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Steuerrecht
21.05.2008
Steuerrecht
: Lotteriesteuerpflicht einer an eine genehmigte Lotterie angehängten Lotterie

BFH, Urteil vom 2.4.2008 - II R 4/06

Vorinstanz: FG Köln vom 16.11.2005 - 11 K 3095/04 (EFG 2006, 849)

LEITSATZ

Behält ein Unternehmen, dessen Geschäftszweck nach außen lediglich auf die Vermittlung von Spielgemeinschaften und Spielverträgen gerichtet ist, die ihm von den Spielern zum Einsatz bei einer genehmigten Lotterie überlassenen Mittel für sich und erhalten die Spieler die Gewinne, die beim absprachegemäßen Abschluss von Lotterieverträgen angefallen wären, aus den Einsätzen ausgezahlt, veranstaltet es eine der Lotteriesteuer unterliegende Lotterie.

RennwLottG § 17, § 19; EG Art. 49, 50; Richtlinie 77/388/EWG Art. 33 Abs. 1;GG Art. 3 Abs. 1; AO § 40, § 41 Abs. 1 Satz 1, § 152

SACHVERHALT

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine inländische KG, wurde im Januar 2000 gegründet und nahm den Geschäftsbetrieb im März 2000 auf. Persönlich haftende Gesellschafterin war ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen, dessen alleiniger Geschäftsführer S war. Kommanditistin war eine weitere im Inland ansässige KG. Den Gegenstand des Unternehmens der Klägerin bilden nach dem Gesellschaftsvertrag der Zusammenschluss von Spielern, die in verschiedene Spielgemeinschaften investieren, der Vertrieb von Anteilen dieser Gemeinschaften durch international tätige Vertriebsgesellschaften und die Durchführung sämtlicher damit zusammenhängender Geschäfte.

Die Klägerin sollte nach dem von ihr ausgearbeiteten Vertragswerk und den allgemeinen Geschäftsbedingungen (Teilnahmebedingungen) auf den Zusammenschluss einer Vielzahl von Spielern in inländischen Spielgemeinschaften hinwirken und dazu mit den Spielern entsprechende Geschäftsbesorgungsverträge abschließen. Sie sollte die für die Spielgemeinschaften einzusetzenden Systemreihen (Zahlenkombinationen) entwickeln und den Mitspielern monatlich die Spielgemeinschaft oder die Spielgemeinschaften, an der/denen sie beteiligt sind, die Anzahl der Anteile, die je Spielgemeinschaft vom Spieler eingesetzt werden, und die Spielscheinnummern der für die jeweiligen Spielgemeinschaften eingesetzten Lottoscheine mitteilen.

Die Spielverträge mit den nationalen Lottogesellschaften sollte ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen, dessen Direktor S war, als Treuhänder abschließen und dabei knapp die Hälfte der von den Spielern gezeichneten Anteilpreise einsetzen. Der verbleibende Teil der Anteilpreise sollte der Klägerin und ihren Beauftragten für die Spielervermittlung, die Serviceleistungen und die Konzeption zustehen. Der Treuhänder sollte die anfallenden Gewinne an sich auszahlen lassen und anteilig an die Mitspieler verteilen.

Falls nicht alle Anteile einer Spielgemeinschaft an Mitspieler vergeben werden konnten, sollte die Klägerin berechtigt sein, sich selbst an der Spielgemeinschaft zu beteiligen und/oder den von ihr gestellten Treuhänder anzuweisen, für die Spielgemeinschaft keinen Spielvertrag mit den Lottogesellschaften abzuschließen. Für den zuletzt genannten Fall sollte "der Mitspieler auf andere Weise an Ersatz gelangen".

Tatsächlich wurden nur für rd. 2 % der Einsätze der Spieler Lottoscheine abgegeben. Im Übrigen erhielten die Spieler anteilig die Gewinne ausgezahlt, die angefallen wären, wenn mit einem zum Deutschen Lotto- und Totoblock gehörenden Unternehmen (Lottounternehmen) Spielverträge mit den den Spielern mitgeteilten Zahlenkombinationen und Spielscheinnummern zustande gekommen wären. Lotteriesteueranmeldungen gab die Klägerin nicht ab.

Nachdem dies bei einer Steuerfahndungsprüfung festgestellt worden war, setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) durch Bescheide vom 10. Juli 2003 gegen die Klägerin Lotteriesteuer in Höhe von ... € für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 2000, von ... € für das Jahr 2001 und von ... € für die Zeit vom 1. Januar bis 30. November 2002 sowie Verspätungszuschläge von je ... € für diese drei Zeiträume fest. Das FA zog dabei als Bemessungsgrundlage der Steuer die von den Spielern geleisteten Einsätze einschließlich der für Spielervermittlung, Serviceleistungen und Konzeption bestimmten Anteile abzüglich von 2 % für tatsächlich gespielte Lottoscheine und von 1/6 für die Lotteriesteuer heran.

