FG Schleswig-Holstein: Einkommensteuer auf laufenden Gewinnen aus der Beteiligung an einer PersGes als Masseverbindlichkeit
FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.11.2013 – 1 K 159/12
Leitsatz
Die Einkommensteuer, die aus laufenden Gewinnen einer Personengesellschaft resultiert, an der der Insolvenzschuldner beteiligt ist, ist Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 InsO , wenn die Beteiligung zur Insolvenzmasse gehört.
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1 ; InsO § 35 Abs. 1 ; BGB § 728 Abs. 2 Satz 1; BGB § 736 Abs. 1 ;
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob die für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 festgesetzte Einkommensteuer eine Masseverbindlichkeit darstellt.
Der Kläger (Kl) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn ... (A). Das Insolvenzverfahren wurde am 30. März 2007 eröffnet. A war in den Streitjahren an der ... GbR (GbR) beteiligt, die steuerlich bei dem Finanzamt ... geführt wurde. Dabei handelte es sich um eine Gesellschaft mit 70 Gesellschaftern, deren Gewinnanteile auf der Grundlage der von dem jeweiligen Gesellschafter erwirtschafteten Umsätze unter Abzug der durch diese verursachten Kostenanteile ermittelt wurde.
Ausdrückliche Vereinbarungen mit A über dessen weitere Betätigung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens traf der Kl nicht.
Mit Schreiben vom 19. April 2007 teilte der Kl der GbR mit, dass er zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des A bestellt worden sei und bat um Überweisung pfändbaren Einkommens in Höhe von 120 € monatlich. Dazu erklärte er:
"Vorausgesetzt wird hierbei, dass Herrn A ein monatlicher Betrag von 7.500,00 € durchschnittlich zur Verfügung, von welchem die Kosten der Angestellten in Abzug gelangen.
Der verbleibende Auszahlungsbetrag kann Herrn A auf ein von Ihnen zu benennendes Konto überwiesen werden."
Außerdem wandte sich der Kl an den Steuerberater der GbR, der zugleich auch Steuerberater des A war, und bat diesen mit einem Schreiben vom 15. Mai 2007 um eine Aufstellung über die Einkünfte des A.
Der Steuerberater reagierte darauf mit Schreiben vom 22. Mai 2007, das folgenden auszugsweisen Wortlaut hat:
"A erzielt derzeit (01-04/2007) durchschnittliche Einnahmen in Höhe von EURO
9.783,51.
Abzuziehen sind von diesem Betrag noch Betriebsausgaben
(Aufwendungen für: Personal, Betriebs-Kfz, Telefon, Reisekosten usw.)
3.859,54
Somit ergeben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von monatlich
5.923,97
Weiterhin sind abzuziehen:
Krankenversicherungsbeträge in Höhe von monatlich
784,04
Altersvorsorge-/Renteneinzahlungen (entsprechend Regelung bei Arbeitnehmern […])
522,38
Steuerbelastung (Einkommen- und Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag)
1.050,92
Das Nettoeinkommen beträgt monatlich
3.566,63
Nicht pfändbarer Betrag
???
Pfändbarer Restbetrag
???
Auf dem Schreiben vermerkte der Kl handschriftlich einen pfändungsfreien Betrag in Höhe von 2.811,18 € und den danach pfändbaren Betrag von 755,45 €, sodann faxte er das Schreiben am 25. Mai 2007 zurück an den Steuerberater des A. Die GbR überwies diesen Betrag ab Mai 2007 monatlich an den Kl.
In seinem Bericht zur ersten Gläubigerversammlung vom 15. Juni 2007 führte der Kl zu der Beteiligung des A an der GbR u.a. folgendes aus:
"Der Schuldner ist Gesellschafter der
... GbR […]
Es gibt 70 Gesellschafter. […]
Die GbR ist rechtlich selbständig und von diesem Insolvenzbeschlag nicht umfasst.
Die Bezüge des Schuldners von der GbR wurden in der Vergangenheit abgeleitet von seinen Umsätzen und von den Sach- und Personalkosten, die der Schuldner in Bezug auf seinen Eigenumsatz auslöste.
