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Steuerrecht
10.02.2011
Steuerrecht
FG Baden-Württemberg: Privater Nutzungsanteil eines Laptops

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.5.2010 - 12 K 18/07

Sachverhalt

Streitig ist, ob der Beklagte Einkommensteuer gegen den Kläger in zutreffender Höhe festgesetzt hat.

Der seit 2002 geschiedene Kläger erzielte in den Streitjahren u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Pilot.

Der Kläger reichte seine Einkommensteuererklärungen bei dem Beklagten wie folgt ein:

- Einkommensteuererklärung 2001:

- Einkommensteuererklärung 2002:

- Einkommensteuererklärung 2003:

Im Rahmen seiner Erklärungen machte der Kläger u.a. Kosten für Arbeitsmittel, Ehescheidung, Kindes- und Ehegattenunterhalt, die Beerdigung seines Bruders und doppelte Haushaltsführung geltend. Darüber hinaus beantragte er u.a. die Steuerfreiheit von Mehrflugstundenvergütungen und Mitarbeiterflügen sowie die Berücksichtigung der bei den Einkünften aus Kapitalvermögen einbehaltenen Steuerabzugsbeträge.

Mit Schreiben vom ... forderte der Beklagte bei dem Kläger umfangreiche Belege für die Jahre 2001 bis 2003 an. Der Kläger teilte hierauf mit, er werde die Unterlagen dem Beklagten nicht unbefristet überlassen. Er sei aber bereit, gegen eine entsprechende Verpflichtungserklärung des Beklagten die Unterlagen für einen 14-tägigen Zeitraum zu überlassen, sofern die Unterlagen nach diesem Zeitraum wieder zurück gegeben würden. Der Beklagte lehnte dies ab und forderte den Kläger erneut auf, die angeforderten Belege vorzulegen.

Mit Schreiben vom ... teilte der Kläger mit, die Einsprüche richteten sich jeweils „gegen den gesamten Bescheid in vollem Umfang, da mir keine Gelegenheit gegeben wurde, die notwendigen Unterlagen zur Einsichtnahme vorzulegen". Eine nähere Begründung der Einsprüche erfolgte nicht.

Die Einsprüche blieben ausweislich der Einspruchsentscheidung vom ... erfolglos.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Der Kläger trägt vor, er habe die streitrelevanten Unterlagen bei dem Beklagten vorlegen wollen, dies sei ihm jedoch nicht ermöglicht worden. Er habe diese zur Einsichtnahme mit sich geführt.

In den Steuerbescheiden seien nicht alle beantragten Positionen benannt worden, die nicht anerkannt worden seien. Da im Gerichtsverfahren über die gesamte Einkommensteuererklärung entschieden werde, sei ein ausführlicher, klagefähiger Bescheid notwendig.

Der Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung entgegen getreten.

2. Am ... hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Hierbei haben die Beteiligten die folgende Vereinbarung getroffen:

„1. Der Kläger sagt zu, die Belege zu den in den überreichten Kopien ersichtlichen Streitpunkten der Beklagten zur Verfügung zu stellen.

2. Die Beklagtenvertreterin sagt zu, diese zeitnah zu sichten und mit dem Kläger einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage beim Finanzamt X zu vereinbaren.

3. Sofern es hierbei zu einer außergerichtlichen Erledigung des Rechtsstreits kommen sollte, schlagen die Beteiligten schon jetzt vor, die Kosten entsprechend der zu den Verfahren 12 K 7/07 bis 9/07 getroffenen Vereinbarung zu verteilen."

Auf die Niederschrift zum Erörterungstermin wird Bezug genommen.

Die vereinbarte Besprechung hat jedoch nicht stattgefunden, da die Vorlage der Unterlagen und Belege durch den Kläger - erneut - unterblieben ist.

Am ... hat sodann ein weiterer Erörterungstermin stattgefunden. Hierbei ist erneut ein Besprechungstermin zwischen Kläger und Beklagtem mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung vereinbart worden. Auf die Niederschrift zum Erörterungstermin wird ebenfalls Bezug genommen.

Die vereinbarte Besprechung hat am ... bei dem Beklagten stattgefunden. Das Ergebnis dieser Besprechung und die demnach begehrten Änderungen der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre hat der Beklagte unter Bezugnahme auf das Protokoll zur Besprechung, welches sowohl der Kläger als auch der Beklagte unterschrieben haben, dem Gericht mitgeteilt. Das Protokoll wurde vom Kläger mit unterzeichnet und vom Beklagten wie im Erörterungstermin vereinbart bei Gericht vorgelegt.