Das FA wies die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück und führte zur Festsetzung der Verspätungszuschläge aus, die Klägerin habe schuldhaft keine Lotteriesteueranmeldungen abgegeben. S sei schon früher über ein anderes Unternehmen auf vergleichbare Art und Weise tätig geworden und habe aufgrund einer im Oktober 1998 erfolgten Durchsuchung der Geschäftsräume der jetzigen Kommanditistin der Klägerin und insbesondere aufgrund der ihm am 9. April 1999 schriftlich mitgeteilten Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wegen des Verdachts der durch Nichtabgabe von Steueranmeldungen begangenen Lotteriesteuerhinterziehung die Ansicht der Finanzverwaltung gekannt, dass Lotteriesteuerpflicht bestehe. Dass die Klägerin die Frage der Steuerpflicht anders beurteilt habe, habe sie nicht von der Verpflichtung zur Abgabe der Steueranmeldungen entbunden. Sie hätte vielmehr bei der Abgabe der Erklärungen auf ihre abweichende Ansicht hinweisen und ggf. Einspruch einlegen können. Das Ausstehen der Entscheidung über die gegen die Lotteriesteuerbescheide für das früher auf vergleichbare Art und Weise tätig gewordene Unternehmen gerichteten Einsprüche und die von ihr vorgelegten Rechtsgutachten könnten die Nichtabgabe der Lotteriesteueranmeldungen ebenfalls nicht entschuldigen. Die Verspätungszuschläge seien im Hinblick auf die Höhe der Steuerfestsetzungen und des sich durch die Nichtabgabe der Steuererklärungen ergebenden Vorteils sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bereits in der Vergangenheit festgesetzte Verspätungszuschläge zu keiner Änderung des Abgabeverhaltens des S als der hinter der Klägerin stehenden Person geführt hätten, nicht zu hoch bemessen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 849 veröffentlichte Urteil mit der Begründung ab, die Lotteriesteuerpflicht ergebe sich aus § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG). Die sachlichen Voraussetzungen des Lotteriebegriffs seien erfüllt. Die Mitspieler hätten durch die Zahlung eines bestimmten Einsatzes einen Anspruch auf Auszahlung eines Gewinnanteils erhalten, der von der durch die Klägerin für die Spielgemeinschaft gewählten Systemreihe und den jeweiligen Gewinnzahlen und -quoten des Deutschen Lotto- und Totoblocks abhängig gewesen sei.

Steuerschuldnerin sei nach § 19 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG die Klägerin als Veranstalterin der Lotterie. Sie habe als geistige Urheberin die planmäßige Ausführung des gesamten Unternehmens ins Werk gesetzt und das Spielgeschehen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht maßgeblich gestaltet. Sie habe für die von ihr geworbenen Spieler bzw. Spielgemeinschaften unter Einsatz der von ihr entwickelten Zahlenkombinationen Lottozahlen ausgewählt und in 98 % der Fälle dafür gesorgt, dass der Treuhänder keine entsprechenden Spielverträge mit einem Lottounternehmen abgeschlossen habe. In diesen Fällen habe sie für die Spielgemeinschaften das Ergebnis der amtlichen Lottoziehung übernommen. Die Spieler hätten entsprechende Gewinnanteile aus den Einsätzen der Mitspieler ausgezahlt erhalten. Die Klägerin habe dadurch eine eigene neue Lotterie veranstaltet. Bei dem in den Teilnahmebedingungen vorgesehenen Ersatzanspruch handle es sich nach dem Vortrag der Klägerin um ein vertraglich eingeräumtes, vom Eintritt eines zufälligen Ereignisses abhängiges Recht der Mitspieler bzw. Spielgemeinschaften auf einen bestimmten Geldgewinn nach einem bestimmten Plan gegen einen bestimmten Geldeinsatz. Für die steuerliche Beurteilung sei nicht die formale Gestaltung, sondern der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt maßgebend. Nicht zu beanstanden sei auch die Höhe der festgesetzten Steuer.

