil die Steuerverwaltung nur Transaktionen unter Inanspruchnahme des SEAF genehmige, die zur Finanzierung von Seeschiffen bestimmt seien. In derselben Randnummer dieses Urteils hat das Gericht auch darauf hingewiesen, dass die Kommission in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht habe, das Bestehen eines Ermessens der Steuerverwaltung bei der Erteilung ihrer Genehmigung genüge für sich genommen, um das SEAF insgesamt als selektiv einzustufen.

44        Zwar hat das Gericht in dieser Randnummer des angefochtenen Urteils nicht exakt den Wortlaut des 156. Erwägungsgrundes des streitigen Beschlusses übernommen, in dem die Ausdrücke „zum einen“ und „zum anderen“, die darauf hindeuten könnten, dass die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Selektivität des SEAF auf zwei unterschiedliche Erwägungen gestützt war, nicht vorkommen. Die Kommission hat jedoch im genannten Erwägungsgrund ausgeführt: „[D]er Vorteil [ist] selektiv, da er aufgrund des obligatorischen Genehmigungsverfahrens und der unklaren Formulierung der für diese Abschreibung geltenden Bedingungen von der Ermessensausübung der Steuerverwaltung abhängt. Da andere ausschließlich für den Seeverkehr anwendbare Maßnahmen, die nach den Leitlinien für den Seeverkehr berücksichtigungsfähig sind[,] … von dieser vorherigen Genehmigung abhängen, ist das gesamte SEAF selektiv. Folglich genehmigt die Steuerverwaltung nur Transaktionen unter Inanspruchnahme des SEAF, die für die Finanzierung von Seeschiffen bestimmt sind (sektorale Selektivität).“

45        Hieraus geht hervor, dass die Kommission zwar das Vorliegen einer sektoralen Selektivität erwähnt hat, im streitigen Beschluss aber ihre Annahme, dass das SEAF in seiner Gesamtheit selektiv sei, auf das Bestehen eines Ermessens der Steuerverwaltung gestützt hat. Folglich hat das Gericht entgegen dem Vorbringen von Caixabank u. a. weder diesen Beschluss verfälscht noch die darin enthaltene Begründung durch seine eigene ersetzt.

46        Als Drittes ist darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf die Voraussetzung der Selektivität des Vorteils, die ein Tatbestandsmerkmal der „staatlichen Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV bildet, da dieser Beihilfen verbietet, die bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Beurteilung dieser Voraussetzung die Feststellung erforderlich ist, ob im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung eine nationale Maßnahme geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C-524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47        Wenn die in Rede stehende Maßnahme als Beihilferegelung und nicht als eine Einzelbeihilfe beabsichtigt wird, obliegt es der Kommission, darzutun, dass die Maßnahme, obwohl sie einen allgemeinen Vorteil vorsieht, diesen allein bestimmten Unternehmen oder Branchen verschafft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 55).

48        Das von den Rechtsmittelführern angeführte dreistufige Prüfungsschema der Selektivität einer Beihilfe ist, wie der Generalanwalt in Nr. 47 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, entwickelt worden, um die verdeckte Selektivität von vorteilhaften steuerlichen Maßnahmen zu offenbaren, in deren Genuss scheinbar jedes Unternehmen kommen kann. Es ist hingegen nicht relevant, um die Selektivität einer vorteilhaften steuerlichen Maßnahme zu prüfen, deren Gewährung im Ermessen der Steuerverwaltung steht und die daher nicht als Maßnahme allgemeiner Art angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 1999, DM Transport, C-256/97, EU:C:1999:332, Rn. 27).

49        Daraus folgt, dass das Vorbringen von Caixabank u. a., das Gericht habe aus seiner Feststellung, dass die Kommission im streitigen Beschluss das dreistufige Prüfungsschema der Selektivität einer Beihilfe nicht angewandt habe, nicht die rechtlichen Konsequenzen gezogen, unbegründet ist und dass die Rüge einer solchen Unterlassung zurückzuweisen ist.

b)         Zu den Rügen betreffend das Ermessen der Steuerverwaltung, die unterlassene Prüfung der Vergleichbarkeit der Situationen und das Unterlassen einer Prüfung der Selektivität des SEAF als Ganzes

1)         Vorbringen der Parteien

50        Mit diesen Rügen, die zusammen zu prüfen sind, machen die Rechtsmittelführer als Erstes geltend, das Gericht habe in den Rn. 88 bis 100 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, dass die Steuerverwaltung bei der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung über ein Ermessen verfüge. Die Erwägungen des Gerichts seien insoweit fehlerhaft und stünden im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs.

51        Insbesondere habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es zwischen der „Selektivität de iure“ und der „Selektivität de facto“ unterschieden und daher nicht geprüft habe, ob die Ausübung der Befugnisse der Verwaltung tatsächlich zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung bestimmter Wirtschaftsteilnehmer gegenüber anderen, die sich in einer vergleichbaren Situation befänden, geführt habe. Jedenfalls habe das Gericht keine Rechtsvorschrift oder Verwaltungspraxis angeführt, die erkennen ließe, dass die fragliche Maßnahme speziell den WIV zugutegekommen sei. Letztlich führe die Unterscheidung zwischen einer „Selektivität de iure“ und einer „Selektivität de facto“ zu einer Umkehr der Beweislast, da sie die Kommission von ihrer Verpflichtung befreie, nachzuweisen, dass die Steuerregelung aufgrund ihrer Wirkungen selektiv sei.

52        Ferner habe das Gericht zu Unrecht angenommen, dass das SEAF als „selektiv“ einzustufen sei, weil die Steuerverwaltung befugt sei, eine Bewertung der Anträge vorzunehmen, mit denen die vorzeitige Abschreibung in Anspruch genommen werden solle. Damit habe das Gericht verkannt, dass das Bestehen eines Ermessens der Steuerverwaltung nicht die Vermutung rechtfertige, dass die betreffende Maßnahme selektiven Charakter habe, und es habe den Ermessenscharakter einer Entscheidung der Steuerverwaltung mit der Bewertung der von Wirtschaftsteilnehmern vorgelegten Unterlagen verwechselt, zu der die Steuerverwaltung im Rahmen der Ausübung ihrer Verwaltungsbefugnisse verpflichtet sei.

53        Das System der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung habe auf objektiven Kriterien beruht, die es der Steuerverwaltung nicht erlaubt hätten, die Begünstigten auszuwählen; zudem hätten sich damit Betrügereien oder Missbräuche verhindern lassen, was ein eigenes, dem fraglichen Steuersystem innewohnendes Ziel sei. Insoweit sei das Gericht in Rn. 97 des angefochtenen Urteils zu Unrecht davon ausgegangen, dass Art. 49 Abs. 6 RIS nicht gewährleisten könne, dass seine Anwendung auf Fälle der Betrugsbekämpfung beschränkt sei.

54        Als Zweites beanstanden die Rechtsmittelführer, das Gericht habe in Rn. 101 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das SEAF insgesamt selektiv sei, obwohl es nur eine der Maßnahmen, aus denen das SEAF bestehe, geprüft und folglich weder die übrigen Maßnahmen noch die von ihnen gemeinsam hervorgerufenen Auswirkungen untersucht habe.

55        Als Drittes vertreten das Königreich Spanien sowie Caixabank u. a. die Auffassung, das Gericht habe in Rn. 100 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, indem es nicht die tatsächlichen und rechtlichen Situationen der Unternehmen, denen das SEAF zugutegekommen sei, mit denen der Unternehmen, die davon ausgeschlossen gewesen seien, verglichen habe.

56        Die Kommission hält diese Rügen für unbegründet.

2)         Würdigung durch den Gerichtshof

57        Das Gericht hat in Rn. 88 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass das Bestehen eines Genehmigungssystems für sich genommen nicht bedeutet, dass eine selektive Maßnahme vorliegt, und dass dies gilt, wenn das Ermessen der zuständigen Behörde auf die Prüfung von Voraussetzungen beschränkt ist, die aufgestellt wurden, um einem erkennbaren fiskalischen Zweck zu dienen, und die von dieser Behörde anzuwendenden Kriterien dem Steuersystem inhärent sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, P, C-6/12, EU:C:2013:525, Rn. 23 und 24). Das Gericht hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass hingegen dann, wenn die zuständigen Behörden über ein weites Ermessen verfügen, das es ihnen erlaubt, die Begünstigten und die Bedingungen der gewährten Maßnahme zu bestimmen, davon auszugehen ist, dass die Ausübung dieses Ermessens bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen, die sich im Hinblick auf das verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, begünstigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, P, C-6/12, EU:C:2013:525, Rn. 27).