3. Auf Grundlage der Besprechungsergebnisse hat der Beklagte geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre erlassen. Diese wurden gem. § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.

Mit Schreiben jeweils vom ... teilte der Kläger die nunmehr noch verbliebenen Streitpunkte dem Gericht mit.

Bei Gericht wurden von dem Kläger - trotz nochmaliger ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts - für keines der Streitjahre Unterlagen vorgelegt. Allerdings übersandte der Beklagte Kopien der bei der Besprechung vorgelegten Unterlagen für die Jahre 2001 bis 2003, soweit diese die noch streitigen Punkte betrafen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2001 dahingehend abzuändern, dass

- zusätzliche Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 287,-- DM (Fahrtkostenersatz) und 500,-- DM (Laptop) sowie

- außergewöhnliche Belastungen in Höhe von zusätzlichen 10.430,-- DM (Beerdigungskosten und Totenkleidung Bruder) der Besteuerung zugrunde gelegt werden und

- Kindergeld nicht in voller Höhe angerechnet wird,

den Einkommensteuerbescheid 2002 dahingehend abzuändern, dass

- zusätzliche Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 256,-- EUR der Besteuerung zugrunde gelegt werden und

- Kindergeld nicht in voller Höhe angerechnet wird,

den Einkommensteuerbescheid 2003 dahingehend abzuändern, dass

- zusätzliche Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 256,-- EUR der Besteuerung zugrunde gelegt werden und

- Kindergeld nicht in voller Höhe angerechnet wird

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

4. Mit Beschluss vom 6. April 2010 ist der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen worden.

Am 5. Mai 2010 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.

5. Der Sach- und Streitstand beruht auf der Gerichtsakte, den vom Beklagten vorgelegten Steuerakten (§ 71 Abs. 2 FGO) und Unterlagen und den Angaben der Beteiligten in den Erörterungsterminen und der mündlichen Verhandlung. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

1. Gem. § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO hebt das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nur auf, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann das Gericht einen angefochtenen Steuerbescheid ändern (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO). Die mit der vorliegenden Klage angefochtenen - geänderten - Einkommensteuerbescheide sind aber rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

a) Die Anrechnung eines Fahrtkostenersatzes in Höhe von 287,-- DM im Streitjahr 2001 ist zu Recht erfolgt.

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG)).

Der vom Beklagten bei den Werbungskosten mindernd berücksichtigte Betrag ist auf der Lohnsteuerkarte des Klägers als steuerfreie Arbeitgeberleistung ausdrücklich ausgewiesen und mindert die von dem Kläger insoweit zu tragende Belastung. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat der Kläger nicht erhoben.

b) Der Beklagte hat die für den Laptop geltend gemachten Kosten in den Streitjahren zu Recht lediglich in Höhe von 50% steuermindernd berücksichtigt.

Ein privat angeschaffter, in der Wohnung aufgestellter Computer ist ein Arbeitsmittel und damit als Werbungskosten abziehbar, wenn er nahezu ausschließlich der Erledigung dienstlicher Aufgaben dient und die private Mitbenutzung 10 % nicht übersteigt. Beträgt der private Nutzungsanteil mehr als 10%, können die Kosten ungeachtet des § 12 EStG aufgeteilt werden. Ist das Verhältnis der Nutzungsanteile nicht im einzelnen nachgewiesen, ist im Wege einer vereinfachenden Handhabung von einer hälftigen Aufteilung auszugehen (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 9 Rz. 175). Nichts anderes kann für einen Laptop, der aufgrund seiner Flexibilität und erleichterten Transportfähigkeit praktisch überall genutzt werden kann, gelten.

Im Streitfall hat der Kläger die jeweiligen Nutzungsverhältnisse nicht im einzelnen nachgewiesen. Hinzu kommt, dass der Kläger bereits für einen weiteren, am 10. November 1999 angeschafften PC Werbungskosten geltend macht (vgl. Bl. 13, 40, 71 der Einkommensteuerakte).

