FG Düsseldorf: Grunderwerbsteuer – Keine Berücksichtigung von zur Abholzung und Verkauf bestimmten Waldflächen
FG Düsseldorf, Urteil vom 16.5.2019 – 7 K 3217/18 GE
ECLI:DE:FGD:2019:0516.7K3217.18GE.00
Volltext: BB-ONLINE BBL2019-2070-3
Leitsatz der Redaktion
Zur Abholzung und Verkauf bestimmte Waldflächen werden bei der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer beim Erwerb durch einen forstwirtschaftlichen Betrieb nicht berücksichtigt.
Sachverhalt
Der Kläger betreibt eine Land- und Forstwirtschaft. Zur Vergrößerung seines forstwirtschaftlichen Betriebes erwarb er mit Urkunde des Notars ……. vom 23.08.2018 Urkundenrolle …… für 2018·dort näher bezeichnete in verschiedenen Gemeinden liegende Waldflächen zum Preis von insgesamt € 105.000,00. Der Kaufpreis entfällt mit einem Teilbetrag von € 73.500,00 auf den Aufwuchs und mit € 31.500,00 auf den Grund und Boden. Schon bei der Verkäuferin begründeten die Flächen mit insgesamt rund 11 ha alleine wegen ihrer Größe einen eigenen forstwirtschaftlichen Betrieb, sie vergrößern nun den forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers, der seit Jahren besteht und einen Totalgewinn erzielte. Die Flächen sind teilweise mit einem hiebreifen Bestand bewachsen, der in den kommenden Jahren zur Ernte ansteht.
Mit Schreiben vom 06.09.2018 teilte der Kläger den Gesamtkaufpreis auf die erworbenen Flurstücke und für jedes Flurstück in einen Anteil für den Boden und den Aufwuchs auf.
In einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 09.10.2018 teilte der Beklagte den Gesamtkaufpreis auf die einzelnen Grundstücke im Grundsatz nach der vorgenannten Berechnung auf, folgte aber nicht der Aufteilung in Bodenwert und Aufwuchs, sondern setzte als Gegenleistung jeweils den Wert für Boden und Aufwuchs fest. Er begründete dies damit, gemäß § 94 Abs. 1 BGB gehörten zu den wesentlichen Bestandteilen die Erzeugnisse eines Grundstücks; solange sie mit dem Grund und Boden verbunden seien. Der aufstehende Wald sei demnach wesentlicher Bestandteil des Grundstücks und gem. § 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen.
Den am 19.10.2018 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 31.10.2018 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 19.11.2018 Klage erhoben.
Er trägt vor, der aufstehende Bestand sei kein wesentlicher Bestandteil der Grundstücke nach § 94 BGB, sondern ein Scheinbestandteil nach § 95 BGB und fließe daher nicht in die Bemessungsgrundlage zur Grunderwerbsteuer ein.
Nach § 94 Abs. 1 S. 1 BGB seien Erzeugnisse des Grundstücks (vor der Ernte) wesentliche Bestandteile des Grundstücks, nach S. 2 gelte dies für Samen nach dem Aussähen, für Pflanzen mit dem Einpflanzen. Der Waldbestand erfülle die Voraussetzungen des § 95 BGB. Nach dieser Vorschrift gehörten solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Zu diesen Gegenständen gehörten nicht nur gewerblich genutzte Pflanzen, wie der Beklagte im Hinblick auf Baumschulen annehme, sondern auch im Forstbetrieb genutzte Pflanzen. Es handele sich hier um Wirtschaftswald, der einer ertragreichen Bewirtschaftung zugänglich sei und nicht um Wildnisflächen, die forstrechtlich einer Bewirtschaftung entzogen seien. Der vorübergehende Zweck ergebe sich daraus, dass im Rahmen der forstwirtschaftlichen Nutzung der Bestand heranwachse und dann geerntet werde. Ein endgültiger Verbleib des Bestandes auf dem Grundstück sei, anders als etwa bei einem Zierbaum, aus forstwirtschaftlichen Gründen nicht vorgesehen.
Es gebe auch keinen grunderwerbsteuerlich selbständigen Grundstücksbegriff. Der Beklagte habe diesen Begriff nicht definieren können, es sei nicht erkennbar, welche Loslösung vom Zivilrecht dieser Begriff erfahren haben solle. Das Finanzgericht Köln habe hierzu mit Urteil vom 08.11.2018 5 K 2938/16 entschieden, zivilrechtlich als Zubehör zu qualifizierende Gegenstände flößen nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ein.
Die Zivilgerichte nähmen in ständiger Rechtsprechung an, ein Baum werde wesentlicher Bestandteil des Grundstücks nach § 94 Abs. 1 S. 2 BGB. Dies gelte aber nicht, wenn der Sonderfall der zum Verkauf bestimmten Bäume vorläge, dann sei der Baumbestand nicht wesentlicher Bestandteil, sondern Scheinbestandteil und nach § 95 BGB damit ein selbständiges Rechtsgut ( Urteil vom 27.01.2006 V ZR 46/05, juris zu zwei Walnussbäumen; bestätigt im Urteil vom 04.11.2010 III ZR 45/1 O juris für zur Holzproduktion dienende Bäume einer Forstwirtschaft, jeweils m.w.N.) Auch die sachnäheren Amtsgerichte hätten bei der grundbuchrechtlichen Kostenfestsetzung nur auf den Kaufpreisanteil abgestellt, der auf die Grundstücke entfalle, so zuletzt Beschluss des AG ….
