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Steuerrecht
02.08.2012
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Höhe eines Verlustes gem. § 17 Abs. 4 EStG bei eigenkapitalersetzenden Darlehen

FG Düsseldorf, Urteil vom 5.7.2012 - 11 K 4602/10 F


Sachverhalt


Streitig ist die Höhe eines Verlustes aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -.


Der Kläger erzielte im Streitjahr 2002 gewerbliche Einkünfte als Mediengestalter, Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.


Mit Beschluss vom 8. November 1999 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der L-GmbH mit Sitz in A-Stadt bestellt, die am 13. Juli 1998 gegründet und mit Beschluss vom 8. November 1999 umfirmiert worden war. Die Gesellschaft nahm ihre Geschäftstätigkeit, die Herstellung und den Vertrieb von Audio-CDs, in 1999 auf. Am 16. Juni 2000 erwarb der Kläger eine Beteiligung von nominal 24.500 DM (49 %) an der Gesellschaft. Die Anschaffungskosten betrugen 33.000 DM. Weiterer Gesellschafter war Herr C mit einer Beteiligung von 25.500 DM (51 %). Der Kläger stellte der Gesellschaft - ebenso wie sein Mitgesellschafter - seit 1999 fortlaufend Geldmittel zur Verfügung. Mit Beschluss vom 3. Juli 2002 lehnte das Amtsgericht den Eigenantrag der L-GmbH auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab. Die Löschung der Gesellschaft erfolgte am 7. Juli 2002.


In seiner Einkommensteuererklärung für 2002 machte der Kläger einen Verlust aus der Beteiligung an der L-GmbH i. H. v. 186.652,08 EUR (nach Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens: 93.326,04 EUR) geltend, der sich aus dem anteiligen Stammkapital i. H. v. 12.526,65 EUR (24.500 DM), dem Gesellschafterdarlehen i. H. v. 156.625,43 EUR (306.332,72 DM) und einer Bürgschaftsinanspruchnahme i. H. v. 17.500 EUR zusammensetzte. Zum Nachweis reichte er Auszüge aus Buchhaltungskonten der Gesellschaft (Gesellschafterdarlehen) sowie einen Vollstreckungsbescheid (Bürgschaftsinanspruchnahme) ein. In dem unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 26. April 2004 berücksichtigte das Finanzamt einen Verlust in entsprechender Höhe. Zugleich erging ein entsprechender Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2002, der ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.


Im Jahr 2007 führte das Finanzamt eine steuerliche Außenprüfung für den Zeitraum 2002 bis 2005 beim Kläger durch. Die Betriebsprüfung stellte u.a. fest, dass die GmbH bereits am 31. Dezember 1999 überschuldet gewesen sei. Der Verlust nach § 17 Abs. 4 EStG sei jedoch um den Darlehensbetrag, der auf die Zeit vor der Beteiligung des Klägers entfällt, zu kürzen. Bis zum 16. Juni 2000 sei die Hingabe der Darlehensbeträge nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, so dass es sich nicht um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen handeln könne. Das bislang berücksichtigte Gesellschafterdarlehen sei daher um 102.000 DM zu kürzen, so dass der Verlust nur 138.846,51 EUR (nach Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens: 69.423,26 EUR) betrage. Eine Berücksichtigung des auf die Zeit vor dem Anteilskauf entfallenden Darlehensverlusts als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit scheide aus, da weder ein Anstellungsvertag noch eine Vereinbarung über Geschäftsführervergütungen hätten vorgelegt werden können. Auf Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 4. Mai 2007 wird Bezug genommen.


Auf der Grundlage der Feststellungen der Betriebsprüfung erließ der Beklagte am 15. August 2007 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO - geänderten Einkommensteuerbescheid für 2002 sowie einen entsprechend geänderten Verlustfeststellungsbescheid. Die Nachprüfungsvorbehalte wurden aufgehoben.