Lässt sich der konkrete Umfang der beruflichen Nutzung nach den allgemeinen Regeln des Beweisrechts nicht näher bestimmen, muss das Gericht gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i. V. m. § 162 der Abgabenordnung (AO) schätzen. Insoweit kann, sofern der Steuerpflichtige nachweisen oder zumindest glaubhaft machen kann, dass er einen PC (jedenfalls) in einem nicht unwesentlichen Umfang beruflich nutzt bzw. genutzt hat, regelmäßig eine Aufteilung dahingehend erfolgen, dass typisierend und pauschalierend von einer jeweils hälftigen privaten bzw. beruflichen Nutzung des PC ausgegangen wird. Will der Steuerpflichtige oder das FA von diesem Aufteilungsmaßstab abweichen, so bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte und Umstände, die von dem betreffenden Beteiligten jeweils näher darzulegen sowie nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Februar 2004 VI R 135/01, BStBl II 2004, 958).

Vor diesem Hintergrund ist der vom Kläger vorgetragene 100%ige berufliche Nutzungsanteil in den Jahren 2001 bis 2003 an dem Laptop weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen. Der Kläger hat zwar vorgetragen, den Laptop auf dienstlichen Flugreisen u.a. zur Abfrage von Flugdaten zu benötigen. Eine Privatnutzung wird hierdurch aber weder zwingend ausgeschlossen noch konnte der Kläger einen anderen Sachverhalt nachweisen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist vielmehr davon auszugehen, dass ein solcher privat angeschaffter Computer auch privat genutzt wird, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger als Pilot erhebliche Zeiten nicht an seinem Wohnsitz, sondern an den jeweiligen Flugzielen verbracht und den PC hierbei mit sich geführt hat, wodurch sowohl die vom Kläger beschriebene berufliche Nutzung, aber eben auch eine nahe liegende Privatnutzung ermöglicht wurde. Der Beklagte hat nach diesen Grundsätzen 50% der auf die Anschaffungskosten entfallenden AfA zum Werbungskostenabzug zugelassen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

c) Die für die Beerdigung des Bruders des Klägers entstandenen Kosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen.

Nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 EStG können zwangsläufig entstandene Aufwendungen (sog. außergewöhnliche Belastungen) steuerlich berücksichtigt werden; Aufwendungen sind zwangsläufig, wenn sich ihnen der Steuerpflichtige aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Beerdigungskosten sind gem. § 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Nachlassverbindlichkeiten und treffen den Erben als denjenigen, dem das Vermögen des Erblassers zufällt. Sie belasten demnach regelmäßig das übernommene Vermögen, nicht jedoch den Erben als einkommensteuerpflichtige Person, so dass bei Werthaltigkeit des Nachlasses ein Abzug der Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastungen ausscheidet (BFH-Urteil vom 4. April 1989 X R 14/85, BStBl II 1989, 779). Bei einer Mehrheit von Erben ist jeder Erbe nur in Höhe seiner jeweiligen Erbquote zur Übernahme von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bestattung des Erblassers rechtlich und sittlich verpflichtet (FG München - Urteil vom 11. Dezember 1990 13 K 833/89, „Juris"). Beerdigungskosten, die zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören (§ 1968 BGB), können nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das Gericht anschließt, beim Erben allenfalls dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn sie den Nachlass übersteigen (BFH-Urteile vom 4.4.1989 X R 14/85, BStBl II 1989, 779; vom 22.2.1996 III R 7/94, BStBl II 1996, 413). Ist dies nicht der Fall, fehlt es an der "Zwangsläufigkeit", da die Möglichkeit zur Ausschlagung des Erbes besteht. Bei Personen, die nicht Erbe sind, scheidet ein Abzug aus (s. Schmidt, Kommentar zum EStG, § 33 Rz. 35, Stichwort "Beerdigung" a.E.). Bei einer Überschuldung des Nachlasses hat der Erbe die Möglichkeit, die Erbschaft - wie im Streitfall geschehen - auszuschlagen, so dass ihn keine rechtliche Verpflichtung zur Begleichung der Beerdigungskosten trifft, sofern er nicht nach § 1615 Abs. 2 BGB unterhaltspflichtig ist. Lediglich in einem solchen Fall einer bestehenden Unterhaltspflicht kommt eine rechtliche Verpflichtung in Betracht, die sich indes nur auf die unmittelbaren Bestattungskosten erstreckt, nicht jedoch die Kosten eines Traueressens oder weitere, nicht unmittelbar mit der Beerdigung als solcher verbundenen Kosten. Für solche Kosten besteht auch bei unterhaltspflichtigen Steuerpflichtigen auch keine sittliche Verpflichtung (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1987 III R 242/83, BStBl II 1988, 130).