Der Steuerberater der GbR […] wurde ersucht, monatliche Einnahmenüberschussrechnungen zu führen und den pfändbaren Anteil zur Masse abzuführen.
Der Schuldner hält die Tätigkeit als Gesellschafter der GbR aufrecht.
Es ist nicht bekannt, ob die Mitgesellschafter entsprechend § 8 des Gesellschaftsvertrages das Ausscheiden des Gemeinschuldners aus der GbR verlangen. Die GbR soll selbst kein Aktivvermögen unterhalten. Somit ist mit einem Abfindungsguthaben nicht zu rechnen. Dieser Vorgang ist noch zu untersuchen."
Mit Schreiben vom 13. Juni 2008 teilte A dem Kl mit, dass er seit dem 1. Juni 2008 als angestellter Geschäftsführer für eine Firma ... Ltd. (Ltd.) tätig sei und für diese Tätigkeit ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.979 € erhalte. Zugleich bat er den Kl darum, die GbR zu unterrichten, dass diese angesichts der fortbestehenden Pfändungsfreibeträge keine Zahlungen mehr an ihn - den Kl - zu leisten habe. Hintergrund des Schreibens war der dem Kl nicht bekannte Umstand, dass A beabsichtigte, dass die Ltd., deren alleinige Gesellschafterin die Ehefrau des A war, Beteiligte der GbR werden und den auf seine Tätigkeit entfallenden Gewinnanteil vereinnahmen sollte. Tatsächlich wurde die Ltd. zu keinem Zeitpunkt Gesellschafterin der GbR, A setzte seine Tätigkeit unverändert fort.
Ebenfalls ab Juni 2008 stellte die GbR die monatlichen Zahlungen an den Kl ein. Unter Bezugnahme auf das Schreiben des A vom 13. Juni 2008, das nunmehr auch der GbR vorlag, erkundigte sich diese unter dem 10. Oktober 2008 schriftlich bei dem Kl, wie weiter verfahren werden solle. Dieser teilte ihr mit Schreiben vom 13. Oktober 2008 mit, dass nach dem Ausscheiden des "Arbeitnehmers" A keine Beträge mehr von der GbR an ihn - den Kl - zu leisten seien.
Das insoweit zuständige Finanzamt ... stellte die Gewinnanteile des A aus dessen Beteiligung an der GbR mit 77.443,28 € (2008) bzw. mit 57.772,63 € (2009) fest. Auf die Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wird Bezug genommen. Auf deren Grundlage setzte das beklagte Finanzamt (Bekl) die Einkommensteuer für die Streitjahre unter dem 7. Dezember 2010 (2008) bzw. unter dem 14. Dezember 2010 (2009) fest. Die Bescheide ergingen gegen den Kl, weil der Bekl davon ausging - und ausgeht -, dass es sich bei der auf den Gewinnanteil des A entfallenden Einkommensteuer um Masseverbindlichkeiten handelt.
Gegen die Bescheide legte der Kl am 13. Dezember 2010 bzw. am 7. Januar 2011 Einspruch ein. Bei den festgesetzten Steuerbeträgen handele es sich nicht um Masseverbindlichkeiten. Die Bescheide wurden am 27. September 2012 aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen geändert.
Mit Schreiben vom 19. April 2011 wandte der Kl sich an die GbR. Ihm sei durch die zwischenzeitlich ergangenen Steuerbescheide bekannt geworden, dass A erhebliche Einkünfte als Gesellschafter der GbR erzielt habe. Er bat um Mitteilung, ob und ggf. wann A aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden oder die Gesellschaft aufgelöst worden sei. Angesichts der auch ihr bekannten Insolvenz des A habe die GbR keine Zahlungen an A selbst leisten dürfen. Am 27. Juni 2011 stellte der Kl beim LG einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für eine gegen die GbR beabsichtigte Klage. Mit dieser verfolgte er die Verurteilung der GbR zur Zahlung von in 2008 an A gezahlter Beträge in Höhe von (Entnahmen 112.255,44 € abzgl. von der GbR in 2008 zur Insolvenzmasse gezahlter 3.777,25 € =) 108.478,19 € an die Insolvenzmasse. Zur Begründung trug er vor, dass die GbR seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht an S, sondern ausschließlich an ihn - den Kl - als Insolvenzverwalter hätte zahlen dürfen. Da dies nicht geschehen sei, sei die GbR durch die Zahlungen an A gem. § 82 InsO nicht von ihrer Leistungspflicht gegenüber der Insolvenzmasse befreit worden, deren Anspruch auf Zahlung gegen die GbR bestehe fort. Das LG hat den PKH-Antrag mit Beschluss vom 18. Oktober 2011 abgewiesen.
