FG Münster: Kein Werbungskostenabzug für Computerzeitschriften
FG Münster, Entscheidung vom 21.7.2014 – 5 K 2767/13 E
Sachverhalt
Streitig ist, ob der Kläger Aufwendungen für Zeitschriften als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug bringen darf.
Der Kläger ist ledig und wird zur Einkommensteuer einzeln veranlagt. Er erzielt als angestellter Netzwerkadministrator Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 machte der Kläger bei seinen Einkünften aus unselbständiger Tätigkeit weitere Werbungskosten in Höhe von insgesamt 2.416,00 EUR geltend. Die Werbungskosten entfielen auf Fachliteratur (896,00 EUR), Fachzeitschriften sowie diverse andere Positionen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Steuererklärung, Anlage N, des Klägers Bezug genommen.
Am 04.02.2013 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid für 2008, mit welchem er die Einkommensteuer auf 11.797,00 EUR festsetzte. Hierin erkannte er von den weiteren Werbungskosten lediglich einen Teilbetrag von 676,80 EUR an. In der Begründung des Einkommensteuerbescheids führte der Beklagte aus, dass nur diejenigen Positionen berücksichtigt wurden, die der Kläger namentlich benannt habe. Durch den Beklagten anerkannt wurden die Positionen „Abo PC-Magazin“, „Abo PC-Welt“, „Abo c’t“, „Abo ELV“, Steuerberatung, Kontoführung, PC-Zubehör, Büro-Material; nicht anerkannt wurden die Positionen, die in der Einkommensteuererklärung des Beklagten mit den Begriffen „Fachzeitschriften“ oder „Fachliteratur“ bezeichnet waren.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 07.03.2013 Einspruch ein. Hierin wandte sich der Kläger gegen die Auffassung des Beklagten, dass nur namentlich benannte Werbungskosten berücksichtigt werden dürften. Es entspreche nicht der Praxis des Fachzeitschriftenhandels, Belege auszustellen, in denen die einzelnen erworbenen Titel namentlich benannt würden. Die geltend gemachten Ausgaben beträfen verschiedene Fachzeitschriften zum Thema Elektronik, Kommunikation, Netzwerktechnik und EDV. Die Bandbreite sei groß und umfasse z.B. Titel wie COM!, PC go, Computerbild, Chip und PC Professionell, aber auch Sonderhefte der von ihm abonnierten Titel. Der Beklagte bat den Kläger mit Schreiben vom 03.06.2013 u.a. darum, sämtliche Belege über die Werbungskosten vorzulegen und darzulegen, inwieweit die Zeitschriften für seinen Beruf von Bedeutung sind. Außerdem wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass der angefochtene Einkommensteuerbescheid durch die Einspruchsentscheidung auch zu seinem Nachteil geändert werden könne.
Am 26.07.2013 erließ der Beklagte die Einspruchsentscheidung, mit welcher er die Einkommensteuer zu Ungunsten des Klägers auf 11.878,00 EUR festsetzte. Die Erhöhung der Einkommensteuer beruhte darauf, dass der Beklagte für die Werbungskosten für Zeitschriften die Anerkennung gänzlich versagte. Anzuerkennen seien lediglich die Ausgaben für Steuerberatung, Kontoführung, PC-Zubehör und Büromaterial in Höhe von insgesamt 472,95 EUR. Die Belege zum Nachweis der Werbungskosten habe der Kläger trotz entsprechender Aufforderung nicht vorgelegt.
