EuGH: Einschränkende Rechtsprechung zur Befreiung von der Energiesteuer für die Luftfahrt
EuGH, Urteil vom 1.12.2011 - C-79/10, Systeme Helmholz GmbH gegen Hauptzollamt Nürnberg
Tenor
1. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, einem Unternehmen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das zur Anbahnung von Geschäften ein ihm gehörendes Flugzeug nutzt, um Mitarbeiter zu Kunden oder Messen zu befördern, nicht zugutekommt, da diese Beförderung nicht unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen durch dieses Unternehmen dient.
2. Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 ist dahin auszulegen, dass Kraftstoffe, die für Flüge zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück verwendet werden, nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen.
Aus den Gründen
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Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 11 Abs. 3, 14 Abs. 1 Buchst. b und 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51).
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Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Systeme Helmholz GmbH (im Folgenden: Systeme Helmholz) und dem Hauptzollamt Nürnberg (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen dessen Entscheidung, der Systeme Helmholz die Mineralölsteuer, die auf den für ein Flugzeug dieser Gesellschaft bestimmten Kraftstoff erhoben worden ist, nicht zu vergüten, weil diese Gesellschaft kein Luftfahrtunternehmen ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
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Der 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/96 lautet:
„Bestehende internationale Verpflichtungen sowie der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in der Gemeinschaft machen es ratsam, bestehende Steuerbefreiungen für Energieprodukte zur Verwendung in der Luft- und Schifffahrt - außer in der Luft- und Schifffahrt zu privaten Vergnügungszwecken - beizubehalten; die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, diese Steuerbefreiungen einzuschränken."
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Art. 11 Abs. 3 dieser Richtlinie sieht vor:
„Bei einer gemischten Verwendung entspricht die Besteuerung dem jeweils verwendeten Anteil, wobei allerdings ein nur geringfügiger betrieblicher oder nichtbetrieblicher Anteil außer Acht gelassen werden kann."
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Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der genannten Richtlinie bestimmt:
„Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:
...
b) Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt.
Im Sinne dieser Richtlinie ist unter der ‚privaten nichtgewerblichen Luftfahrt‘ zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird.
Die Mitgliedstaaten können die Steuerbefreiung auf Lieferungen von Flugturbinenkraftstoff (KN-Code 2710 19 21) beschränken".
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Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 lautet:
„Unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften können die Mitgliedstaaten unter Steueraufsicht uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen gewähren für
...
j) Kraftstoffe, die bei der Fertigung, Entwicklung, Erprobung und Wartung von Luftfahrzeugen und Schiffen verwendet werden".
Nationales Recht
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Einschlägig sind das Mineralölsteuergesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. 1992 I S. 2185, MinöStG) in der im Streitjahr 2004 geltenden Fassung und die Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung - MinöStV) vom 15. September 1993 (BGBl. 1993 I S. 1602) in der 2004 geltenden Fassung.
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§ 4 MinöStG sah u. a. vor:
„Steuerbefreiungen, Begriffsbestimmungen
(1) Mineralöl darf vorbehaltlich des § 12 steuerfrei verwendet werden
...
3. als Luftfahrtbetriebsstoff
a) von Luftfahrtunternehmen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, Sachen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen,
b) in Luftfahrzeugen von Behörden und der Bundeswehr für dienstliche Zwecke sowie der Luftrettungsdienste für Zwecke der Luftrettung.
Luftfahrtbetriebsstoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Flugbenzin der Unterposition 2710 0026, dessen Researchoktanzahl den Wert 100 nicht unterschreitet, leichter Flugturbinenkraftstoff der Unterposition 2710 0037 und Flugturbinenkraftstoff (mittelschweres Öl) der Unterposition 2710 0051 der Kombinierten Nomenklatur, wenn diese in Luftfahrzeugen verwendet werden;
..."
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In § 12 MinöStG hieß es:
„Erlaubnis
Wer Mineralöl, das nach § 3 Abs. 1 bis 3, 5 und 7, § 4 oder § 32 Abs. 1 und 2 steuerbegünstigt ist,
1. verwenden oder an andere zu steuerbegünstigten Zwecken abgeben (verteilen) oder
2. als Verwender oder Verteiler
a) in ein Gebiet außerhalb des Verbrauchsteuergebiets der Europäischen Gemeinschaft (Drittland) oder
b) zu gewerblichen Zwecken oder im Versandhandel in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft (Mitgliedstaat) verbringen
will, bedarf der Erlaubnis. ..."