Den vorliegenden Unterlagen zufolge zahlte die GbR im Verlauf des Prozesskostenhilfeverfahrens für die Monate Juni 2008 bis Januar 2009 jeweils 755,45 € an den Kl nach. Für das Jahr 2009 flossen angesichts geänderter Einkommensverhältnisse des A noch weitere 783,77 € zur Insolvenzmasse.
Der Bekl wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 2. November 2012 zurück. Die festgesetzte Einkommensteuer gehöre zu den Masseverbindlichkeiten. Dazu zählten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung ( InsO ) auch die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet würden. A habe in den Jahren 2008 und 2009 mit seiner Beteiligung an der GbR eine selbständige Tätigkeit i.S.d. § 35 Abs. 2 InsO ausgeübt. Gem. dieser Vorschrift in ihrer seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung habe sich der Insolvenzverwalter gegenüber dem Schuldner ausdrücklich zu erklären, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehöre und Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten. Zwar sei die Vorschrift vorliegend (noch) nicht anwendbar. Auch vor ihrer Einführung sei das Institut der Freigabe aber bereits anerkannt gewesen. Eine solche Freigabe eines zur Masse gehörenden Vermögensgegenstandes und seine Überführung in das insolvenzfreie Vermögen setze allerdings eine Willenserklärung des Insolvenzverwalters voraus, aus welcher sich unmissverständlich der Wille zu einem dauernden Verzicht auf die Massezugehörigkeit ergebe. Hier gehöre die Beteiligung des A an der GbR zur Insolvenzmasse. Eine Freigabe durch den Kl sei nicht erfolgt, vielmehr ergebe sich auch aus seinem Bericht vom 15. Juni 2007, dass die Beteiligung zur Masse gehöre. Die auf den Gewinnanteil aus der Beteiligung entfallende Einkommensteuer stelle daher eine Masseverbindlichkeit dar (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429).
Dagegen wendet sich der Kl mit seiner am 12. November 2012 erhobenen Klage. A habe es versäumt, Zahlungen zu leisten, so dass nur ganz geringe Beträge zur Masse gelangt seien. Es sei ihm daher nicht möglich, die Ansprüche des Bekl zu bedienen. Das Insolvenzverfahren sei masseunzulänglich, was er dem Bekl auch angezeigt habe. Bereits für das Jahr 2007 habe der Bekl Einkommensteuer in Höhe von 7.310,43 € festgesetzt. Die Schuld sei von der Ehefrau des A beglichen worden. Ähnliches habe für 2008 und 2009 gelten sollen, es seien aber keine Zahlungen durch A oder seine Ehefrau erfolgt. Der Massebeitrag für 2008 sei auf der Grundlage der Berechnungen des damaligen Steuerberaters des A geleistet worden. Dieser habe von den Bruttoeinnahmen des A die Einkommensteuer bereits abgezogen, lediglich der verbleibende Betrag sei zur Masse gelangt. Er - der Kl - sei davon ausgegangen, dass A die Steuern direkt an den Bekl abgeführt habe, was dieser jedoch, wie ihm - dem Kl - erst viel später bekannt geworden sei, nicht getan habe. Im Übrigen sei er bis zum Ergehen der streitgegenständlichen Steuerbescheide stets davon ausgegangen, dass A Arbeitnehmer der GbR gewesen sei, und dass die Beteiligung lediglich einen "ideellen Wert" dargestellt habe. Tatsächlich handele es sich bei der Beteiligung nur um einen "scheinbaren Vermögensanteil". Nur diejenigen Gesellschafter, die auch tatsächlich arbeiteten und Leistungen erbracht hätten, hätten am Jahresende einen Anspruch auf Auskehrung eines Gewinnanteils gehabt. Auch wenn es sich steuerlich um Einkünfte aus einer Beteiligung handele, gehöre die Arbeitskraft des Insolvenzschuldners nicht zum Insolvenzbeschlag. Eine Freigabe gem. § 35 Abs. 2 InsO habe er nicht erklären können, weil die Vorschrift nur ab dem 1. Juli 2007 eröffnete Insolvenzverfahren erfasse. Die bloße Duldung einer selbständigen Tätigkeit erfülle aber nicht das Tatbestandsmerkmal des Verwaltens der Insolvenzmasse i.S.d. § 55 InsO (Hinweis auf die Urteile des FG Köln vom 19. Januar 2011 7 K 3547/07, EFG 2011, 1257 und 7 K 3529/07, ZVI 2011, 186). Dementsprechend stellten Ertragsteuern aus einer neuen, ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters ausgeübten gewerblichen Tätigkeit des Insolvenzschuldners keine Masseverbindlichkeiten dar (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 11/09, BFH/NV 2010, 751).