58        In den Rn. 89 bis 93 des angefochtenen Urteils hat das Gericht im Hinblick auf Art. 115 TRLIS und Art. 49 RIS festgestellt, dass das fragliche Genehmigungssystem, wie die Kommission im streitigen Beschluss ausgeführt habe, auf der Einholung einer vorherigen Genehmigung statt auf einer bloßen Mitteilung beruht habe, und zwar auf der Grundlage unklarer Kriterien, die einer Auslegung durch die Steuerverwaltung bedurft hätten, wobei die Steuerverwaltung dazu keine Leitlinien veröffentlicht habe, so dass diese Kriterien nicht als objektiv angesehen werden könnten. Das Gericht hat insbesondere festgestellt, dass sich aus Art. 115 Abs. 11 TRLIS ergebe, dass die Steuerverwaltung den Zeitpunkt des Beginns der Abschreibung unter Berücksichtigung der „Besonderheiten der Vertragslaufzeit“ oder der „Besonderheiten [der] wirtschaftlichen Nutzung [des Wirtschaftsguts]“ habe festlegen können, wobei es sich um ihrer Natur nach unklare Kriterien handele, für deren Auslegung der Steuerverwaltung ein erheblicher Ermessensspielraum zugestanden habe, wie die Kommission im 133. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses ausgeführt habe.

59        In Rn. 94 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass auch Art. 49 RIS der Steuerverwaltung einen erheblichen Spielraum einräume, der es ihr ermögliche, zum einen alle von ihr als sachdienlich angesehenen Informationen und Unterlagen anzufordern, einschließlich Informationen über die positiven Auswirkungen der Schiffbauverträge auf Wirtschaft und Beschäftigung in Spanien, was keinen ersichtlichen Bezug zur Einhaltung der in Art. 115 Abs. 11 TRLIS vorgesehenen Kriterien habe, und zum anderen die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen, aber auch den Beginn der Abschreibung auf einen anderen als den vom Steuerpflichtigen vorgeschlagenen Zeitpunkt festzusetzen, ohne dass insoweit Näheres geregelt sei.

60        In Rn. 97 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass der Wortlaut von Art. 49 RIS insofern nicht gewährleisten könne, dass die Anwendung dieser Bestimmung auf Fälle der Betrugsbekämpfung begrenzt sei.

61        In Rn. 100 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Bestehen von Ermessensaspekten geeignet gewesen sei, die Begünstigten gegenüber anderen Steuerpflichtigen in vergleichbarer tatsächlicher und rechtlicher Lage zu bevorzugen. Insbesondere ergebe sich aus diesen Ermessensaspekten, dass andere WIV möglicherweise die vorzeitige Abschreibung nicht unter denselben Bedingungen hätten in Anspruch nehmen können. Wegen dieser Ermessensaspekte hätten zudem andere Unternehmen, die in anderen Sektoren tätig seien oder in anderer Form bestünden, sich aber in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Lage befänden, diese Abschreibung möglicherweise nicht unter denselben Bedingungen in Anspruch nehmen können. In Anbetracht des de iure bestehenden Ermessenscharakters der untersuchten Vorschriften komme es nicht darauf an, ob ihre Anwendung de facto Ermessenssache gewesen sei.

62        Schließlich hat das Gericht in Rn. 101 des angefochtenen Urteils entschieden, dass angesichts dessen, dass eine der Maßnahmen, die es erlaubt hätten, das SEAF in seiner Gesamtheit in Anspruch zu nehmen, nämlich die Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung, selektiv gewesen sei, die Kommission rechtsfehlerfrei befunden habe, dass das fragliche Steuersystem insgesamt selektiv gewesen sei.

63        Hierzu ist erstens festzustellen, dass das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführer bei der Beurteilung der Frage, ob die Befugnis der Steuerverwaltung zur Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung Ermessenscharakter hatte, nicht zu prüfen brauchte, ob die Ausübung dieser Befugnis tatsächlich zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung bestimmter Wirtschaftsteilnehmer im Vergleich zu anderen, die sich in einer vergleichbaren Situation befanden, geführt hatte. Im Fall einer Beihilferegelung muss die Kommission nämlich, wie der Generalanwalt in Nr. 68 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bei der Prüfung dieser Regelung auf den Zeitpunkt ihres Erlasses abstellen und eine Ex-ante-Analyse vornehmen. Die Kommission braucht nur nachzuweisen, dass die fragliche Steuerregelung geeignet ist, den durch sie Begünstigten einen Vorteil zu verschaffen, indem sie prüft, ob die Regelung in der Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Merkmale, zum Zeitpunkt ihres Erlasses zu einer Besteuerung führen kann, die niedriger ist als diejenige, die sich aus der Anwendung der allgemeinen Steuerregelung ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2021, Kommission/Fútbol Club Barcelona, C-362/19 P, EU:C:2021:169, Rn. 86 und 87).

64        Folglich hat das Gericht in Rn. 100 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass es in Anbetracht des de iure bestehenden Ermessenscharakters der untersuchten nationalen Vorschriften nicht darauf ankomme, ob ihre Anwendung de facto Ermessenssache gewesen sei.

65        Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach seiner Rechtsprechung, wenn er im Rahmen der Prüfung eines Rechtsmittels Beurteilungen des nationalen Rechts durch das Gericht kontrolliert, nur befugt ist, nachzuprüfen, ob dieses Recht verfälscht wurde, was sich in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben muss, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C-263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 53, vom 9. November 2017, TV2/Danmark/Kommission, C-649/15 P, EU:C:2017:835, Rn. 49 und 50, sowie vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma de Galicia und Retegal/Kommission, C-70/16 P, EU:C:2017:1002, Rn. 72).

66        Die Rechtsmittelführer berufen sich jedoch nicht auf eine solche Verfälschung des nationalen Rechts. Insbesondere haben sie weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass das Gericht Feststellungen getroffen hat, die dem Inhalt der betreffenden Bestimmungen des nationalen Rechts offensichtlich zuwiderlaufen, oder dass es einer dieser Bestimmungen eine Tragweite beigemessen hat, die ihr gemessen an den anderen Aktenstücken offensichtlich nicht zukommt (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C-524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 21).

67        Das Vorbringen der Rechtsmittelführer, mit dem dargetan werden soll, dass das System der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung entgegen den Feststellungen des Gerichts auf objektiven Kriterien beruht habe, die es der Steuerverwaltung nicht erlaubt hätten, die Begünstigten auszuwählen, ist daher ebenso als unzulässig zurückzuweisen wie das Vorbringen, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass Art. 49 RIS nicht gewährleisten könne, dass seine Anwendung auf Fälle der Betrugsbekämpfung beschränkt sei.

68        Im Übrigen ergibt sich aus den Rn. 57 und 63 des vorliegenden Urteils, dass das Gericht zur Beurteilung der Selektivität des SEAF nicht zu prüfen hatte, ob die tatsächliche und rechtliche Situation der Unternehmen, denen die Inanspruchnahme dieser Maßnahme gewährt wurde, und die der Unternehmen, die davon ausgeschlossen waren, vergleichbar waren, sondern dass es zu beurteilen hatte, ob diese Maßnahme geeignet war, bestimmte Unternehmen gegenüber anderen, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befanden, zu begünstigen, was dann der Fall ist, wenn die zuständigen Behörden über ein weites Ermessen verfügen, das es ihnen erlaubt, die Begünstigten und die Bedingungen der Maßnahme zu bestimmen.

