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Steuerrecht
01.08.2014
Steuerrecht
EuGH: Gemeinsamer Zolltarif – Positionen 8471 und 8528 – Plasmabildschirme – Funktion eines Computerbildsc

EuGH, Urteil vom 17.7.2014 – C‑472/12

Tenor

1. Für die zolltarifliche Einreihung von Bildschirmen mit den im Ausgangsverfahren fraglichen objektiven Merkmalen in die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in den sich nacheinander aus der Verordnung (EG) Nr. 2388/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000, der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001, der Verordnung (EG) Nr. 1832/2002 der Kommission vom 1. August 2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 ergebenden Fassungen ist der ihnen innewohnende Verwendungszweck zu berücksichtigen, der darin besteht, zum einen von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen stammende Daten und zum anderen Composite-Videosignale wiederzugeben. Solche Bildschirme sind in die Unterposition 8471 60 90 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen, wenn sie ausschließlich oder hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen im Sinne der Anmerkung 5 B Buchst. a zu Kapitel 84 der Kombinierten Nomenklatur verwendet werden, oder in die Unterposition 8528 21 90 der Kombinierten Nomenklatur, wenn dies nicht der Fall ist, wobei es Sache des vorlegenden Gerichts ist, dies auf der Grundlage der objektiven Merkmale der im Ausgangsverfahren fraglichen Bildschirme und namentlich der in den Erläuterungen zu Position 8471 des durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren sowie das dazugehörige Änderungsprotokoll erlassenen Harmonisierten Systems, insbesondere in deren Nrn. 1 bis 5 des Teils I D über Anzeigeeinheiten für automatische Datenverarbeitungsmaschinen, genannten Merkmale zu ermitteln.

2. Die Verordnung (EG) Nr. 754/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur darf nicht rückwirkend angewendet werden.

Aus den gründen

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in den sich nacheinander aus der Verordnung (EG) Nr. 2388/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000 (ABl. L 264, S. 1), der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 (ABl. L 279, S. 1), der Verordnung (EG) Nr. 1832/2002 der Kommission vom 1. August 2002 (ABl. L 290, S. 1) und der Verordnung (EG) Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 (ABl. L 281, S. 1) ergebenden Fassungen.

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Panasonic Italia SpA, der Panasonic Marketing Europe GmbH und der Scerni Logistics Srl einerseits und der Agenzia delle Dogane di Milano (Zollbehörde Mailand, im Folgenden: Agenzia) andererseits wegen der tariflichen Einreihung von Plasmabildschirmen in die KN.

Rechtlicher Rahmen

Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren

3 Der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation (WZO), wurde durch das am 15. Dezember 1950 in Brüssel unterzeichnete Abkommen zur Gründung dieses Rates errichtet. Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) wurde von der WZO ausgearbeitet und mit dem am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossenen Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS-Übereinkommen) eingeführt, das mit dem dazugehörenden Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 198, S. 1) genehmigt wurde.

4 Nach Art. 3 Abs. 1 des HS-Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, ihre Zolltarifnomenklatur und ihre Statistiknomenklaturen mit dem HS in Übereinstimmung zu bringen, alle Positionen und Unterpositionen des HS sowie die dazugehörigen Codenummern zu verwenden, ohne etwas hinzuzufügen oder zu ändern, und die Nummernfolge des HS einzuhalten. Die Vertragsparteien verpflichten sich außerdem, die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS sowie alle Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen des HS anzuwenden und die Tragweite der Abschnitte, Kapitel, Positionen oder Unterpositionen des HS nicht zu verändern.

5 Die WZO genehmigt nach Maßgabe des Art. 8 des HS-Übereinkommens die vom HS-Ausschuss ausgearbeiteten Erläuterungen und Einreihungsavise.

6 In der im Jahr 2002 erlassenen Fassung der Erläuterungen zum HS heißt es zu Position 8471:

„I. Automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten

D. Gesondert gestellte Einheiten

...

Eine Einheit wird dann als Teil eines vollständigen automatischen Datenverarbeitungssystems angesehen, wenn sie die folgenden Bedingungen erfüllt:

a) sie ist von der ausschließlich oder hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Art,

b) sie ist an die Zentraleinheit unmittelbar oder über eine oder mehrere andere Einheiten anschließbar und

c) sie ist in der Lage, Daten in einer Form (Codes oder Signale) zu empfangen oder zu liefern, die vom System verwendbar sind.

