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Steuerrecht
27.02.2025
Steuerrecht
BFH: Keine Haftung des Grundstückserwerbers für unrichtige Steuerausweise in übernommenen Mietverträgen

BFH, Urteil vom 5.12.2024 – V R 16/22

ECLI:DE:BFH:2024:U.051224.VR16.22.0

Volltext:BB-ONLINE BBL2025-533-2

Amtliche Leitsätze

1. Die Inanspruchnahme der in einer Rechnung als Aussteller bezeichneten Person nach § 14c Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) setzt voraus, dass diese an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder dass ihr die Ausstellung anderweitig nach den für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen, zu denen auch das Recht der Stellvertretung gehört, zuzurechnen ist.

2. Ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG kann dem Grundstückserwerber nicht nach § 566 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugerechnet werden.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erstand im Jahr 2013 (Streitjahr) im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens durch Zuschlagsbeschluss eines Amtsgerichts ein mit einem mehrstöckigen Bürogebäude bebautes Grundstück. Die Gebäudeflächen waren größtenteils vermietet. Der Voreigentümer hatte unter anderem am 23.03.2007 einen Mietvertrag mit den Fachkliniken H zum Betrieb einer Tagesklinik, am 07.06.2012 einen Mietvertrag mit A zum Betrieb einer Physiotherapiepraxis sowie einen Mietvertrag mit einer Wohnungsbaugesellschaft abgeschlossen. In diesen Mietverträgen waren jeweils die monatlichen Nettokaltmieten, die sonstigen Kostenvorschüsse und die auf diese Beträge entfallende Umsatzsteuer mit dem Zusatz "+ 19 % Mehrwertsteuer" benannt. Im Streitjahr schloss die Klägerin auch selbst einen Mietvertrag ab, aus dem sie aber keine Miete vereinnahmte.

In ihrer am 27.05.2015 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2013, die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand (§ 168 Satz 1 der Abgabenordnung), behandelte die Klägerin die Umsätze aus der Vermietung der Räume an die Fachklinik H, an A und an die Wohnungsbaugesellschaft als steuerfrei.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Auffassung, dass die Klägerin die in den Mietverträgen offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) schulde und setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr entsprechend fest.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 1789 veröffentlichtem Urteil ab. Die Klägerin habe ‑‑zwischen den Beteiligten unstreitig‑‑ steuerfreie Vermietungsleistungen erbracht, für die ein Verzicht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG ausgeschlossen sei. Die Mietverträge mit den Fachkliniken H, der A und der Wohnungsbaugesellschaft, aus denen sich die vermieteten Räumlichkeiten, die monatliche Miete, die Nebenkosten und der Umsatzsteuersatz nebst Umsatzsteuerbetrag ergäben, seien zusammen mit den jeweiligen Zahlungsbelegen (Kontoauszüge, Überweisungsbelege und so weiter), aus denen die Leistungszeitpunkte mit der nach Abschn. 14.5. Abs. 17 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) erforderlichen Genauigkeit zu entnehmen seien, als Rechnungen im Sinne des § 14c UStG anzusehen. Diese Rechnungen müsse sich die Klägerin zurechnen lassen. Sie sei gemäß § 566 Abs. 1, § 578 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in die sich aus den bereits bestehenden Mietverträgen ergebenden Rechte und Pflichten eingetreten. Durch die Bezeichnung der Klägerin als Zahlungsempfängerin in den jeweiligen Zahlungsbelegen hätten die Mieter ‑‑wie bei einer Gutschrift‑‑ im Einverständnis mit der Klägerin die Mietverträge insoweit geändert, dass nunmehr die Klägerin als Rechnungsausstellerin bezeichnet werde. In der Zusammenschau sei damit "eine Beleglage entstanden, die Rechnungen im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG darstellen". Dieser Vorgehensweise habe die Klägerin nicht widersprochen. Unerheblich sei, ob die Mieter die Vorsteuer hätten geltend machen können. Es sei denkbar, dass die Mieter auch Umsätze ausführten, die den Vorsteuerabzug nicht ausschlössen. Insoweit bestehe eine abstrakte Gefährdungslage.