Gegen die Rechtmäßigkeit der festgesetzten Verspätungszuschläge bestünden ebenfalls keine Bedenken. Die Nichtabgabe der Steueranmeldungen sei nicht entschuldbar, da S die Ansicht der Finanzverwaltung, der von der Klägerin verwirklichte Sachverhalt löse Lotteriesteuer aus, gekannt habe. Die von der Klägerin eingeholten Rechtsauskünfte hätten sich nicht auf diesen Sachverhalt bezogen oder dafür die Lotteriesteuerpflicht nicht ausgeschlossen. Ermessensfehler insbesondere auch hinsichtlich der Höhe der Verspätungszuschläge seien dem FA nicht unterlaufen.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 17 RennwLottG sowie von Gemeinschafts- und Verfassungsrecht. Sie habe keine öffentliche Lotterie im Sinn dieser Vorschrift veranstaltet. Sie habe vielmehr den Spielern lediglich in den Fällen, in denen es nicht zum Abschluss eines Spielvertrags mit einem Lottounternehmen gekommen sei, entsprechend den Teilnahmebedingungen Ersatz geleistet und dabei die vom Deutschen Lotto- und Totoblock gezogenen Gewinnzahlen und festgelegten Gewinnquoten nachvollzogen. Der in den Teilnahmebedingungen vorgesehene Ersatzanspruch habe sich auf das positive Interesse gerichtet, nämlich auf die Auszahlung der anteiligen Gewinne, die bei Zustandekommen eines Spielvertrags mit einem Lottounternehmen angefallen wären. Die Durchführung eines eigenständigen Gewinnspiels liege darin nicht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) dürfe für den steuerrechtlichen Begriff einer Lotterie nicht auf die entsprechende strafrechtliche Begriffsbildung zurückgegriffen werden. Die Lotteriesteuer führe zudem zu einer unzulässigen Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit und habe darüber hinaus den Charakter einer Umsatzsteuer, weshalb sie nicht erhoben werden dürfe. Da lotteriesteuerpflichtige und umsatzsteuerpflichtige Unternehmer ungleich behandelt würden, liege ferner ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Die Verspätungszuschläge seien zu Unrecht festgesetzt worden. Sie, die Klägerin, habe sich fachkundig beraten lassen und die Auskunft erhalten, es falle bei ihrem Geschäftsmodell keine Lotteriesteuer an.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und die Bescheide des FA vom 10. Juli 2003 ersatzlos aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

AUS DEN GRÜNDEN

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend angenommen, dass die angefochtene Festsetzung von Lotteriesteuer gegen die Klägerin für die Zeit vom 1. März 2000 bis 30. November 2002 sowie der Verspätungszuschläge rechtmäßig sei.

1. Die Steuerfestsetzungen gegen die Klägerin finden ihre Rechtsgrundlage in § 17 i.V.m. § 19 RennwLottG.

a) Es handelt sich um eine nach § 17 RennwLottG der Lotteriesteuer unterliegende Lotterie.

aa) Nach § 17 Satz 1 RennwLottG unterliegen u.a. im Inland veranstaltete öffentliche Lotterien, die nicht Rennwetten nach

Abschn. I RennwLottG sind, einer Steuer, die 20 % des planmäßigen Preises (Nennwert) sämtlicher Lose ausschließlich der Steuer (§ 17 Satz 3 RennwLottG) beträgt.

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Lotterie gegeben ist, geht die Straf-, Zivil- und Steuerrechtsprechung im Wesentlichen übereinstimmend von der vom Reichsgericht (RG) aufgestellten und vom Reichsfinanzhof (RFH) übernommenen Begriffsbestimmung aus (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Juni 1996 II R 29/95, BFH/NV 1997, 68, mit Nachweisen zur Rechtsprechung des RG, des RFH und des BFH sowie zur Literatur). Nach dieser Begriffsbestimmung liegt eine Lotterie vor, wenn sich jemand für eigene Rechnung einem anderen gegenüber schuldrechtlich verpflichtet, nach einem festgesetzten Plan beim Eintritt eines ungewissen, wesentlich vom Zufall abhängigen Ereignisses dem anderen einen bestimmten Geldgewinn zu gewähren, während der andere unbedingt einen bestimmten Geldbetrag, den Einsatz, zu zahlen hat (vgl. BFH-Urteil vom 2. Februar 1977 II R 11/74, BFHE 121, 534, BStBl II 1977, 495). An dieser Begriffsbestimmung hat der BFH mit dem Urteil in BFH/NV 1997, 68 für den Bereich der Lotteriesteuer festgehalten. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt danach bei einer Lotterie nicht ein lediglich die Spieler verpflichtender Vertrag, sondern ein Vertrag mit gegenseitigen Pflichten vor. Dabei ist lediglich die Zahlungspflicht des Veranstalters aufschiebend bedingt.

