FG Niedersachsen: Kosten des Arbeitszimmers bei zeitlich beschränkten Bereitschaftsdiensten
FG Niedersachsen, Urteil vom 25.3.2013 - 3 K 406/12
Leitsatz
Kosten des Arbeitszimmers sind bei einem vorhersehbar zeitlich beschränkten Bereitschaftsdiensten (5 Wochen pro Jahr) nur zeitanteilig abziehbar.
§ 4 Abs 5 Nr 6b EStG, § 9 Abs 5 EStG
Sachverhalt
Streitig ist, in welcher Höhe der Kläger für die Mitbenutzung eines häuslichen Arbeitszimmers Werbungskosten in Abzug bringen kann.
Der Kläger ist Mitarbeiter eines Landkreises und erzielt daraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Neben seiner primären Aufgabe beim Landkreis nimmt er (freiwillig) im Rahmen von Bereitschaftsdiensten für den Landkreis Aufgaben nach dem Niedersächsischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG) war und erhält dafür Überstundenvergütungen und Reisekostenentschädigungen.
Das Personal des Landkreises, das diese Bereitschaftsdienste übernimmt, wird mehrfach im Jahr für jeweils eine zusammenhängende Woche für den Bereitschaftsdienst eingeteilt. Der Bereitschaftsdienst ist außerhalb der Diensträume zu versehen. Der Dienstherr stellt die Erreichbarkeit des Bereitschaftsdienstes über ein dem Diensttuenden ausgehändigtes Mobiltelefon sicher. Dieser Bereitschaftsdienst dauert jeweils vom regulären Dienstende beim Landkreis bis zum nächsten regulären Dienstbeginn um 8 Uhr. Im Einzelnen:
Montag - Donnerstag | 16.00 Uhr bis 08.00 Uhr des Folgetages |
Freitag | 13.00 Uhr bis 24.00 Uhr |
Samstag | ganztägig |
Sonntag | ganztägig bis Montag 08.00 Uhr. |
Der Arbeitgeber rechnete mit dem Kläger im Streitjahr (2007), soweit der Kläger dies nachgewiesen hat, für jede Dienstwoche jeweils rund 30 Überstunden ab (Juli: 33 Std., November: 26 Std. und Dezember: 31 Std.). Der Kläger leistete im Streitjahr fünf Wochen Bereitschaftsdienst. Der Kläger hat bei dem Bereitschaftsdienst u.a. auf Anfrage vorläufige Einweisungen in die Psychiatrie zu verfügen, dazu handschriftlich Eintragungen in Vordrucke vorzunehmen und ggf. den Betroffenen bzw. die psychiatrische Klinik aufzusuchen. Wegen der Einzelheit wird auf die Regelungen für die Rufbereitschaft und das vom Kläger vorgelegte Ablaufschema verwiesen (ges. Heftung „Bereitschaftsdienst).
Der Kläger bewohnt seine Wohnung gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin. Diese nutzen das einzige Arbeitszimmer gemeinsam. In vorangegangenen Klageverfahren ist Einigkeit darüber erzielt worden, dass der Nutzungsanteil des Klägers 25% beträgt. Der Kläger und das FA haben sich in diesem Verfahren auf diese Einigung bezogen und der Kläger hat angegeben, dass sich der Umfang der Nutzung nicht verändert habe.
In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger pauschal Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € geltend. Das FA lehnte den Abzug ab. Da der Kläger den Einspruch nicht begründete, wies das FA diesen zurück. Dagegen richtet sich die Klage.
Der Kläger ist der Ansicht, der volle Höchstbetrag für ein Arbeitszimmer (1.250 €) - mindestens aber 25% der von ihm nachgewiesenen Kosten (25% von 2.064,15 €) - sei als Werbungskosten abziehbar.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4. Mai 2012 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 16. August 2012 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 1.250 € zum Abzug zugelassen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und hält daran fest, dass für das einzige in der Wohnung vorhandene Arbeitszimmer objektbezogen (vgl. BFH-Urteil vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775) maximal der Höchstbetrag von 1.250 € abziehbar sei. Dieser Höchstbetrag reduziere sich bereits durch den unstreitigen Nutzungsanteil des Klägers (25%) auf 312,50 €.
Aus den Gründen
Die Klage ist nur teilweise begründet.
1. Der Kläger kann die Aufwendungen für sein Arbeitszimmer, das er für den Bereitschaftsdienst nutzt, zeitanteilig (ca. 10% des Jahres) als Werbungskosten in Abzug bringen, da ihm für diese Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht. Als Werbungskosten abziehbar sind danach 10% von 312,50 € oder 31,25 €. Der Anteil von 10% ergibt sich als gerundeter aus dem Verhältnis zwischen der Länge des Bereitschaftsdienstes im Streitjahr (5 Wochen) und dem Kalenderjahr (52 Wochen).
Im Streitfall sind danach die Kosten in mehrfachen Schritten aufzuteilen gewesen.
Im ersten Schritt sind die Kosten für die Mitbenutzung des einzigen in der Wohnung des Klägers und seiner Lebensgefährtin vorhandenen Arbeitszimmers zwischen diesen beiden Personen aufzuteilen (vgl. oben BFH-Urteil vom 20. November 2003), da die gesetzliche Regelung objektbezogen auszulegen und anzuwenden ist. Danach ergibt sich ein Höchstbetrag für den Kläger in Höhe von 312,50 € (25% von 1.250 €).
In einem zweiten Schritt sind die Kosten des vom Kläger mitbenutzten Arbeitszimmers entsprechend seiner Nutzung aufzuteilen. Auf die Bereitschaftswochen entfiel ein Nutzungsanteil von rund 10% (s.o.), so dass Werbungskosten auch nur in diesem Umfang abziehbar sind. Der Kläger hat dazu angegeben, das Arbeitszimmer bzw. den Arbeitsplatz in dem Zimmer ganzjährig vorzuhalten und ganzjährig zu nutzen. Er hat den Umfang der Nutzung zwischen ihm und seiner Lebensgefährtin als gleichbleibend angegeben. Eine Nutzung für den Bereitschaftsdienst hat er nur für 5 Wochen im Streitjahr dargetan, so dass eine zeitanteilige Kürzung des Höchstbetrages notwendig ist. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von der Entscheidung des BFH im Urteil vom 7. August 2003 (VI R 41/98, BFHE 203, 119, BStBl II 2004, 80), da der dortige Kläger ganzjährig Bereitschaftsdienst zu leisten hatte.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 137 FGO, da der Kläger erstmals im Klageverfahren überhaupt die Kosten des Arbeitszimmers dargetan und teilweise nachgewiesen hat.
3. Im Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 79a Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch den Berichterstatter anstelle des Senats entscheiden. Das Gericht konnte im Übrigen nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten auch auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hatten.