Nach diesen Grundsätzen sind die vom Kläger getragenen Beerdigungskosten bei diesem nicht steuermindernd zu berücksichtigen.

Gem. § 1615 Abs. 2 BGB trägt der Unterhaltsverpflichtete die Kosten der Beerdigung, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist. Gem. § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie (§ 1589 BGB) verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Eine gesetzliche Unterhaltspflicht für Geschwister besteht - wie im Streitfall - jedoch nicht.

Auch eine sittliche Verpflichtung des Klägers, die Beerdigungskosten zu tragen, ist im Streitfall nicht gegeben. So war die Mutter des Klägers als gesetzlich unterhaltspflichtige Person zur Tragung der Beerdigungskosten verpflichtet. Diese war nach den unbestrittenen Feststellungen des Beklagten wirtschaftlich auch in der Lage, diese Kosten zu tragen, so dass bereits aus diesem Grund eine sittliche Verpflichtung des Klägers und damit ein Abzug der Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung ausscheidet.

d) Auch soweit der Kläger bemängelt, der Beklagte habe Kindergeld in voller Höhe angerechnet, sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden.

Wurde das Einkommen in den Fällen des § 31 EStG der in den Streitjahren geltenden Fassung (a. F.) um einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG a. F. vermindert, so wird gem. § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 31 Satz 5 EStG a.F. der in den Streitjahren geltenden Fassung im entsprechenden Umfang das gezahlte Kindergeld der Einkommensteuer hinzugerechnet.

Gem. § 31 Satz 6 EStG a. F. ist Kindergeld oder vergleichbare Leistungen zu verrechnen, auch soweit sie dem Steuerpflichtigen im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs zustehen. Wird nach ausländischem Recht ein höheres Kindergeld als nach § 66 EStG der in den Streitjahren geltenden Fassung gezahlt, so beschränkt sich die Verrechnung auf die Höhe des inländischen Kindergeldes (§ 31 Satz 7 EStG a. F.).

Ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch wird nach § 31 Satz 6 EStG a. F. einem dem Ausgleichsberechtigten gezahlten Kindergeld gleichgestellt. Das Bestehen des Anspruchs genügt, eine tatsächlich erfolgte Entlastung ist nicht erforderlich (vgl. Schmidt/Glanegger, EStG, 21. Auflage 2002, § 31 Rz. 35). Gem. § 31 Satz 6 EStG a. F. ist demnach Kindergeld oder vergleichbare Leistungen zu verrechnen, auch soweit sie dem Steuerpflichtigen im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs zustehen. Ein solcher zivilrechtlicher Ausgleich kann sich aus § 1612b Abs. 1 BGB a. F. ergeben. Bei getrennt lebenden Eltern wird das Auseinanderfallen von Kindergeld und Kinderfreibetrag durch die Verrechnung des Ausgleichsanspruchs vermieden (Schmidt/Glanegger, EStG, 21. Auflage 2002, § 31 Rz. 37).

Hat der barunterhaltspflichtige Elternteil den gesamten Barunterhalt des Kindes zu befriedigen, so muss ihm auch das gesamte Kindergeld in voller Höhe angerechnet werden, wenn es nicht an ihn ausgezahlt wird (Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Auflage 2001, § 1612b Rz. 8). Ausreichend ist, dass der Ausgleichsanspruch für den Veranlagungszeitraum besteht oder bestanden hat. Er muss dem Steuerpflichtigen weder durch Minderung seiner Barunterhaltspflicht zugute kommen noch muss dies noch möglich sein (Schmidt/Glanegger, EStG, 21. Auflage 2002, § 31 Rz. 35).

Im Streitfall hat der Kläger jeweils den vollen Kinderfreibetrag beantragt (§ 32 Abs. 6 Satz 6 EStG) und erhalten. Tatsächlich wurde ein Kinderfreibetrag in Höhe von 14.580,-- DM (2001), 9.680,-- EUR (2002) und 9.680,-- EUR (2003) berücksichtigt.