Öffentlich ist eine Lotterie, wenn die Möglichkeit der Teilnahme für einen unbestimmten Personenkreis besteht (BFH-Entscheidungen vom 27. April 1951 II 111/50 S, BFHE 55, 289, BStBl III 1951, 112, und vom 11. November 1953 II 57/51 U, BFHE 58, 286, BStBl III 1954, 23).

Die eigene Verlosung von Gewinnen ist nicht Tatbestandsmerkmal einer Lotterie i.S. des § 17 Satz 1 RennwLottG. Eine Lotterie kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch in der Weise veranstaltet werden, dass der Unternehmer sich an eine bereits bestehende andere Lotterie anschließt und den Teilnehmern die Zahlung von Gewinnen verspricht, welche auf die Lose jener Lotterie entfallen werden (BGH-Urteil vom 18. Januar 1977 1 StR 643/76, juris). Soweit der BGH in dem Urteil weiter ausgeführt hat, es sei dabei vorauszusetzen, dass der Veranstalter Eigentümer der Lose bleibe und seine Abnehmer eine Forderung auf Zahlung des Gewinns allein gegen ihn erwerben sollten, diente dies lediglich der Abgrenzung zur bloßen Vermittlung von Lotterieverträgen zwischen einem Lottounternehmen und den einzelnen Spielern oder Mitgliedern von Spielgemeinschaften. Bei einer solchen Vermittlung werden die Spieler Eigentümer der erworbenen Lose (vgl. bereits RG-Urteil vom 16. Mai 1895 Rep. 1081/95, RGSt 27, 233, 237). Entscheidend für das Vorliegen einer Lotterie, die sich an eine andere, bereits bestehende Lotterie anschließt, ist, dass die Teilnehmer lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen ihren Vertragspartner erlangen, zum Unternehmer der ersten Lotterie jedoch in keine rechtliche Beziehung treten (vgl. BGH-Beschluss vom 9. März 1999 KVR 20/97, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zivilrecht --NJW-RR-- 1999, 1266, unter II.2.b), nicht aber, dass der Veranstalter der angelehnten Lotterie tatsächlich Lose der ersten Lotterie erwirbt. Für den Lotteriebegriff i.S. des § 17 Satz 1 RennwLottG gilt nichts anderes.

Das von der Klägerin angeführte EuGH-Urteil vom 6. November 2003 C-243/01, Gambelli (Slg. 2003, I-13031) führt zu keinem anderen Verständnis des Lotteriebegriffs. Mit dieser Entscheidung hat der EuGH geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine nationale Regelung, die strafbewehrte Verbote der Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über Sportereignisse, enthält, eine zulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, wenn der betreffende Mitgliedstaat keine Konzession oder Genehmigung erteilt. Der EuGH hat sich in der Entscheidung weder mit dem straf- und steuerrechtlichen Begriff der "Lotterie" noch mit der Lotteriesteuer befasst und insbesondere auch nicht entschieden, dass die Veranstaltung öffentlicher Lotterien nicht von einer Genehmigung abhängig gemacht werden dürfe.

Der EuGH hat zudem bereits wiederholt anerkannt, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei erzielten Gewinne, aus dem Schutz der Spieler insbesondere auch vor Betrug und anderen Straftaten und allgemeiner nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaats aus dem Schutz der sozialen Ordnung ergeben (EuGH-Urteile vom 24. März 1994 C-275/92, Schindler, Slg. 1994, I-1039, und vom 21. Oktober 1999 C-67/98, Zenatti, Slg. 2003, I-7289). Diese Rechtsprechung hat der EuGH im Urteil in Slg. 2003, I-13031 nochmals bestätigt (Rz 67). Nicht diskriminierende Genehmigungserfordernisse sind danach bei der Veranstaltung von Lotterien aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zulässig.

Das ferner von der Klägerin angeführte EuGH-Urteil vom 13. November 2003 C-42/02, Lindman (Slg. 2003, I-13519) betrifft ebenfalls nicht den Begriff "Lotterie". Nach dieser Entscheidung ist es mit dem gemeinschaftsrechtlich garantierten freien Dienstleistungsverkehr nicht vereinbar, wenn die Gewinne aus in anderen Mitgliedstaaten veranstalteten Lotterien bei der Einkommensteuer des Gewinners erfasst werden, Gewinne aus inländischen Lotterien aber nicht.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit dem Urteil vom 28. März 2006 1 BvR 1054/01 (BVerfGE 115, 276) ebenfalls nichts am Begriff "Lotterie" geändert. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist aufgrund dieser Entscheidung auch die Strafvorschrift des § 287 des Strafgesetzbuchs über die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels nicht überholt. Das BVerfG hat nicht entschieden, dass die Veranstaltung öffentlicher Lotterien genehmigungsfrei möglich sein müsse, sondern lediglich die Zulässigkeit staatlicher Glücksspielmonopole an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Genehmigungsvorbehalte im Interesse des Verbraucher- und Jugendschutzes sowie der Vermeidung von Folge- und Begleitkriminalität hat es ausdrücklich als zulässig beurteilt.