69        Da das Gericht im Rahmen seiner Würdigung des nationalen Rechts festgestellt hatte, dass dieses Recht der Steuerverwaltung aus den in den Rn. 58 und 59 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Gründen bei der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung einen erheblichen Ermessensspielraum eingeräumt habe, hat es folglich in Rn. 100 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei befunden, dass das Bestehen der Ermessensaspekte der fraglichen Regelung geeignet gewesen sei, die Begünstigten gegenüber anderen Steuerpflichtigen in vergleichbarer tatsächlicher und rechtlicher Lage zu bevorzugen, weshalb die Selektivität dieser Maßnahme zu bejahen sei.

70        Drittens ist zu der Frage, ob das SEAF insgesamt als selektiv angesehen werden konnte, darauf hinzuweisen, dass die Kommission im streitigen Beschluss, nachdem sie die Selektivität jeder der Maßnahmen, aus denen das SEAF bestand, geprüft hatte, im 156. Erwägungsgrund dieses Beschlusses die Ansicht vertreten hat, dass der Vorteil, den das SEAF verschafft habe, selektiv sei, da er von der Ermessensausübung der Steuerverwaltung im Rahmen des Verfahrens der vorherigen Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung abhängig gewesen sei und da andere Maßnahmen, aus denen das SEAF bestanden habe, nämlich das Tonnagesteuersystem und die Nichtbesteuerung von Veräußerungsgewinnen, von der vorherigen Genehmigung der Steuerverwaltung abgehangen hätten.

71        Zum einen ist aber nicht ersichtlich, dass die Rechtsmittelführer vor dem Gericht bestritten hätten, dass das Tonnagesteuersystem und die Nichtbesteuerung von Veräußerungsgewinnen davon abhingen, dass die Steuerverwaltung die vorzeitige Abschreibung vorab genehmigte. Zum anderen machen die Rechtsmittelführer nicht geltend, dass das Gericht das nationale Recht verfälscht habe, indem es davon ausgegangen sei, dass die Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung es ermöglicht habe, das SEAF in seiner Gesamtheit in Anspruch zu nehmen.

72        Daher konnte das Gericht berechtigterweise den Schluss ziehen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hatte, als sie davon ausging, dass aufgrund der vorzeitigen Abschreibung das gesamte SEAF als selektiv anzusehen sei.

73        Demnach sind die Rügen betreffend das Ermessen der Steuerverwaltung, die unterlassene Prüfung der Vergleichbarkeit der Situationen und das Unterlassen einer Prüfung der Selektivität des gesamten SEAF als unbegründet zurückzuweisen.

74        Folglich sind der zweite Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-649/20 P und der jeweils erste Rechtsmittelgrund in den Rechtssachen C-658/20 P und C-662/20 P als unbegründet zurückzuweisen.

C.         Zu den Rechtsmittelgründen betreffend die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit

75        Mit dem dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-649/20 P, dem zweiten und dem dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-658/20 P sowie dem zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-662/20 P, die hilfsweise vorgebracht werden und an zweiter Stelle zu prüfen sind, machen das Königreich Spanien, Lico Leasing und PYMAR sowie Caixabank u. a. geltend, dem Gericht seien bei der Anwendung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit Rechtsfehler unterlaufen.

1.         Vorbringen der Parteien

76        Das Königreich Spanien trägt vor, es habe vor dem Gericht argumentiert, dass das Verhalten der Kommission zur Destabilisierung des rechtlichen Rahmens beigetragen habe, da es bei den Wirtschaftsteilnehmern den Eindruck erweckt habe, das SEAF sei mit dem Unionsrecht vereinbar. Das Gericht habe dieses Vorbringen verfälscht, indem es die beiden in Rede stehenden Grundsätze separat geprüft habe, obwohl das Königreich Spanien sie im Rahmen eines einzigen Klagegrundes geltend gemacht habe. Das Gericht habe daher einige der angeführten Gesichtspunkte im Hinblick auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes und andere Gesichtspunkte im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit geprüft, anstatt alle diese Gesichtspunkte im Hinblick auf beide Grundsätze zu prüfen, was in den Erwägungen, die in den Rn. 163, 164, 168, 199 und 201 des angefochtenen Urteils angestellt worden seien, zu Unstimmigkeiten geführt habe, insbesondere in Bezug auf die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung, den Zeitraum bis zur Eröffnung des Prüfverfahrens, das Tonnagesteuersystem und ein Schreiben des für die Generaldirektion (GD) „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009. Überdies seien die Ausführungen des Gerichts in Bezug auf jeden dieser Punkte fehlerhaft.

77        Lico Leasing und PYMAR beanstanden, das Gericht habe in Rn. 174 des angefochtenen Urteils das Schreiben des für die GD „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009 verfälscht. Insbesondere habe das Gericht zwei Absätze dieses Schreibens, die für dessen Verständnis wesentlich gewesen seien, nicht erwähnt.

78        Lico Leasing und PYMAR rügen außerdem, das Gericht habe in den Rn. 199 und 201 des angefochtenen Urteils im Rahmen der Prüfung des Klagegrundes betreffend den Grundsatz der Rechtssicherheit bestimmte Tatsachen fehlerhaft eingeordnet, was die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung und das Schreiben des für die GD „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009 betreffe.

79        Caixabank u. a. machen mit Unterstützung von Decal España geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 166 des angefochtenen Urteils das Vorbringen des Königreichs Spanien zurückgewiesen habe, dass die im streitigen Beschluss angeordnete Rückforderung der Beihilfe angesichts der Entscheidung der Kommission vom 27. Februar 2002 über die tonnagebezogene Besteuerung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoße. Der vom Gericht angeführte Grund, nämlich der angeblich finanzielle Charakter der Tätigkeiten der WIV, stehe im Widerspruch zu der vom Gerichtshof im Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, EU:C:2018:591), vorgenommenen Einstufung dieser Tätigkeiten. Außerdem seien die Erwägungen des Gerichts fehlerhaft und jedenfalls unzureichend, da die WIV Unternehmen seien, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Seeverkehrssektor ausübten. Die Kommission habe mehrfach anerkannt, dass es sich bei der Bareboat-Charter von Schiffen um eine Seeverkehrstätigkeit handele, und sie habe deren Einbeziehung in verschiedene von ihr genehmigte Tonnageregelungen akzeptiert.

80        Die Kommission hält das Vorbringen der Rechtsmittelführer in einigen Punkten für unzulässig und im Übrigen für unbegründet.

2.         Würdigung durch den Gerichtshof

81        Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass, wie das Gericht in Rn. 158 des angefochtenen Urteils dargelegt hat, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes jeder berufen kann, bei dem ein Organ der Europäischen Union durch klare Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Klare, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar (Urteil vom 16. Dezember 2010, Kahla Thüringen Porzellan/Kommission, C-537/08 P, EU:C:2010:769, Rn. 63). Der Grundsatz der Rechtssicherheit, bei dem es sich um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts handelt, soll seinerseits die Vorhersehbarkeit der aus dem Unionsrecht resultierenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten und verlangt, dass jede Maßnahme der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfaltet, klar und präzise ist, damit die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich entsprechend darauf einrichten können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a., C-308/06, EU:C:2008:312, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82        Wie auch das Gericht in den Rn. 155, 156 und 193 des angefochtenen Urteils der Sache nach ausgeführt hat, kann nur unter außergewöhnlichen Umständen ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit einer staatlichen Beihilfe oder ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit geltend gemacht werden, um sich gegen die Rückforderung einer solchen Beihilfe zu wehren, die nicht unter Einhaltung des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. April 2008, Kommission/Salzgitter, C-408/04 P, EU:C:2008:236, Rn. 107, sowie vom 13. Juni 2013, HGA u. a./Kommission, C-630/11 P bis C-633/11 P, EU:C:2013:387, Rn. 134).

83        Da der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Grundsatz der Rechtssicherheit zwei unterschiedliche Grundsätze sind, durfte das Gericht die darauf bezogenen Argumente des Königreichs Spanien durchaus getrennt prüfen, auch wenn sie vom Königreich Spanien gemeinsam vorgebracht worden waren. Eine solche getrennte Prüfung der vorgebrachten Argumente stellt für sich genommen keine Verfälschung des Vorbringens dar und ist nicht zu beanstanden, sofern sie nicht dazu führt, dass nicht auf die Argumente eingegangen wird. Das Königreich Spanien, dessen Ansicht nach diese getrennte Prüfung zu Unstimmigkeiten in den Erwägungen geführt hat, aufgrund deren das Gericht seinen Klagegrund zurückgewiesen hat, macht jedoch nicht geltend, dass das Gericht auf sein Vorbringen nicht eingegangen sei.