Wenn die Einheit eine eigene Funktion (andere als Datenverarbeitung) ausführt, ist sie in die ihrer Funktion entsprechende Position oder mangels einer solchen Position in eine Sammelposition einzureihen (siehe Anmerkung 5 E zu diesem Kapitel).

Zu den Grundeinheiten gehören Anzeigeeinheiten für automatische Datenverarbeitungsmaschinen, die die verarbeiteten Daten grafisch darstellen. Sie unterscheiden sich von den Videomonitoren und Fernsehempfangsgeräten der Position 8528 u. a. durch folgende Merkmale:

1) Anzeigeeinheiten für automatische Datenverarbeitungsmaschinen sind ausschließlich in der Lage, von der Zentraleinheit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine stammende Signale aufzunehmen. Sie sind daher nicht in der Lage, ein Farbbild ausgehend von einem Video-Composite-Signal wiederzugeben, dessen Wellenform einem Rundfunkübertragungs-Standard entspricht (NTSC, SECAM, PAL, D-MAC usw.). Sie sind mit charakteristischen EDV-Anschlüssen ausgestattet (z. B. RS232C‑Schnittstellen, DIN- oder SUB-D-Anschlüsse) und besitzen kein Tonwiedergabesystem. Sie werden von speziellen Karten (z. B. Monochrom- oder Grafik-Karten) gesteuert, die in die Zentraleinheit der automatischen Datenverarbeitungsmaschine integriert sind.

2) Diese Anzeigeeinheiten sind gekennzeichnet durch geringe elektromagnetische Feldemissionen. Die Größe der Anzeigebildpunkte beginnt bei mittlerer Auflösung mit 0,41 mm und wird bei hoher Auflösung geringer.

3) Um die benutzerfreundliche Darstellung detailreicher und kleiner Bilder zu ermöglichen, benutzen Anzeigeeinheiten dieser Position geringere Punkt(Pixel)-Größen und höhere Konvergenzraten als Videomonitore und Fernsehempfangsgeräte der Position 8528 (Konvergenz ist die Fähigkeit der Elektronenkanone(n), einen einzelnen Punkt auf der Oberfläche der Kathodenstrahlröhre darzustellen, ohne einen der benachbarten Punkte zu beeinflussen).

4) In diesen Anzeigeeinheiten ist die Bildfrequenz (Bandbreite) – die das Maß definiert, wie viele Bildpunkte zum Bildaufbau pro Sekunde übertragen werden können – im Allgemeinen 15 MHz oder höher, während bei Videomonitoren der Position 8528 die Bandbreite im Allgemeinen nicht höher als 6 MHz ist. Die horizontale Bildfrequenz variiert bei diesen Anzeigeeinheiten von 15 kHz bis zu mehr als 155 kHz, je nach verfügbarem Standard für den Darstellungsmodus. Viele Geräte können verschiedene horizontale Bildfrequenzen darstellen. Die horizontale Bildfrequenz von Videomonitoren der Position 8528 ist dagegen feststehend und beträgt normalerweise 15,6 oder 15,7 kHz je nach Fernsehstandard, der zur Anwendung kommt. Ferner arbeiten Anzeigeeinheiten von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen nicht unter nationalen oder internationalen Übertragungsfrequenz-Standards für öffentliche Übertragungssysteme oder geschlossene Fernsehsysteme.

5) Anzeigeeinheiten dieser Position enthalten normalerweise Drehgelenke für die Einstellung der Neigung und Seitenausrichtung, spiegelungsfreie Oberflächen, flimmerfreie Darstellung und andere ergonomische Einrichtungen, die langes Arbeiten unmittelbar vor der Einheit erleichtern.

...“

7 In der im Jahr 2002 erlassenen Fassung der Erläuterungen zu Position 8528 des HS heißt es:

„Zu dieser Position gehören Fernsehempfangsgeräte (einschließlich Videomonitore und Videoprojektoren), auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder ‑wiedergabegerät.

Zu dieser Position gehören insbesondere:

1) Fernsehempfangsgeräte der Art wie sie im Haushalt verwendet werden (Tischgeräte, Fernsehtruhen usw.), einschließlich der durch Münzeinwurf betriebenen Fernsehgeräte. Hierher gehören LCD- und Plasma-Fernsehempfangsgeräte.

...

Nicht zu dieser Position gehören unter anderem:

a) Anzeigeeinheiten von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen, auch gesondert gestellt (Position 8471).

...“

Die KN

8 Die mit der Verordnung Nr. 2658/87 eingeführte KN beruht auf dem HS, dessen Positionen und sechsstellige Unterpositionen sie übernimmt, wobei nur die siebte und die achte Stelle spezielle Unterteilungen der KN bilden.

