EuGH-Schlussanträge: Mindern Zwangsabschläge für Arzneimittel an private Krankenkassen das Entgelt?
GA Tanchev, Schlussanträge vom 11.7.2017 – C‑462/16, Finanzamt Bingen-Alzey gegen Boehringer Ingelheim Pharma
ECLI:EU:C:2017:534
Volltext: BB-ONLINE BBL2017-1685-2
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Schlussantrag
GA Tanchev schlägt folgende Antwort auf die vom BFH vorgelegte Frage vor:
Ein pharmazeutischer Unternehmer, der Arzneimittel liefert, ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 24.10.1996, Elida Gibbs, C‑317/94, EU:C:1996:400, Rn. 28 und 31) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung zu einer Minderung der Bemessungsgrund-lage nach Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG berechtigt, wenn
– er diese Arzneimittel über Großhändler an Apotheken liefert,
– die Apotheken die Arzneimittel steuer-pflichtig an privat Krankenversicherte liefern,
– der Versicherer der Krankheitskosten-versicherung (das Unternehmen der privaten Krankenversicherung) seinen Versicherten die Kosten für den Bezug der Arzneimittel erstattet und
– der pharmazeutische Unternehmer aufgrund einer gesetzlichen Regelung zur Zahlung eines „Abschlags“ an das Unter-nehmen der privaten Krankenversicherung verpflichtet ist.
Aus den Gründen
I. Einleitung
1. Die Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG (im Folgenden: Boehringer) ist ein am Anfang einer Leistungskette stehender Arzneimittelhersteller, der nach deutschem Recht gesetzlich verpflichtet ist, nach der Bewirkung des Umsatzes einen an den Preis seiner Produkte gekoppelten Abschlag zu gewähren. Im Ausgangsverfahren ist zu klären, ob es mit dem Unionsrecht vereinbar ist, wenn das Finanzamt Bingen-Alzey (im Folgenden: Steuerbehörde des Mitgliedstaats) Boehringer bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für Mehrwertsteuerzwecke die Berücksichtigung dieses Preisabschlags bei Arzneimittellieferungen im Kontext gesetzlicher, nicht aber privater Krankenversicherung gestattet.
2. Dies ist die Frage, die im Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (Deutschland) aufgeworfen wird und die eine Auslegung von Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem erforderlich macht(2). Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist das Urteil Elida Gibbs(3)des Gerichtshofs von zentraler Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits. Dort wurde entschieden, dass Preisnachlässe, die ein am Anfang einer Leistungskette stehendes Unternehmen dem Endverbraucher seiner Erzeugnisse in der gleichen Leistungskette über ein System gewährte, bei dem der Endverbraucher für einen Teil des Preises Gutscheine vorlegte, die Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer auf die von diesem Unternehmen bewirkte Lieferung verminderten, auch wenn es zwischen ihm und dem Endverbraucher keine Vertragsbeziehung gab.
3. Nach den Ausführungen des nationalen Gerichts, das das Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt hat, sind gesetzliche Krankenkassen in der Leistungskette, in der die Arzneimittel von Boehringer weitergereicht werden, Endverbraucher. Unternehmen der privaten Krankenversicherung sind es nicht. Rechtfertigt dieser Unterschied die ablehnende Haltung der Finanzverwaltung des Mitgliedstaats zur Minderung der Steuerbemessungsgrundlage bei der letztgenannten Art von Lieferung?
4. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass dem nicht so ist.
II. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht
5. Art. 73 der Richtlinie 2006/112 lautet:
„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.“
6. Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 bestimmt:
„Im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes wird die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.“
B. Nationales Recht
1. Umsatzsteuerrecht
7. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.
8. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, wenn sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz ändert, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.
2. Krankenversicherungsrecht
9. Die (gesetzlichen) Krankenkassen stellen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) ihren Versicherten die gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Verfügung. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach § 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V Verträge mit den Leistungserbringern wie Apotheken. Nach § 129 SGB V besteht zwischen dem Spitzenverband der Krankenkassen und dem Spitzenverband der Apotheken ein Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung.
10. Die Krankenkassen erhalten nach § 130a Abs. 1 Sätze 1 bis 4 SGB V von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von grundsätzlich 7 % des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Pharmazeutische Unternehmer wie Boehringer sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten.
11. Weitere Bestimmungen des § 130a SGB V regeln die Zahlungsfrist sowie die Höhe des Abschlags in Sonderfällen.
12. Demgegenüber bezahlen Privatversicherte die Arzneimittel von Boehringer in den Apotheken selbst und beantragen dann bei dem Unternehmen der privaten Krankenversicherung, bei dem sie versichert sind, die Erstattung ihrer Kosten.
13. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel müssen pharmazeutische Unternehmer wie Boehringer jedoch den Unternehmen der privaten Krankenversicherung nach § 1 des Gesetzes über Rabatte für Arzneimittel (AMRabG) vom 22. Dezember 2010 einen Abschlag gewähren, wenn diese Unternehmen Privatversicherten die Kosten für solche Arzneimittel ganz oder teilweise erstatten. Ausweislich des Vorlagebeschlusses wird der Abschlag, den Unternehmen der privaten Krankenversicherung von Unternehmen wie Boehringer erhalten, nach dem Anteil der Kostentragung entsprechend § 130a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V gewährt.
14. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs mindern Abschläge, die Unternehmen wie Boehringer Apotheken und Großhändlern im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gewähren, die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage.
III. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage
15. Boehringer ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das Arzneimittel herstellt und sie steuerpflichtig über Großhändler an Apotheken liefert. So geschah es auch im Jahr 2011, dem Streitjahr.
16. In Deutschland geben die Apotheken die Arzneimittel von Boehringer an gesetzlich Krankenversicherte aufgrund eines Rahmenvertrags mit dem Spitzenverband der Krankenkassen ab. Die Arzneimittel werden an die Krankenkassen geliefert und von diesen ihren Versicherten zur Verfügung gestellt. Die Apotheken gewähren den Krankenkassen einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis. Diesen Abschlag muss Boehringer als pharmazeutisches Unternehmen den Apotheken – oder bei Einschaltung von Großhändlern diesen – nach § 130a Abs. 1 SGB V erstatten. Die Finanzverwaltung behandelt den Abschlag umsatzsteuerrechtlich als Entgeltminderung.
17 Arzneimittel für privat Krankenversicherte geben die Apotheken aufgrund von Einzelverträgen mit diesen Versicherten ab. Anders als die Krankenkassen sind Unternehmen der privaten Krankenversicherung nicht selbst Abnehmer der Arzneimittel, sondern erstatten ihren Versicherten lediglich die diesen beim Kauf von Arzneimitteln entstandenen Kosten. Pharmazeutische Unternehmen wie Boehringer müssen dann nach § 1 AMRabG dem Unternehmen der privaten Krankenversicherung einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis gewähren. Die Finanzverwaltung erkennt diesen Abschlag umsatzsteuerrechtlich nicht als Entgeltminderung an. Beansprucht ein Privatversicherter keine Erstattung, müssen Unternehmen wie Boehringer auch keinen Abschlag nach § 1 AMRabG in Verbindung mit § 130a SGB V zahlen(4).
18. Im Jahr 2011 gewährte Boehringer Unternehmen der privaten Krankenversicherung die vorgeschriebenen Abschläge und berücksichtigte sie gleichwohl in ihrer Umsatzsteuererklärung als Änderung der Bemessungsgrundlage für die von ihr ausgeführten Arzneimittellieferungen an Arzneimittelhändler. Die Steuerbehörde des Mitgliedstaats erließ aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung einen geänderten Umsatzsteuerbescheid, in dem diese Abschläge nicht entgeltmindernd berücksichtigt waren. Ein dagegen von Boehringer eingelegter Einspruch blieb erfolglos.
19. Boehringer erhob daraufhin Klage beim Finanzgericht. Dieses änderte zur Berücksichtigung des den Unternehmen der privaten Krankenversicherung nach Bewirkung des Umsatzes gewährten Abschlags den Umsatzsteuerbescheid dahin, dass die Umsätze zugunsten von Boehringer gemäß der Umsatzsteuer-Jahreserklärung angesetzt wurden. Die Steuerbehörde des Mitgliedstaats legte gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision an den Bundesfinanzhof ein.
20. Der Fünfte Senat des Bundesfinanzhofs hat die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist ein pharmazeutischer Unternehmer, der Arzneimittel liefert, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 24. Oktober 1996, Elida Gibbs, C‑317/94, EU:C:1996:400, Rn. 28 und 31) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage nach Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem berechtigt, wenn– er diese Arzneimittel über Großhändler an Apotheken liefert,
– die Apotheken steuerpflichtig an privat Krankenversicherte liefern,
– der Versicherer der Krankheitskostenversicherung (das Unternehmen der privaten Krankenversicherung) seinen Versicherten die Kosten für den Bezug der Arzneimittel erstattet und
– der pharmazeutische Unternehmer aufgrund einer gesetzlichen Regelung zur Zahlung eines „Abschlags“ an das Unternehmen der privaten Krankenversicherung verpflichtet ist?
21. Schriftliche Erklärungen sind beim Gerichtshof von Boehringer, der deutschen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Europäischen Kommission eingereicht worden. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.
IV. Zusammenfassung des Vorbringens
A. Boehringer und Kommission
22. Boehringer und die Kommission machen einen objektiv nicht gerechtfertigten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend. Boehringer führt dabei konkret Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union an.
23. Unabhängig davon bringt Boehringer vor, dass sich das gleiche Ergebnis auch aus Art. 73 der Richtlinie 2006/112 in seiner Auslegung im Licht des Urteils Glawe(5) des Gerichtshofs ergebe. In jener Rechtssache entschied der Gerichtshof, dass bei Geldspielautomaten, die aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften so eingestellt waren, dass durchschnittlich mindestens 60 % der Spieleinsätze als Gewinne ausgezahlt wurden, die vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltene Gegenleistung im Sinne der Vorgängerbestimmung von Art. 73 der Richtlinie 2006/112(6) nur in dem Teil der Einsätze bestand, über den der Betreiber effektiv selbst verfügen konnte(7).