Zur Begründung der daraufhin erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass er beruflich als Netzwerkadministrator und Netzwerktechniker bei einem weltweit operierenden Unternehmen der … tätig sei. Weiterhin sei er für die Server- und Speichersysteme, die mobilen Endgeräte und die Telefon- und Videokonferenzanlage zuständig. Er verwalte Serviceverträge und bereite Betriebsvereinbarungen vor und sei mit Produktauswahl und Beschaffung von Hard- und Software befasst. Diese Tätigkeiten erforderten Weiterbildung und Informationssammlung in allen IT-Bereichen. Aus diesem Grund habe er diverse Zeitschriften abonniert. Desweiteren erwerbe er Zeitschriften im örtlichen Zeitschriftenhandel. Eine Einzelaufstellung der erworbenen Zeitschriften zu jeder einzelnen Quittung sei ihm im Nachhinein nicht möglich. Es handele sich bei den Zeitschriften um Fachliteratur. Dem stehe nicht entgegen, dass die Titel im allgemeinen Zeitschriftenhandel erhältlich seien. Es komme nicht darauf an, wo die Zeitschriften erworben würden, sondern darauf, zu welchem Zweck dies geschehe.
Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid vom 04.02.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.07.2013 dergestalt zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusätzliche Werbungskosten in Höhe von 1.888,20 EUR berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Einspruchsentscheidung.
Der Kläger ist mit gerichtlichem Schreiben vom 22.10.2013 unter Setzung einer Ausschlussfrist gem. § 79b Abs. 2 FGO aufgefordert worden, die als Werbungskosten zu berücksichtigenden Ausgaben darzulegen und durch Vorlage von Belegen nachzuweisen. Mit Schriftsatz vom 22.11.2013 hat der Kläger vier Überweisungsbelege über einen Gesamtbetrag von 203,85 EUR eingereicht (PC-Welt, PC-Magazin, c’t, ELV Elektronik AG). Weiterhin hat er 18 Quittungen bzw. Kassenbons über einen Gesamtbetrag von 683,34 EUR vorgelegt, in denen als Gegenstand jeweils „Presseerzeugnisse“ bzw. „Fachzeitschriften“ vermerkt ist.
Aus den Gründen
Der Senat entscheidet durch Gerichtsbescheid gem. § 90a Abs. 1 FGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Werbungskosten.
Der Kläger begehrt, dass zusätzlich zu den vom Beklagten bislang anerkannten Werbungskosten in Höhe von 472,95 EUR weitere Werbungskosten in Höhe von 1.888,20 EUR, insgesamt also 2.361,15 EUR, berücksichtigt werden.
Dieser zusätzliche Werbungskostenabzug ist zu einem wesentlichen Teil schon deshalb zu versagen, weil der Kläger keine Belege zum Nachweis der Werbungskosten vorgelegt hat. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens hat der Kläger ausweislich der Einkommensteuerakte trotz Aufforderung des Beklagten keine Belege vorgelegt. Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Kläger Belege über erworbene Zeitschriften lediglich in einem Gesamtbetrag in Höhe von 887,19 EUR vorgelegt, während er insgesamt Werbungskosten in Höhe von 2.361,15 EUR geltend macht. Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, Ausgaben getragen zu haben, rechtfertigt nicht die Gestattung des Werbungskostenabzugs. Die Ausgaben sind vielmehr durch Belege nachzuweisen. Dass der Beklagte bei früheren Steuerfestsetzungen aus verwaltungsökonomischen Gründen auf die Anforderung der Belege verzichtet hat, enthebt den Kläger nicht von seiner Verpflichtung, die Belege vorzuhalten und nach entsprechender Aufforderung dem Finanzamt bzw. dem Finanzgericht vorzulegen.
Auch soweit der Kläger für einen Teil der Werbungskosten Quittungen des Zeitschriftenhändlers H vorgelegt hat, kann der Werbungskostenabzug nicht gewährt werden. Denn in den Quittungen ist lediglich pauschal der Begriff „Fachzeitschriften“ vermerkt; die jeweiligen Zeitschriften sind nicht namentlich benannt. Aufwendungen für Fachliteratur sind indes durch Quittungen des Händlers nachzuweisen, die den Namen des Erwerbers und den Titel des angeschafften Titels enthalten (vgl. BFH-Urteil vom 04.12.2003 VI B 155/00, BFH/NV 2004, 488). Die bloße Bezeichnung „Fachzeitschriften“ ist schon deshalb nicht ausreichend, weil es nicht der Beurteilung des Buch- bzw. Zeitschriftenhändlers unterliegt, ob es sich im jeweiligen Einzelfall um eine Fachzeitschrift handelt, für die der Werbungskostenabzug ggf. in Anspruch genommen werden kann.