§ 50 Abs. 1 MinöStV in der 2004 geltenden Fassung bestimmte:
„Erstattung oder Vergütung der Steuer für Luftfahrtbetriebsstoffe
(1) Auf Antrag wird die Steuer für Luftfahrtbetriebsstoffe Luftfahrtunternehmen und Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes erstattet oder vergütet, die sie im Steuergebiet versteuert bezogen und für steuerfreie Flüge verwendet haben. ..."
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Systeme Helmholz betreibt ein Unternehmen zur Entwicklung und zum Vertrieb von elektronischen Komponenten und Software. Sie ist Eigentümerin eines Flugzeugs, das von ihrem Geschäftsführer sowohl für private Zwecke als auch für Flüge zu anderen Firmen und zu Messen sowie für Wartungs- und Schulungsflüge eingesetzt wird. Über eine Betriebsgenehmigung im Sinne des deutschen Luftverkehrsgesetzes, die für Luftfahrtunternehmen in Deutschland verpflichtend ist, verfügt sie nicht.
Über die Nutzung des Flugzeugs führte Systeme Helmholz monatliche Aufzeichnungen, in denen das Datum, die Flugstrecke, die Flugdauer und der Zweck des Flugs angegeben wurden. Mit Antrag vom 16. Dezember 2005 beantragte sie für eine Menge von 2 358 Liter Flugbenzin die Vergütung der Mineralölsteuer in Höhe von 1 700,12 Euro für im Jahr 2004 durchgeführte, betrieblich veranlasste Flüge in Deutschland, zu denen sie auch Flüge zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück sowie Schulungsflüge rechnete.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2006 lehnte das Hauptzollamt diesen Antrag mit der Begründung ab, dass Systeme Helmholz kein Luftfahrtunternehmen sei.
Nachdem das Hauptzollamt den Einspruch von Systeme Helmholz gegen die Ablehnung der Erstattung mit Entscheidung vom 12. April 2006 als unbegründet zurückgewiesen hatte, erhob Systeme Helmholz Klage beim Finanzgericht München. Dieses urteilte, dass Systeme Helmholz hinsichtlich der betrieblich veranlassten Flüge mit Ausnahme der Wartungs- und Schulungsflüge ein Anspruch auf Vergütung der Mineralölsteuer aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 zustehe. Nach Ansicht des Finanzgerichts München ist eine Beschränkung der Steuerbefreiung auf Luftfahrtunternehmen dieser Vorschrift nicht zu entnehmen. Die Nutzung eines Flugzeugs im Werkverkehr eines Unternehmens zur Anbahnung von Geschäften verfolge einen kommerziellen Zweck, so dass die gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gegeben seien.
Was Flüge zur Wartung und zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Luftfahrzeugs sowie Schulungsflüge betrifft, entschied das Finanzgericht hingegen, dass diese nicht von der Steuerbegünstigung nach der Richtlinie 2003/96 erfasst seien. Denn Art. 15 Abs. 1 Buchst. j dieser Richtlinie sehe nur die Möglichkeit einer Begünstigung für Kraftstoffe vor, die bei der Wartung des Luftfahrzeugs verwendet würden. Ferner handle es sich bei Wartungs- und Schulungsflügen deshalb nicht um Flüge für kommerzielle Zwecke, weil diese sowohl aus privaten als auch aus betrieblichen Gründen veranlasst seien und keinen unmittelbaren Bezug zur unternehmerischen Tätigkeit aufwiesen. Auch eine anteilige Zurechnung komme nicht in Betracht, da diese Möglichkeit in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 nicht vorgesehen sei.
Gegen dieses Urteil legten Systeme Helmholz und das Hauptzollamt beim Bundesfinanzhof Revision ein; Systeme Helmholz wegen der Ablehnung der Steuerbefreiung für Wartungs- und Schulungsflüge und das Hauptzollamt, soweit in diesem Urteil zugunsten von Systeme Helmholz die Steuerbefreiung des für Werksflüge dieser Gesellschaft verbrauchten Kraftstoffs festgestellt wurde.
Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 dahin gehend auszulegen, dass der Ausschluss der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt von der Steuerbegünstigung bedeutet, dass eine Steuerbefreiung für Energieerzeugnisse zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt nur Luftfahrtunternehmen zu gewähren ist, oder ist die Steuerbefreiung auf alle in der Luftfahrt eingesetzten Kraftstoffe zu erstrecken, sofern der Einsatz des Flugzeugs erwerbsbezogenen Zwecken dient?