24. Für Boehringer bedeutet das, dass ihr Abschlag gegenüber Unternehmen der privaten Krankenversicherung ebenso berücksichtigt werden müsse, da der Rabattbetrag zweifelsfrei sei und von vornherein feststehe und sie nach deutschem Recht einen bestimmten Anteil des Verkaufspreises ihrer Arzneimittel an Unternehmen der privaten Krankenversicherung erstatten müsse.
25. Boehringer und die Kommission berufen sich auch auf Art. 90 der Richtlinie 2006/112, wie er in der Rechtssache Elida Gibbs ausgelegt worden sei, und treten einer Argumentation, wie sie von Deutschland und dem Vereinigten Königreich in ihren jeweiligen schriftlichen Erklärungen vorgebracht wird, entgegen, wonach gemäß den Entscheidungen in der Rechtssache Elida Gibbs und in nachfolgenden Rechtssachen wie der (nachstehend in den Nrn. 35 bis 39 erörterten) Rechtssache Ibero Tours(8)Zahlungen an ein Rechtssubjekt außerhalb einer Leistungskette – wie ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung – nicht als Preisnachlass nach der Bewirkung des Umsatzes im Sinne von Art. 90 der Richtlinie 2006/112 angesehen werden könnten.
26. Für Boehringer und die Kommission muss das Rechtssubjekt, das dem Endverbraucher den Preisnachlass anbiete, nicht am Anfang der Wertschöpfungskette stehen. Wesentlich für die Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage sei, was der Leistende tatsächlich erhalte, und nicht, was der Leistungsempfänger aufgewendet habe(9). Sowohl Boehringer als auch die Kommission berufen sich auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität(10). Die Kommission stellt fest, dass sich die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und die Krankenkassen vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet in keiner unterschiedlichen Position befänden.
27. Die Kommission trägt auch vor, dass mit dem deutschen Gesetz über Rabatte für Arzneimittel eine Gleichbehandlung von Krankenkassen und von Unternehmen der privaten Krankenversicherung sichergestellt werden solle(11). Dies müsse dann zwangsläufig auch auf die mehrwertsteuerliche Behandlung durchschlagen.
B. Deutschland und Vereinigtes Königreich
28. Wie schon erwähnt, sind sowohl Deutschland als auch das Vereinigte Königreich der Ansicht, dass die Elida-Gibbs-Rechtsprechung, wonach sinngemäß zwischen dem Endverbraucher und einem Steuerpflichtigen keine Vertragsbeziehung bestehen muss, damit Preisabschläge des Letzteren gegenüber dem Ersteren bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt werden können, unter dem Vorbehalt stehe, dass der Steuerpflichtige Glied einer Umsatzkette sei, die beim Endverbraucher ende. Deutschland und das Vereinigte Königreich sehen diese Analyse in der Entscheidung des Gerichtshofs in der (nachstehend in den Nrn. 35 bis 39 erörterten) Rechtssache Ibero Tours(12) bestätigt, und das Vereinigte Königreich weist darüber hinaus darauf hin, dass die Grundsätze der Elida-Gibbs-Rechtsprechung in der Rechtssache Kommission/Deutschland(13) bekräftigt worden seien.
29. Beide weisen darauf hin, dass eine Berücksichtigung nur erfolgen könne, wenn es zwischen den gelieferten Gegenständen und dem erhaltenen Gegenwert einen unmittelbaren Zusammenhang gebe(14). Ein solcher Zusammenhang bestehe im Verhältnis zwischen Boehringer und den Unternehmen der privaten Krankenversicherung nicht. Art. 73 der Richtlinie 2006/112 müsse im Einklang mit dem Grundprinzip ausgelegt werden, dass nur der Endverbraucher durch das Mehrwertsteuersystem belastet werden solle(15). Die Steuerbemessungsgrundlage bestehe aus der vom Steuerpflichtigen tatsächlich erhaltenen Gegenleistung und nicht einem nach objektiven Kriterien geschätzten Wert(16). Deutschland führt aus, dass in Bezug auf die Gegenleistung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs das Bestehen einer Vereinbarung zwischen den Parteien über einen Austausch gegenseitiger Leistungen entscheidend sei, wobei das Entgelt, das die eine Partei erhalte, den tatsächlichen Gegenwert des der anderen Partei gelieferten Gegenstands darstelle(17). Somit bleibe die von Boehringer erhaltene Gegenleistung bei Lieferungen an Privatversicherte die Summe, die sie von den unmittelbaren Abnehmern in der Leistungskette erhalte, also je nach Fall den Apotheken oder den Großhändlern.