Mit ihrer auf Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision macht die Klägerin geltend, durch die Überweisung der monatlichen Miete an sie sei keine Rechnungslegung im Sinne des § 14c UStG erfolgt. Sie habe im Streitjahr keine Rechnungen oder Rechnungsbestandteile an ihre Mieter übermittelt (§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG). Die Zahlungsanweisungen der Mieter seien keine Dokumente, mit denen über eine Leistung abgerechnet worden sei, sondern nur Dokumente, mit denen Zahlungen in Auftrag gegeben würden. Es fehle außerdem an einer Verbindung des Mietvertrages und des Zahlungsbelegs durch eine Bezugnahme im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV). Die in Abschn. 14.5. Abs. 17 UStAE enthaltene Erleichterung beziehe sich auf den Vorsteuerabzug und könne nicht zulasten des Steuerpflichtigen in Fällen des § 14c UStG angewandt werden. Sie, die Klägerin, habe sich nicht mit den Mietern über die Erstellung von Rechnungen durch diese Mieter ‑‑wie bei einer Gutschrift‑‑ geeinigt. Eine solche Vereinbarung hätte zwischen den Beteiligten nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG vor dem Ausfüllen der Zahlungsanweisung erfolgen müssen, was nicht geschehen sei. Zudem seien ihr die Zahlungsanweisungen nicht zugegangen. Die Gutschrift auf dem Konto stimme nicht mit dem Dokument "Zahlungsanweisung" überein. Das FG habe insoweit auch übersehen, dass § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG die Unversehrtheit des Rechnungsinhaltes fordere. Der Bankkontoauszug, aus dem sich die Kontogutschrift der Miete ergebe, sei zudem nicht im Namen der Mieter, sondern von der kontoführenden Bank erstellt worden (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG). Ein Widerspruch gegen die vermeintlich erteilte Gutschrift sei somit nicht erforderlich gewesen. Darüber hinaus sei dem Umsatzsteuerrecht ein Nebeneinander von Rechnung und Gutschrift fremd. Schließlich sei die von § 31 Abs. 1 Satz 3 UStDV geforderte leichte und eindeutige Nachprüfbarkeit der Angaben in den verschiedenen Dokumenten einer Rechnung hier nicht gegeben. Die Mietverträge enthielten weder den Namen noch die Anschrift des Leistenden, dessen Steuernummer, eine fortlaufende Rechnungsnummer oder den Leistungszeitraum. Auch stimmten die im Streitjahr monatlich gezahlten Mieten nicht mit den in den Mietverträgen vereinbarten Mieten überein. § 566 Abs. 1 BGB regele nicht den Übergang von öffentlich-rechtlichen Pflichten. Da die Mieter nach Auffassung des FG durch die monatlichen Überweisungen die fehlerhaften Rechnungen/Gutschriften erstellt hätten, müsste sich das FA gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG an die Mieter als Steuerschuldner wenden. Anderenfalls sei die Steuerschuld nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG im Jahr des jeweiligen Mietvertragsabschlusses entstanden. Aus dem von der Klägerin im Streitjahr selbst abgeschlossenen Mietvertrag habe das FA keine Steuerschuld abgeleitet.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 23.03.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.01.2019 insoweit zu ändern, als die Umsatzsteuer um … € niedriger festgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Das FA schließt sich den Ausführungen des FG an. Dieses führe zutreffend aus, dass eine Rechnung im Sinne des § 14c UStG nicht sämtliche formelle Anforderungen des § 14 UStG erfüllen müsse. Ausreichend sei, dass das Dokument den Eindruck erwecke, eine Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 4 UStG zu sein.

Aus den Gründen

9          II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene FG-Urteil ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Unrecht einen etwaigen Steuerausweis in den vom Voreigentümer abgeschlossenen Mietverträgen in Verbindung mit den Kontoauszügen über Mietzahlungen (zur Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG 1993/1999 hierauf vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 28.05.2009 - V R 11/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2010, 156) der Klägerin zugerechnet.

10        1. Nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG schuldet der Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen hat (unrichtiger Steuerausweis), auch den Mehrbetrag. Steuerschuldner ist in den Fällen des § 14c Abs. 1 UStG ‑‑ebenso wie bei Lieferungen und sonstigen Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG‑‑ der Unternehmer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).

11        Unionsrechtliche Grundlage hierfür ist Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wonach die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet wird, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist.

12        2. Die Klägerin ist nicht Steuerschuldnerin nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG.