Auch hinsichtlich der Ausgaben für Abonnements von PC-Welt, PC-Magazin und c’t, und hinsichtlich der Ausgaben eines Abonnements bei der ELV Elektronik AG steht dem Kläger kein Werbungskostenabzug zu.
Werbungskosten sind über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetztes (EStG) hinaus alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind (z.B. BFH-Urteil vom 20.05.2010 VI R 53/09, BStBl II 2011, 723, m.w.N.). Zu den bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigungsfähigen Werbungskosten gehören auch Aufwendungen für Arbeitsmittel, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG. Zu den Arbeitsmitteln können grundsätzlich auch Zeitschriften und Bücher zählen, wenn die Literatur ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich genutzt wird. Nicht abziehbar sind jedoch Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Anschaffungskosten können dann uneingeschränkt als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer den Gegenstand weitaus überwiegend beruflich verwendet. Daraus folgt, dass es für die Abziehbarkeit von Aufwendungen für beruflich genutzte Gegenstände, die auch privat genutzt werden können, bei der Entscheidung, ob nicht abziehbare Aufwendungen für die Lebenshaltung vorliegen, im Allgemeinen weniger auf den objektiven Charakter des angeschafften Gegenstands ankommt, sondern vielmehr auf die Funktion des Gegenstands im Einzelfall, also den tatsächlichen Verwendungszweck. Dabei muss der Steuerpflichtige im Zweifelsfall für jedes einzelne Buch bzw. jede einzelne Zeitschrift gesondert darlegen und ggf. nachweisen, ob es sich um einen Gegenstand der Lebensführung, um ein Arbeitsmittel oder um einen gemischt genutzten Gegenstand handelt; bei einem gemischt genutzten Gegenstand ist eine Aufteilung in Betracht zu ziehen. Erst wenn diese Untersuchungen zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, kann der objektive Charakter der Werke, der durch das Finanzgericht im Einzelnen darzustellen und zu würdigen ist, den Ausschlag geben (vgl. BFH-Urteil vom 20.05.2010 VI R 53/09, BStBl II 2011, 723, m.w.N.)
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze kann der vom Kläger begehrte Werbungskostenabzug für die Abonnements der Zeitschriften c’t, PC-Welt und PC-Magazin nicht gewährt werden. Der Kläger hat nicht in ausreichend konkreter Form dargelegt, dass er diese Zeitschriften weitaus überwiegend beruflich verwendet. Zwar ist nicht in Zweifel zu ziehen, dass der Kläger sich für seine berufliche Tätigkeit als Netzwerkadministrator und Netzwerktechniker laufend fortbilden und den technischen Fortschritt aktiv verfolgen muss. Allein diese allgemeine Überlegung der Notwendigkeit der Fortbildung erbringt jedoch noch nicht den Beweis, dass die im vorliegenden Fall betroffenen Zeitschriften durch den Kläger weitaus überwiegend beruflich verwendet werden.