bb) Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer steuerbaren Lotterie nach § 17 Satz 1 RennwLottG sind im Streitfall erfüllt, soweit die Einsätze der Spieler bzw. Spielgemeinschaften weder zum Abschluss von Spielverträgen mit einem Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks (vgl. zu dessen Organisation und Aufgaben BGH-Beschluss in NJW-RR 1999, 1266, unter I.) verwendet noch an die Spieler zurückgezahlt wurden.

Die im Inland ansässige Klägerin wandte sich mit ihren Spielangeboten an eine unbestimmte Vielzahl von Inländern und somit an die inländische Öffentlichkeit. Die Spieler hatten unbedingt einen bestimmten Geldbetrag, den Einsatz, zu zahlen. Soweit die Einsätze nicht mit dem vertraglich vorgesehenen Anteil zum Abschluss von Spielverträgen mit einem Lottounternehmen verwendet wurden, wurden sie den Spielern nicht erstattet. Stattdessen erhielten die Spieler Gelder in Höhe der Beträge, die beim Erwerb entsprechender Lottoscheine als Gewinne angefallen wären. So verfuhr die Klägerin bei etwa 98 % der von den Spielern geleisteten Einsätze, indem sie den Treuhänder anwies, keine Lottoscheine zu erwerben und stattdessen jene an den Gewinnen der staatlichen Lotterie ausgerichteten Beträge zu zahlen, oder selbst entsprechende Gelder auszahlte. Soweit die Klägerin in dieser Verfahrensweise eine Möglichkeit des Vorgehens sieht, die gleichrangig neben dem Erwerb von Lottoscheinen mit anschließender Auszahlung etwaiger Gewinne bestehe und die trotz der unterbliebenen Spielevermittlung keine Lotterie darstelle, weil nicht Gewinne ausgekehrt, sondern Schadensersatzzahlungen geleistet worden seien, kann dem nicht gefolgt werden.

Schon die Gleichrangigkeit beider Verfahrensweisen ist nach den Verträgen der Klägerin mit den Spielern zweifelhaft. Das Wort "Ersatz" deutet vielmehr auf einen (an sich) ungewollten Ausnahmefall hin. Wenn die Ersatzleistungen aber --ob vertraglich vorgesehen oder nicht-- tatsächlich den Regelvollzug der Verträge bildeten, ist zur rechtlichen Einordnung des tatsächlichen Geschehens nicht auf dessen von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung abzustellen. Vielmehr ist dieses Geschehen durch die Gerichte eigenständig zu würdigen. Für die Besteuerung kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern den wirtschaftlichen Gehalt der "Ersatzansprüche" in der tatsächlichen Handhabung durch die Klägerin an. Dass die Leistung von "Ersatz" den Spielern gegenüber ausdrücklich so bezeichnet worden sei, hat das FG im Übrigen nicht festgestellt und wird von der Klägerin auch nicht vorgetragen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin hätten die Spieler kraft Gesetzes bei einem von ihr nicht gemäß §§ 276 und 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu vertretenden Nichtzustandekommen von Spielverträgen mit einem Lottounternehmen von ihr nicht Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses, also in Höhe der etwaigen entgangenen Gewinne, fordern können, sondern lediglich die vollständige oder teilweise Rückzahlung der geleisteten Einsätze.

Der für das Vorliegen einer Lotterie erforderliche Plan bestand darin, dass im Regelfall keine Spielverträge mit einem Lottounternehmen abgeschlossen werden sollten. Vielmehr sollten die Spieler in diesem Fall einerseits aus der Höhe der geleisteten Einsätze und andererseits auf der Grundlage der von der Klägerin gewählten Zahlenkombinationen aus den Gewinnzahlen und -quoten des Deutschen Lotto- und Totoblocks errechnete Gewinnanteile erhalten. Bei diesen Gewinnzahlen und -quoten handelt es sich um ungewisse, wesentlich vom Zufall abhängige Ereignisse. Dass die Klägerin nicht selbst Gewinne ausgespielt, sondern sich an die Lotterie des Deutschen Lotto- und Totoblocks angehängt hat, steht der Lotteriesteuerpflicht nicht entgegen (oben 1.a aa).