30. Das Vereinigte Königreich fügt hinzu, dass die Zahlungen von Boehringer nicht als Subventionen im Sinne des Art. 73 der Richtlinie 2006/112 angesehen werden könnten(18) und dass Art. 90 der Richtlinie 2006/112 nicht auf einen Sachverhalt anwendbar sei, bei dem ein Lieferer nach dem nationalen Recht zur Entrichtung von Beiträgen, Gebühren oder Abgaben verpflichtet sei (um z. B. die private Bereitstellung von Krankenversicherung zu unterstützen). Unternehmen der privaten Krankenversicherung seien keine Erwerber oder Dritte. Deutschland weist darauf hin, dass Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112, nach dem Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Erwerber oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem der Umsatz bewirkt wird, nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, für das Ausgangsverfahren nicht einschlägig sei. Das Ausgangsverfahren ähnele Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gerichtshof entschieden habe, dass bei Kaufgeschäften, bei denen per Kreditkarte bezahlt werde, Steuerbemessungsgrundlage der volle Kaufpreis bleibe, wenn der Steuerpflichtige vom Kreditinstitut im Gegenzug für die Dienstleistung der Abwicklung über Kreditkarte einen niedrigeren Betrag akzeptiere(19).
31. Hinsichtlich des in den Raum gestellten Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot und die steuerliche Neutralität sind Deutschland und das Vereinigte Königreich der Ansicht, dass der Abschlag, den Boehringer den Apotheken (und gegebenenfalls den Großhändlern) im Zusammenhang mit der Abgabe von Arzneimitteln über die Krankenkassen zahle, nicht mit dem Abschlag vergleichbar sei, den Boehringer an Unternehmen der privaten Krankenversicherung zahle(20). Deutschland fügt hinzu, Wettbewerbsverzerrungen drohten nicht. Arzneimittel, die an gesetzlich Krankenversicherte abgegeben würden, stünden in keinem Wettbewerbsverhältnis zu Arzneimitteln, die an Privatversicherte ausgegeben würden. Da beide Sachverhalte nicht miteinander vergleichbar seien, könne die Frage der objektiven Rechtfertigung dahingestellt bleiben. Das Vereinigte Königreich bringt vor, die Entscheidung, die der Unionsgesetzgeber in der Frage getroffen habe, wie die Lieferungen zu behandeln seien, müsse respektiert werden.
32. Es fügt hinzu, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der das gemeinsame Mehrwertsteuersystem widerspiegele und auf die Besteuerung nur des Endverbrauchers abziele, keine Regel des Primärrechts sei, anhand deren allein die Steuerbemessungsgrundlage im Sinne der Art. 73 und 90 der Richtlinie 2006/112 bestimmt werden könne(21).
V. Würdigung
33. Die Vorlagefrage ist aus folgenden Gründen zu bejahen.
34. Meiner Ansicht nach liegt die Rechtsfortbildung in der Rechtssache ElidaGibbs im Kern allein in der Feststellung, dass ein Steuerpflichtiger mit dem unmittelbar Rabattbegünstigten nicht vertraglich verbunden sein muss, damit ein Preisnachlass nach der Bewirkung des Umsatzes im Sinne des Art. 90 der Richtlinie 2006/112 gegeben sein kann(22). Dann kommt es im Ausgangsverfahren für die Anwendbarkeit von Art. 90 der Richtlinie 2006/112 aber auch nicht darauf an, dass zwischen Boehringer und den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, denen sie gemäß deutschem Recht nach dem Kaufgeschäft einen an den Preis gekoppelten Abschlag gewähren muss, keine Vertragsbeziehung besteht.
35. Ich kann auch der Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Ibero Tours(23) nicht entnehmen, dass ausdrücklich festgestellt oder zwingend davon ausgegangen worden wäre, dass die in der Rechtssache Elida Gibbs aufgestellte Regel nur dann Anwendung findet, wenn der Rabattempfänger der Endverbraucher in einer Leistungskette ist, an deren Anfang der den Rabatt gewährende Steuerpflichtige steht. In der Tat hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich in der Entscheidung in der Rechtssache Elida Gibbs kein Hinweis darauf findet, dass sie eng ausgelegt werden sollte, und dass das Urteil dem Wortlaut von Art. 11 Teil C Abs. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie (jetzt Art. 90 der Richtlinie 2006/112) folgt(24), der keine nachträgliche Änderung der vertraglichen Beziehungen voraussetzt(25).
36. Ibero Tours, die Steuerpflichtige in jener Rechtssache, war ein Reisebüro, das Dienstleistungen als Vermittler zwischen Reiseveranstaltern und deren Kunden (im Folgenden: Reisende) erbrachte. Anders als im vorliegenden Fall, in dem eine Leistungskette gegeben ist, war dies mit einer einzigen Leistung verbunden. Ibero Tours erhielt von den Reiseveranstaltern eine Provision für ihre Vermittlungsleistungen im Rahmen dieser einzigen Leistung und setzte einen Teil davon ein, um Reisende praktisch zu bezuschussen, so dass der vom Reiseveranstalter erhaltene Betrag höher war als der von den Reisenden gezahlte. Ibero Tours argumentierte auf der Grundlage der Elida-Gibbs-Rechtsprechung, dass bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für ihre Umsätze die Preisnachlässe, die sie denReisenden gewähre, von der Provision abgezogen werden müssten, die sie von den Reiseveranstaltern erhalte.