Gegen den Verlustfeststellungsbescheid auf den 31. Dezember 2002 legte der Kläger rechtzeitig Einspruch ein und machte im Wesentlichen geltend, dass das Darlehen spätestens mit dem Erwerb der GmbH-Anteile zu einem Gesellschafterdarlehen geworden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich entschieden, das Darlehen nicht zurückzufordern, sondern stehen zu lassen. Hierin sei eine neue Darlehensvergabe zu sehen. Zweifelsfrei sei das Darlehen gesellschaftlich veranlasst, da die Gesellschaft ohne die zugeführten Mittel ihre Tätigkeit gar nicht erst hätte aufnehmen können. Es handele sich um einen Finanzplankredit. Indizien wie die Unentbehrlichkeit für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks und die fehlende Bürgschaft eines außenstehenden Kreditgebers (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344) seien erfüllt. Die Anschaffungskosten erhöhten sich um den Nennwert des Darlehens. Der BFH habe nicht für erforderlich gehalten, dass der Darlehensgeber bei der Darlehensgewährung bereits Gesellschafter der Darlehensnehmerin sei. Doch auch wenn keine Darlehensgewährung angenommen werde, sei im Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft eine Zuführung zur Kapitalrücklage dadurch bewirkt worden, dass er, der Kläger, die Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Betrags gemäß § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - nicht geltend gemacht habe. Nach der Rechtsprechung des BFH erhöhten Leistungen des Gesellschafters auf die Kapitalrücklage die Anschaffungskosten auf die Beteiligung (BFH-Urteil vom 27. April 2000 I R 58/99, BFHE 192, 428, BStBl II 2001, 168). Sollte die vor Juni 2000 gezahlte Summe schließlich weder als eigenkapitalersetzendes Darlehen noch als Leistung in die Kapitalrücklage angesehen werden, so lägen bei der Berechnung des Verlustvortrags in voller Höhe zu berücksichtigende Erwerbsaufwendungen im Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder gewerblichen Einkünften vor. Denn sowohl Herr C als auch er hätten beabsichtigt, aus der Tätigkeit für die Gesellschaft Einkünfte zu erzielen.


Im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 (IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220) und die Erklärung des Klägers, keine Einnahmen aus der Beteiligung an der L-GmbH erhalten zu haben, erließ das zwischenzeitlich zuständige beklagte Finanzamt am 6. September 2010 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2002 und einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2002. Darin wurde ein Aufgabeverlust i. H. v. 138.847 EUR berücksichtigt.


Mit Einspruchsentscheidung vom 30. November 2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, Aufwendungen, die ohne Bezug zur Beteiligung geleistet würden, fielen nicht unter das Eigenkapitalersatzrecht, an das der Anschaffungskostenbegriff des § 17 EStG anknüpfe. Dies sei z.B. der Fall, wenn jemand der Kapitalgesellschaft ein Darlehen gewähre, ohne selbst Gesellschafter zu sein. Selbst wenn man unterstelle, dass die Voraussetzungen des § 17 EStG gegeben seien, würde sich die Frage nach der Bewertung der Darlehensforderung bei Begründung der Beteiligung stellen. Maßgeblich wäre der Betrag, den der Darlehensgläubiger bei einer fiktiven Veräußerung der Darlehensforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte. Die Darlehensforderung des Klägers gegen die L-GmbH sei im Zeitpunkt der Begründung seiner Beteiligung wegen der Überschuldung der Gesellschaft wertlos gewesen.


Der Kläger hat am 22. Dezember 2010 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er in tatsächlicher Hinsicht vor, er und der Mitgesellschafter, Herr C, hätten ursprünglich für die Firma F gearbeitet und bei Auflösung der Arbeitsverhältnisse Abfindungen erhalten. Mitte des Jahres 1999 seien sie übereingekommen, eine neue Geschäftsidee, die Erstellung und den Vertrieb individueller Musik-CDs, zu verfolgen. Um die Kosten für die Gründung einer neuen GmbH einzusparen, hätten sie sich der späteren L-GmbH bedient, die Herr C zuvor allein gegründet und die über keinerlei Liquidität verfügt habe. Die Planungsarbeiten hätten sich bis zum Herbst 1999 hingezogen. Ab diesem Zeitpunkt seien erste Investitionen getätigt worden, die der Kläger und Herr C aus ihren Abfindungen finanziert hätten, da Bankkredite nicht zu erlangen gewesen seien. Von vornherein sei zwischen dem Kläger und Herrn C klar gewesen, dass der Kläger einen Anteil von ca. 50 % erwerben werde. Bereits Anfang November 1999 sei der Kläger daher zum alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Mitgeschäftsführer der L-GmbH bestellt worden. Infolge des starken Arbeitsanfalls in der Startphase seien die Anteile indes erst am 16. Juni 2000 auf ihn übertragen worden. Für die ergebnislosen Bankgespräche hätten der Kläger und Herr C ein Budget erstellt (Blatt 23 ff. der Gerichtsakte), das sowohl für den Kläger als auch für Herrn C als "Unternehmerlohn" bezeichnete Geschäftsführergehälter vorgesehen habe. Da es zur Gewährung von Bankkrediten nicht gekommen und der Liquiditätsbedarf aus den Abfindungen gedeckt worden sei, hätten der Kläger und Herr C nur die für die Begleichung externer Rechnungen erforderlichen Beträge eingezahlt und nicht auch die Geschäftsführergehälter, die die Gesellschaft dann an sie hätte zurückzahlen müssen. Die Kosten der privaten Lebensführung der Gesellschafter-Geschäftsführer seien mit den Abfindungen abgedeckt worden. Der Kläger und sein Geschäftspartner hätten sich mit ihrer Geschäftsidee jedoch schlussendlich nicht durchsetzen können, was zur Insolvenz der Gesellschaft geführt habe.