Unerheblich ist, ob durch die zwischen der Klägerin und den Spielern geschlossenen Verträge Verbindlichkeiten begründet wurden oder ob dem gemäß § 763 i.V.m. § 762 Abs. 1 Satz 1 BGB die fehlende staatliche Genehmigung der Lotterie entgegenstand. Entscheidend sind die Leistung der Spieleinsätze durch die Spieler einerseits und die Auszahlung der errechneten Gewinnanteile andererseits. Diese Leistungen können nach § 763 Satz 2 i.V.m. § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts ist überdies nach § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

Das Verbot, nicht genehmigte Lotterien zu veranstalten, schließt die Besteuerung ebenfalls nicht aus. Für die Besteuerung ist es unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 40 AO).

b) Die Klägerin ist als Veranstalterin der Lotterie Steuerschuldnerin.

aa) Steuerschuldner ist der Veranstalter der Lotterie (§ 19 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG). Dies ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, wer die planmäßige Ausführung des gesamten Unternehmens selbst oder durch andere ins Werk setzt (BFH-Beschluss vom 22. März 2005 II B 14/04, BFH/NV 2005, 1379, mit Nachweisen zur Rechtsprechung des RG, des RFH und des BFH). Das ist derjenige, der --soweit vorhanden-- Inhaber der entsprechenden (öffentlich-rechtlichen) Genehmigung zur Veranstaltung ist, als solcher durch die ihm erteilte Genehmigung die Abhaltung der Glücksspiele ermöglicht bzw. die Genehmigung hätte einholen müssen und das Spiel- oder Wettgeschehen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht maßgeblich gestaltet. Kennzeichnend für die Veranstaltereigenschaft ist das Gestaltungsrecht für die vertragsrechtliche Ordnung des Spielgeschehens einschließlich der Möglichkeit, die regelungsbedürftigen Fragen im Verhältnis zu den teilnehmenden Spielern, z.B. durch vorformulierte Vertragsbedingungen (allgemeine Geschäftsbedingungen), zu ordnen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1379).

Die Begriffsbestimmung des "Veranstalters" dient vor allem der Abgrenzung zu Personen, die lediglich als Helfer tätig sind. Nicht entscheidend ist, ob das Geschäft auf eigene oder fremde Rechnung getätigt wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Veranstaltereigenschaft nach außen hervortritt oder nicht

(BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1379). Die von der Klägerin zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht angeführte Rechtsprechung zum Begriff der Einkünfteerzielung im Ertragsteuerrecht (BFH-Urteil vom 5. November 2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646), zur Verwendungsabsicht im Umsatzsteuerrecht (BFH-Urteil vom 25. April 2002 V R 58/00, BFHE 200, 434, BStBl II 2003, 435) und zur Bedeutung der Sicht des Durchschnittsverbrauchers für die Auslegung umsatzsteuerrechtlicher Begriffe (BFH-Urteile vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658; vom 9. Oktober 2002 V R 5/02, BFHE 200, 135, BStBl II 2004, 470; vom 24. Februar 2005 V R 26/03, BFH/NV 2005, 1395; vom 9. Juni 2005 V R 50/02, BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98, und vom 10. August 2006 V R 38/05, BFHE 214, 480, BStBl II 2007, 482; BFH-Beschluss vom 8. März 2006 V B 156/05, BFH/NV 2006, 1527) ist nicht einschlägig.

bb) Die Klägerin war danach Lotterieveranstalterin i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG, da sie eine eigenständige, an die Lotterie des Deutschen Lotto- und Totoblocks angelehnte Lotterie ins Werk gesetzt hat (vgl. oben 1.a bb). Sie hat die maßgebenden Verträge einschließlich der Teilnahmebedingungen gestaltet und für die Spieler bzw. Spielgemeinschaften verbindlich gemacht, das Spielgeschehen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht beherrscht, die Höhe der von den Spielern zu leistenden Einsätze bestimmt und sich nicht darauf beschränkt, das Zustandekommen von Spielgemeinschaften und den Abschluss von Spielverträgen mit Lottounternehmen zu vermitteln. Sie hat vielmehr in nahezu allen Fällen über die von den Spielern geleisteten Einsätze vergleichbar einem Lottounternehmen eigenständig verfügt und den Spielern die Gewinnanteile zukommen lassen, die sich bei einer Teilnahme an der staatlichen Lotterie ergeben hätten.