Mangels anderer konkreter Anhaltspunkte ist zur Prüfung der Frage, ob der Kläger die streitbefangenen Zeitschriften beruflich oder privat genutzt hat, demnach auf den objektiven Charakter der Zeitschriften abzustellen. Der Senat hat zur Durchführung dieser Prüfung jeweils kürzlich erschienene Ausgaben der betroffenen Zeitschriften begutachtet, die nach Auffassung des Senats als repräsentativ angesehen werden können (c’t Ausgabe 16/2014, PC-Magazin Ausgabe 8/2014, PC-Welt Ausgabe 8/2014, s. Anlagen zur Gerichtsakte). Diese Prüfung des Senats führt zu dem Ergebnis, dass die Zeitschriften PC-Welt, PC-Magazin und c’t ihrem objektiven Charakter nach grundsätzlich der Privatnutzung zuzuordnen sind. Es ist festzustellen, dass die Zeitschriften zwar durchaus einzelne Informationen enthalten, die für berufliche Belange nutzbar sein können. Der Schwerpunkt dieser Zeitschriften liegt indes nicht in der Vermittlung von Fachwissen bzw. der berufsfachlichen Diskussion, sondern vielmehr in der auch für Laien verständlichen und unterhaltsamen Unterrichtung über allgemeine Entwicklungen im Bereich von Computertechnik und anderen technischen Gebieten.
Die vom Senat zugrundegelegte Ausgabe der Zeitschrift c’t enthält eine beachtliche Zahl von Artikeln von eher allgemeinem Nachrichtenwert, die keinen konkreten Bezug zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit aufweisen (z.B. „eBay-Verkäufe und Umsatzsteuer“, „BGH wahrt Recht auf Anonymität“). Soweit neue Produkte im Bereich von Hard- und Software vorgestellt werden, liegt ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Vorstellung von Produkten, die von Privatpersonen genutzt werden oder die jedenfalls auch für Privatpersonen von Interesse sind. Zwei Beispiele für eine besonders deutliche Ausrichtung auf den Privatbereich sind beispielsweise die Artikel „Tower-Gehäuse für Gaming-Rechner“, „Gaming-Mainboard für FX-Prozessoren“ (jeweils S. 25); es ließen sich zahlreiche weitere Beispiele anführen. Auch soweit Produkte vorgestellt werden, die für eine professionelle Anwendung gedacht sind, sind die Artikel in einem Stil verfasst, der sich nicht ausschließlich an professionelle Anwender, sondern durchaus auch an interessierte Privatnutzer richtet und diesen einen allgemeinen Marktüberblick bietet. Gleiches gilt für die Artikel in den Rubriken „Know-How“ und „Praxis“. Diese weisen ebenfalls überwiegend keinen erkennbaren Zusammenhang zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit auf („Besser Fotografieren: Umgang mit der Kamera“). Auch jene Artikel, die sich an fortgeschrittene Nutzer richten, dienen nicht unmittelbar und weit überwiegend beruflichen Zwecken, sondern sind gleichermaßen für den Privat- bzw. Hobbygebrauch von Interesse (z.B. „Programmieren lernen mit JavaScript, Teil 2“, „Windows-Installer bauen mit Nullsoft-Installer“).
Die vorstehenden Ausführungen, welche die Ausgabe 16/2014 der Zeitschrift c’t betreffen, gelten für die vom Senat begutachteten Ausgaben der Zeitschriften PC-Welt und PC-Magazin dem Grunde nach entsprechend.
Weiterhin kann der Kläger auch die Ausgaben für das Abonnement bei der ELV Elektronik AG nicht als Werbungskosten abziehen. Das über das Internet abrufbare Inhaltsverzeichnis der aktuellen Ausgabe des ELVjournal zeigt, dass auch diese Zeitschrift ihrem objektiven Charakter nach nicht in erster Linie der Vermittlung von Fachwissen bzw. der berufsfachlichen Diskussion dient, sondern vielmehr der auch für Laien verständlichen und unterhaltsamen Unterrichtung über allgemeine Entwicklungen im Bereich von Computertechnik und anderen technischen Gebieten (z.B. „HomeMatic-Know-How Teil 3: HomeMatic hält Einzug in die Küche […]“, „Raspberry Pi – Mikrorechner für die Massen“, „Leser testen das Multifunktionswerkzeug Dremel 4200-4/75“ u.a., Gerichtsakte Bl. 32f.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.