Der Kläger ist der Ansicht, der streitbefangene Betrag i. H. v. 52.151,77 EUR, den er der GmbH vor seinem Eintritt zur Verfügung gestellt habe, habe ebenso wie die übrigen der GmbH gewährten Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter und erhöhe daher die Anschaffungskosten und damit den Auflösungsverlust. Die GmbH habe sich - wovon auch der Beklagte ausgehe - seit Aufnahme der Geschäfte in der Krise befunden, weil sie über eigene, die Investitionen deckende Liquidität nicht verfügt habe, Bankdarlehen nicht erhalten habe und damit auf die laufenden Darlehensgewährungen des Klägers und von Herrn C angewiesen gewesen sei. Dabei sei unerheblich, dass die Darlehen vor der Übernahme der Beteiligung hingegeben worden seien. Auch vergeblich aufgewendete oder vorweggenommene Anschaffungskosten blieben Anschaffungskosten. Es würden die von der Rechtsprechung für vorab entstandene Betriebsausgaben oder Werbungskosten entwickelten Grundsätze entsprechend gelten (BFH-Urteil vom 20. April 2004 VIIII R 4/02, BFHE 205, 292, BStBl II 2004, 597). Sie könnten deshalb auch im Rahmen des § 17 EStG berücksichtigt werden, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung stünden (Urteil des FG Münster vom 20. Januar 2010 7 K 5023/07, EFG 2010, 957). Die vom Kläger vor seinem Eintritt in die GmbH gewährten Darlehen stünden in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung. Der Kläger und Herr C hätten sich zur Verwirklichung einer gemeinsamen Geschäftsidee zusammengefunden und in etwa gleicher Höhe Investitionen zu deren Durchführung getätigt. Von vornherein habe festgestanden, dass der Kläger Gesellschafter der GmbH werden würde. Zu dem relativ späten Eintritt in die GmbH sei es allein wegen der im Rahmen der Durchführung der Geschäftsidee erforderlichen umfangreichen Tätigkeiten gekommen. Im Übrigen sei der Kläger bereits in einem sehr frühen Stadium zum Mitgeschäftsführer der GmbH bestellt worden. Zudem sei der Eintritt des Klägers in die GmbH im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Gewährung der Darlehen erfolgt.


Ferner gelte das Eigenkapitalersatzrecht nach § 32a des GmbH-Gesetzes - GmbHG - auch für Stützungsmaßnahmen Dritter, die der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter entsprechen. Zu den Dritten gehörten Nichtgesellschafter, die wirtschaftlich gesehen einem Gesellschafter gleichstehen, oder die einen Ausgleichsanspruch gegen Gesellschafter haben, weil sie die Finanzierungsmaßnahme wirtschaftlich für Rechnung des Gesellschafters erbringen. Entsprechendes gelte auch für Dritte, die im Hinblick auf ihre beabsichtigte Gesellschafterstellung Finanzierungshilfen erbringen (Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 16. März 2010 6 K 1328/05, EFG 2010, 1423). Wie bereits dargelegt habe der Kläger seine Finanzierungshilfen im Hinblick auf die beabsichtigte Gesellschafterstellung erbracht.