13        a) Begründet § 14c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG eine Steuerschuld des Unternehmers, der in einer Rechnung für seine Leistung einen Steuerbetrag unrichtig ausweist, muss die Rechnung auf den Namen des leistenden Unternehmers lauten. Die Inanspruchnahme der in einer Rechnung als Aussteller bezeichneten Person nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG setzt zudem voraus, dass die in einer Rechnung als Aussteller bezeichnete Person an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder dass ihr die Ausstellung anderweitig nach den für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen, zu denen auch das Recht der Stellvertretung gehört, zuzurechnen ist (BFH-Urteile vom 07.04.2011 - V R 44/09, BFHE 234, 430, BStBl II 2011, 954, Rz 14; vom 17.08.2023 - V R 3/21, BFHE 282, 101, Rz 23).

14        Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) geht hierzu weitergehend davon aus, dass ein Arbeitgeber als Rechnungsaussteller anzusehen ist, wenn Rechnungen in seinem Namen von einem Arbeitnehmer ausgestellt werden, selbst wenn dieser hierzu zwar nicht befugt war, aber unabhängig hiervon nicht hinreichend überwacht wurde (EuGH-Urteil Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Lublinie vom 30.01.2024 - C-442/22, EU:C:2024:100, Rz 31 und 35).

15        b) Im Streitfall hat die Klägerin die Steuerbeträge nicht selbst ‑‑im eigenen Namen‑‑ unrichtig ausgewiesen. Denn die Mietverträge wurden vom Voreigentümer abgeschlossen, so dass dieser die Steuerbeträge unrichtig ausgewiesen hat, wobei er im eigenen Namen gehandelt hat.

16        c) Entgegen dem Urteil des FG kommt eine Zurechnung auch nicht auf anderer Grundlage in Betracht.

17        aa) Das FG ist unzutreffend davon ausgegangen, dass sich aus dem zivilrechtlichen Eintritt der Klägerin in die Mietverträge eine derartige Zurechnung ergibt. Dabei kommt, was das FG nicht erwähnt hat, als Grundlage für einen derartigen Eintritt nicht ein Grundstückskauf gemäß §§ 566, 578 BGB, sondern ein Erwerb im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens nach § 57 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) i.V.m. § 566 Abs. 1 BGB in Betracht. Ohne dass der Senat zu entscheiden hat, ob sich aus dieser Verweisung nur ein Eintritt in Wohnraummietverhältnisse oder sämtliche Mietverhältnisse über Grundstücke (vgl. hierzu Schneider/Abramenko, ZVG, 1. Aufl. 2020, § 57 Rz 9) ergibt, kann jedenfalls ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG dem Grundstückserwerber oder -ersteher nicht nach § 566 Abs. 1 BGB zugerechnet werden.

18        Zwar tritt nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 Abs. 1 BGB im Zwangsversteigerungsverfahren der Ersteher anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) dient der ‑‑über § 57 ZVG anwendbare und‑‑ in § 566 Abs. 1 BGB geregelte Eintritt des Erwerbers in ein bestehendes Mietverhältnis aber dem Schutz des Mieters. Die ihm dadurch von seinem Vertragspartner eingeräumte Rechtsstellung soll ihm auch gegenüber einem späteren Erwerber des Grundstücks erhalten bleiben. Hierfür enthält § 566 Abs. 1 BGB eine Durchbrechung des schuldrechtlichen Grundsatzes, wonach Rechte und Pflichten nur zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Personen entstehen. Diese Vorschrift legt dem Mietverhältnis für den Fall der Veräußerung des Mietgrundstücks eine gleichsam dingliche Wirkung bei, indem sie mit dem Übergang des Eigentums am vermieteten Grundstück auf den Erwerber auch die Vermieterrechte und -pflichten auf diesen übergehen lässt. Als Ausnahmevorschrift ist § 566 Abs. 1 BGB eng auszulegen und nur anzuwenden, soweit der mit ihr bezweckte Mieterschutz dies erfordert (BGH-Urteil vom 27.10.2021 - XII ZR 84/20, BGHZ 231, 338, Rz 28).

19        Im Hinblick auf dieses Normverständnis kommt es nicht in Betracht, § 566 Abs. 1 BGB als Zurechnungsnorm zu verstehen, die einen vom Voreigentümer veranlassten unrichtigen Steuerausweis dem Grundstückserwerber oder -ersteher zurechnet. Zum einen dient eine Steuerschuldentstehung nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG nicht dem Mieterschutz. Zum anderen gehört ein unrichtiger Steuerausweis nicht zu den Vermieterrechten und -pflichten, auf deren Übergang diese Vorschrift gerichtet ist.