Der Kl beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 7. Dezember 2010 und den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 14. Dezember 2010, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2012, aufzuheben.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen,
und bezieht sich im Wesentlichen auf die Begründung der Einspruchsentscheidung. Aus der von dem Kl angeführten Rechtsprechung ergebe sich nichts anderes. Die Urteile des FG Köln bezögen sich auf eine andere Sachverhaltskonstellation: dort sei der Insolvenzschuldner gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Insolvenzverwalters der gewerblichen Tätigkeit nachgegangen. Der Kl habe die Tätigkeit des A auch nicht nur geduldet, vielmehr ergebe sich aus seinem Bericht von 15. Juni 2007, dass er mit der Tätigkeit einverstanden gewesen sei, denn danach hätten die monatlich zu berechnenden Überschüsse der Masse zugeführt werden sollen. Dadurch habe er bezüglich der Einkommensteuer eine Masseverbindlichkeit "in anderer Weise" i.S.d. § 55 Abs. 1 InsO begründet. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit stehe der Feststellung der Höhe der Einkommensteuerschuld nicht entgegen, sie lasse sich allenfalls dem Leistungsgebot oder etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen entgegenhalten, um die es hier nicht gehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die von den Beteiligten zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen. Die Verwaltungsakten, die Akten des Amtsgerichts betreffend das Insolvenzverfahren des A und die Akten des Landgerichts betreffend das Prozesskostenhilfeverfahren) waren beigezogen und Gegenstand des Verfahrens.
Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bekl hat die Einkommensteuerverbindlichkeiten zu Recht als Masseverbindlichkeiten qualifiziert, die angefochtenen Bescheide verletzen den Kl daher nicht in seinen Rechten.
1. Zu den Masseverbindlichkeiten zählen gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO solche Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Dazu gehört nach - soweit ersichtlich - einhelliger Ansicht insbesondere die Einkommensteuer, die aus laufenden Gewinnen einer Personengesellschaft resultiert, an der der Insolvenzschuldner beteiligt ist, sofern die Beteiligung zur Insolvenzmasse gehört. Denn in diesem Fall kommt letzterer der gegen die Gesellschaft gerichtete Zahlungsanspruch unmittelbar zugute (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08,BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429 m.w.N.; Hefermehl in MüKo InsO , § 55 Rz. 72; Benne, BB 2001, 1977; Loose in Tipke/Kruse, AO und FGO , § 251 Rz. 72). Zwar wird die Steuerforderung in diesen Fällen nicht unmittelbar "durch Handlungen des Insolvenzverwalters" im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO begründet. Gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 InsO reicht es aber aus, dass sie "in anderer Weise" im Zusammenhang mit der Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründet wird (BFH-Urteil vom 7. April 2005 V R 5/04, BStBl II 2005, 848 ). So liegt es bei Gewinnanteilen, die auf zur Insolvenzmasse gehörende Beteiligungen entfallen. Denn die Verwaltungs- und Verfügungsrechte betreffend die Beteiligung werden nach der Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter ausgeübt, so dass die Beteiligung zum Verwaltungs- und Verfügungsbereich des Insolvenzverwalters gehört (vgl. Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28. Oktober 2008 13 K 457/07,EFG 2009, 486 und nachfolgend das BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429).