9 Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 (ABl. L 28, S. 16) geänderten Fassung veröffentlicht die Europäische Kommission jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Sie finden ab dem 1. Januar des folgenden Kalenderjahrs Anwendung.

10 Auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, der sich vom Jahr 2001 bis zum Jahr 2004 erstreckt, sind die sich aus den Verordnungen Nrn. 2388/2000, 2031/2001, 1832/2002 und 1789/2003 ergebenden Fassungen der KN anwendbar. Die nachstehend angeführten relevanten Bestimmungen der KN haben in allen diesen Fassungen denselben Wortlaut.

11 Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN, die in deren Teil I Titel I Buchst. A enthalten sind, bestimmen:

„Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

...

2. a)     Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.

...“

12 Teil II der KN enthält den Abschnitt XVI „Maschinen, Apparate, mechanische Geräte und elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Fernseh-Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte oder Fernseh-Bild- und Tonwiedergabegeräte, Teile und Zubehör für diese Geräte“.

13 Die Anmerkungen 3 und 5 zu Abschnitt XVI der KN lauten:

„(3) Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind kombinierte Maschinen aus zwei oder mehr Maschinen verschiedener Art, die zusammen arbeiten sollen und ein Ganzes bilden, sowie Maschinen, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen. 

...

(5) Bei der Anwendung der Anmerkungen des Abschnitts XVI umfasst der Begriff ‚Maschinen‘ alle Maschinen, Apparate, Geräte und Vorrichtungen der in den Positionen des Kapitels 84 oder 85 genannten Art.“

14 Abschnitt XVI der KN enthält ein Kapitel 84 mit der Überschrift „Kernreaktoren, Kessel, Maschinen, Apparate und mechanische Geräte; Teile davon“.

15 In Anmerkung 5 dieses Kapitels 84 heißt es:

„B. Automatische Datenverarbeitungsmaschinen können in Form von Systemen vorkommen, die aus einer unterschiedlichen Anzahl gesonderter Einheiten bestehen. Vorbehaltlich der Bestimmungen des nachstehenden Absatzes E wird eine Einheit dann als zu einem vollständigen System gehörender Teil angesehen, wenn sie alle folgenden Voraussetzungen erfüllt:

a) Sie ist von der ausschließlich oder hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendeten Art,

b) sie ist an die Zentraleinheit unmittelbar oder über eine oder mehrere andere Einheiten anschließbar und

c) sie ist in der Lage, Daten in einer Form (Codes oder Signale) zu empfangen oder zu liefern, die vom System verwendbar sind.

C. Gesondert gestellte Einheiten einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine sind in die Position 8471 einzureihen.

...

E.  Maschinen, die eine eigene Funktion (andere als Datenverarbeitung) ausführen und in die eine automatische Datenverarbeitungsmaschine eingebaut ist oder die mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine zusammenarbeiten, sind in die ihrer Funktion entsprechende Position oder mangels einer solchen Position in eine Sammelposition einzureihen.“

16 Anmerkung 7 zu Kapitel 84 der KN lautet wie folgt:

„Maschinen mit vielseitiger Verwendungsmöglichkeit gehören, wenn nichts anderes bestimmt ist und vorbehaltlich der Anmerkung 2 zu Kapitel 84 und der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI, zu der Position, die ihrem Hauptverwendungszweck entspricht. Besteht eine derartige Position nicht oder ist der Hauptverwendungszweck nicht feststellbar, sind sie der Position 8479 zuzuweisen.

...“

17 Die KN-Position 8471 umfasst:

„8471 Automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten; magnetische oder optische Schriftleser, Maschinen zum Aufzeichnen von Daten auf Datenträger in codierter Form und Maschinen zum Verarbeiten solcher Daten, anderweit weder genannt noch inbegriffen:

...

8471 60 – Ein- oder Ausgabeeinheiten, auch wenn sie in einem gemeinsamen Gehäuse Speichereinheiten enthalten:

8471 60 10 – –  für zivile Luftfahrzeuge

     – –     andere:

8471 60 40 –  –  –  Drucker

8471 60 50 –  –  –  Tastaturen

8471 60 90 –  –  –  andere

...“

18 Abschnitt XVI der KN enthält auch ein Kapitel 85 mit der Überschrift „Elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und andere elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Bild- und Tonaufzeichnungs- oder -wiedergabegeräte für das Fernsehen, Teile und Zubehör für diese Geräte“.

19 Die KN-Position 8528 umfasst:

„8528 Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder ‑wiedergabegerät; Videomonitore und Videoprojektoren:

...