Das (zugelassene) Lottounternehmen war insoweit nicht Veranstalter, da es die zugrunde liegenden Verträge nicht gestaltet und auf das Spielgeschehen keinen Einfluss hatte und nach dem in die Tat umgesetzten Plan der Klägerin die Einsätze der Spieler von Ausnahmen abgesehen nicht erhalten hat. Auch der Treuhänder war nicht Veranstalter; er hatte weder das maßgebende Vertragswerk noch das Spielgeschehen maßgeblich gestaltet oder beherrscht und musste zudem Weisungen der Klägerin befolgen. Ob die Klägerin die von den Spielern gezahlten Geldbeträge an den Treuhänder weitergeleitet hat oder nicht --was das FG offen gelassen hat--, bedarf keiner Klärung. Auch eine solche Weiterleitung hätte nichts an der beherrschenden Stellung der Klägerin geändert.

c) Das FG hat zu Recht auch die Höhe der festgesetzten Steuer nicht beanstandet. Da Bemessungsgrundlage der Steuer der planmäßige Preis i.S. des § 17 Satz 3 RennwLottG ist, kommt es auf die vorgesehene interne Aufteilung der Einsätze der Spieler nicht an.

2. Die Lotteriesteuer ist mit Gemeinschaftsrecht vereinbar.

a) Es liegt kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vor.

aa) Nach dieser in den Streitjahren geltenden Regelung sind unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen die Mitgliedstaaten nicht gehindert, u.a. Abgaben auf Spiele und Wetten, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern sie im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind. Das Verbot, Steuern, Abgaben und Gebühren, die den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, soll verhindern, dass das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr belasten und gewerbliche Umsätze in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise erfassen. Unzulässig sind danach Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, auch wenn sie nicht in allen Punkten mit dieser übereinstimmen.

Diese wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer sind die folgenden vier: Allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Produktions- und Vertriebsstufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (EuGH-Urteile vom 3. Oktober 2006 C-475/03, Banca popolare di Cremona, Slg. 2006, I-9373, m.w.N., und vom 11. Oktober 2007 C-283/06, KÖGAZ u.a., Umsatzsteuer-Rundschau 2007, 906; BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 V R 81/01, BFHE 199, 507, BStBl II 2002, 887; BFH-Beschluss vom 1. Februar 2007 II B 51/06, BFH/NV 2007, 987).

Weist eine Steuer, Abgabe oder Gebühr auch nur eines dieser wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer nicht auf, steht Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG nach diesen Entscheidungen der Beibehaltung oder Einführung dieser Steuer, Abgabe oder Gebühr nicht entgegen.

bb) Die Lotteriesteuer hat danach nicht den Charakter einer Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer). Sie gilt nicht allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte, sondern nur für einen eng begrenzten Bereich. Sie wird nur auf einer Stufe erhoben und es gibt keinen Abzug einer bei einem vorhergehenden Umsatz (Bezug von Gegenständen und Dienstleistungen durch den Veranstalter) entrichteten Steuer. Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer ist nicht der auf der Stufe des Lotterieveranstalters vorhandene Mehrwert, sondern der planmäßige Preis (Nennwert) sämtlicher Lose oder --bei Wetten-- des Wettscheines ausschließlich der Steuer (§ 17 Satz 3 RennwLottG). Formalitäten beim Grenzübergang fallen nicht an.

b) Die Lotteriesteuer stellt auch keine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49, 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) dar. Sie hat keinen diskriminierenden Charakter und kommt aufgrund ihrer Höhe nicht praktisch einem Verbot der Veranstaltung von Lotterien gleich. Von der Zulässigkeit der Lotteriesteuer geht auch Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG aus, wonach die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht gehindert sind, Abgaben auf Spiele und Wetten zu erheben.

3. Die Lotteriesteuer verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Ein solcher Verstoß ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Lotteriesteuer nur einen bestimmten, eng begrenzten Steuertatbestand erfasst. Insoweit gilt nichts anderes als für Vergnügungsteuern, insbesondere in Form der Spielgerätesteuer, die im Grundsatz verfassungsgemäß sind (vgl. BFH-Urteil vom 29. März 2006 II R 59/04, BFH/NV 2006, 1354; BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 987). Die Lotteriesteuer ist eine Verkehrsteuer, die schon vor Inkrafttreten des GG bestand und für die bereits Art. 105 Abs. 2 GG in seiner ursprünglichen Fassung dem Bund die konkurrierende Gesetzgebung zuwies (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 68). Sie dient der Erzielung von Einnahmen der Länder (Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG; § 3 Abs. 1 AO) und zugleich zulässigen Lenkungszwecken, nämlich der Abwehr von Gefahren, die der Bevölkerung aus der Ausnutzung der Spielleidenschaft zu Gewinnzwecken drohen. Die Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren ist ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel, da die Spielsucht schwerwiegende Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und für die Gemeinschaft haben kann (BVerfG-Urteil in BVerfGE 115, 276; BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1354). Die Besteuerung verfolgt danach einen hinreichenden, legitimen Gemeinschaftszweck (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1379).