Der Senat verkennt nicht, dass A mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen - zunächst - aus der GbR ausgeschieden ist. Grundsätzlich wird die Gesellschaft gem. § 728 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB ) durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Diese Vorschrift ist zwar dispositiv, so dass sich die übrigen Gesellschafter - wie hier geschehen - auf der Grundlage einer im Vorhinein im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Fortsetzungsklausel dazu entschließen können, die Gesellschaft fortzuführen. In diesem Fall scheidet der betroffene Gesellschafter aber im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 736 Abs. 1 BGB aus der werbenden Gesellschaft aus. Diese Rechtsfolge ist zwingend, sie kann nicht abbedungen werden und führt zur Liquidation seiner Beteiligung mit der Folge, dass der ihm nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages zustehende Abfindungsanspruch i.S.d. §§ 738 ff. BGB der Insolvenzmasse zusteht (vgl. Schäfer in MüKo BGB , § 728 Rz. 31, 44 m.w.N.). Eine Fortsetzung der Gesellschaft unter Einschluss des insolventen Gesellschafters ist mit Rücksicht auf den Zweck des § 728 während des Insolvenzverfahrens nur möglich, wenn der Insolvenzverwalter die bestehende Gesellschaftsbeteiligung des Schuldners aus der Masse freigibt (vgl. Schäfer in MüKo BGB , § 728 Rz. 44; Schöne in BeckOK BGB , § 728 Rz. 11 m.w.N.). Dafür ist hier nichts ersichtlich.
Die Mitgesellschafter sind aber nicht gehindert, den insolventen Gesellschafter unbeschadet des der Insolvenzmasse zustehenden Abfindungsanspruchs als neues Mitglied aufzunehmen. Einer solchen - neuen - Beteiligung steht die gem. § 80 InsO aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgende Verfügungsbeschränkung nicht entgegen, da diese sich nur auf Massegegenstände bezieht, nicht hingegen auf nach der Insolvenzeröffnung vom Schuldner neu erworbene Gegenstände (vgl. Schäfer in MüKo InsO , § 728 Rz. 44 m.w.N.). Vorliegend ist - zumindest konkludent - eine solche neue Beteiligung des A an der GbR nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass weder A noch die anderen Gesellschafter die Notwendigkeit erkannt haben mögen, den A ausdrücklich erneut als Mitgesellschafter aufzunehmen, weil alle einvernehmlich davon ausgingen, dass die Gesellschaft auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des A unverändert mit diesem fortgeführt werden könne. Entscheidend ist vorliegend allein, dass der A nach Ansicht aller Gesellschafter auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Beteiligter der GbR gegen eine Gewinnbeteiligung weiterhin tätig werden sollte und auf dieser Grundlage auch tätig wurde.
2. Der aus dieser Betätigung des A resultierende Gewinnanspruch stand der Masse zu. Denn die - neue - Beteiligung an der GbR gelangte gem. § 35 Abs. 1 InsO als sog. Neuerwerb - neben dem Abfindungsanspruch für die alte Beteiligung - zur Insolvenzmasse. Danach erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Anders wäre das nur dann, wenn die - neue - Beteiligung von dem Kl freigegeben worden wäre. Auch schon vor Einführung des hier nicht anwendbaren § 35 Abs. 2 InsO zum 1. Juli 2007 war es dem Insolvenzverwalter möglich, bestimmte Massegegenstände freizugeben und in das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners zu überführen (vgl. das BFH-Urteil vom 15. Dezember 2009 VII R 18/09, BFH/NV 2010, 1044 unter Hinweis auf das BGH-Urteil vom 1. Februar 2007 IX ZR 178/05, NJW-RR 2007, 1205 ). Eine solche Freigabe setzt jedoch eine Willenserklärung des Insolvenzverwalters voraus, aus welcher sich unmissverständlich ergibt, dass er dauerhaft auf die Massezugehörigkeit der freizugebenden Massegegenstände verzichtet (vgl. BGH-Urteil vom 7. Dezember 2006 IX ZR 161/04, NJW-RR 2007, 845 ). Es lässt sich bezogen auf die Beteiligung des A an der GbR für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht feststellen, dass der Kl eine entsprechende Erklärung abgegeben hat.