– Videomonitore:

8528 21 –  –  für mehrfarbiges Bild:

...

8528 21 90 –  –  –  andere

...“

Verordnung (EG) Nr. 754/2004

20 Die Verordnung (EG) Nr. 754/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 118, S. 32), die nach den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Einfuhren in Kraft getreten ist, hat die Einreihung bestimmter Farb-Plasmabildschirme mit einer Bildschirmdiagonale von 106 cm, die die im Anhang dieser Verordnung beschriebenen Merkmale besitzen, genauer festgelegt.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

21 In den Jahren 2001 bis 2004 führten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens Plasmabildschirme aus Ländern außerhalb der Europäischen Union nach Italien ein. Die Merkmale dieser Plasmabildschirme werden vom vorlegenden Gericht wie folgt beschrieben:

– Bei diesen Bildschirmen handelt es sich um Farbmonitore mit einer diagonalen Abmessung von 106,6 cm;

– in ihrem Zustand zum Zeitpunkt der Einfuhr konnten diese Bildschirme lediglich Daten von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen wiedergeben;

– nach Einschub einer Videokarte in eine hierfür bestimmte Vorrichtung waren dieselben Bildschirme allerdings in der Lage, AV-Composite-Videosignale zu empfangen und konnten dann an Ton- und Bild-Aufzeichnungs- und -Wiedergabegeräte, DVD-Spieler, Videokameras und Satellitenempfänger angeschlossen werden;

– die betreffenden Bildschirme waren bei ihrer Einfuhr nicht mit einer Videokarte ausgerüstet, doch konnte eine solche Videokarte zu einem sehr niedrigen Preis gesondert erworben und leicht in die hierfür vorgesehene Vorrichtung eingeschoben werden;

– zum Zeitpunkt ihrer Einfuhr waren die Bildschirme mit zwei Lautsprechern und einer Fernbedienung versehen, die ihren Zweck nur dann erfüllen konnten, wenn der Bildschirm nach Einschub einer Videokarte für den Empfang von AV-Composite-Videosignalen verwendet wurde;

– in der Gebrauchsanweisung dieser Bildschirme wurde ausdrücklich auf die audiovisuellen Funktionen des Produkts und die Möglichkeit des Einschubs einer Videokarte zur Aktivierung des Empfangs von Fernsehsignalen hingewiesen.

22 In ihrer Zollanmeldung reihten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens die eingeführten Bildschirme in die KN-Position 8471 60 90 ein, und zwar als Monitore, die ausschließlich für die Übertragung von Bildern bestimmt sind, welche von einem Computer stammen. Dies hatte die Befreiung vom Zoll und die Zahlung von Mehrwertsteuer in Höhe von 20 % zur Folge.

23 Die Agenzia war jedoch der Auffassung, dass diese Bildschirme in die KN-Position 8528 eingereiht werden müssten, die u. a. Fernsehempfangsgeräte und Videomonitore umfasst, was eine Verzollung zu einem Satz von 14 % zur Folge hatte.

24 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens erhoben Klagen bei der Commissione tributaria provinciale di Milano, die diese mit der Begründung abwies, dass die Möglichkeit, aus dem Bildschirm durch bloßen Einschub einer Karte ein Empfangsgerät für Composite-Videosignale zu machen, die Einreihung des Geräts in die KN-Position 8471 ausschließe, weil damit die Voraussetzung der hauptsächlichen oder überwiegenden Nutzung des Bildschirms in einem automatischen Datenverarbeitungssystem nicht mehr erfüllt sei.

25 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens legten gegen diese erstinstanzlichen Urteile Berufung zur Commissione tributaria regionale di Milano ein. Diese bestätigte die Einreihung der eingeführten Bildschirme in die Tarifposition 8528 der KN, stellte aber fest, dass die verhängten Verwaltungssanktionen aufgrund von objektiven Auslegungsunsicherheiten aufzuheben seien.

26 Sowohl die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens als auch die Agenzia legten gegen die Berufungsurteile Kassationsbeschwerden ein. Die Klägerinnen beharrten in ihrer Beschwerde auf ihrem Standpunkt, dass die eingeführten Bildschirme in die Unterposition 8471 60 90 der KN eingereiht werden müssten, da sie im Zeitpunkt der Einfuhr nicht mit Videokarten versehen gewesen und daher nur zur Übertragung von Bildern, die von einem Computer stammten, verwendbar gewesen seien. Die Agenzia bekräftigte die Richtigkeit der Einreihung dieser Bildschirme in die KN-Position 8528 und wandte sich gegen die Aufhebung der verhängten Verwaltungssanktionen durch das Berufungsgericht.