Die Auferlegung einer besonderen Steuer ist zur Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich. Auch wenn der Spieltrieb des Menschen nicht vollständig unterdrückt werden kann, kann er doch eingedämmt werden, wozu --neben den einschlägigen ordnungsrechtlichen Maßnahmen-- auch eine Verteuerung des Glücksspiels mit Hilfe einer Steuer geeignet ist. Ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Selbst eine sehr weitgehende Gewinnabschöpfung durch eine Sondersteuer ist gegenüber dem Verbot der Tätigkeit immer noch ein milderes Mittel.

Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist ebenfalls gegeben. Der Gesichtspunkt, dass Gewinne aus der Veranstaltung von Glücksspielen angesichts des streng regulierten und auf wenige Anbieter beschränkten Marktes relativ risikolos erzielt werden können, rechtfertigt die teilweise Abschöpfung der Gewinne durch staatliche Abgaben, zumal mit der Lotteriesteuerpflicht eine Befreiung von der Umsatzsteuer einhergeht (§ 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1379).

4. Das FG hat zu Recht auch die Festsetzung der Verspätungszuschläge nicht beanstandet.

a) Nach § 152 Abs. 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (Satz 1). Von einer solchen Festsetzung ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (Satz 2). Ob die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vorliegen, ist von den Gerichten uneingeschränkt nachprüfbar. Sind sie erfüllt, muss die zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob und inwieweit im Einzelfall ein Verspätungszuschlag festgesetzt wird. Diesen Teil der Entscheidung darf das FG gemäß § 102 FGO nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BFH-Urteile vom 14. Juni 2000 X R 56/98, BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60, und vom 29. März 2007 IX R 9/05, BFH/NV 2007, 1617).

b) Die Voraussetzungen für die Festsetzung der Verspätungszuschläge waren im Streitfall erfüllt. Die Steuerschuld entsteht nach § 19 Abs. 1 Satz 2 RennwLottG bei Lotterien mit der Genehmigung, spätestens aber in dem Zeitpunkt, zu dem die Genehmigung hätte eingeholt werden müssen. Die Steuer für Lotterien ist von dem Veranstalter zu entrichten, bevor mit dem Losabsatz begonnen wird (§ 19 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG; vgl. auch BFH-Urteil vom 30. März 1955 II 88/54 U, BFHE 60, 409, BStBl III 1955, 156). Die Pflicht zur Entrichtung der Steuer umfasst auch die Verpflichtung, eine entsprechende Steuererklärung abzugeben.

Dieser Verpflichtung ist die Klägerin nicht nachgekommen. Dieses Versäumnis erscheint nicht entschuldbar. Das Verschulden des S als Geschäftsführer ihrer Komplementärin steht nach § 152 Abs. 1 Satz 3 AO ihrem eigenen Verschulden gleich. S war bekannt, dass die Finanzverwaltung die Lotteriesteuerpflicht bejahte. Dass darüber noch nicht endgültig entschieden worden war, entschuldigt die Nichtabgabe der Steuererklärungen nicht.

Unklarheiten in der Beurteilung einer Rechtsfrage entbinden nicht von der Verpflichtung, Steuererklärungen abzugeben. Sie müssen im anschließenden Besteuerungs- und ggf. Rechtsschutzverfahren geklärt werden (BFH-Urteil vom 14. Juni 2000 X R 56/98, BFH/NV 2000, 1518, unter 4.b). Den von der Klägerin eingeholten Rechtsgutachten kommt danach keine Bedeutung zu. Wie das FG zudem festgestellt hat, wird in keinem der Gutachten das Bestehen einer Lotteriesteuerpflicht für den von der Klägerin tatsächlich verwirklichten Sachverhalt klar verneint. Der BFH ist nach § 118 Abs. 2 FGO an diese Feststellungen gebunden, da die Klägerin in Bezug darauf keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht hat. Sie verweist vielmehr nur unsubstantiiert auf eine eingeholte fachkundige Auskunft.

c) Ermessensfehler bei der Festsetzung der Verspätungszuschläge sind insbesondere unter Berücksichtigung der im Vergleich zu den festgesetzten Steuern geringen Höhe der Zuschläge nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

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