84        Als Zweites ist zu den vom Königreich Spanien geltend gemachten Unstimmigkeiten in den Erwägungen des Gerichts darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 261. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses ausgeführt hat, sie könne angesichts der Komplexität der fraglichen steuerlichen Maßnahmen nicht ausschließen, dass eine auf die Entscheidung 2002/15/EG der Kommission vom 8. Mai 2001 über die staatlichen Beihilfen Frankreichs zugunsten des Unternehmens „Bretagne Angleterre Irlande“ („BAI“ oder „Brittany Ferries“) (ABl. 2002, L 12, S. 33, im Folgenden: Brittany-Ferries-Entscheidung) zurückzuführende Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Einstufung des SEAF als Beihilfe vorgelegen habe; dies könne allerdings nur bis zur Veröffentlichung der Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 30. April 2007 der Fall gewesen sein.

85        Das Gericht hat die Zurückweisung des Vorbringens des Königreichs Spanien, von Lico Leasing und von PYMAR, mit dem die Nichtigerklärung der Anordnung der Rückforderung der fraglichen Beihilfe für den Zeitraum bis zur am 21. September 2011 erfolgten Veröffentlichung des Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens angestrebt wurde, in den von den Rechtsmitteln erfassten Randnummern des angefochtenen Urteils – und zwar zunächst in dessen Rn. 163 – damit begründet, dass die Brittany-Ferries-Entscheidung und die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung nicht als klare, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen angesehen werden könnten, da in ihnen das SEAF weder direkt noch indirekt erwähnt werde.

86        In Rn. 164 des angefochtenen Urteils hat das Gericht das Argument zurückgewiesen, das auf ein an die spanischen Behörden gerichtetes Auskunftsersuchen der Kommission vom 21. Dezember 2001 gestützt war. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass dieses Ersuchen und die etwaige spätere Untätigkeit der Kommission während eines bestimmten Zeitraums keine klaren, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Zusicherungen bezüglich der Rechtmäßigkeit des SEAF darstellten. Zum einen habe die Kommission mit diesem Auskunftsersuchen lediglich zusätzliche Informationen zu der Frage eingeholt, ob in Spanien eine Steuerregelung für Leasinggeschäfte mit Schiffen bestehe, um diese gegebenenfalls anhand der Beihilferegeln prüfen zu können; zum anderen könne die spätere Untätigkeit der Kommission in Anbetracht der Antwort der spanischen Behörden keine klare, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherung darstellen.

87        In Rn. 166 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die Entscheidung der Kommission vom 27. Februar 2002 über die tonnagebezogene Besteuerung, mit der die betreffende Regelung für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden sei, kein berechtigtes Vertrauen habe begründen können, da sie den Betrieb von eigenen oder geleasten Schiffen, nicht aber Finanzgeschäfte im Zusammenhang mit der Bareboat-Charter von Schiffen betroffen habe.

88        In Rn. 168 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass die Entscheidung 2005/122/EG der Kommission vom 30. Juni 2004 zur staatlichen Beihilfe der Niederlande an vier Schiffswerften für sechs Schiffbauaufträge (ABl. 2005, L 39, S. 48) keine klaren, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Zusicherungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des SEAF enthalte. Zum einen habe die Kommission in dieser Entscheidung nämlich nicht in klarer, nicht an Bedingungen geknüpfter und übereinstimmender Weise festgestellt, dass sie nach umfassender und eingehender Prüfung zu dem Schluss gelangt sei, dass das SEAF keine staatliche Beihilfe darstelle; zum anderen sei es in dieser Entscheidung nicht um das SEAF gegangen, sondern um ein niederländisches System.

89        In Rn. 169 des angefochtenen Urteils hat das Gericht in Bezug auf das Schreiben des für die GD „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009 festgestellt, dass es sich dabei um eine Antwort an die Ministerin für Handel und Industrie des Königreichs Norwegen handele, die der Auffassung gewesen sei, dass das SEAF eine Beihilferegelung zugunsten der spanischen Werften sei, und die Kommission um Auskunft über die von ihr insoweit beabsichtigten Schritte ersucht habe. In seiner Antwort habe das genannte Kommissionsmitglied ausgeführt, die Kommission habe die Frage geprüft und beabsichtige „in diesem Stadium“ nicht den Erlass zusätzlicher Maßnahmen, da die Regelung diskriminierungsfrei für den Erwerb von Schiffen offen sei, die in Werften anderer Mitgliedstaaten gebaut würden. In Rn. 174 dieses Urteils hat das Gericht jedoch befunden, dass in diesem Schreiben keine klaren, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Zusicherungen gegeben worden seien, da darin nicht in einer diesen Attributen entsprechenden Weise festgestellt werde, dass die Kommission nach umfassender und eingehender Prüfung zu dem Schluss gelangt sei, dass das SEAF keine staatliche Beihilfe darstelle.

90        In Rn. 199 des angefochtenen Urteils hat das Gericht in Bezug auf die Wirkungen der im April 2007 erfolgten Veröffentlichung der Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung festgestellt, dass die Kommission fehlerfrei davon ausgegangen sei, dass mit dieser Entscheidung jede Rechtsunsicherheit beseitigt worden sei, weil sie einen umsichtigen und besonnenen Wirtschaftsteilnehmer zu der Annahme hätte bringen müssen, dass eine Regelung wie das SEAF eine staatliche Beihilfe darstellen könne. Insoweit gehe aus der Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung hervor, dass ein System für den Bau von Seeschiffen und ihre Bereitstellung für Reedereien unter Einschaltung von WIV und Verwendung von Leasingverträgen, das zu bestimmten steuerlichen Vorteilen führe, eine staatliche Beihilferegelung darstellen könne. Auch wenn das System, zu dem die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung ergangen sei, und das SEAF nicht identisch gewesen seien, spreche nichts dafür, dass die Unterschiede zwischen ihnen größer gewesen seien als die zwischen dem SEAF und dem System, zu dem die vom Königreich Spanien sowie von Lico Leasing und PYMAR angeführte Brittany-Ferries-Entscheidung ergangen sei.

91        In den Rn. 200, 201 und 203 bis 205 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass die vom Königreich Spanien sowie von Lico Leasing und PYMAR angeführten, zeitlich nach der Veröffentlichung der Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung liegenden Umstände nicht dem Befund entgegenstünden, dass diese Veröffentlichung die Rechtsunsicherheit beseitigt habe. Das Schreiben des für die GD „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009 habe weder eine Situation der Rechtsunsicherheit geschaffen noch zu ihrem Fortbestehen beigetragen. Der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens sei zwar knapp viereinhalb Jahre nach der Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung ergangen, jedoch gehe aus dem streitigen Beschluss hervor, dass die Kommission in diesem Zeitraum acht Auskunftsersuchen an die spanischen Behörden gerichtet habe und dass die fraglichen steuerlichen Maßnahmen komplex gewesen seien, so dass der Kommission nicht vorgeworfen werden könne, untätig geblieben zu sein. Diese Sachlage unterscheide sich von derjenigen, die dem Urteil vom 24. November 1987, RSV/Kommission (223/85, EU:C:1987:502), zugrunde gelegen habe.

92        Zwischen diesen verschiedenen Feststellungen des Gerichts sind keine Unstimmigkeiten ersichtlich. Insbesondere besteht entgegen dem Vorbringen des Königreichs Spanien kein Widerspruch zwischen der Feststellung, dass die Brittany-Ferries-Entscheidung und die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung nicht als präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen hinsichtlich der Vereinbarkeit des SEAF mit dem Unionsrecht angesehen werden könnten, und der Anerkennung des Umstands, dass vor dem Erlass der zweitgenannten Entscheidung Rechtsunsicherheit bestanden habe. Das Vorbringen des Königreichs Spanien zu diesen vermeintlichen Unstimmigkeiten ist folglich unbegründet.

