FG Köln: Gewerbesteuermessbetrag: Keine Gewinnerhöhung durch Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens nach formwechselnder Umwandlung in eine Personengesellschaft
FG Köln, Urteil vom 16.6.2016 – 15 K 3894/12
Sachverhalt
Strittig ist vorliegend, ob bei der Klägerin nach formwechselnder Umwandlung der Gewinn aus der Aufzinsung des Körperschaftssteuerguthabens gewinnerhöhend zu berücksichtigen ist oder unberücksichtigt bleiben muss.
Die A International GmbH wurde im Jahr 2008 in die A International GmbH & Co. KG (Klägerin) formwechselnd gemäß §§ 3 ff. des Umwandlungssteuergesetzes umgewandelt. Mit dem Bescheid über die Feststellung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftssteuerguthabens vom 02.10.2008 wurde für die A International GmbH ein Körperschaftssteuerguthaben in Höhe von 1.598.792,- € festgestellt.
Der Verlust aus der Abzinsung des Körperschaftssteuerguthabens vor der Umwandlung gem. § 37 Abs. 7 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) wurde steuerneutral behandelt. Mit Bescheiden vom 20.04.2012 hat der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag auf 54.078,- € festgesetzt und gem. §§ 28 ff. Gewerbesteuergesetz zerlegt. Bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrages für 2009 wurde u.a., wie von der Klägerin erklärt, der Ertrag aus der Aufzinsung des Körperschaftssteuerguthabens in Höhe von 137.042,00 € berücksichtigt. Ebenso berücksichtigte der Beklagte im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2009 vom 23.05.2012 den Aufzinsungsbetrag von 137.042,- €. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der deshalb zunächst erhobene Einspruch wurde als unzulässig, weil verspätet verworfen. Die deshalb erhobene Klage wurde zurückgenommen.
Den Antrag des Klägers auf Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheides zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften für die A International GmbH & Co. KG mit dem Antrag den Ertrag aus der Aufzinsung des Körperschaftssteuerguthabens in Höhe von 137.042,- € zu mindern, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14.07.2014 ab. Den deshalb erhobenen Einspruch vom 18. August 2014 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2014 als unbegründet zurück.
(Die deshalb erhobene Klage vom 27. November 2014 (Az.: 15 K 3381/14) hat der Senat mit dem Verfahren 15 K 3894/12 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden).
Gegen die Bescheide für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag und die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages legte die Klägerin am 23.05.2012 Einspruch ein, mit dem sie sich gegen die Hinzurechnung der Erträge aus der Aufzinsung des Körperschaftssteuerguthabens nach § 37 KStG wandte, da nach ihrer Ansicht die Steuerfreiheit der Aufzinsung des Körperschaftssteuerguthabens nach § 37 Abs. 7 KStG zu berücksichtigen sei. Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 20. November 2012 als unbegründet zurück.
Mit ihrer deshalb bei Gericht am 21.12.2012 eingegangenen Klage vertritt die Klägerin weiter die Auffassung, der Gewinn aus der Aufzinsung des Körperschaftssteuerguthabens sei steuerneutral zu behandeln. Dies ergebe sich sowohl aus der Systematik der Besteuerung von Personengesellschaften, als auch aus der Umwandlung und der daraus folgenden sinngemäßen Anwendung des § 37 Abs. 7 Satz 1 KStG. Gesellschafter der A International GmbH & Co. KG ist die A Holding GmbH. Einziger Gesellschafter der A International GmbH & Co. KG ist die A Beteiligungs GbR an welcher zu 100 % die Kapitalgesellschaft A Holding GmbH beteiligt ist. Der BFH habe entschieden, dass die Personengesellschaft Steuerrechtssubjekt bei der Einkünfteermittlung ist. Der Einkünfteermittlung bei der Personengesellschaft liege das Transparenzprinzip zugrunde. Der Einkünfteermittlung erfolge zwar auf Ebene der Personengesellschaft (Einheitsgedanke), aber nach den individuellen steuerlichen Ermittlungsregelungen der Gesellschafter (Vielheit der Gesellschafter). Die Gesellschafter würden zwar in ihrer gesamtheitlichen Verbundenheit gewerbliche Einkünfte erzielen, es bleibe aber weiterhin bei der Grundentscheidung, dass die einzelnen Gesellschafter die Steuersubjekte seien und deshalb die Gewinn- und Verlustanteile der Gesellschafter das Ergebnis eigener Tatbestandsverwirklichung seien. Deshalb seien die persönlichen Merkmale der Mitunternehmer für die Einkommensermittlung relevant. Sei, wie vorliegend, der Gesellschafter der Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft, sei die Aufzinsung des Körperschaftssteuerguthabens auf Ebene der Personengesellschaft ebenfalls steuerneutral zu behandeln, da ansonsten kein zutreffendes Ergebnis für den Gesellschafter erreicht werde. Folglich sei auch vorliegend aufgrund der über die GbR zu 100 % beteiligten A Holding GmbH, die Aufzinsung erfolgsneutral zu behandeln.
Gemäß § 37 Abs. 7 Satz 1 KStG gehörten Erträge und Gewinnminderungen im Zusammenhang mit dem Körperschaftssteuerguthaben nicht zu den Einkünften im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Der Norm sei die eindeutige Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, dass es sich bei Gewinnminderungen und Erträgen im Zusammenhang mit dem Körperschaftssteuerguthaben grundsätzlich nicht um Einkünfte im ertragsteuerlichen Sinne handele. Auch wenn § 37 Abs. 7 KStG auf die GmbH & Co. KG, wie vorliegend, nicht unmittelbar anwendbar sei, ändere dies nichts am Wille des Gesetzgebers. Die Begrenzung des § 37 Abs. 7 Satz 1 KStG werde zudem von der vorrangigen Spezialregelungen des § 4 Abs. 2 Satz 1 Umwandlungssteuergesetzes verdrängt. Danach träte der übernehmende Rechtsträger in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenen Körperschaft, wodurch die Regelung des § 37 Abs. 7 Satz 1 KStG implizit für den übernehmenden Rechtsträger, wie hier die Klägerin, anzuwenden sei.