37. Im Wesentlichen wurde die Argumentation von Ibero Tours zurückgewiesen, weil der Gerichtshof befand, dass sie nur Vermittler eines einzigen Umsatzes und nicht Teil einer Umsatzkette war. Der Gerichtshof wies in der Rechtssache Ibero Tours darauf hin, dass die Gegenleistung, die der am Anfang der Leistungskette stehende Steuerpflichtige in der Rechtssache Elida Gibbs erhalten hatte, in der Tat um den Nachlass vermindert wurde, den dieser Steuerpflichtige dem Endverbraucher über ein Gutscheinsystem unmittelbar gewährt hatte(26), während Ibero Tours dem Reiseveranstalter den vereinbarten Preis für seine Reiseleistungen unabhängig von einem etwaigen Rabatt, den sie dem Reisenden zu gewähren beschloss, zahlen musste(27). Eine Auswirkung auf die Gegenleistung, die Ibero Tours für ihre Vermittlungsleistung erhielt, war ebenfalls nicht gegeben. Dementsprechend führte gemäß Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie (jetzt Art. 73 der Richtlinie 2006/112) ein solcher Preisnachlass weder bei dem vermittelten Umsatz noch bei der vom Reisebüro erbrachten Dienstleistung zu einer Minderung der Steuerbemessungsgrundlage(28).
38. Daher verstehe ich die Bezugnahme im Urteil Ibero Tours darauf, dass der Reiseveranstalter „nicht das erste Glied einer Kette von Umsätzen [ist], da er … Dienstleistungen unmittelbar an den Endverbraucher erbringt“, als schlichte Betonung der Tatsache, dass Ibero Tours in jener Rechtssache nur eine Vermittlungsleistung für einen einzigen Umsatz erbrachte(29). Boehringer befindet sich eindeutig in einer anderen Position.
39. Außerdem wurden weder in der Rechtssache Elida Gibbs noch in der Rechtssache Ibero Tours Preisnachlässe seitens des Steuerpflichtigen infolge einer gesetzlichen Verpflichtung und noch dazu in Koppelung an den Lieferpreis gewährt. Im Fall von Boehringer stellt sich dies nach Aktenlage aber so dar.
40. Meiner Meinung nach konnte somit entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs Boehringer nicht „über sämtliche“ Erlöse aus dem Erstverkauf ihrer Erzeugnisse an Apotheken oder Großhändler „frei verfügen“(30). Boehringer ist allenfalls „bloßer vorübergehender Verwahrer“(31) des Teils des erhaltenen Betrags, den sie später als Abschlag an die Krankenkassen und Unternehmen der privaten Krankenversicherung zahlen muss und der, was von Bedeutung ist, an den Preis der gelieferten Arzneimittel gekoppelt ist.
41. Der Gerichtshof gelangte in der Rechtssache International Bingo Technology im Zusammenhang mit Rechtsvorschriften über den bei einem Bingospiel als Gewinn auszuzahlenden Betrag zu einem ähnlichen Ergebnis(32). Er befand dort: „Da der Teil des Verkaufspreises der Coupons, der als Gewinne an die Spieler ausgeschüttet wird, im Vorhinein feststeht und zwingend ist, kann er nicht als Bestandteil der Gegenleistung angesehen werden, die der Spielveranstalter für die von ihm erbrachte Leistung erhält“(33).
42. Da es sowohl in Art. 73 als auch in Art. 90 der Richtlinie 2006/112 darum geht, was zur „Steuerbemessungsgrundlage“ gehört, kann ich keinen Grund erkennen, weshalb die Entscheidung, die in der Rechtssache International Bingo Technology im Zusammenhang mit der Bedeutung des Begriffs „Gegenleistung“ im Sinne des Art. 73 ergangen ist, nicht auf die Auslegung des Begriffs „Preisnachlass“ im Sinne des Art. 90 übertragen werden könnte(34). Es stellt sich auch nicht im Geringsten die Frage, ob Boehringer Zahlungen an Unternehmen der privaten Krankenversicherung als Gegenleistung für irgendeine Art Dienstleistung vornimmt(35). Das ist eindeutig nicht der Fall.
43. Der Gerichtshof hat zwar befunden, dass es „wohl kaum angebracht [ist], aus der Besteuerung [von Glücksspielumsätzen] allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen, um sie auf die Besteuerung der gewöhnlichen Lieferung von Gegenständen anzuwenden“(36). Meiner Ansicht nach gilt diese Bemerkung jedoch nicht auch für Umstände, unter denen der Steuerpflichtige durch Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats verpflichtet wird, den Preis, den er letztlich für eine Lieferung erhält, durch zwingend vorgeschriebene Zahlungen an entweder den Endverbraucher oder einen Dritten proportional zum Lieferpreis zu verringern. Der Gerichtshof entschied in der Rechtssache Town and County Factors u. a. deshalb, dass bei einem Wettbewerb mit Preisauszahlung Steuerbemessungsgrundlage der volle Betrag der vom Veranstalter des Wettbewerbs eingenommenen Teilnahmegebühren war, weil es keine durch Gesetz zwingend vorgeschriebenen Verpflichtungen dahin gab, dass ein bestimmter Prozentsatz der von den Spielern geleisteten Einsätze auszuschütten war(37).