93        Als Drittes ist hinsichtlich der Fehler, die das Gericht nach Ansicht des Königreichs Spanien in Bezug auf die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung, den Zeitraum bis zur Eröffnung des Prüfverfahrens, das Tonnagesteuersystem und das Schreiben des für die GD „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009 begangen haben soll, erstens das Vorbringen zurückzuweisen, das Gericht habe vor dem Hintergrund, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit das Vorliegen eines objektiv klaren und stabilen Rechtsrahmens verlange, rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung eine Situation der Gewissheit oder der Rechtssicherheit habe entstehen lassen.

94        Hierzu genügt der Hinweis, dass das Gericht nicht etwa festgestellt hat, dass die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung die Gewissheit geschaffen habe, dass das SEAF eine staatliche Beihilfe darstelle, sondern dass die Kommission fehlerfrei davon ausgegangen sei, dass mit dieser Entscheidung jede Rechtsunsicherheit beseitigt worden sei, weil sie einen umsichtigen und besonnenen Wirtschaftsteilnehmer zu der Annahme hätte bringen müssen, dass eine Regelung wie das SEAF eine staatliche Beihilfe darstellen könne. Damit hat das Gericht aber keinen Rechtsfehler begangen.

95        Soweit das Königreich Spanien zweitens rügt, das Gericht habe einen Fehler begangen, indem es den langen Zeitraum bis zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nicht korrekt gewürdigt habe, so ist festzustellen, dass mit dieser Rüge Tatsachenwürdigungen in Frage gestellt werden sollen, die der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen der Prüfung eines Rechtsmittels entzogen sind, so dass das Vorbringen zur Stützung dieser Rüge unzulässig ist.

96        Was drittens das Vorbringen des Königreichs Spanien betrifft, das Gericht habe es unterlassen, die Entscheidung der Kommission vom 27. Februar 2002 über die tonnagebezogene Besteuerung als vertrauensbegründenden Umstand zu berücksichtigen, so ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 245. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses ausgeführt hat, die Entscheidung vom 27. Februar 2002 über die tonnagebezogene Besteuerung könne kein berechtigtes Vertrauen darin begründen, dass Unternehmen, deren Tätigkeiten ausschließlich im Chartern eines einzigen Schiffes im Rahmen von Bareboat-Charter bestünden, das Tonnagesteuersystem in Anspruch nehmen könnten, da dieser Entscheidung eindeutig zu entnehmen sei, dass das Tonnagesteuersystem ausschließlich auf berücksichtigungsfähige Schiffe und in Bezug auf berücksichtigungsfähige Seeverkehrsleistungen anzuwenden sei. Diese Beurteilung des Tonnagesteuersystems durch die Kommission ist vom Gericht in Rn. 166 des angefochtenen Urteils bestätigt worden. Das Königreich Spanien beschränkt sich auf die Behauptung, dass die Entscheidung der Kommission vom 27. Februar 2002 über die tonnagebezogene Besteuerung den Betrieb von Schiffen im Rahmen von Bareboat-Charter nicht ausgeschlossen habe, ohne dies jedoch argumentativ zu belegen. Folglich ist dieses Vorbringen des Königreichs Spanien zurückzuweisen.

97        Soweit das Königreich Spanien außerdem geltend macht, selbst wenn die Kommission Recht gehabt hätte und es sich im vorliegenden Fall um eine missbräuchliche Anwendung des Tonnagesteuersystems handelte, hätte das Gericht anerkennen müssen, dass jeder Wirtschaftsteilnehmer darauf habe vertrauen dürfen, dass diese missbräuchliche Anwendung einer von der Kommission genehmigten Beihilferegelung keine Rückforderungspflicht nach sich ziehen würde, so ist festzustellen, dass dieses Argument vor dem Gericht nicht vorgebracht wurde, so dass dem Gericht nicht vorgeworfen werden kann, ein berechtigtes Vertrauen der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer nicht im Hinblick auf die möglicherweise missbräuchliche Anwendung des Tonnagesteuersystems bejaht zu haben.

98        Soweit das Königreich Spanien viertens vorträgt, das Gericht habe das Schreiben des für die GD „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009 fehlerhaft gewürdigt, indem es sich auf die Prüfung der formalen Aspekte dieses Schreibens beschränkt habe, so ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist. Allein das Gericht ist für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie der ihm vorgelegten Beweise zuständig. Somit ist die Würdigung dieser Tatsachen und Beweise, sofern kein Fall ihrer Verfälschung vorliegt, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen der Prüfung eines Rechtsmittels unterläge (Urteil vom 16. Juli 2020, ACTC/EUIPO, C-714/18 P, EU:C:2020:573, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da das Königreich Spanien weder vorgetragen noch nachgewiesen hat, dass das Gericht das fragliche Schreiben verfälscht hat, ist sein Vorbringen zu diesem Schreiben unzulässig.

99        Als Viertes ist in Bezug auf das Vorbringen von Lico Leasing und PYMAR, mit dem eine Verfälschung des fraglichen Schreibens geltend gemacht wird, darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsmittelgrund, mit dem eine Verfälschung der dem Gericht vorgelegten Beweise gerügt wird, nur dann durchgreifen kann, wenn sich die behauptete Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergibt, ohne dass es einer erneuten Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C-425/19 P, EU:C:2021:154‚ Rn. 52 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Auch wenn das Gericht in Rn. 174 des angefochtenen Urteils die beiden von Lico Leasing und PYMAR angeführten Absätze des Schreibens des für die GD „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009 nicht wörtlich wiedergegeben hat, ist aber bei vollständiger Lektüre dieses Schreibens nicht offensichtlich, dass das Gericht es in irgendeiner Weise verfälscht hätte, als es in der oben genannten Randnummer festgestellt hat, das Schreiben beschränke sich auf die Aussage, dass eine Diskriminierung der Werften anderer Mitgliedstaaten durch das SEAF nicht ersichtlich sei und dass „in diesem Stadium“ keine zusätzlichen Maßnahmen beabsichtigt seien. Das Vorbringen von Lico Leasing und PYMAR ist daher unbegründet.

101    Was das Vorbringen von Lico Leasing und PYMAR anbelangt, im Rahmen der Prüfung des Klagegrundes betreffend den Grundsatz der Rechtssicherheit seien bestimmte Tatsachen fehlerhaft eingeordnet worden, was die Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung und das Schreiben des für die GD „Wettbewerb“ zuständigen Kommissionsmitglieds vom 9. März 2009 betreffe, so zielt dieses Vorbringen letztlich auf eine erneute Tatsachen- und Beweiswürdigung ab, was aber nicht unter die Kontrollbefugnisse fällt, die der Gerichtshof im Rahmen der Prüfung eines Rechtsmittels wahrnimmt. Daher ist dieses Vorbringen unzulässig.

102    Was als Fünftes das von Decal España unterstützte Vorbringen von Caixabank u. a. betrifft, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es das Vorbringen des Königreichs Spanien zurückgewiesen habe, dass die im streitigen Beschluss angeordnete Rückforderung der Beihilfe angesichts der Entscheidung der Kommission vom 27. Februar 2002 über die tonnagebezogene Besteuerung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoße, so ist festzustellen, dass dem Gericht in Rn. 166 des angefochtenen Urteils in der Tat ein Fehler unterlaufen ist, soweit es ausgeführt hat, diese Entscheidung habe „den Betrieb von eigenen oder geleasten Schiffen …, nicht aber Finanzgeschäfte betreffend das Chartern von Schiffen im Rahmen von Bareboat-Charter wie im vorliegenden Fall“ betroffen. Wie der Gerichtshof in Rn. 42 des Urteils vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C-128/16 P, EU:C:2018:591), festgestellt hat, ging nämlich aus der Beschreibung des SEAF hervor, dass die WIV eine Tätigkeit ausübten, die im Erwerb von Schiffen über Leasingverträge, insbesondere im Hinblick auf ihre Bareboat-Charter und ihren späteren Wiederverkauf, bestand, woraus sich ergibt, dass sie nicht lediglich Finanzgeschäften nachgingen.