Soweit an den Kläger kein Kindergeld ausgezahlt wurde, hat er einen Ausgleichsanspruch gegen die Mutter nach § 1612b Abs. 1 und 3 BGB a. F.. Hat der barunterhaltspflichtige Elternteil den gesamten Barunterhalt des Kindes zu befriedigen, so muss ihm auch das gesamte Kindergeld in voller Höhe angerechnet werden, wenn es nicht an ihn ausgezahlt wird (Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Auflage 2001, § 1612b Rz. 8). Die Kindergeldanrechnung folgt der Verteilung der Kinderfreibeträge (Schmidt/Glanegger, EStG, 21. Auflage 2002, § 31 Rz. 31). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Kindergeld tatsächlich bezahlt wurde und der Barunterhaltsbedarf der Kinder entsprechend verringert ist, der zahlende Elternteil und somit der Kläger also einen Ausgleichsanspruch hat und eine Verrechnungsmöglichkeit nach § 31 Satz 6 EStG a. F. gegeben ist.

Im Streitfall ergibt sich aus der vom Gericht eingeholten Auskunft der Familienkasse, dass ab Mai 2003 für den Sohn tatsächlich Kindergeld an den Kläger in voller Höhe ausgezahlt wurde. Die Rechtmäßigkeit der Gegenrechnung des vollen Kindergeldbetrages für den Sohn des Klägers im Jahr 2003 ergibt sich somit bereits aus dieser Auskunft. Darüber hinaus bestand aber nach den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung für die geschiedene Ehefrau des Klägers ein Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe nebst Kinderabsetzbetrag, die auch tatsächlich bezahlt wurde und den Betrag einer vergleichbaren deutschen Kindergeldzahlung überstieg. Bei diesen Leistungen handelt es sich aber um eine dem deutschen Kindergeld „vergleichbare Leistung" im Sinne des § 31 Satz 5 EStG a. F., welche nach § 36 Abs. 2 EStG a. F. ebenso zu verrechnen ist (vgl. auch BFH-Urteile vom 13. August 2002 VIII R 110/01, BFH/NV 2003, 31 VIII R 53/01, BStBl II 2002, 867; 25. März 2003 VIII R 95/02, BFH/NV 2003, 1306). Eine solche ist entsprechend gem. § 31 Satz 5 EStG a. F. hinzuzurechnen. Durch den der geschiedenen Ehefrau des Klägers zustehenden Anspruch auf Familienbeihilfe zzgl. Kinderabsetzbetrag bestand ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch des Klägers, der dem Kläger - wie ausgeführt - weder durch Minderung seiner Barunterhaltspflicht zugute gekommen sein muss noch muss dies noch möglich sein (Glanegger in Schmidt, 21. Auflage 2002, § 31 Rz. 31). Daher ist unerheblich, dass der Kläger nur die Hälfte der geleisteten Zahlungen tatsächlich erhalten hat. Die vom Beklagten erfolgte Gegenrechnung nach § 31 Satz 6 und 7 EStG a. F. ist somit zu Recht erfolgt. Nachdem dem Kläger jeweils der volle Kinderfreibetrag gewährt wurde, war dieser Ausgleichsanspruch gem. § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. hinzuzurechnen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO i. V. m. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, § 137 FGO. Soweit der Kläger mit der Klage unterlegen ist, trägt er die Kosten des Verfahrens gem. § 135 Abs. 1 FGO. Soweit der Beklagte der Klage im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur doppelten Haushaltsführung abgeholfen hat, trägt er zwar grundsätzlich die Kosten des Verfahrens. Der insoweit vorliegende Unterliegensteil ist aber im Hinblick auf die gesamte steuerliche Auswirkung der Anträge des Klägers geringfügig im Sinne des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Soweit darüber hinaus eine Abhilfe erfolgt ist, trägt gleichwohl der Kläger die Verfahrenskosten nach § 137 FGO, da die Abhilfe insoweit auf Tatsachen beruhte, die der Kläger früher hätte vortragen oder nachweisen sollen. Die zur Abhilfe führenden Unterlagen hat der Kläger erst im Klageverfahren vorgelegt, obwohl ausreichend Zeit, Veranlassung und Verpflichtung bestand, diese bereits im Einspruchsverfahren vorzulegen. Der Beklagte hat den Kläger hierzu auch ausdrücklich aufgefordert. Gleichwohl hat der Kläger weder Originalunterlagen noch Kopien hiervon vorgelegt. Wäre dies geschehen, hätte der Rechtsstreit entweder vermieden oder aber nur mit entsprechend ermäßigten Streitwerten geführt werden können, so dass es ermessensgerecht war, dem Kläger auch insoweit die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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