44. Privatversicherten und nicht den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, bei denen sie versichert sind, die Rolle als Endverbraucher in der Leistungskette zuzuweisen, könnte in der Tat als rechtliche Fiktion angesehen werden, besonders wenn die Mehrwertsteuer, die Privatversicherte an Apotheken zahlen, ihnen als Teil der Erstattung durch die Unternehmen der privaten Krankenversicherung zurückgezahlt wird. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist schließlich „die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems“(38).
45. Beim Kauf geleistete Zahlungen könnten somit als Gegenleistung eines Dritten im Sinne von Art. 73 der Richtlinie 2006/112 angesehen werden, wenn solche Dritten Erstattung von Unternehmen der privaten Krankenversicherung begehren und Boehringer dann nach deutschem Recht den Abschlag gemäß § 1 AMRabG gewähren muss. Ausgehend von dieser Analyse kann ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung als Endverbraucher einer Lieferung von Boehringer als Steuerpflichtiger angesehen werden, so dass der von der Steuerbehörde erhobene Mehrwertsteuerbetrag genau dem Mehrwertsteuerbetrag entspricht, der auf der Rechnung ausgewiesen ist und vom Endverbraucher gezahlt wird(39). Der Umstand, dass ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung nicht der unmittelbare Empfänger der von Boehringer gelieferten Arzneimittel ist, unterbricht nicht den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Lieferung dieser Gegenstände und der empfangenen Gegenleistung(40).
46. Der von mir vertretene Ansatz verhindert, dass die Steuerbehörde einen Betrag erhebt, der den übersteigt, den Boehringer als Steuerpflichtige abführt(41). Darüber hinaus beachtet er das Mehrwertsteuergrundprinzip, dass Bemessungsgrundlage die tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist(42), was sich in Bezug auf Art. 90 der Richtlinie 2006/112 in dem Erfordernis niederschlägt, die Steuerbemessungsgrundlage immer dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach der Bewirkung eines Umsatzes die gesamte Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält(43).
47. Schließlich spricht für eine Bejahung der Vorlagefrage auch, dass Art. 90 der Richtlinie 2006/112 in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung auszulegen ist, wie er in Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommt. Unabhängig davon, ob bei der Lieferung von über eine gesetzliche Krankenversicherung finanzierten Arzneimitteln und von über eine private Krankenversicherung finanzierten Arzneimitteln ein Wettbewerbsverhältnis gegeben ist oder nicht, beschränkt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Gleichbehandlung in Steuerangelegenheiten nicht auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, wie er zwischen konkurrierenden Wirtschaftsteilnehmern gilt; vielmehr kann ihr auch bei anderen Arten der Diskriminierung nicht Genüge getan sein, die Wirtschaftsteilnehmer betreffen, die nicht zwangsläufig miteinander konkurrieren, aber sich trotzdem in einer anderweitig vergleichbaren Situation befinden(44). Ich halte fest, dass sich nach dem Vorlagebeschluss die beiden Abschläge nur in ihrer technischen Ausgestaltung unterscheiden, während ihre steuerliche Behandlung für Mehrwertsteuerzwecke erheblich differiert.
48. Im Licht des Gegenstands von Art. 90 der Richtlinie 2006/112 und seines Ziels, sicherzustellen, dass Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer die tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist, in Verbindung mit den Grundsätzen und Zielen des Mehrwertsteuerrechts(45) bin ich der Ansicht, dass bei der mehrwertsteuerrechtlichen Behandlung von Arzneimittellieferungen an gesetzlich Versicherte bzw. an Privatversicherte vergleichbare Sachverhalte ohne ersichtliche objektive Rechtfertigung ungleich behandelt werden(46).
49. Abschließend schließe ich mich dem an, dass die Mehrwertsteuer eine vom Endverbraucher getragene indirekte Verbrauchsteuer ist und das steuerpflichtige Unternehmen „nur“ als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates handelt(47). Deshalb stimme ich der Ansicht zu, dass im Fall einer sonst unüberbrückbaren Differenz dem Erfordernis, dass der zu erhebende Mehrwertsteuerbetrag dem richtigen Anteil am vom Lieferer letztendlich tatsächlich erhaltenen Wert (und für die gesamte Kette am Endpreis) entsprechen soll, größere Bedeutung zuzumessen ist als strukturellen Erfordernissen. Die Zielerreichung ist mit anderen Worten wichtiger als der Einsatz der Mittel, die zur Erreichung dieses Ziels geschaffen wurden(48).
VI. Ergebnis
50. Nach alledem schlage ich folgende Antwort auf die vom Bundesfinanzhof (Deutschland) vorgelegte Frage vor:
Ein pharmazeutischer Unternehmer, der Arzneimittel liefert, ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 24. Oktober 1996, Elida Gibbs, C‑317/94, EU:C:1996:400, Rn. 28 und 31) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage nach Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem berechtigt, wenn
– er diese Arzneimittel über Großhändler an Apotheken liefert,
– die Apotheken die Arzneimittel steuerpflichtig an privat Krankenversicherte liefern,
– der Versicherer der Krankheitskostenversicherung (das Unternehmen der privaten Krankenversicherung) seinen Versicherten die Kosten für den Bezug der Arzneimittel erstattet und
– der pharmazeutische Unternehmer aufgrund einer gesetzlichen Regelung zur Zahlung eines „Abschlags“ an das Unternehmen der privaten Krankenversicherung verpflichtet ist.