Aus dem Vortrag des Kl selbst und seinem Verhalten sowohl in den Streitjahren als auch in den Folgejahren ergibt sich vielmehr, dass der Kl die Beteiligung gerade nicht freigeben wollte. Denn ihm war grundsätzlich stets daran gelegen, die Erträge aus der Beteiligung zur Masse zu ziehen. Das ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass er im Jahre 2007 den Steuerberater der GbR und des A bat ihm monatliche Einnahmeüberschussermittlungen zu übersenden, damit er den seiner Meinung nach jeweils zur Masse zu ziehenden Betrag ermitteln/nachvollziehen konnte. Hinzu kommt, dass er im Jahre 2011 noch ein zivilgerichtliches Verfahren gegen die GbR anstrengte, weil er der Ansicht war, die Insolvenzmasse habe weitere Zahlungen auf der Grundlage der Beteiligung des A an der GbR zu beanspruchen. Der Kläger ging also selbst davon aus, dass die Beteiligung Bestandteil der Insolvenzmasse war.
Die Behauptung des Kl, er sei stets davon ausgegangen, dass A Arbeitnehmer der GbR gewesen sei, zwingt zu keiner anderen Betrachtung. Zum einen ist der Sachvortrag des Kl jedenfalls für den Zeitraum bis Ende Mai 2008 schon nicht glaubhaft. Denn aus seinem Schreiben vom 19. April 2007 lässt sich entnehmen, dass der Kl A nicht als Arbeitnehmer betrachtete. In dem Schreiben erklärt er, dass er von einem dem A monatlich zur Verfügung stehenden Betrag in Höhe von 7.500 € ausgehe, von dem noch die "Kosten der Angestellten" in Abzug zu bringen seien. Es erschließt sich nicht, warum ein Arbeitnehmer seinerseits Arbeitnehmer beschäftigen sollte.
Außerdem ergibt sich aus dem von dem Kl ergänzten Schreiben des Steuerberaters der GbR/des A vom 22. Mai 2007, dass A keine Arbeitnehmereinkünfte, sondern "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" bezog, so dass von den durchschnittlichen monatlichen Einnahmen noch "Betriebsausgaben" (nämlich Kosten u.a. für Personal) und "Altersvorsorge-/Rentenzahlungen (entsprechend Regelungen bei Arbeitnehmern)" abgezogen werden müssten. Schließlich ergibt sich auch aus dem Bericht des Kl vom 15. Juni 2007, dass dem Kl von vornherein bewusst war, dass A von der GbR keine Einkünfte als Arbeitnehmer bezog. Denn darin führt er ausdrücklich aus, dass A seine "Betätigung als Gesellschafter" aufrecht erhalte, außerdem stellt er die Modalitäten der Ermittlung des auf A entfallenden Gewinnanteils dar. Von einem stattdessen oder daneben von A bezogenen Arbeitnehmergehalt ist an keiner Stelle die Rede.