27 Das vorlegende Gericht ist aus den folgenden Gründen der Auffassung, dass die eingeführten Bildschirme in die KN-Position 8528 einzureihen seien, die u. a. Fernsehempfangsgeräte und Videomonitore umfasst. Zum einen gehöre angesichts der eigens für den Einschub einer Videokarte vorgesehenen Vorrichtung der Empfang von Composite-Videosignalen selbst vor dem Einschub einer solchen Karte zu den Merkmalen, die diesen Bildschirmen innewohnten. Zum anderen gebe es keinen wirtschaftlichen oder technischen Grund dafür, dass die fraglichen Bildschirme so konstruiert worden seien, dass sie nur mittels Einschub einer eigens dafür vorgesehenen Karte zum Empfang von Composite-Videosignalen geeignet seien, so dass die einzig mögliche Erklärung hierfür die Absicht sei, missbräuchlich in den Genuss der günstigeren Zollbehandlung zu kommen, die für Computerbildschirme vorgesehen sei.

28 Das vorlegende Gericht stellt sich ferner die Frage, ob die Bestimmungen der Verordnung Nr. 754/2004, wonach die eingeführten Bildschirme in die KN-Position 8528 eingereiht werden müssten, rückwirkend angewandt werden können.

29 Unter diesen Umständen hat die Corte suprema di cassazione beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. War vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 754/2004 ein Farb-Plasmabildschirm mit einer diagonalen Abmessung von 106,6 cm, der mit zwei Lautsprechern und einer Fernbedienung sowie einer bereits vorhandenen Einschubvorrichtung für eine (sehr kostengünstige, leicht zu beschaffende und leicht einschiebbare) – nicht zusammen mit dem Bildschirm eingeführte – Videokarte ausgestattet ist, nach deren Einschub der Bildschirm in der Lage ist, AV-Composite-Videosignale zu empfangen, und nicht nur an automatische Datenverarbeitungsmaschinen angeschlossen werden kann, sondern auch an Videogeräte zur Bild- und Tonaufnahme und -wiedergabe, DVD-Spieler, Videokameras und Satellitenempfänger, in die KN-Position 8471 oder in die KN-Position 8528 einzureihen?

2. Ist, sollte diese Frage verneint werden, die Einreihung eines solchen Bildschirms in die KN-Position 8528 nach der Verordnung Nr. 754/2004 vorgeschrieben, und sind – bei Bejahung dieser Frage – die relevanten Bestimmungen dieser Verordnung als auslegend und somit vorbehaltlich der Anwendbarkeit früherer ausdrücklich gegenteiliger Bestimmungen als rückwirkend anzusehen?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

30 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die im Ausgangsverfahren fraglichen Bildschirme in die KN-Position 8471 oder in die KN-Position 8528 einzureihen sind.

31 Es ist festzustellen, dass sich Position 8471 ihrem Wortlaut nach u. a. auf automatische Datenverarbeitungsmaschinen und deren Einheiten bezieht, während Position 8528 ihrem Wortlaut nach in erster Linie Fernsehempfangsgeräte und Videomonitore betrifft. Zur Unterposition 8471 60 90 gehören insbesondere Ein- oder Ausgabeeinheiten, die in einem gemeinsamen Gehäuse Speichereinheiten enthalten können und keine Drucker und Tastaturen sind, während zur Unterposition 8528 21 90 demgegenüber Farb-Videomonitore gehören (vgl. Urteil Kamino International Logistics, C‑376/07, EU:C:2009:105, Rn. 33).

32 Allerdings ist es in einem Vorabentscheidungsverfahren auf dem Gebiet der zolltariflichen Einreihung Aufgabe des Gerichtshofs, dem nationalen Gericht die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren es die betreffenden Waren richtig in die KN einreihen kann, nicht aber, diese Einreihung selbst vorzunehmen, zumal er nicht immer über die hierfür erforderlichen Angaben verfügt. Somit ist das nationale Gericht hierzu jedenfalls offensichtlich besser in der Lage (Urteile Lohmann und Medi Bayreuth, C‑260/00 bis C‑263/00, EU:C:2002:637, Rn. 26, Digitalnet u. a., C-320/11, C‑330/11, C-382/11 und C‑383/11, EU:C:2012:745, Rn. 61, und X, C‑380/12, EU:C:2014:21, Rn. 34).