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 09.10.2018 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31.10.2018 dahin zu ändern, dass als Gegenleistung nur die im Schreiben vom 06.09.2018 genannten Anteile für den Grund und Boden berücksichtigt werden,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der Wald gehöre zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks und sei bei der Berechnung der Gegenleistung nicht herauszurechnen. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GrEStG seien unter Grundstücken im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Damit gehörten wesentliche Bestandteile des Grundstücks zum Grundstück selbst, auch Gegenleistungen, die für sie gesondert ausgewiesen seien, gehörten zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Zu den wesentlichen Bestandteilen gehörten nach § 94 BGB mit dem Grundstück verbundene Erzeugnisse, somit auch Holz. Nur soweit Pflanzen nur zu einem vorübergehenden Zweck eingepflanzt seien, wie etwa bei einer Baumschule, seien sie gemäß § 95 BGB bloße Scheinbestandteile. Bei der Baumschule werde der vorübergehende Zweck und die weitere Bestimmung des Baumes schon durch den besonderen Schutz des Wurzelwerkes und die schonende Entnahme des ganzen Baumes deutlich, während bei der Holzproduktion der Baum nur durch Zerstörung entnommen werden könne. Nicht zu einem vorübergehenden Zweck, sondern auf Dauer, erfolge eine Verbindung, wenn an ihre spätere Wiederaufhebung nicht gedacht sei oder wenn eine zeitliche Begrenzung des Zweckes nicht feststehe. Bei den gekauften Waldflächen handele es sich nicht um gewerbliche Flächen, wie etwa bei einer Baumschule.
Die kostenrechtliche Behandlung durch die Amtsgerichte sei wegen der grunderwerbsteuerlichen selbständigen Definition des Grundstücksbegriffs nicht maßgeblich.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
Unter Grundstücken im Sinne des GrEStG sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 1. GrEstG Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Daher gehören zu den Grundstücken die Bestandteile, die nach den Normen des bürgerlichen Rechts zu den Bestandteilen des Grundstücks gehören. Wesentliche Bestandteile sind nach § 94 S. 2 BGB auch Pflanzen mit dem Zeitpunkt des Einpflanzens. Zu den wesentlichen Bestandteilen gehören nach § 95 Abs. 1 BGB solche Sachen jedoch nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind, dazu gehören zum Verkauf bestimmte Pflanzen.
Schon das RG hat in seinem 66. Bande (RGZ 66, 88) zum Begriff der bloß vorübergehenden, im Gegensatz zur dauernden Verbindung ausgeführt, der Zweck der Verbindung sei nicht nur dann ein vorübergehender, wenn er sich in kurzer Zeit erreichen lässt, sondern in allen Fällen, in denen ihm eine zeitliche Begrenzung innewohnt, möge auch das Ende erst nach Jahren oder Jahrzehnten eintreten. Dauernd ist der Zweck, für dessen Fortwirken, wenn nicht durch das Dazwischentreten unberechenbarer zufälliger Ereignisse Änderungen herbeigeführt werden, ein Endpunkt begrifflich nicht feststeht.
Im Streitfall handelt es sich um einen forstwirtschaftlichen Betrieb, in welchem die Bäume zum Abholzen und zum Verkauf des Holzes bestimmt sind. Der Zweck der Bepflanzung bestand nicht darin, dass die Bäume auf Dauer auf den Grundstücken verbleiben, schon bei der Aufforstung der erworbenen Flächen stand fest, dass die gepflanzten Bäume bei Hiebreife abgeholzt und damit von den Grundstücken entfernt werden sollten. Damit stand zugleich von Anfang an ein Endpunkt für das Verbleiben des Aufwuchses fest, wenn er auch aus der Sicht des Anpflanzenden in ferner Zukunft lag. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die angepflanzten Bäume jahrzehntelang mit dem Grund und Boden verbunden sein müssen, um zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Bestimmung, nämlich der Verwertung durch Fällung, zugeführt werden zu können.
Nach den glaubhaften Angaben des Klägers und seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung hat er kontinuierlich forstwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen erworben, auf denen fällreife Bäume abgeholzt und entsprechend neue Bäume angepflanzt werden. Aus der Struktur und Lage der hier zu beurteilenden Flächen wird deutlich, dass sie schon zum Zwecke der späteren Ernte angepflanzt wurden und abgeholzt werden sollen, sobald die Hiebreife erreicht ist.
Die Berechnung der festzustellenden Beträge wird dem Beklagten übertragen, § 100 Abs. 2 S. 2 FGO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 FGO.