Des Weiteren sei das Darlehen im Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in die GmbH nicht mit 0 EUR zu bewerten. Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs - HGB - seien Verbindlichkeiten nach dem Höchstwertprinzip grundsätzlich mit ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen. Die Voraussetzungen, die der BFH für Abweichungen von diesem Grundsatz für bestimmte Fälle vorsehe, seien nicht erfüllt. Eine vom Grundsatz der Bewertung der Verbindlichkeit mit dem Nennwert abweichende Bewertung ergebe sich lediglich für stehen gelassene Darlehen. Hier werde darauf abgestellt, dass das Darlehen bereits vor der Krise gewährt und in der Krise stehen gelassen worden sei. Wie dargestellt habe sich die GmbH aber seit Aufnahme der Tätigkeit in der Krise befunden, so dass die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Nennwert nicht erfüllt seien. Auch die Interessenlage, die nach Auffassung des BFH die Abkehr vom Höchstwertprinzip rechtfertige, sei vorliegend nicht gegeben. Durch den Eintritt der Krise werde der Wert der Verbindlichkeit gemindert. Erlange der Darlehensgeber davon Kenntnis und ziehe er das Darlehen nicht ab und verhalte er sich dadurch gerade nicht wie ein ordentlicher Kaufmann, so sei das Stehenlassen eines Darlehens eine Einlage, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei und entsprechend auf diesen Zeitpunkt bewertet werden müsse (BFH-Urteil vom 7. Juli 1992 VIII R 24/90, BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333). Die Erlangung der Gesellschafterstellung des Klägers sei aber gerade kein äußeres Ereignis, das mit dem Eintritt der Krise, die sich auf den Wert der Verbindlichkeit auswirke, verglichen werden könne und damit kein die Neubewertung einer Verbindlichkeit erfordernder Zeitpunkt. Es müsse daher bei der Bewertung des Darlehens mit dem Nennwert bleiben, zumal der BFH für die Zuführung von Mitteln während der Krise eine Abwertung nicht vorsehe.


Die vom Beklagten zitierten BFH-Entscheidungen seien im Streitfall nicht einschlägig. Das BFH-Urteil vom 20. April 2004 (VIIII R 4/02, BFHE 205, 292, BStBl II 2004, 597) und der BFH-Beschluss vom 7. Mai 2009 (IX B 221/08, BFH/NV 2009, 1265) beträfen Fälle, in denen es zur Gründung der Kapitalgesellschaft bzw. zum Erwerb einer qualifizierten Beteiligung nicht gekommen sei. Das BFH-Urteil vom 20. April 2004 bestätige die Auffassung des Klägers, denn danach seien Kosten, die nach dem endgültigen Entschluss des Steuerpflichtigen entstanden seien, die Kapitalanlage zu erwerben, den Anschaffungskosten auf die Beteiligung zuzurechnen, wenn die Beziehung zwischen den Aufwendungen und der bestimmten Einkunftsart klar erkennbar sei. Der BFH habe erwogen, diesen Grundsatz auch dann anzuwenden, wenn der Erwerb fehlschlage und somit vergebliche Aufwendungen getätigt würden. Er sehe sich daran indessen durch den Wortlaut des § 17 EStG gehindert, da andernfalls eine Vorgesellschaft, nicht aber eine Vorgründungsgesellschaft vom Anwendungsbereich des § 17 EStG erfasst werde. Eine Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal "Kapitalgesellschaft" komme somit nicht in Betracht. In dem Beschluss vom 7. Mai 2009 wende der BFH diesen Grundsatz auch auf Fälle an, in denen zwar eine Kapitalgesellschaft existiere, der die vergeblichen Aufwendungen geltend machende Steuerpflichtige jedoch weder eine Beteiligung noch eine Anwartschaft auf die Beteiligung erwerbe. Eine Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal "beteiligt war" komme somit nicht in Betracht. Vorliegend sei weder die Existenz der L-GmbH noch der Erwerb der qualifizierten Beteiligung durch den Kläger zweifelhaft. Es bleibe daher bei dem vom BFH aufgestellten Grundsatz, dass mit der Beteiligung eng zusammenhängende Aufwendungen im Rahmen des § 17 EStG zu berücksichtigen seien.


Auch aus dem BFH-Urteil vom 20. April 2004 (VIIII R 52/02, BFHE 206, 98, BStBl II 2004, 556) folge entgegen der Auffassung des Beklagten keine andere Beurteilung. Insbesondere rechtfertige die Entscheidung nicht die vom Beklagten befürwortete Neubewertung der Darlehensforderung des Klägers auf den Zeitpunkt seines Anteilserwerbs am 6. Juni 2000. Die Entscheidung sei zu § 17 Abs. 2 Satz 6 b) EStG ergangen. Die Auffassung des Beklagten, dass diese Rechtsgrundsätze auch dann anwendbar seien, wenn der Gesellschafter durch den Erwerb von Anteilen - selbst wenn diese als wesentlich einzustufen seien - erstmals die Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Verlusten schaffe, werde nicht geteilt. Sie stehe im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 6 b) Satz 2 EStG. Der Kläger habe am 16. Juni 2000 eine wesentliche Beteiligung erworben, so dass bereits aus diesem Grunde § 17 Abs. 2 Satz 6 b) EStG nicht zur Anwendung kommen könne. Im Übrigen habe § 17 Abs. 2 Satz 6 b) EStG nicht zum Ziel, zeitlich vor dem Erwerb einer wesentlichen Beteiligung angefallene Aufwendungen von der steuerlichen Berücksichtigung auszuschließen. Vielmehr halte der BFH dies nur dann für erforderlich, wenn ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gegeben sei. Dies sei dann der Fall, wenn ein bisher nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter durch kurzfristigen Zukauf weniger Anteile eine im Privatvermögen entstandene Wertminderung in den steuerlichen Verlustausgleich einbeziehen wolle. Der Kläger habe gerade keinen Zukauf weniger Anteile vorgenommen; er habe nur einmal, und zwar am 16. Juni 2000, Anteile erworben, die bereits bei diesem erstmaligen Erwerb als wesentlich im Sinne von § 17 Abs. 1 EStG einzustufen gewesen seien. Ein Rechtsmissbrauch sei nicht erkennbar.