33 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisse anhand der Antwort einzureihen, die der Gerichtshof auf die ihm vorgelegte Frage gibt (Urteil X, EU:C:2014:21, Rn. 35).

34 Folglich ist die erste Frage in dem Sinne umzuformulieren, dass das vorlegende Gericht den Gerichtshof nach den Kriterien fragt, anhand deren zu bestimmen ist, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bildschirme in die KN-Position 8471 oder anderenfalls in die KN-Position 8528 einzureihen sind.

35 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. u. a. Urteile RUMA, C‑183/06, EU:C:2007:110, Rn. 27, sowie Medion und Canon Deutschland, C‑208/06 und C‑209/06, EU:C:2007:553, Rn. 34).

36 Das entscheidende Kriterium für die Tarifierung der Waren nach der KN ist in den objektiven Merkmalen und Eigenschaften der Erzeugnisse in dem Zustand zu suchen, in dem sie zur Zollabfertigung gestellt werden. Diese objektiven Merkmale und Eigenschaften der Erzeugnisse müssen zum Zeitpunkt der Zollabfertigung nachprüfbar sein (Urteile Foods Import, C‑38/95, EU:C:1996:488, Rn. 17, sowie Medion und Canon Deutschland, EU:C:2007:553, Rn. 36).

37 Insoweit geht aus der in Rn. 21 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Aufzählung der objektiven Merkmale hervor, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bildschirme zum Zeitpunkt ihrer Einfuhr lediglich Daten von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen wiedergeben konnten, jedoch nach Einschub einer gesondert und zu einem sehr niedrigen Preis verkauften Videokarte in eine hierfür vorgesehene Vorrichtung auch zur Wiedergabe von Composite-Videosignalen genutzt werden konnten.

38 Aus den beschriebenen objektiven Merkmalen ergibt sich ferner, dass diese Bildschirme mit zwei Lautsprechern und einer Fernbedienung versehen waren, die ihren Zweck nur dann erfüllen können, wenn die Bildschirme für den Empfang von Composite-Videosignalen verwendet werden. Außerdem wurde in ihrer Gebrauchsanweisung ausdrücklich auf die audiovisuellen Funktionen des Erzeugnisses und die Möglichkeit des Einschubs einer Videokarte zur Aktivierung des Empfangs von Fernsehsignalen hingewiesen.

39 Nach ständiger Rechtsprechung kann aber der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er der Ware innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lassen muss (vgl. Urteile RUMA, EU:C:2007:110, Rn. 36, und X, EU:C:2014:21, Rn. 39).

40 Gemäß dieser Rechtsprechung ist für die zollrechtliche Einordnung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bildschirme der ihnen innewohnende Verwendungszweck zu berücksichtigen, so wie auf der Grundlage ihrer objektiven Merkmale feststellbar ist. Angesichts der vom vorlegenden Gericht beschriebenen objektiven Merkmale besteht der den fraglichen Bildschirmen innewohnende Verwendungszweck darin, zum einen Daten, die von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine stammen, und zum anderen Composite-Videosignale wiederzugeben.

41 Es ist insbesondere zu beachten, dass der Hersteller dieser Bildschirme sie ausdrücklich so konzipiert hat, dass sie zur Wiedergabe von Composite-Videosignalen nutzbar gemacht werden können, indem er in sie Bestandteile eingebaut hat, die die Wiedergabe solcher Signale nach Einschub einer sehr kostengünstigen Videokarte in eine hierzu vorgesehene Vorrichtung ermöglichen, indem er sie weiter mit zwei Lautsprechern ausgestattet und mit einer Fernbedienung versehen hat, die ihren Zweck nur dann erfüllen können, wenn die Bildschirme für den Empfang von Composite-Videosignalen verwendet werden, und indem er schließlich in der Gebrauchsanweisung auf diese Funktion hingewiesen hat.

42 In diesem Sinne sind die Umstände der vorliegenden Rechtssache von denen zu unterscheiden, die dem Urteil Medion und Canon Deutschland (EU:C:2007:553) zugrunde lagen, das Camcorder betraf, die durch eine Freischaltung in die Lage versetzt wurden, neben den von der eingebauten Kamera und dem eingebauten Mikrofon stammenden Bildern und Tönen auch solche von extern eingehenden Videosignalen aufzuzeichnen. Aus diesem Urteil geht nämlich hervor, dass die Camcorder nicht ausdrücklich dafür konzipiert worden waren, diese Funktion zu erfüllen, da sie nur durch eine verhältnismäßig komplexe Freischaltung hierfür nutzbar gemacht werden konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil Medion und Canon Deutschland, EU:C:2007:553, Rn. 40 und 42).