20        Im Übrigen lassen sich auch aus dem offenen Ausweis der Umsatzsteuer in den Mietverträgen keine Pflichten aus dem Mietvertrag herleiten, die auf die Klägerin übergegangen sein und zu einer Zurechnung der (Teil-)Rechnungsdokumente führen könnten. Zwar kann aufgrund einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung eines Entgelts einschließlich Umsatzsteuer eine Pflicht des leistenden Unternehmers bestehen, eine Rechnung mit offenem Umsatzsteuerausweis auszustellen. Diese (zivilrechtliche) Pflicht zur Rechnungsausstellung kann auch auf den Erwerber nach § 566 Abs. 1 BGB übergehen. Im vorliegenden Fall ist jedoch zum einen nicht streitig, ob eine Pflicht zur Rechnungsausstellung übergegangen ist, sondern ob der Klägerin die vom Voreigentümer für die Dauerschuldverhältnisse bereits ausgestellten (Teil-)Rechnungsdokumente in Form der Mietverträge ‑‑und somit die dem unrichtigen Steuerausweis innewohnende abstrakte Gefährdungshaftung‑‑ zuzurechnen sind. Zum anderen besteht keine zivilrechtliche Pflicht des leistenden Unternehmers, eine gesetzlich nicht geschuldete Umsatzsteuer ‑‑hier auf eine unstreitig steuerfreie Vermietungsleistung‑‑ auszuweisen (vgl. etwa BGH-Urteil vom 26.06.2014 - VII ZR 247/13, Der Betrieb 2014, 1674, Rz 12), durch die in Höhe des unrichtigen Steuerausweises eine Steuerschuld in seiner Person nach § 13a Abs. 1 Nr. 1, § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG entstehen kann.

21        bb) Eine Zurechnung folgt auch nicht aus ‑‑der vom FG unerörtert gelassenen Vorschrift des‑‑ § 1 Abs. 1a UStG. Danach unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (Geschäftsveräußerung) an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer (Satz 1). Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (Satz 2). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (Satz 3).

22        Unionsrechtliche Grundlage hierfür ist Art. 19 Satz 1 MwStSystRL, nach dem die Mitgliedstaaten die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln können, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen.

23        Unabhängig davon, ob eine Geschäftsveräußerung auch beim Erwerb eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung vorliegt (bejahend BFH-Urteil vom 21.03.2002 - V R 62/01, BFHE 198, 230, BStBl II 2002, 559, Leitsatz und unter II.1.a; a.A. Hummel, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2011, 361, 365), folgt aus der Annahme einer Geschäftsveräußerung und dem damit verbundenen Eintritt in die Rechtsstellung des Veräußerers nicht, dass ein unrichtiger Steuerausweis, der sich aus einem vom Veräußerer über ein Grundstück abgeschlossenen Mietvertrag ergibt, zulasten des Erwerbers für Zeiträume nach dem Grundstückserwerb eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG begründet. Denn die unionsrechtlich vorgegebene Betrachtung des "Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden" bezieht sich auf den Übertragungsgegenstand ‑‑vorliegend auf den vermieteten Grundbesitz‑‑ im Sinne einer umsatzsteuerrechtlichen Einzelrechtsnachfolge (BFH-Urteil vom 06.09.2007 - V R 41/05, BFHE 217, 338, BStBl II 2008, 65, unter II.3.; ebenso BFH-Beschluss vom 07.12.2021 - XI B 11/21, BFH/NV 2022, 355, Rz 16).

24        Vorliegend gehört ein unrichtiger Steuerausweis in den Mietverträgen nicht zu den übertragenen Wirtschaftsgütern, auf die sich die umsatzsteuerrechtliche Einzelrechtsnachfolge bezieht. Welche weitergehende Bedeutung der Rechtsnachfolge im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG zukommt (vgl. hierzu Jansen in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, § 1 Abs. 1a Rz 410 ff.; Probst in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 164 ff. und Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 753 ff.), ist nach den Verhältnissen des Streitfalls nicht zu entscheiden.

25        cc) Schließlich kommt auch die Annahme eines Überwachungsverschuldens (EuGH-Urteil Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Lublinie vom 30.01.2024 - C-442/22, EU:C:2024:100, Rz 35) nicht in Betracht, da die Klägerin in den Mietverträgen nicht als Rechnungsausstellerin benannt war.

26        3. Danach ist das FG-Urteil aufzuheben. Der Klage ist stattzugeben, da die Sache spruchreif ist. Die Umsatzsteuer 2013 ist in der im Tenor angegebenen Höhe geringer festzusetzen.

27        4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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