Zwar mag es nicht auszuschließen sein, dass der Kl den Inhalt des Schreibens des A vom 13. Juni 2008 dahin verstanden hat, dass letzterer ab Juni 2008 nur noch Einkünfte als Arbeitnehmer bezog. Es kann aber dahinstehen, ob das Schreiben in dieser Weise überhaupt verstanden werden konnte und durfte, zumal sich das Schreiben zu dem Schicksal der Beteiligung überhaupt nicht verhielt. Denn keinesfalls lässt sich dem weiteren Verhalten des Kl entnehmen - auch nicht seiner Erklärung gegenüber der GbR, dass nach dem Ausscheiden des "Arbeitnehmers S" keine Beiträge mehr zur Masse zu leisten seien -, dass er die Beteiligung des A an de GbR aus der Insolvenzmasse freigeben wollte. Das zeigt sich insbesondere an dem bereits oben erwähnten Umstand, dass er im Jahre 2011 die GbR bei dem Landgericht auf Zahlung des Gewinnanteils des A in Anspruch nehmen wollte.
Insofern ist die hier gegebene Sachlage auch nicht mit denjenigen Sachverhaltskonstellationen vergleichbar, die den Entscheidungen zugrunde lagen, auf die sich der Kl nunmehr beruft. D hat seine Tätigkeit keineswegs ohne das Wissen und die Billigung des Kl ausgeübt, wie es hinsichtlich des Insolvenzschuldners in dem Fall gewesen war, den der BFH mit Urteil vom 18. Mai 2010 X R 11/09 (BFH/NV 2010, 2114) entschieden hat. Erst recht hat A die Tätigkeit nicht gegen den erklärten Willen des Kl ausgeübt (so aber die Sachverhaltsgestaltung hinsichtlich der Entscheidungen des FG Köln vom 19. Januar 2011 7 K 3529/07, ZVI 2011, 186, und 7 K 3547/07, EFG 2011, 1257). Vielmehr war dem Kl stets bewusst, dass A seine bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübte Tätigkeit fortführte. Die daraus resultierenden Erträge zog er zur Masse, soweit ihm dies möglich erschien. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Kl seit Juni 2008 bis zum Ergehen der Feststellungsbescheide Ende 2010 einer Fehlvorstellung über die Art und Weise der Betätigung unterlag, so läge allenfalls ein Irrtum über die Grundlage der Tätigkeit des A vor. Einem solchen Irrtum des Insolvenzverwalters kann jedoch keine maßgebliche Bedeutung für die Frage der Qualifizierung einer Steuerforderung als Masseverbindlichkeit zukommen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Irrtum - wie hier - nicht durch eine Täuschung hervorgerufen worden ist und er durch den Insolvenzverwalter leicht hätte ausgeräumt werden können. Angesichts der Tatsache, dass die von ihm unterstellte Tätigkeitsänderung sich mit seinen bis dahin vorliegenden Erkenntnissen nicht in Einklang bringen ließ, drängte sich eine Rückfrage bei A und/oder bei der GbR auf, die allerdings nicht erfolgte.
3. Der Bekl kann die streitgegenständlichen Einkommensteuerbeträge auch in voller Höhe gegen den Kl festsetzen. Die Festsetzung ist nicht auf den zur Masse gelangten Teil der Erträge aus der Beteiligung beschränkt, vielmehr ist die Einkommensteuer auf diese Erträge auch dann in voller Höhe Masseverbindlichkeit, wenn die zur Masse gelangten Erträge nicht ausreichen, um die Einkommensteuerforderung zu erfüllen. Ansonsten wäre die Steuer, die den zur Masse gelangten Betrag übersteigt, als Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen zu qualifizieren. Die Rechtsmacht des Insolvenzverwalters, mit Wirkung für und gegen den Schuldner zu handeln, ist gem. § 80 Abs. 1 InsO jedoch gegenständlich auf die Insolvenzmasse beschränkt. Er kann ausschließlich Masseverbindlichkeiten begründen, nicht hingegen den Schuldner mit seinem insolvenzfreien Vermögen verpflichten. Ist die Einkommensteuer daher - wie dargelegt - aus insolvenzrechtlichen Gründen insgesamt als sonstige Masseverbindlichkeit zu qualifizieren, kann es nicht darauf ankommen, in welchem Umfang entsprechende Erlöse zur Masse gelangen (vgl. dazu das BFH-Urteil vom 16. Mai 2013IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759 m.w.N.).