43 Aus alledem ergibt sich, dass für die zolltarifliche Einreihung von Bildschirmen mit den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden objektiven Merkmalen, wie sie das vorlegende Gericht beschreibt, der ihnen innewohnende Verwendungszweck zu berücksichtigen ist, der darin besteht, zum einen Daten, die von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine stammen, und zum anderen Composite-Videosignale wiederzugeben.

44 Sodann bleibt die Methode festzulegen, der für die zolltarifliche Einreihung solcher Bildschirme zu folgen ist, die dazu geeignet sind, zum einen Daten, die von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine stammen, und zum anderen Composite-Videosignale wiederzugeben.

45 Im Urteil Kamino International Logistics (EU:C:2009:105) hatte der Gerichtshof indessen bereits Gelegenheit, sich zu den Kriterien zu äußern, die für die zollrechtliche Tarifierung solcher Bildschirme, die zum einen Daten aus einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine und zum anderen Composite-Videosignalen wiedergeben können, heranzuziehen sind.

46 In diesem Urteil hat der Gerichtshof auf die ständige Rechtsprechung verwiesen, der zufolge sowohl die einleitenden Anmerkungen zu den Kapiteln der KN als auch die Erläuterungen zur Nomenklatur der WZO wichtige Hilfsmittel sind, um eine einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs zu gewährleisten, und deshalb als wertvolle Erkenntnismittel für die Auslegung des Tarifs angesehen werden können (vgl. Urteile Siemens Nixdorf, C‑11/93, EU:C:1994:206, Rn. 12, sowie Kamino International Logistics, EU:C:2009:105, Rn. 32).

47 Gemäß Anmerkung 5 B Buchst. a bis c zu Kapitel 84 der KN gehören Bildschirme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als Einheiten einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine zu der KN-Position 8471, wenn sie drei Voraussetzungen erfüllen, nämlich wenn sie von der ausschließlich oder hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendeten Art sind, wenn sie an die Zentraleinheit anschließbar sind und wenn sie in der Lage sind, Daten in einer Form zu empfangen oder zu liefern, die vom System verwendbar sind (Urteil Kamino International Logistics, EU:C:2009:105, Rn. 41).

48 Die dem Gerichtshof vorliegenden Akten enthalten nichts, was darauf hindeutete, dass im vorliegenden Fall die zweite und die dritte dieser Voraussetzungen nicht erfüllt wären.

49 Was die erste der genannten Voraussetzungen betrifft, so hat der Gerichtshof entschieden, dass die bloße Möglichkeit zur Wiedergabe von Bildern aus anderen Quellen als einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine die Einreihung eines Bildschirms in die KN-Position 8471 angesichts des Wortlauts der Anmerkung 5 B Buchst. a zu Kapitel 84 der KN, die auf Einheiten Bezug nimmt, die „ausschließlich“ oder „hauptsächlich“ in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendet werden, nicht ausschließen kann (Urteil Kamino International Logistics, EU:C:2009:105, Rn. 43 bis 45).

50 Was die Kriterien betrifft, die die Feststellung erlauben, ob Bildschirme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Einheiten von der Art sind, wie sie „hauptsächlich“ in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendet werden, hatte der Gerichtshof bereits Gelegenheit, klarzustellen, dass die Erläuterungen zur Position 8471 des HS, insbesondere diejenigen in den Nrn. 1 bis 5 des Teils I D über Anzeigeeinheiten für automatische Datenverarbeitungsmaschinen, heranzuziehen sind (Urteil Kamino International Logistics, EU:C:2009:105, Rn. 59).

51 Aus diesen Erläuterungen geht hervor, dass sich die hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Monitore nicht nur danach, dass sie über eine Schnittstelle verfügen, die ihrer Art nach zum Anschluss an Datenverarbeitungssysteme geeignet ist, sondern auch nach weiteren technischen Merkmalen bestimmen lassen, insbesondere danach, dass sie für eine Arbeit im Nahbereich ausgelegt sind, dass sie nicht über die Möglichkeit der Wiedergabe von Fernsehsignalen verfügen, dass ihre elektromagnetischen Feldemissionen gering sind, dass die Größe ihrer Anzeigebildpunkte bei mittlerer Auflösung mit 0,41 mm beginnt und bei hoher Auflösung geringer wird und dass ihre Bandbreite 15 MHz oder mehr beträgt, sowie danach, dass ihre Bildpunkte kleiner, ihre Konvergenzraten aber höher sind als bei Videomonitoren der Position 8528 (Urteil Kamino International Logistics, EU:C:2009:105, Rn. 60).