103    Dieser Fehler hat jedoch keine Auswirkung auf die Feststellung des Gerichts, dass die Entscheidung der Kommission vom 27. Februar 2002 über die tonnagebezogene Besteuerung kein berechtigtes Vertrauen habe entstehen lassen. Zur Stützung dieser Feststellung hat sich das Gericht nämlich auf den 245. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses bezogen, dem zufolge dieser Entscheidung eindeutig zu entnehmen war, dass das Tonnagesteuersystem ausschließlich auf berücksichtigungsfähige Schiffe und in Bezug auf berücksichtigungsfähige Seeverkehrsleistungen anzuwenden war, d. h. auf Reedereien, die in einem der in den spanischen Rechtsvorschriften genannten Register der Seeverkehrsunternehmen eingetragen waren und deren Tätigkeit das Betreiben von eigenen oder geleasten Schiffen umfasste, so dass die WIV davon ausgenommen waren, da ihre Tätigkeiten ausschließlich im Chartern eines einzigen Schiffs im Rahmen von Bareboat-Charter bestehen.

104    Diese Feststellung wird auch nicht durch das Argument in Frage gestellt, dass die WIV eine Seeverkehrstätigkeit ausgeübt hätten, da dieses Argument vor dem Gericht nicht vorgebracht wurde und jedenfalls überhaupt nicht näher ausgeführt wird, so dass es offensichtlich haltlos erscheint. Ebenso wenig wird diese Feststellung dadurch in Frage gestellt, dass die Kommission in anderen Entscheidungen mehrfach anerkannt haben soll, dass die Bareboat-Charter eine solche Tätigkeit darstellt, da die Frage, ob eine Beihilfe die tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV erfüllt, jedenfalls am Maßstab dieser Bestimmung zu prüfen ist und nicht im Hinblick auf eine frühere Praxis oder andere Entscheidungen der Kommission (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C-138/09, EU:C:2010:291, Rn. 21, und vom 22. September 2020, Österreich/Kommission, C-594/18 P, EU:C:2020:742, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Folglich ist das Vorbringen von Caixabank u. a. als unbegründet zurückzuweisen.

106    Infolgedessen sind der dritte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-649/20 P sowie der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-658/20 P als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen, und der zweite Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-662/20 P ist als unbegründet zurückzuweisen.

D.         Zum Rechtsmittelgrund des Königreichs Spanien: unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Selektivität des SEAF und die Rückforderung der fraglichen Beihilfe

1.         Vorbringen der Parteien

107    Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund, der an dritter Stelle zu prüfen ist, rügt das Königreich Spanien, das Gericht habe das angefochtene Urteil in Bezug auf die Prüfung der Selektivität des SEAF und die Rückforderung der fraglichen Beihilfe nicht hinreichend begründet, wodurch die in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegten Verteidigungsrechte verletzt worden seien.

108    Was erstens die Selektivität des SEAF betreffe, habe das Gericht nicht erläutert, weshalb es nicht erforderlich gewesen sei, das dreistufige Prüfungsschema der Selektivität einer Beihilfe anzuwenden. Es habe sich darauf beschränkt, die Feststellung der Kommission zu bestätigen, dass das System als Ganzes wegen der Ermessensbefugnisse der Steuerverwaltung bei der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung und aufgrund der Tatsache, dass die Steuerverwaltung nur Transaktionen zur Finanzierung von Schiffen genehmigt habe, selektiven Charakter gehabt habe.

109    Ferner habe das Gericht seine Begründungspflicht verletzt, indem es festgestellt habe, dass der streitige Beschluss rechtlich hinreichend begründet sei, obwohl er eine Reihe von Widersprüchen und Auslassungen enthalte.

110    Außerdem habe das Gericht hinsichtlich der Frage, ob alle Maßnahmen, aus denen das SEAF bestanden habe, als einheitliches System anzusehen und in ihrer Gesamtheit zu betrachten seien oder vielmehr getrennt zu prüfen seien – mit der Maßgabe, dass sie allesamt hätten selektiv sein müssen –, seine Begründungspflicht verletzt, als es in Rn. 101 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass, da eine der Maßnahmen, die es erlaubt hätten, das SEAF in Anspruch zu nehmen, selektiv gewesen sei, das System insgesamt selektiv gewesen sei.

111    Zweitens habe das Gericht hinsichtlich der Rückforderung der fraglichen Beihilfe seine Begründungspflicht verletzt, soweit es sich darauf beschränkt habe, den Inhalt des streitigen Beschlusses ohne jegliche Begründung wiederzugeben. Zudem habe sich das Gericht selbst widersprochen, indem es seine Gesamtauffassung vom SEAF als ein einheitliches Ganzes bildendes System aufgegeben und sich auf einen bloßen Teil der daran Beteiligten, nämlich die Investoren, konzentriert habe, um die Rückforderung ihnen gegenüber anzuordnen, ohne die übrigen Begünstigten der Maßnahmen, aus denen das SEAF bestanden habe, zu berücksichtigen.

112    Die Kommission ist der Auffassung, das angefochtene Urteil sei ausreichend begründet, so dass der vorliegende Rechtsmittelgrund nicht stichhaltig sei.

2.         Würdigung durch den Gerichtshof

113    Die Begründungspflicht, die dem Gericht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union obliegt, verpflichtet das Gericht, die von ihm angestellten Überlegungen klar und eindeutig zum Ausdruck zu bringen, so dass die Betroffenen die Gründe für seine Entscheidung erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Mai 2022, Kommission/Missir Mamachi di Lusignano, C-54/20 P, EU:C:2022:349, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Begründungspflicht verlangt nicht, dass das Gericht bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt. Die Begründung kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, auf die sich das Gericht gestützt hat, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollaufgabe im Rahmen der Prüfung eines Rechtsmittels wahrnehmen kann (Urteil vom 14. September 2016, Trafilerie Meridionali/Kommission, C-519/15 P, EU:C:2016:682, Rn. 41).

114    Im vorliegenden Fall ergibt sich, was erstens den selektiven Charakter des SEAF betrifft, aus den Rn. 87 bis 101 des angefochtenen Urteils, deren Inhalt in den Rn. 43 und 57 bis 62 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist, dass das Gericht in hinreichendem Maß hat erkennen lassen, weshalb es zum einen der Ansicht war, dass das SEAF aufgrund des Ermessens der Steuerverwaltung bei der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung selektiv gewesen sei – woraus folgt, dass das Gericht zwar nur implizit, aber eindeutig befunden hat, dass die Anwendung des dreistufigen Prüfungsschemas der Selektivität einer Beihilfe nicht erforderlich sei –, und zum anderen festgestellt hat, dass der selektive Charakter der vorzeitigen Abschreibung dazu führe, dass das SEAF insgesamt als selektiv anzusehen sei.

115    Zu dem Vorbringen, das Gericht habe seine Begründungspflicht verletzt, als es festgestellt habe, dass der streitige Beschluss rechtlich hinreichend begründet sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aus Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie Art. 168 Abs. 1 Buchst. d und Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung ergibt, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, und die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss. Insoweit ist nach Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung erforderlich, dass die geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente die beanstandeten Punkte der Begründung der Entscheidung des Gerichts genau bezeichnen (Urteil vom 20. September 2016, Mallis u. a./Kommission und EZB, C-105/15 P bis C-109/15 P, EU:C:2016:702, Rn. 33 und 34). Das Königreich Spanien gibt jedoch nicht an, auf welche Randnummern des angefochtenen Urteils sich das fragliche Vorbringen bezieht, so dass dieses zu ungenau ist, um beschieden werden zu können, und folglich unzulässig ist.

116    Demnach ist das Vorbringen des Königreichs Spanien, das angefochtene Urteil sei in Bezug auf die Selektivität des SEAF unzureichend begründet, teils unzulässig, teils unbegründet.