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1 Originalsprache: Englisch.
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2 ABl. 2006, L 347, S. 1.
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3 Urteil vom 24. Oktober 1996, C‑317/94, EU:C:1996:400.
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4 Ausweislich der schriftlichen Erklärungen Deutschlands.
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5 Urteil vom 5. Mai 1994, C‑38/93, EU:C:1994:188.
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6 Nämlich Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) (im Folgenden: Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie).
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7 Urteil vom 5. Mai 1994, C‑38/93, EU:C:1994:188, Rn. 9. Boehringer nimmt auch auf Rn. 12 desselben Urteils Bezug sowie auf die Urteile vom 17. September 2002, Town & County Factors (C‑498/99,EU:C:2002:494, Rn. 30), vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or (C‑151/13, EU:C:2014:185, Rn. 29), und ElidaGibbs, Rn. 27. Im letztgenannten Urteil führte der Gerichtshof aus, dass nach ständiger Rechtsprechung „diese Gegenleistung den ‚subjektiven‘, nämlich im konkreten Fall tatsächlich erhaltenen Wert[,] und nicht einen nach objektiven Maßstäben geschätzten Wert dar[stellt]“.
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8 Urteil vom 16. Januar 2014, C‑300/12, EU:C:2014:8.
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9 Boehringer nimmt hier auf die Rn. 29 und 35 des Urteils des Gerichtshofs vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or (C‑151/13, EU:C:2014:185), und auf Rn. 28 des Urteils Elida Gibbs Bezug. Die Kommission verweist auf die Urteile vom 3. Juli 1997, Goldsmiths (C‑330/95, EU:C:1997:339, Rn. 15), und vom 26. Januar 2012, Kraft FoodsPolska (C‑588/10, EU:C:2012:40, Rn. 20).
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10 Die Kommission bezieht sich auf den Beschluss vom 9. Dezember 2011, Connoisseur Belgium (C‑69/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:825, Rn. 21), und auf das Urteil vom 8. Juni 2006, L.u.P. (C‑106/05, EU:C:2006:380, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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11 Die Kommission verweist auf die Bundestagsdrucksache 17/3698, S. 60 und 61 (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/036/1703698.pdf).
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12 Urteil vom 16. Januar 2014, C‑300/12, EU:C:2014:8.
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13 Urteil vom 15. Oktober 2002, C‑427/98, EU:C:2002:581.
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14 Deutschland führt dafür das Urteil vom 21. November 2013, Dixon’s Retail (C‑494/12, EU:C:2013:758, Rn. 33), an. Das Vereinigte Königreich verweist auf die Urteile vom 5. Februar 1981, Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats (154/80, EU:C:1981:38, Rn. 12), vom 23. November 1988, Naturally Yours Cosmetics (230/87, EU:C:1988:508, Rn. 11), und vom 8. März 1988, Apple and Pear Development Council (102/86, EU:C:1988:120, Rn. 11 und 12).
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15 Deutschland nimmt insoweit auf das Urteil vom 7. November 2013, Tulică und Plavoşin (C‑249/12 und C‑250/12, EU:C:2013:722, Rn. 34), Bezug.
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16 Ebd., Rn. 33.
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17 Deutschland verweist auf das Urteil vom 15. Mai 2001, Primback (C‑34/99, EU:C:2001:271, Rn. 25).
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18 Das Vereinigte Königreich nimmt auf das Urteil vom 22. November 2001, Office des produits wallons (C‑184/00, EU:C:2001:629, Rn. 18), Bezug.
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19 Deutschland bezieht sich auf die Urteile vom 25. Mai 1993, Bally (C‑18/92, EU:C:1993:212, Rn. 16), und vom 15. Mai 2001, Primback (C‑34/99, EU:C:2001:271, Rn. 38).
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20 Deutschland beruft sich u. a. auf die Urteile vom 10. April 2008, Marks & Spencer (C‑309/06, EU:C:2008:2011, Rn. 49), vom 19. Juli 2012, Lietuvos geležinkeliai (C‑250/11, EU:C:2012:496, Rn. 45), und vom 6. November 2014, Feakins (C‑335/13, EU:C:2014:2343, Rn. 49 und 51).
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21 Das Vereinigte Königreich führt dafür die Urteile vom 15. November 2012, Zimmermann (C‑174/11, EU:C:2012:716), und vom 19. Dezember 2012, Grattan (C‑310/11, EU:C:2012:822), an.