Aus dem BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 11/09 (BFH/NV 2010, 2114) ergibt sich nichts anderes. Zwar hat der BFH dort erkannt, dass der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet sein könne, Erträge zu versteuern, die er nicht erhalten habe. So liegt es hier jedoch nicht. Denn grundsätzlich standen der Insolvenzmasse sämtliche von A erzielten Erlöse zu. Auf Antrag des A hätte der Kl dem A zwar nach Maßgabe des § 850i Zivilprozessordnung ( ZPO ) einen gewissen Anteil zur Lebensführung belassen müssen. Dazu hätten allerdings nicht - wie hier geschehen - sämtliche Betriebsausgaben (vgl. dazu Becker in Musielak, ZPO , 10. A., § 850i Rz. 5) und schon gar nicht von A nicht monatlich zu entrichtende Beträge für die Einkommensteuer gehört. Indem der Kl dem A aber u.a. diese Beträge beließ, hat er über sie im Wege eines - aus seiner Sicht - "abgekürzten Zahlungsweges" verfügt. Insofern kann nicht die Rede davon sein, dass die Masse die genannten Beträge nicht erhalten habe. Vielmehr hat erst der Kl selbst durch diese Verfügungen die Masse außer Stande gesetzt, die nunmehr festgesetzte Steuer zu begleichen. Dabei traf er mit A weder eine Vereinbarung über die Steuerzahlung, noch machte er ihm entsprechende Auflagen. Darüber hinaus unterließ er es über Jahre hinweg zu überprüfen, ob A die steuerlichen Pflichten aus den ihm belassenen Mitteln auch erfüllte. Die Frage, ob darin eine schuldhafte Verletzung der Pflichten des Kl als Insolvenzverwalter zu sehen ist und ob der Kl sich dadurch haftbar gemacht hat, ist nicht im vorliegenden Verfahren zu klären.
4. Es ist auch nicht von Belang, dass die Höhe des Gewinnanteils maßgeblich vom Umfang der Tätigkeit des A abhängig war. Zwar unterliegt die Arbeitskraft als solche nicht dem Insolvenzbeschlag. Die Arbeitskraft des A war aber - in Gestalt des mit ihr erwirtschafteten Umsatzes - nur Ausgangspunkt bei der Berechnung der Höhe des Gewinnanteils. Dieser wiederum beruht allein auf der Beteiligung an der GbR, die zur Masse gehörte und auf die allein sich hier das maßgebliche Verhalten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO bezog (vgl. schon oben).
5. Schließlich steht eine etwaige Masseunzulänglichkeit dem Erlass der streitgegenständlichen Festsetzungsbescheide nicht entgegen. Das FA muss die nach Insolvenzeröffnung entstehende Einkommensteuer gegenüber dem Insolvenzverwalter festsetzen, soweit es sich bei ihr um Masseverbindlichkeiten handelt. Daran ändert sich nichts, soweit die Masseverbindlichkeiten nach § 210 InsO nicht vollstreckt werden dürfen. Diese Vorschrift stellt ein Vollstreckungsverbot für Masseverbindlichkeiten i.S. des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO auf, sobald der Insolvenzverwalter - wie hier - die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Davon bleibt allerdings die sich aus § 25 EStG i.V.m. § 155 Abs. 1 AO ergebende Verpflichtung des Finanzamts unberührt, die Einkommensteuer durch einen Steuerbescheid festzusetzen. Dieser Steuerbescheid ist gem. § 218 Abs. 1 AO die Grundlage für die Verwirklichung der Einkommensteuer. Ob er vollstreckt werden kann, ergibt sich aus den §§ 249 ff. AO . Das bei angezeigter Masseunzulänglichkeit bestehende Vollstreckungsverbot schränkt i.V.m. § 251 Abs. 2 AO lediglich die Befugnis des FA ein, den Verwaltungsakt zu vollstrecken, nicht aber, ihn zu erlassen (BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 58/06, BFHE 218, 432 , BStBl II 2008, 322 ).
6. Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 135 Abs. 1 FGO . Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO weder dargetan noch sonst ersichtlich sind.