117    Was zweitens die Rückforderung der fraglichen Beihilfe betrifft, hat das Gericht zur Entscheidung über den von Lico Leasing und PYMAR geltend gemachten Klagegrund, mit dem diese im Wesentlichen, wie in Rn. 218 des angefochtenen Urteils ausgeführt, den streitigen Beschluss insoweit beanstandeten, als damit die Rückforderung der gesamten Beihilfe gegenüber den Investoren angeordnet worden sei, obwohl 85 bis 90 % des Vorteils systematisch an die Reedereien weitergegeben worden sei, in Rn. 219 dieses Urteils Folgendes ausgeführt:

„Da die Kommission im vorliegenden Fall entschieden hat, dass die Reedereien nicht die Empfänger der Beihilfe gewesen seien, eine Schlussfolgerung, die nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, betraf die Rückforderungsanordnung folgerichtig allein und in vollem Umfang die Investoren, die dem [streitigen] Beschluss zufolge aufgrund steuerlicher Transparenz der WIV die alleinigen Empfänger der gesamten Beihilfe waren. Gemäß dieser Logik ist sonach mit dem [streitigen] Beschluss rechtsfehlerfrei die Rückforderung der gesamten Beihilfe von den Investoren angeordnet worden, obwohl diese einen Teil des Vorteils an andere Wirtschaftsteilnehmer weitergegeben haben, denn diese sind nicht als Empfänger der Beihilfe angesehen worden. Dem [streitigen] Beschluss zufolge waren es die Investoren, die in den tatsächlichen Genuss der Beihilfe gekommen sind, da sie nach der anwendbaren Regelung nicht zur Weitergabe eines Teils der Beihilfe an Dritte verpflichtet waren.“

118    Indem es somit lediglich festgestellt hat, dass Lico Leasing und PYMAR die im streitigen Beschluss enthaltene Bezeichnung der Begünstigten nicht beanstandet hätten, und im Übrigen auf die Logik und den Inhalt dieses Beschlusses verwiesen hat, obwohl sich aus dem geltend gemachten Klagegrund ergab, dass diese Unternehmen – auch wenn sie die Identität der Begünstigten nicht bestritten hatten – zwar nur implizit, aber denknotwendig geltend gemacht hatten, dass sie nicht die einzigen Begünstigten der fraglichen Beihilfe gewesen seien, sondern ein großer Teil davon an die Reedereien weitergegeben worden sei, ist das Gericht nicht auf diesen Klagegrund eingegangen. Es hat folglich eine Entscheidung darüber unterlassen, was eine Verletzung der Begründungspflicht darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2005, Acerinox/Kommission, C-57/02 P, EU:C:2005:453, Rn. 36, und Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 17. August 2022, SJM Coordination Center/Magnetrol International und Kommission, C-4/22 P[I], EU:C:2022:626, Rn. 19).

119    Folglich ist dem Rechtsmittelgrund des Königreichs Spanien, mit dem ein Begründungsmangel des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Rückforderung der fraglichen Beihilfe von ihren Begünstigten geltend gemacht wird, stattzugeben, ohne dass die weiteren Rechtsmittelgründe und Argumente der Parteien, die denselben Teil des angefochtenen Urteils betreffen, geprüft zu werden brauchen.

120    Infolgedessen ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht die Klagen insoweit abgewiesen hat, als damit beantragt wurde, Art. 1 des streitigen Beschlusses, sofern darin die WIV und ihre Investoren als die einzigen Begünstigten der von diesem Beschluss erfassten Beihilfe bezeichnet werden, und Art. 4 Abs. 1 dieses Beschlusses, sofern das Königreich Spanien damit verpflichtet wird, den gesamten Betrag der vom Beschluss erfassten Beihilfe gegenüber den davon begünstigten Investoren der WIV zurückzufordern, für nichtig zu erklären.

121    Im Übrigen werden die Rechtsmittel zurückgewiesen.

V.         Zur Klage vor dem Gericht

122    Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

123    Im vorliegenden Fall ist insbesondere angesichts des Umstands, dass die von den Rechtsmittelführern erhobenen Nichtigkeitsklagen, die Gegenstand der Rechtssachen T-515/13, T-515/13 RENV, T-719/13 und T-719/13 RENV waren, auf Klagegründe gestützt sind, die vor dem Gericht streitig erörtert wurden und deren Prüfung keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme erfordert, davon auszugehen, dass diese Klagen insoweit, als sie nach der teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils noch zu prüfen sind, nämlich in Bezug auf die Verpflichtung, die fragliche Beihilfe von ihren Begünstigten zurückzufordern, entscheidungsreif sind und endgültig über sie zu entscheiden ist (vgl. entsprechend Urteil vom 2. September 2021, NeXovation/Kommission, C-665/19 P, EU:C:2021:667, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

A.         Vorbringen der Parteien

124    Das Königreich Spanien (mit seinen Klagegründen 2 bis 4) sowie Lico Leasing und PYMAR (mit ihrem zweiten Klagegrund) machen hilfsweise geltend, die Kommission habe mit ihrer Anordnung, die fragliche Beihilfe zurückzufordern, gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung verstoßen.

125    Mit ihrem dritten, ebenfalls hilfsweise vorgebrachten Klagegrund beanstanden Lico Leasing und PYMAR die von der Kommission im streitigen Beschluss festgelegte Methode zur Berechnung der zurückzufordernden Beihilfe und machen im Wesentlichen geltend, diese Methode führe dazu, dass von den Investoren oder den WIV die Rückzahlung des gesamten Steuervorteils verlangt werde, ohne zu berücksichtigen, dass dieser Vorteil überwiegend an die Reedereien weitergegeben worden sei.

126    Die Kommission hält alle diese Klagegründe und Argumente für unbegründet. In Bezug auf die Rückforderung der fraglichen Beihilfe macht sie im Wesentlichen geltend, dass die Investoren, die Mitglieder der WIV gewesen seien, die einzigen Begünstigten der Beihilfe und – in ihrer Eigenschaft als Steuerpflichtige – gegenüber dem Königreich Spanien die einzig möglichen Kontaktpersonen im Hinblick auf die Rückforderung der Beihilfe seien. Der Umstand, dass die Beihilfe möglicherweise wirtschaftliche Auswirkungen auf andere Unternehmen gehabt habe, könne bei der Ermittlung des empfangenen und zurückzufordernden Betrags der Beihilfe nicht berücksichtigt werden.

B.         Würdigung durch den Gerichtshof

127    Erstens sind die Klagegründe und Argumente des Königreichs Spanien sowie von Lico Leasing und PYMAR, mit denen ein Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit geltend gemacht wird, aus den in den Rn. 81 und 82 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen sowie aus den in den Rn. 163 bis 169, 174 und 199 bis 205 des angefochtenen Urteils dargelegten und in den Rn. 85 bis 91 des vorliegenden Urteils sinngemäß wiedergegebenen Gründen, die sich der Gerichtshof – mit Ausnahme des oben in Rn. 102 festgestellten Fehlers – zu eigen macht, als unbegründet zurückzuweisen.

128    Ebenso sind der Klagegrund und die Argumente des Königreichs Spanien, mit denen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend gemacht wird, aus den in den Rn. 139 bis 145 des angefochtenen Urteils dargelegten Gründen, die sich der Gerichtshof zu eigen macht, zurückzuweisen. Diese Gründe bestehen im Wesentlichen zum einen darin, dass das Königreich Spanien nicht im Detail erläutert hat, aus welchen Gründen der in der Brittany-Ferries-Entscheidung geprüfte Sachverhalt und der dem streitigen Beschluss zugrunde liegende Sachverhalt vergleichbar sein sollen, und dieser Mitgliedstaat sich nicht auf eine frühere Praxis der Kommission berufen kann, und zum anderen darin, dass die geltend gemachte Ungleichbehandlung im Vergleich zur Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung, mit der die Rückforderung der Beihilfe ab dem Datum der Veröffentlichung der Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens angeordnet wurde, dadurch objektiv gerechtfertigt war, dass die sich aus der Brittany-Ferries-Entscheidung ergebende Ungewissheit seit dem Erlass der Entscheidung über die französischen WIV mit steuerlicher Zweckbestimmung nicht mehr bestand.

129    Was zweitens den Betrag der von den Investoren zurückzufordernden Beihilfe anbelangt, so ergibt sich, wie in Rn. 118 des vorliegenden Urteils ausgeführt, aus dem dritten von Lico Leasing und PYMAR vorgebrachten Klagegrund, dass sie damit zwar nur implizit, aber denknotwendig geltend machen, dass sie nicht die einzigen Begünstigten der fraglichen Beihilfe gewesen seien, sondern ein großer Teil davon an die Reedereien weitergegeben worden sei, womit sie die von der Kommission vorgenommene Identifizierung der Begünstigten dieser Beihilfe beanstanden.