2. Ist Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 dahin gehend auszulegen, dass sich die Bestimmung auch auf Kraftstoffe bezieht, die ein Flugzeug für den Flug zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück benötigt, oder gilt die Begünstigungsmöglichkeit nur für Unternehmen, deren eigentlicher Geschäftszweck die Fertigung, Entwicklung, Erprobung oder Wartung von Luftfahrzeugen ist?
3. Ist Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 dahin gehend auszulegen, dass beim Einsatz eines sowohl privat als auch gewerblich genutzten Flugzeugs für Wartungs- oder Schulungsflüge nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Rechtlinie 2003/96 eine auf die gewerbliche Verwendung bezogene anteilmäßige Steuerbefreiung für den bei diesen Flügen eingesetzten Kraftstoff zu gewähren ist?
4. Falls die Frage zu Nr. 3 verneint wird: Kann aus der Unanwendbarkeit des Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 geschlossen werden, dass bei gemischter Verwendung eines Flugzeugs zu privaten und gewerblichen Zwecken für Wartungs- und Schulungsflüge keine Steuerbefreiung zu gewähren ist?
5. Falls die Frage zu Nr. 3 bejaht wird oder falls sich aus einer anderen Bestimmung der Richtlinie 2003/96 eine entsprechende Rechtsfolge ergibt: Welche Kriterien und welcher Bezugszeitraum sind der Bestimmung des jeweiligen verwendeten Anteils im Sinne des Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 bei Wartungs- und Schulungsflügen zugrunde zu legen?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 auf ein Unternehmen wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende anwendbar ist, dessen Geschäftszweck nicht dem Luftverkehrsgewerbe zuzurechnen ist und das zur Anbahnung von Geschäften ein ihm gehörendes Flugzeug nutzt, um Mitarbeiter zu Kunden oder Messen zu befördern.
Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass die in der Richtlinie 2003/96 vorgesehenen Bestimmungen über die Befreiungen unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und der mit der genannten Richtlinie verfolgten Ziele autonom auszulegen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. April 2004, Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, C‑389/02, Slg. 2004, I‑3537, Randnr. 19, vom 1. März 2007, Jan De Nul, C‑391/05, Slg. 2007, I‑1793, Randnr. 22, und vom 11. November 2011, Sea Fighter, C‑505/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 14).
Was erstens den Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 betrifft, sieht dessen Unterabs. 1 eine Steuerbefreiung für „Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt" vor. In Unterabs. 2 wird sodann der Begriff der „privaten nichtgewerblichen Luftfahrt" negativ dahin definiert, dass „das Luftfahrzeug ... für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird".
Dem Ausdruck „nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen" ist zu entnehmen, dass bei der Luftfahrt, die unter diese Befreiung fällt, der Kraftstoff für ein Luftfahrzeug verwendet wird, das unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient. Der Begriff „Luftfahrt" verlangt somit, dass die entgeltliche Dienstleistung unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeugs zusammenhängt (vgl. in diesem Sinne Urteil Sea Fighter, Randnr. 18).
Diese Auslegung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 wird im Übrigen durch die vorbereitenden Arbeiten gestützt. Denn in ihrem Richtlinienvorschlag, der in den Erlass der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABl. L 316, S. 12) mündete, beabsichtigte die Europäische Kommission mit der Einführung einer Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, „die gegenwärtige Befreiung der Öllieferungen für internationale kommerzielle Flüge auf den gesamten kommerziellen Flugverkehr auszudehnen" (KOM[90] 434 endg.). Nach Ansicht der Kommission „würde [dies] ... Gleichbehandlung von Flügen zwischen allen beliebigen Punkten innerhalb der Gemeinschaft bedeuten, was dem schrankenlosen Binnenmarkt entspräche. Treibstofflieferungen für den privaten Flugverkehr sollten steuerpflichtig sein, wie es heute generell der Fall ist." Die Kommission unterschied also bei der Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, zwischen kommerzieller und privater Luftfahrt.
Zweitens folgt aus dem Ziel der Richtlinie 2003/96, das darin besteht, dass Mitgliedstaaten Energieerzeugnisse besteuern, dass diese Richtlinie keine allgemeinen Steuerbefreiungen einführen will (vgl. in diesem Sinne Urteil Sea Fighter, Randnr. 21).