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22 Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Grattan (C‑310/11, EU:C:2012:568, Nr. 32), wo die Generalanwältin ausführte, dass „der Gerichtshof erstmals in der Rechtssache Elida Gibbs festgestellt [hat], dass eine Reduzierung der Besteuerungsgrundlage unter Umständen auch dann anzunehmen ist, wenn sich die vertraglich festgelegte Gegenleistung gar nicht ändert“. Ich möchte auch anmerken, dass der Gerichtshof, wie in den schriftlichen Erklärungen von Boehringer vorgebracht, der folgenden bedeutsamen Äußerung von Generalanwalt Wathelet in Nr. 29 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Ibero Tours (C‑300/12, EU:C:2013:502) damals nicht widersprochen hat: „Der Gerichtshof hat den Steuerpflichtigen zwar als ‚das erste Glied einer … Kette von Umsätzen‘ angesehen; dabei handelt es sich aber um eine Anknüpfung an den Sachverhalt der dem Urteil Elida Gibbs zugrunde liegenden Rechtssache, in der sich der Hersteller, der dem Endverbraucher den Preisnachlass anbot, am Anfang der Wertschöpfungskette befand, und nicht um die Aufstellung einer Voraussetzung für die Minderung der Besteuerungsgrundlage“.
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23 Urteil vom 16. Januar 2014, C‑300/12, EU:C:2014:8.
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24 Urteil vom 29. Mai 2001, Freemans (C‑86/99, EU:C:2001:291,Rn. 33).
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25 Ebd.
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26 Urteil des Gerichtshofs vom 16. Januar 2014,Ibero Tours (C‑300/12, EU:C:2014:8, Rn. 29).
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27 Ebd., Rn. 31.
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28 Ebd., Rn. 32.
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29 Ebd., Rn. 30.
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30 Urteil vom 19. Juli 2012, International Bingo Technology (C‑377/11, EU:C:2012:503, Rn. 31). Vgl. auch Urteile vom 5. Mai 1994, Glawe (C‑38/93, EU:C:1994:188), und vom 24. Oktober 2013, Metropol Spielstätten (C‑440/12, EU:C:2013:687).
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31 Urteil vom 19. Juli 2012, International Bingo Technology (C‑377/11, EU:C:2012:503, Rn. 19). Dieses Bild stammt vom vorlegenden nationalen Gericht in jener Rechtssache.
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32 Zu diesem Ergebnis gelangte er im Kontext der Vorgängerbestimmung von Art. 73 der Richtlinie 2006/112, nämlich Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie.
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33 Urteil vom 19. Juli 2012, International Bingo Technology (C‑377/11, EU:C:2012:503, Rn. 28).
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34 Ich stelle auch fest, dass die von Boehringer gezahlten Abschläge nicht unter die in Art. 79 der Richtlinie 2006/112 genannten Posten fallen, die bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage außen vor bleiben.
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35 Wie es bejaht wurde, wenn es bei einem Kaufgeschäft im Einzelhandel zwischen Kunden und Läden zu Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kreditkarten kommt. Siehe z. B. Urteil vom 15. Mai 2001, Primback (C‑34/99, EU:C:2002:271).
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36 Urteil vom 29. Mai 2001, Freemans (C‑86/99, EU:C:2001:291, Rn. 30). Vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl in der Rechtssache Town and County Factors (C‑498/99, EU:C:2001:494, Nr. 74). Generalanwalt Jacobs stellte in Nr. 16 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Glawe (C‑38/93, EU:C:1994:81) fest, dass „Glücksspielumsätze für die Erhebung der Mehrwertsteuer schlecht geeignet sind“.
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37 Urteil vom 17. September 2002, Town and CountyFactors (C‑498/99, EU:C:2002:494, Rn. 30). Vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Grattan (C‑310/11, EU:C:2012:568, Nr. 45).
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38 Urteil vom 7. Oktober 2010, Loyalty Management (C–53/09 und C–55/09, EU:C:2010:590, Rn. 39).
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39 Urteil vom 10. Juli 2008, Koninklijke Ahold (C‑484/06, EU:C:2008:394, Rn. 36), unter Anführung des Urteils Elida Gibbs, Rn. 24.
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40 Siehe entsprechend Urteil vom 27. März 2014, Rayon d’Or (C‑151/13, EU:C:2014:815, Rn. 35).
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41 Beispielsweise Urteile vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C‑588/10, EU:C:2012:40, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 7. November 2013, Tulică und Plavoşin (C‑249/12 und C‑250/12, EU:C:2013:722, Rn. 36).
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42 Hervorhebung nur hier. Vgl. z. B. Urteil vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C‑588/10, EU:C:2012:40, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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43 Vgl. Urteil vom 15. Mai 2014, Almos Agrárkülkereskedelmi (C‑337/13, EU:C:2014:328, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie zur Vorgängerbestimmung von Art. 90 der Richtlinie 2006/112, nämlich Art. 11 Teil C Abs. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, Urteil vom 19. Dezember 2012, Grattan (C‑310/11, EU:C:2012:822, Rn. 35).
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44 Urteil vom 25. April 2013, Kommission/Schweden (C‑480/10, EU:C:2013:263, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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45 Urteil vom 7. März 2017, RPO (C‑390/15, EU:C:2017:174, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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46 Siehe Vorlagebeschluss.
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47 Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Di Maura (C‑246/16, EU:C:2017:440, Nr. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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48 Siehe Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Kommission/Deutschland (C‑427/98, EU:C:2001:457, Nr. 110).