FG Niedersachsen: Kein Aufteilungsgebot nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG für Parkplatznutzung im Zusammenhang mit kurzfristiger Beherbergung
FG Niedersachsen, Urteil vom 28.1.2014 – 5 K 273/13
Amtlicher Leitsatz
Räumt ein Hotelier seinen Gästen die Möglichkeit ein, hoteleigene Parkplätze zu nutzen, ohne dass hierüber eine Vereinbarung getroffen worden ist oder ein besonderes Entgelt erhoben wird, ist die einheitliche Übernachtungsleistung des Hoteliers nicht mit der Folge aufzuteilen, dass ein fiktiver Betrag für die Parkplatznutzung dem regulären Steuersatz unterliegt.
§ 12 Abs 2 Nr 11 S 1 UStG 2005, § 12 Abs 2 Nr 11 S 2 UStG 2005, UStG VZ 2010
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2010 unter anderem ein Business Resort Hotel in L. Dem Hotel sind zwei Restaurants, Wellness, Beauty- und Fitnessbereiche angeschlossen. Für die Hotelgäste stehen 140 private PKW-Stellplätze sowie 10 LKW-Stellplätze zur Verfügung. Die vorgehaltenen Parkmöglichkeiten reichten bei voller Belegung des Hotels für die Hälfte der Hotelgäste. Die mit dem Kraftfahrzeug angereisten Gäste durften freie Parkplätze belegen, ohne dass hierüber mit der Klägerin eine Regelung getroffen wurde. Ein gesondertes Entgelt für die Nutzung der Stellplätze wurde nicht erhoben.
In der Umsatzsteuererklärung 2010 erklärte die Klägerin die Erlöse aus den Beherbergungsleistungen zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG. Die kalkulatorischen Kosten für Frühstück sowie für die Nutzung der Fitness- und Saunaeinrichtungen unterwarf die Klägerin dem Regelsteuersatz von 19 %. Die unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit der privaten Parkplätze hat die Klägerin von den Übernachtungsleistungen nicht abgegrenzt.
Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die kalkulatorischen Kosten für die unentgeltliche Parkplatzüberlassung zum regulären Steuersatz zu versteuern seien. Er ermittelte im Schätzungswege die Umsätze aus Parkplatzüberlassung pro Übernachtungsgast mit 1,50 € netto. Hierbei berücksichtigte er insbesondere, dass auf dem Hotelgelände nur für etwa 50 % der Gäste Parkmöglichkeiten vorhanden waren. Insgesamt setzte er für die Stellung von Parkplätzen ein Betrag in Höhe von 34.119,92 € netto an.
In Auswertung der Prüfungsfeststellungen erließ das Finanzamt einen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für Dezember 2010, in dem es die Umsätze zum Regelsteuersatz um 34.119,92 € erhöhte und die Umsätze zum ermäßigten Steuersatz von 7 % um 37.946,46 € verminderte.
Am 27.04.2012 reichte die Klägerin die Jahresumsatzsteuererklärung für 2010 ein, der das Finanzamt durch Mitteilung vom 14.05.2012 zustimmte und die damit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand.
Am 13.11.2012 erteilte das Finanzamt einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Jahresumsatzsteuerbescheid 2010, mit dem es die Umsätze zum Regelsteuersatz wie oben dargestellt erhöhte. Hiergegen wendet sich die Klägerin nach erfolglos gebliebenen Vorverfahren mit der Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die unentgeltliche Parkplatzüberlassung als eine traditionelle Aufgabe eines Hoteliers eine Nebenleistung zur Übernachtungsleistung darstelle und deswegen nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu unterwerfen sei. Die Klägerin gewähre lediglich die Möglichkeit, Parkplätze auf dem Privatgelände in Anspruch zu nehmen. Sie prüfe nicht, ob und welche ihrer Gäste hiervon Gebrauch machten. Gesonderte Vereinbarungen über die Stellung eines Stellplatzes würden zudem nicht getroffen werden.
Die Klägerin beantragt,
den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 13.11.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt ist der Auffassung, dass sich aus § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG ein Aufteilungsgebot ergebe. Danach sollten Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienten, von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausgenommen werden, und zwar auch dann, wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten seien.
Im Übrigen könne die Überlassung von Abstellplätzen nicht als Nebenleistung zur Logisleistung angesehen werden. Aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers sei sie vielmehr eine eigenständige Leistung, die nicht lediglich dazu diene, die Logisleistung optimal in Anspruch zu nehmen. Es sei auch ohne weiteres möglich und üblich, eine Logisleistung ohne entsprechende Parkmöglichkeiten für das Kraftfahrzeug in Anspruch zu nehmen.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Nach § 12 Abs.1 UStG beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 v.H.. Sie ermäßigt sich nach § 12 Abs.2 Nr.11 Satz 1 UStG für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen auf 7 v.H. Einschränkend gilt nach § 12 Abs.2 Nr.11 Satz 2 UStG der ermäßigte Steuersatz nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.