Im Übrigen geht aus dem 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/96 hervor, dass deren Art. 14 Abs. 1 Buchst. b die Einhaltung internationaler Verpflichtungen und der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in der Gemeinschaft zugrunde liegt.
Die Bezugnahme auf internationale Verpflichtungen betrifft nach den Ausführungen der Kommission in erster Linie die für die Zivilluftfahrt bestimmten Steuerbefreiungen für Energieerzeugnisse, die den Luftfahrtgesellschaften aufgrund des am 7. Dezember 1944 in Chicago unterzeichneten Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt (Recueil des traités des Nations Unies, Bd. 15, S. 296) sowie aufgrund internationaler bilateraler Abkommen über Luftfahrt-Dienstleistungen, die zwischen der Europäischen Union und/oder ihren Mitgliedstaaten und Drittstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten untereinander geschlossen wurden, zugutekommen.
Was den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in der Gemeinschaft betrifft, bezieht sich diese im 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/96 angesprochene Wettbewerbsfähigkeit, wie die zyprische Regierung und die Kommission geltend machen, in erster Linie auf diejenige der Luftfahrtgesellschaften der Gemeinschaft gegenüber derjenigen der Luftfahrtgesellschaften von Drittstaaten. Denn die Besteuerung von Kraftstoff, der für die von den europäischen Luftfahrtgesellschaften durchgeführten innergemeinschaftlichen und internationalen Flüge verwendet wird, würde die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen gegenüber Luftfahrtgesellschaften von Drittstaaten erheblich verringern.
Aus diesen Erwägungen folgt, dass die Luftfahrttätigkeiten eines Unternehmens wie Systeme Helmholz, die darin bestehen, Mitarbeiter mit einem diesem Unternehmen gehörenden Flugzeug zu Kunden oder Messen zu befördern, nicht der Verwendung eines Luftfahrzeugs für kommerzielle Zwecke im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 gleichgestellt werden können, und somit nicht unter die in dieser Vorschrift vorgesehene Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, fallen, da es sich um Luftfahrttätigkeiten handelt, die nicht unmittelbar der Erbringung einer entgeltlichen Luftfahrt-Dienstleistung dienen.
Dieses Ergebnis kann nicht durch den Umstand in Frage gestellt werden, dass zwischen den einzelnen Sprachfassungen von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 1 dieser Richtlinie gewisse Abweichungen bestehen, was die Luftfahrttätigkeiten betrifft, die von der in dieser Vorschrift vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Während zahlreiche Sprachfassungen dieser Vorschrift Ausdrücke verwenden, die ausschließlich auf Freizeitaktivitäten zu verweisen scheinen, wie die englische und die französische Fassung, die die Ausdrücke „private pleasure‑flying" („Luftfahrt für private Vergnügungszwecke") bzw. „aviation de tourisme privée" („Luftfahrt für privaten Tourismus") verwenden, verwendet die deutsche Fassung den Ausdruck „private nichtgewerbliche Luftfahrt", der auf sämtliche nichtgewerbliche Aktivitäten zu verweisen scheint.
Allerdings werden diese unterschiedlichen Ausdrücke in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/96 ausdrücklich so definiert, „dass das Luftfahrzeug ... für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird". Der Umfang der in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 vorgesehenen Steuerbefreiung ist aufgrund dieser Definition zu bestimmen.
Schließlich stehen die bereits angeführten Urteile Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft und Jan De Nul dem Ergebnis in Randnr. 27 des vorliegenden Urteils nicht entgegen. Denn in diesen Rechtssachen wurden mit dem Kraftstoff, für den eine Steuerbefreiung beantragt worden war, Schiffe betrieben, die der Erbringung einer entgeltlichen Dienstleistung dienten. So hat der Gerichtshof in Randnr. 28 des Urteils Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft festgestellt, dass die in der Durchführung von Seebestattungen auf hoher See unter Einsatz dreier Bestattungsschiffe bestehenden Tätigkeiten der Deutschen See-Bestattungs-Genossenschaft e. G. „unstreitig ... eine entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen darstellen". Im Übrigen hat der Gerichtshof in Randnr. 40 des bereits angeführten Urteils Jan De Nul ausgeführt, dass die Manövriertätigkeit eines Hopperbaggers während der Saug- und Spülarbeiten, d. h. die mit der Ausführung der Baggerarbeiten unmittelbar zusammenhängenden Fahrten, unter den Begriff „Schifffahrt" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 92/81 fällt.