130    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung des betreffenden Mitgliedstaats, eine von der Kommission als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehene Beihilfe im Wege der Rückforderung aufzuheben, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs dazu dient, die frühere Lage wiederherzustellen, wie sie sich vor Gewährung der Beihilfe darstellte. Dieses Ziel ist erreicht, wenn die fraglichen Beihilfen, gegebenenfalls zuzüglich Verzugszinsen, vom Begünstigten oder, mit anderen Worten, von den Unternehmen, die den tatsächlichen Nutzen davon hatten, zurückgezahlt wurden. Durch diese Rückzahlung verliert nämlich der Begünstigte den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Konkurrenten besaß, und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wird wiederhergestellt (Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Aer Lingus und Ryanair Designated Activity, C-164/15 P und C-165/15 P, EU:C:2016:990, Rn. 89 und 90 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

131    Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Kommission im elften Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses darauf hingewiesen hat, dass eine Transaktion unter Inanspruchnahme des SEAF einer Reederei den Erwerb eines neuen Schiffes mit einem Abschlag von 20 bis 30 % gegenüber dem von der Werft in Rechnung gestellten Preis ermögliche. Im zwölften Erwägungsgrund dieses Beschlusses hat die Kommission befunden, dass das SEAF aus einem Geflecht von Maßnahmen zur Steuerplanung bestehe, das im Allgemeinen von einer Bank zur Schaffung von Steuervorteilen für die Investoren einer „steuerlich transparenten“ WIV und zur Weitergabe eines Teils dieser Steuervorteile an die betreffende Reederei in Form eines Nachlasses auf den Schiffspreis organisiert werde, wobei die übrigen Gewinne bei den Investoren verblieben.

132    Im 162. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses hat die Kommission ferner festgestellt, dass in wirtschaftlicher Hinsicht ein wesentlicher Teil des von der WIV erzielten steuerlichen Vorteils mittels eines Preisnachlasses an die Reederei übertragen werde. Durch die Dokumente, die in einigen Fällen den Anträgen von WIV auf vorherige Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung als Anlagen beigefügt worden seien, werde bestätigt, dass die am SEAF beteiligten Wirtschaftsteilnehmer angenommen hätten, dass die durch die Transaktion erzielten steuerlichen Vorteile zwischen den WIV bzw. ihren Investoren und den Reedereien aufgeteilt würden.

133    Was sodann die von der Steuerverwaltung erteilte Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung betrifft, hat die Kommission in den Erwägungsgründen 135 und 136 des streitigen Beschlusses festgestellt, aus den von den spanischen Behörden vorgelegten Beispielen gehe hervor, dass in den von den WIV eingereichten Genehmigungsanträgen die gesamte Organisation des SEAF detailliert beschrieben werde und alle einschlägigen Verträge beigefügt seien, insbesondere der Schiffbauvertrag, der Leasingvertrag, der Vertrag über die Bareboat-Charter, die Optionsverträge und der Vertrag über die Übernahme und den Erlass der Schulden. In einigen Fällen umfassten die Anträge außerdem Anlagen, die für den Nachweis der Einhaltung der anwendbaren Bestimmungen des TRLIS und des RIS nicht unerlässlich gewesen seien, nämlich eine detaillierte Berechnung der gesamten steuerlichen Vorteile und der Art, in der diese zwischen der Reederei einerseits und der WIV bzw. ihren Investoren andererseits aufgeteilt würden, sowie eine Erklärung der Werft, in der die angestrebten wirtschaftlichen und sozialen Vorteile des Schiffbauvertrags dargelegt würden.

134    Desgleichen hat die Kommission im 168. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses festgestellt, dass die bei der Steuerverwaltung eingereichten Anträge in der Regel eine Berechnung des Gesamtbetrags des durch das SEAF erzielten steuerlichen Vorteils und Angaben zur Aufteilung dieses Vorteils zwischen der Reederei und den Investoren der WIV oder zumindest die für diese Berechnung erforderlichen Informationen enthalten hätten.

135    In den Erwägungsgründen 133 bis 139 und 156 des streitigen Beschlusses hat die Kommission zutreffend befunden, dass die Steuerverwaltung bei der Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung über ein Ermessen verfügt habe und das SEAF deshalb insgesamt als selektiv anzusehen sei.

136    Schließlich hat die Kommission im 169. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses ausgeführt, dass gleichwohl alle wirtschaftlichen Folgen, die auf die Gewährung des steuerlichen Vorteils zugunsten der WIV zurückgingen, aus einer Kombination von Rechtsgeschäften zwischen privaten Parteien resultierten. Die geltenden Vorschriften verpflichteten die WIV nämlich nicht dazu, einen Teil des steuerlichen Vorteils an die Reedereien zu übertragen, und der Umstand, dass die Steuerverwaltung bei der Ausübung des ihr zustehenden weiten Ermessens die wirtschaftlichen Auswirkungen jeder Transaktion prüfe, genüge nicht für die Feststellung, dass die spanischen Behörden über die Weitergabe eines Teils des Vorteils an die Reedereien oder über dessen Höhe entschieden. Daraus hat die Kommission im 170. Erwägungsgrund dieses Beschlusses gefolgert, dass die Vorteile, die den Reedereien zugutegekommen seien, nicht dem betreffenden Mitgliedstaat zuzurechnen seien.

137    Aus den in den Rn. 131 bis 135 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen eigenen Feststellungen der Kommission folgte jedoch, dass das SEAF in seiner Gesamtheit eine Beihilferegelung darstellte, die sich aus der Anwendung des spanischen Steuerrechts und den von der spanischen Steuerverwaltung erteilten Genehmigungen ergab und die – unabhängig von der gewählten rechtlichen Vorgehensweise – dazu bestimmt war, einen Vorteil nicht nur zugunsten der WIV, sondern auch zugunsten der Reedereien zu schaffen.

138    Im Übrigen ergibt sich aus den in Rn. 133 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Feststellungen der Kommission, dass die Aufteilung des mit dem SEAF generierten Steuervorteils zwischen der Reederei und den Investoren der WIV in rechtsverbindlichen Verträgen geregelt war, die der Steuerverwaltung vorgelegt und von ihr berücksichtigt wurden, wenn sie in Ausübung des ihr insoweit zustehenden Ermessens die vorzeitige Abschreibung genehmigte. Entgegen dem, was die Kommission im 169. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses der Sache nach ausgeführt hat, waren die WIV folglich nach den Regeln des auf die Verträge mit den Reedereien anwendbaren Rechts verpflichtet, einen Teil des erlangten Steuervorteils an die Reedereien weiterzugeben.

139    Daraus folgt, dass die Kommission bei der Bestimmung der Begünstigten der fraglichen Beihilfe und infolgedessen auch bei der Anordnung der Rückforderung dieser Beihilfe einen Rechtsfehler begangen hat, soweit sie dem Königreich Spanien entgegen der in Rn. 130 dieses Urteils angeführten Rechtsprechung aufgegeben hat, diese Beihilfe in voller Höhe nur von den Investoren der WIV zurückzufordern.

140    Daher ist Art. 1 des streitigen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit darin die WIV und ihre Investoren als die einzigen Begünstigten der von diesem Beschluss erfassten Beihilfe bezeichnet werden. Art. 4 Abs. 1 dieses Beschlusses ist ebenfalls für nichtig zu erklären, soweit damit dem Königreich Spanien aufgegeben wird, den gesamten Betrag der fraglichen Beihilfe von den dadurch begünstigten Investoren der WIV zurückzufordern.

 Kosten

141    Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

142    Nach Art. 138 Abs. 3 Satz 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

143    In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles sind dem Königreich Spanien, Lico Leasing, PYMAR und Caixabank u. a. neben ihren gesamten eigenen Kosten drei Viertel der Kosten aufzuerlegen, die der Kommission im ersten Rechtszug und im Rahmen der Rechtsmittel, die Gegenstand der Rechtssache C-128/16 P sowie der verbundenen Rechtssachen C-649/20 P, C-658/20 P und C-662/20 P waren, entstanden sind. Die Kommission trägt ein Viertel dieser Kosten.

144    Gemäß Art. 140 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, trägt Decal España als Streithelferin im Rechtsmittelverfahren ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

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