Im Zeitpunkt der Feststellung des Körperschaftssteuerguthabens sei die Abzinsung erfolgsneutral behandelt worden, deshalb dürfe die spätere Aufzinsung aus steuersystematischer Sicht auch nur erfolgsneutral behandelt werden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2009, die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2009 und die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2009 zu ändern und hierbei den steuerlichen Gewinn um den Aufzinsungsbetrag in Höhe von 137.072,- € zu mindern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, § 7 Satz 1 Gewerbesteuergesetz verweise entgegen der Auffassung der Klägerin bei einer Personengesellschaft mit natürlichen Personen als Mitunternehmern gerade nicht auch auf das Körperschaftssteuergesetz. Im Gesetz stehe nicht Einkommensteuergesetz/Körperschaftssteuergesetz, sondern Einkommensteuergesetz oder Körperschaftssteuergesetz. Das Gewerbesteuergesetz unterscheide damit eindeutig, je nach Rechtsform das Gewerbesteuersubjekt. Auch hinsichtlich der sogenannten „Fußstapfentheorie“ hält der Beklagte unter Verweis auf seine bisherigen Einlassungen unverändert an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.
Der Berichterstatter hat am 21.10.2015 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Aus den Gründen
Der Senat hat mit Zustimmung der Beteiligten in der Sitzung vom 16.6.2016 ohne mündliche Verhandlung entschieden, § 90 Abs. 2 FGO.
Die Klage ist begründet. Die Bescheide wegen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuermessbetragszerlegung, alle für das Jahr 2009 und die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen, sind, soweit sie einen Betrag aus der Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens gewinnerhöhend berücksichtigen, rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten,§ 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Es handelt sich bei dem Aufzinsungsbetrag materiell um die Rückzahlung von Körperschaftsteuer. Diese war eine nicht abzugsfähige Betriebsausgabe (§ 10 Nr. 2 KStG) und hat daher das Einkommen nicht gemindert. Die Erstattung der Körperschaftsteuer darf daher das Einkommen nicht erhöhen (BFH-Beschluss vom 15.07.2008 BStBl II 2008, 886).
Da die Forderung in der Bilanz den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung folgend abgezinst ausgewiesen werden musste, hat dies bei der Bilanzierung folgerichtig den Gewinn nicht gemindert (Frank Grube, Mathias Chuchra Steuerliche Behandlung des Zinsanteils und Körperschafsteuerguthabens i.S.d. § 37 Abs.5 KStG BB 2007, 1479, 1481).
Nach der Überzeugung des Senates darf dann auch die jährliche Aufzinsung den Gewinn nicht erhöhen. Alleine wegen gesetzlicher Vorschriften (ratierliche Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens) und den bilanziellen Regelungen der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung würde ein Gewinn entstehen, der die Leistungsfähigkeit des Unternehmens nicht erhöht hat.
Entsprechend hat der Gesetzgeber in § 37 Abs. 7 KStG bei Körperschaften die Steuerfreiheit des Zinsanteils normiert. Diese Vorschrift ist nach Überzeugung des Senats über § 4 Abs. 2 Satz 1 Umwandlungssteuergesetz auch nach Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft wie vorliegend entsprechend anzuwenden.
Denn auch wenn der übernehmende Rechtsträger eine Personengesellschaft ist, tritt er insoweit in die steuerliche Stellung des übertragenden Rechtsträgers ein (Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz 116. Lieferung § 37, Rd.-Nr. 69; so auch Klaus Lemaitre/Frank Schönherr GmbH-Rundschau 2007).
Die personelle Begrenzung des § 37 Abs. 7 KStG wird durch die Spezialregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 Umwandlungssteuergesetz verdrängt (so Prof. Dr. G. Förster und J. Felchner, Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach dem SEStEG in DStR 2007, Seite 280, 283). Ein sachlicher Grund, warum die aus dem Auszahlungsanspruch folgenden Ergebnisauswirkungen bei einem nicht dem Körperschaftsteuergesetz unterliegenden Rechtsnachfolger – wie der Klägerin – steuerpflichtig und nur bei dem der Körperschaftsteuer unterliegenden Rechtsnachfolger von der Besteuerung ausgenommen sein sollen, ist nicht ersichtlich (so Bauschatz in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 3. Auflage § 37 Rd.-Nr. 225).
Soweit das Bundesministerium der Finanzen im Schreiben vom 14.01.2008 IV B 7-S 2861/07/0001 BStBl II 2008, 280, § 37 Abs. 7 KStG bei Umwandlung in eine Personengesellschaft für nicht anwendbar hält (zustimmend Dötsch in die Körperschaftsteuer Dötsch.Pang.Möhlenbrock § 37 Körperschaftsteuergesetz Rd.-Nr. 130), folgt der Senat dem nicht.
Die Revision war zuzulassen, da soweit erkennbar, eine höchstrichterliche Rechtsprechung zum Problem der Anwendbarkeit des § 37 Abs. 7 KStG nach Umwandlung in eine Personengesellschaft nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Revision zugelassen (Az. BFH: I R 56/16).