Dies ist der Kontext, in dem Randnr. 23 des Urteils Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, in der der Gerichtshof festgestellt hat, dass „jede Seefahrt zu kommerziellen Zwecken in den Anwendungsbereich der ... Befreiung [fällt]", und Randnr. 25 des genannten Urteils zu lesen sind, in der der Gerichtshof ausgeführt hat, dass die Richtlinie 92/81 nicht nach dem jeweiligen Zweck der Schifffahrt unterscheidet und dass die Wettbewerbsverzerrungen, die durch die Richtlinie verhindert werden sollen, unabhängig von der Art der betreffenden kommerziellen Schifffahrt auftreten können. Somit kommt es für die Anwendung der Steuerbefreiung nicht auf den Zweck der durchgeführten Fahrt an, sofern die Schifffahrt eine entgeltliche Dienstleistung umfasst (Urteil Sea Fighter, Randnr. 17).
Hingegen dienen die Geschäftsreisen von Mitarbeitern von Systeme Helmholz mit dem dieser Gesellschaft gehörenden Flugzeug zu Kunden und Messen zur Förderung der Geschäfte dieser Gesellschaft, die in der Entwicklung und im Vertrieb von elektronischen Komponenten und Software bestehen, nicht unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen durch dieses Unternehmen.
Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, einem Unternehmen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das zur Anbahnung von Geschäften ein ihm gehörendes Flugzeug nutzt, um Mitarbeiter zu Kunden oder Messen zu befördern, nicht zugutekommt, da diese Beförderung nicht unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen durch dieses Unternehmen dient.
Zur zweiten Frage
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die in Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 vorgesehene Steuerbefreiung ausschließlich für Kraftstoffe gilt, die von Unternehmen verwendet werden, die in den Bereichen Fertigung, Entwicklung, Erprobung und Wartung von Luftfahrzeugen tätig sind, oder ob sich diese Steuerbefreiung auch auf Kraftstoffe bezieht, die ein Flugzeug für den Flug zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück benötigt.
Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 bestimmt, dass „die Mitgliedstaaten unter Steueraufsicht uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen gewähren [können] für ... Kraftstoffe, die bei der Fertigung, Entwicklung, Erprobung und Wartung von Luftfahrzeugen und Schiffen verwendet werden".
Erstens geht aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, insbesondere aus der Verwendung der Ausdrücke „bei der" in der deutschen Fassung, „field" in der englischen Fassung und „domaine" in der französischen Fassung, hervor, dass die in Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 vorgesehene Steuerbefreiung der Verwendung von Kraftstoff durch Unternehmen vorbehalten ist, die genau die darin angeführten Tätigkeiten ausführen.
Was zweitens die allgemeine Systematik der Richtlinie 2003/96 betrifft, soll die obligatorische Steuerbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie die Verwendung von Kraftstoff in der kommerziellen Luftfahrt steuerlich fördern, während Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der genannten Richtlinie eine fakultative Steuerbefreiung vorsieht, die speziell bestimmte gewerbliche Tätigkeiten von Flugzeugherstellern und Flugzeugwerften fördern soll, die u. a. den Verbrauch von Kraftstoff am Boden bedingen und von denen keine unter die gewöhnlichen Tätigkeiten der im Luftfahrtgewerbe tätigen Unternehmen fällt.
Folglich bezieht sich Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der genannten Richtlinie nicht auf Kraftstoffe, die von einem Luftfahrzeug für den Flug zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück verbraucht wurden.
Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass Kraftstoffe, die für Flüge zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück verwendet werden, nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen.
Zu den Fragen drei bis fünf
Mit den Fragen drei bis fünf möchte das vorlegende Gericht wissen, ob bei gemischter Verwendung eines Flugzeugs zu privaten und gewerblichen Zwecken eine auf die gewerbliche Verwendung bezogene anteilmäßige Steuerbefreiung für den bei Wartungs- und Schulungsflügen eingesetzten Kraftstoff zu gewähren ist, und, bejahendenfalls, welche Kriterien und welcher Bezugszeitraum der Bestimmung des jeweiligen verwendeten Anteils zugrunde zu legen ist.
In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage sind diese Fragen nicht zu beantworten.
Kosten
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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.