Die Überlassung der Hotelzimmer ist eine Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die die Klägerin zur kurzfristigen Beherbergung bereithielt und die nach § 12 Abs.2 Nr.11 Satz 2 UStG begünstigt ist.
Das Vorhalten von Parkplätzen ist als Nebenleistung zu der Beherbergung zu beurteilen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (z.B. Urteil vom 27.10.2005 C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433) und des BFH (z.B. Urteil vom 13.01.2011, V R 63/09, BStBl. II 2011,461) ist zwar grundsätzlich jeder Umsatz als eigene selbständige Leistung zu behandeln. Eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darf aber nicht künstlich aufgespalten werden. Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein Teil die Hauptleistung und der andere Teil die Nebenleistung ist. Eine Leistung ist Nebenleistung zu einer Hauptleistung, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Wert hat, sondern allein dazu dient, die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (BFH-Urteil vom 15. Oktober 2009 XI R 52/06, BStBl II 2010, 869).
Im Streitfall steht für die Gäste die eigentliche Logisleistung im Vordergrund. Die Hotelgäste wollen in dem Hotel übernachten. Das Bereithalten hoteleigener Parkplätze hat für sie keinen eigenständigen Nutzen, sondern stellt nur einen besonderen Service der Klägerin an die Gäste dar, die es ihnen erlaubt, die Übernachtungsleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dem steht nicht entgegen, dass dort auch Personen parken, die nicht im Hotel übernachten. Unter Berücksichtigung der Lage des Hotels im ländlichen Raum in unmittelbarer Nähe der Autobahn gelegen, spricht nichts dafür, dass dort Personen ihre Fahrzeuge abstellen, denen es auf eine günstige Parkmöglichkeit ankommt. Auch diese Personen werden dort nur parken, wenn sie andere Leistungen des Hotelbetriebs in Anspruch nehmen, etwa das Restaurant oder den Sauna- und Wellnessbereich besuchen.
Abweichend von dem allgemeinen Grundsatz, dass die Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt, normiert § 12 Abs.2 Nr.11 Satz 2 UStG ein diesem allgemeinen Grundsatz vorrangiges Aufteilungsgebot (BFH-Urteil vom 24.04.2013 XI R 3/11, DB 2013,3029). Dies hat zur Folge, dass nicht jede mit der Logisleistung als Hauptleistung im Zusammenhang stehende Nebenleistung mit dem begünstigten Steuersatz zu versteuern ist.
Einschränkend sind nur solche Nebenleistungen dem begünstigten Steuersatz zu unterwerfen, die unmittelbar der Vermietung dienen. Welche Leistungen hierunter fallen, ist im Gesetz nicht geregelt. Nach ganz überwiegender Meinung gehören jedenfalls Verpflegungsleistungen eines Hoteliers an seine Gäste nicht dazu, auch wenn diese üblicherweise mit der Übernachtung in Anspruch genommen werden (BFH in DB 2013,3029 m.w.N.). In erster Linie werden die mit der Beherbergung angebotenen Serviceleistungen und Annehmlichkeiten, wie die Überlassung eines Bademantels, Badelatschen oder Bereitstellen eines Wasserkochers mit Kaffee und Teeportionen darunter fallen (vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter Kommentar zum UStG § 12 Tz. 86).
Nach Auffassung des Senats besteht aber ein unmittelbarer Zusammenhang auch zwischen der Nutzung der vorgehaltenen Stellplätze und der Übernachtungsleistung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier über die Inanspruchnahme eines Stellplatzes zwischen Hotelier und Gast keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wird, der Hotelier nicht prüft, ob der Gast mit einem Kraftfahrzeug angereist ist, einen hoteleigenen Stellplatz nutzt und es nicht gewährleistet ist, dass jedem Hotelgast auch ein Stellplatz zur Verfügung gestellt werden kann.
Nach dieser Auffassung wird die unentgeltliche Überlassung eines Stellplatzes für einen Hotelgast in gleicher Weise begünstigt wie – nach Verwaltungsauffassung - die Überlassung eines Stellplatzes für ein Kraftfahrzeug, das zum Transport eines Zeltes oder zum Ziehen eines Campingwagens genutzt wurde. Danach soll zwischen der kurzfristigen Überlassung einer Campingfläche und dem Überlassen des Stellplatzes ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. (BMF-Schreiben vom 05.03.2010, Tz. 9 (BStBl. I 2010, 259).
In dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid ist nur die Besteuerung der Überlassung der Stellplätze geändert worden. Er war deshalb aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151,155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die Revision ist nach § 115 Abs.2 Nr.1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen worden.
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