Das BFH-Urteil vom 25. November 2010 (VI R 34/08, BFHE 232, 86, BStBl II 2012, 24) stütze die Auffassung des Beklagten ebenfalls nicht. Es beträfe die Gewährung eines Darlehens durch den Arbeitnehmer einer GmbH, der an der Gesellschaft zu 1,64 % beteiligt gewesen sei. Ein Zusammenhang mit der Bewertung eigenkapitalersetzender Darlehen im Rahmen des § 17 EStG werde nicht hergestellt und könne auch nicht hergestellt werden.


Der Kläger beantragt,


den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2002 vom 15. August 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. November 2010 dahingehend abzuändern, dass der Verlust des Klägers aus der Beteiligung an der L-GmbH um die vor Eintritt des Klägers in die Gesellschaft gewährten Darlehensbeträge i. H. v. 52.151,77 EUR erhöht wird.


Der Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen.


Nach den Grundsätzen der BFH-Entscheidungen vom 7. Mai 2009 (IX B 221/08, BFH/NV 2009, 1265) und 20. April 2004 (VIII R 4/02, BFHE 205, 292, BStBl II 2004, 597) sei § 17 Abs. 1, 4 EStG nicht auf Verluste anwendbar, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem geplanten, aber fehlgeschlagenen Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einer bereits gegründeten und später wieder aufgelösten Kapitalgesellschaft entstanden seien, wenn der Steuerpflichtige weder eine Beteiligung noch eine Anwartschaft auf eine solche Beteiligung erworben habe. Scheitere also eine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft oder liege die Beteiligung unter der im Gesetz genannten Größenordnung, sei ein Abzug von Aufwendungen nach § 17 EStG ausgeschlossen. Komme es doch zu einer Beteiligung im Sinne des § 17 EStG, führe dies entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, dass auch die vor Begründung der Beteiligung angefallenen Aufwendungen automatisch abzugsfähig seien. Dies folge aus dem Verlustabzugsverbot des § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG und der dazu ergangenen Rechtsprechung. Nach dem BFH-Urteil vom 20. April 2004 (VIII R 52/02, BFHE 206, 98, BStBl II 2004, 556) habe der Gesetzgeber durch die Einschränkung des Verlustabzugs Gestaltungen verhindern oder erschweren wollen, die es einem bisher nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter ermöglicht hätten, durch kurzfristigen Zukauf weniger Anteile eine im Privatvermögen entstandene Wertminderung in den steuerlichen Verlustausgleich einzubeziehen. Er habe solche Sachverhalte als missbräuchlich angesehen und deshalb den Verlustabzug nur im Umfang derjenigen Anteile zulassen wollen, die der Gesellschafter erworben habe, um seine Beteiligung zu einer wesentlichen aufzustocken. Insoweit sei ein Abzugsverbot nicht sachgerecht und damit verfassungsrechtlich bedenklich, weil solche Anteile, deren Erwerb zur Begründung der wesentlichen Beteiligung geführt habe, von Anfang an steuerverhaftet seien. In diesem Umfang könne der Steuerpflichtige auch nicht das vom Gesetzgeber missbilligte Ziel verfolgen, Wertminderungen in seinem Privatvermögen in den steuerlich relevanten Bereich verlagern zu wollen. Der mit dem teilweisen Abzugsverbot verfolgte Zweck, dass ein kurzfristiger Hinzuerwerb von Anteilen nicht die Verlagerung von im Privatvermögen entstandenen Wertminderungen oder Belastungen ermöglichen solle, treffe auch für solche durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Gesellschafterdarlehen oder Bürgschaften zu, die bis zum Erwerb der Anteile zur Begründung einer wesentlichen Beteiligung gewährt oder übernommen worden seien. Der Verlust solcher Darlehen oder die Inanspruchnahme aus solchen Bürgschaften wäre vor Begründung der wesentlichen Beteiligung - ebenso wie die Anschaffungskosten für eine nicht wesentliche Beteiligung - der Privatsphäre zuzurechnen gewesen. Das spreche dafür, die Minderung des Werts des Rückforderungsanspruchs aus einem solchen Darlehen und des Werts der Rückgriffsforderung aus einer solchen Bürgschaft nur insoweit als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen, als diese Minderungen nach dem Erwerb der Anteile eingetreten seien, die zur Begründung der wesentlichen Beteiligung geführt hätten. Das bedeute, dass die gemeinen Werte des Rückforderungsanspruchs des Darlehens und der fiktiven Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs zu ermitteln seien, wenn bereits in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Krise oder der Krisenbestimmtheit vorlägen. Andernfalls wäre der Zeitpunkt maßgebend, in dem diese Voraussetzungen eintreten. Dabei sei auf den Betrag abzustellen, den der Gesellschafter bei einer fiktiven Veräußerung der Darlehensforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte. Entsprechendes gelte für die fiktive Veräußerung der Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft. Nur der Verlust dieser Werte führe zu nachträglichen Anschaffungskosten.