52 Insoweit hat die Kommission darauf hingewiesen, dass bestimmte der in Rn. 21 des vorliegenden Urteils beschriebenen objektiven Merkmale der im Ausgangsverfahren fraglichen Bildschirme darauf hinzudeuten schienen, dass diese nicht dafür bestimmt seien, hauptsächlich für die Wiedergabe von aus automatischen Datenverarbeitungssystemen stammenden Daten verwendet zu werden. Hierfür sprächen insbesondere ihre erhebliche Größe mit einer Diagonale von 106,6 cm, die Größe ihrer Bildpunkte mit deutlich über 0,41 mm und ihre Ausstattung mit zwei Lautsprechern und einer Fernbedienung, die ihren Zweck nur dann erfüllen könnten, wenn der Bildschirm für den Empfang von Composite-Videosignalen verwendet werde.

53 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der objektiven Merkmale der im Ausgangsverfahren fraglichen Bildschirme und namentlich der in den Erläuterungen zu Position 8471 des HS, insbesondere in den Nrn. 1 bis 5 des Teils I D über Anzeigeeinheiten für automatische Datenverarbeitungsmaschinen, genannten Merkmale zu ermitteln, ob es sich bei diesen Bildschirmen um hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendete Monitore handelt und sie damit in die Unterposition 8471 60 90 der KN einzureihen sind.

54 Im Hinblick auf die vorstehenden Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass für die zolltarifliche Einreihung von Bildschirmen mit den im Ausgangsverfahren fraglichen objektiven Merkmalen in die KN der ihnen innewohnende Verwendungszweck zu berücksichtigen ist, der darin besteht, zum einen von automatischen Datenverarbeitungsmaschinen stammende Daten und zum anderen Composite-Videosignale wiederzugeben. Solche Bildschirme sind in die Unterposition 8471 60 90 der KN einzureihen, wenn sie ausschließlich oder hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen im Sinne der Anmerkung 5 B Buchst. a zu Kapitel 84 der KN verwendet werden, oder in die Unterposition 8528 21 90 der KN, wenn dies nicht der Fall ist, wobei es Sache des vorlegenden Gerichts ist, dies auf der Grundlage der objektiven Merkmale der im Ausgangsverfahren fraglichen Bildschirme und namentlich der in den Erläuterungen zu Position 8471 des HS, insbesondere in deren Nrn. 1 bis 5 des Teils I D über Anzeigeeinheiten für automatische Datenverarbeitungsmaschinen, genannten Merkmale zu ermitteln.

Zur zweiten Frage

55 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Verordnung Nr. 754/2004 rückwirkend angewendet werden darf.

56 Die Verordnung Nr. 754/2004 sieht die Einreihung von Farb-Plasmabildschirmen mit diagonaler Bildschirmabmessung von 106 cm und mit den im Anhang zu dieser Verordnung beschriebenen Merkmalen in die Position 8528 21 90 der KN vor. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass die Einfuhren der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisse zu einem Zeitpunkt erfolgt sind, der vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 754/2004 lag.

57 Nach ständiger Rechtsprechung lässt aber der Grundsatz der Rechtssicherheit keine rückwirkende Anwendung einer Verordnung zu, unabhängig davon, ob sich eine solche Anwendung für den Betroffenen günstig oder ungünstig auswirkt, es sei denn, dass es im Wortlaut oder in der Zweckrichtung einen hinreichend klaren Anhaltspunkt gibt, der die Annahme zulässt, dass die Verordnung nicht nur für die Zukunft gilt (Urteil Duchon, C‑290/00, EU:C:2002:234, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall spricht nichts in der Präambel der Verordnung Nr. 754/2004, im Wortlaut ihrer Bestimmungen oder in ihrem Anhang dafür, dass diese Verordnung rückwirkend anzuwenden wäre.

58 Jedenfalls hatte der Gerichtshof bereits die Gelegenheit, klarzustellen, dass eine Verordnung, die die Voraussetzungen für die Einreihung in eine Position oder Unterposition der KN näher bestimmt, keine Rückwirkung haben darf (vgl. in diesem Sinne Urteile Siemers, 30/71, EU:C:1971:111, Rn. 8, Gervais-Danone, 77/71, EU:C:1971:129, Rn. 8, und Biegi, 158/78, EU:C:1979:87, Rn. 11).

59 Folglich ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Verordnung Nr. 754/2004 nicht rückwirkend angewendet werden darf.

Kosten

60 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

 

 

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