Die Rechtsgrundsätze würden auch dann gelten, wenn der Gesellschafter - wie im Streitfall - durch den Erwerb von Anteilen erstmals die Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Verlusten schaffe. Denn auch in diesem Fall seien die zuvor entstanden Wertverluste nicht steuerverhaftet. Auch hier sei der Zeitpunkt des Anteilserwerbs - im Streitfall der 16. Juni 2000 - für die Wertermittlung der verlorenen Forderungen maßgebend. Die Forderungen des Klägers gegen die L-GmbH seien wegen der Überschuldung der Gesellschaft völlig wertlos gewesen. Eine Berücksichtigung scheide daher aus. Entgegen der Auffassung des Klägers spiele die Wertlosigkeit einer Forderung auch in der BFH-Rechtsprechung eine bedeutende Rolle. So habe der BFH im Falle eines Gesellschafter-Geschäftsführers entschieden, dass der Verlust eines Darlehens, auch wenn es aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt worden sei, nur insoweit steuerlich berücksichtigt werden dürfe, als die Darlehensforderung noch werthaltig gewesen sei (BFH-Urteil vom 25. November 2010 VI R 34/08, BFH/NV 2011, 680).


Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift vom 5. Juli 2012, und der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.


Aus den Gründen


Die Klage ist begründet.


Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2002 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit der Beklagte den Verlust aus der Beteiligung an der L-GmbH nicht um die vor Eintritt des Klägers in die Gesellschaft gewährten Darlehensbeträge i. H. v. 52.151,77 EUR erhöht hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).


Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Prozent beteiligt war. Veräußerungsgewinn in diesem Sinne ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG gilt als Veräußerung im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG u.a. auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft. In diesem Fall ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen (§ 17 Abs. 4 Satz 2 EStG).


1. Der Kläger hat im Streitjahr 2002 einen Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG erlitten. Er war wesentlich im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG an der L-GmbH beteiligt. Die Gesellschaft ist durch die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst worden (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 des GmbH-Gesetzes - GmbHG -). Der Zeitpunkt der Verlustrealisierung ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.


2. Der Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG beträgt 190.998,06 EUR. Er setzt sich zusammen aus den ursprünglichen Anschaffungskosten i. H. v. 16.872,63 EUR (33.000 DM) und der Bürgschaftsinanspruchnahme i. H. v. 17.500 EUR - diese Positionen sind zwischen den Beteiligten unstreitig - sowie dem Gesellschafterdarlehen i. H. v. 156.625,43 EUR. Bei der Ermittlung der Anschaffungskosten können entgegen der Ansicht des Beklagten auch die vor dem 16. Juni 2000 hingegebenen Darlehensbeträge i. H. v. 52.151,77 EUR - die Höhe der vorab entstandenen Darlehensverluste ist ebenfalls unstreitig - berücksichtigt werden.


a) Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Das ist bei einem Darlehen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft der Fall, wenn und insoweit es Eigenkapital ersetzt (vgl. § 32a Abs. 1 GmbHG in der im Streitfall gültigen Fassung), weil der Gesellschafter es in einem Zeitpunkt (Krise) gewährt, in dem er als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile vom 22. Juli 2008 IX R 79/06, BFHE 222, 464, BStBl II 2009, 227; vom 4. März 2008 IX R 78/06, BFHE 220, 446, BStBl II 2008, 575). Ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, hat das FG aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls als Tatfrage zu entscheiden (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2008 IX R 60/05, BFH/NV 2009, 896, m. w. N.). Was im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehen lässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird (z.B. BFH-Urteil vom 20. April 1997 VIII R 16/94, BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339). Maßgeblich für die Höhe der Anschaffungskosten ist im Falle der Hingabe des Darlehens in der Krise dessen Nennwert, im Falle eines stehen gelassenen Darlehens grundsätzlich der Wert in dem Zeitpunkt, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht. Diese Beurteilung beruht auf der Erwägung, dass Wertverluste bis zu diesem Zeitpunkt die Privatsphäre des Gesellschafters belasten (BFH-Urteil vom 20. April 1997 VIII R 16/94, BStBl II 1999, 339). Zudem können Verluste aus krisenbestimmten Darlehen und sog. Finanzplandarlehen (mit dem Nennwert) abgezogen werden (Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, 31, Aufl. 2012, § 17 Rn. 171).


In Anwendung dieser Grundsätze ist das Gesellschafterdarlehen i. H. v. 156.625,43 EUR zu den Anschaffungskosten zu rechnen. Es handelt sich um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen in dem zuvor beschriebenen Sinne. Der Kläger hat es der L-GmbH in einem Zeitpunkt gewährt, in dem er als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass sich die Gesellschaft seit Aufnahme ihrer Tätigkeit im Jahr 1999 in der Krise befunden hat. Der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte, daran zu zweifeln. Für diese Annahme spricht insbesondere die offensichtlich von Anfang an bestehende Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft. Dementsprechend handelt es sich bei dem Darlehen um ein Krisendarlehen. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob das Darlehen im Hinblick auf das niedrige Stammkapital der Gesellschaft und den erheblichen Investitionsbedarf (auch) als krisenbestimmtes Darlehen (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344) anzusehen sein könnte, nicht mehr an.


Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Beteiligung an der L-GmbH erst am 16. Juni 2000 erworben - und damit nachdem er bereits Darlehensbeträge i. H. v. 52.151,77 EUR hingegeben hatte - erworben hat. Zwar setzen nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung denknotwendig die (vorherige) Anschaffung der Beteiligung voraus (Urteil des FG Münster vom 17. Dezember 1998 12 K 1135/97, EFG 2000, 881; Ebling, in: Blümich, EStG, § 17 Rn. 655). Indes können im Bereich des § 17 EStG auch vorweggenommene Anschaffungskosten berücksichtigt werden (Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 17 Rn. 156). Vor dem Erwerb der Beteiligung verausgabte Aufwendungen sind als Anschaffungskosten zu qualifizieren, wenn sie nach dem endgültigen Entschluss des Steuerpflichtigen, die Kapitalanlage zu erwerben, entstanden sind. Auch hier gilt der allgemeine Grundsatz, dass steuerrechtlich relevante Aufwendungen nur vorliegen, wenn die Beziehung zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart klar erkennbar ist (BFH-Urteil vom 20. April 1997 VIII R 16/94, BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339). Die Aufwendungen müssen - z.B. aufgrund der zeitlichen Nähe - in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung stehen (Urteil des FG Münster vom 20. Januar 2010 7 K 5023/07, EFG 2010, 957). Im Streitfall ist nach dem schlüssigen und unwidersprochenen Vortrag des Klägers davon auszugehen, dass er von Beginn des Engagements in der L-GmbH an beabsichtigt hat, eine Gesellschaftsbeteiligung zu erwerben. Die Darlehensbeträge, die er in dem Zeitraum von Mitte 1999 bis zum 16. Juni 2000 verausgabt hat, stehen zudem in einem konkreten zeitlichen Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb am 16. Juni 2000.


Für die Berücksichtigung der Aufwendungen als Anschaffungskosten sind die BFH-Entscheidungen vom 20. April 2004 (VIII R 4/02, BFHE 205, 292, BStBl II 2004, 597) und 7. Mai 2009 (IX B 221/08, BFH/NV 2009, 1265) ohne unmittelbare Bedeutung. Danach ist § 17 Abs. 1, 4 EStG nicht auf Verluste anwendbar, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem geplanten, aber fehlgeschlagenen Erwerb einer qualifizierten Beteiligung entstanden sind. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass es in den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten letztlich nicht zu einem Anteilserwerb gekommen ist, wohingegen der Kläger die Beteiligung an der L-GmbH im Jahr 2000 tatsächlich erworben hat.


b) Der vom Kläger erlittene Darlehensverlust ist mit dem Nennwert zu berücksichtigen. Dies entspricht im Hinblick auf in der Krise hingegebene Darlehen der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 31. Oktober 2000 VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589). Maßgebend ist der gemeine Wert des Darlehens im Zeitpunkt des Eintritts der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung. Dass das Darlehen bereits vor der Begründung der wesentlichen Beteiligung gewährt wurde, stellt sich im Hinblick auf den bestehenden konkreten Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Beteiligungserwerb als unschädlich dar.


Dem stehen die in den BFH-Urteilen vom 20. April 2004 (VIII R 52/02, BFHE 206, 98, BStBl II 2004, 556) und 22. Februar 2005 (VIII R 41/03, BFH/NV 2005, 1518) niedergelegten Rechtsgrundsätze nicht entgegen. Danach kann in dem Fall, dass ein Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 2 Satz 6 b) EStG nur anteilig zu berücksichtigen ist, die Wertminderung von Ansprüchen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Darlehen, die vor Begründung der wesentlichen Beteiligung gewährt wurden, nur insoweit zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führen, als die Wertminderung nach Begründung der wesentlichen Beteiligung eingetreten ist. Dementsprechend ist der gemeine Wert des Rückforderungsanspruchs des Darlehens zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs zu ermitteln. Dagegen sind Wertminderungen von eigenkapitalersetzenden Darlehen, die erst nach Begründung der wesentlichen Beteiligung gewährt wurden, in vollem Umfang als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Im Streitfall ist § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG indes nicht einschlägig, da der Kläger eine wesentliche Beteiligung erworben hat und zu keinem Zeitpunkt nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter der L-GmbH war. Eine Zuordnung (nachträglicher) Anschaffungskosten zu Anteilen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG und zu anderen Anteile ist demnach nicht erforderlich. Zudem hat der Kläger zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG Gestaltungen verhindern oder erschweren wollte, die es einem bisher nicht wesentlichen beteiligten Gesellschafter ermöglichen, durch kurzfristigen Zukauf weniger Anteile eine im Privatvermögen entstandene Wertminderung in den steuerlichen Verlustausgleich einzubeziehen (BT-Drucks. 13/901, S. 133). Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Gestaltung bestehen jedoch im Streitfall nicht. Die vor der Übernahme der Beteiligung des Klägers entstandenen Wertminderungen sind im Hinblick auf den bestehenden konkreten Veranlassungszusammenhang mit dem Beteiligungserwerb und ihren Charakter als vorweggenommene Anschaffungskosten nicht der Privatsphäre des Klägers zuzurechnen.


Zwar hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass das FG Münster die zuvor dargestellten Grundsätze im Urteil vom 20. Januar 2010 (7 K 5023/07, EFG 2010, 957) auch in einem Fall zur Anwendung gebracht hat, in dem der Gesellschafter bereits vor Erwerb der wesentlichen Beteiligung Darlehen ausgereicht hat (ähnlich Ebling, in: Blümich, EStG, § 17 Rn. 655). Der erkennende Senat hält dies jedoch vor dem Hintergrund der Nichtanwendbarkeit des § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG und der fehlenden Missbräuchlichkeit für nicht sachgerecht. Zudem hat auch das FG Münster letztlich keine Aufteilung des Darlehensverlusts vorgenommen, da die Wertminderung erst nach Erwerb der wesentlichen Beteiligung eingetreten war.


Im Übrigen hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass der Rückforderungsanspruch des Klägers aus dem Darlehen am 16. Juni 2000 bereits wertlos war. Zwar gehen die Beteiligten insbesondere im Hinblick auf die offensichtliche Kreditunwürdigkeit der L-GmbH übereinstimmend davon aus, dass sich die Gesellschaft seit 1999 in der Krise befunden hat. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Realisierung der Forderung i. H. v. 52.151,77 EUR am Stichtag 16. Juni 2000 bereits ausgeschlossen erschien. Vor allem der für Bankzwecke erstellte Businessplan vom 22. Februar 2000 deutet darauf hin, dass die beteiligten Personen mit kurzfristigen Umsatz- und Gewinnzuwächsen in erheblicher Größenordnung und damit einhergehenden Liquiditätsverbesserungen gerechnet haben und rechnen konnten. Der Senat hat - entgegen der Andeutung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Businessplan offensichtliche fehlerhafte Annahmen zugrunde liegen.


3. Das sog. Halbabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG) gelangt im Hinblick darauf, dass der Kläger keinerlei Einnahmen aus seiner Beteiligung erzielt hat, nicht zur Anwendung (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220). Dies ist zwischen den Beteiligten mittlerweile unstreitig.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


Die Revision war zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.

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