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Steuerrecht
19.04.2012
Steuerrecht
Niedersächsisches. FG: Einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1997

Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.10.2011 - 15 K 10217/09

Sachverhalt

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob ein Gewinn der Kläger im Streitjahr 1997 aus der Veräußerung von Kommanditanteilen der Tarifvergünstigung nach §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegt.

Die Kläger waren Anfang des Streitjahres 1997 Kommanditisten der Sch-GmbH & Co KG (Sch-KG) mit Sitz in B. Diese Gesellschaft war unter anderem auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung von automatischen optischen Inspektionssystemen für die Inspektion von Lötstellen auf Leiterplatten, verbunden mit elektronischen Komponenten ("montierte LP") tätig. Als Komplementärin fungierte die S-GmbH, deren Gesellschafter wiederum die Kläger waren. Im Jahr 1997 beabsichtigte der in I beheimatete O-Konzern, die geschäftlichen Aktivitäten der Sch-KG zu übernehmen, soweit sie sich auf dieses Geschäftsfeld erstreckten. O wollte mit dem Geschäft, das sich bei der Sch-KG bislang auf Deutschland und einige europäische Länder konzentriert hatte, weltweit expandieren. Die Übernahme dieses Geschäfts wurde auf der Grundlage von mindestens acht Verträgen, die allesamt am xxx 1997 geschlossen wurden, vollzogen.

Zunächst gründete die O-S. A. mit Sitz in B, Belgien mit notarieller Urkunde Anfang 1997  die O-Holding GmbH. Mit Vertrag vom xxx 1997 errichteten die Kläger die O-S Verwaltungsgesellschaft mbH, wobei die Kläger zu 1. und 2. jeweils eine Stammeinlage in Höhe von xxx DM, der Kläger zu 3. eine in Höhe von xxx DM übernahmen.

Ebenfalls am xxx 1997 schlossen die Sch-KG, die Kläger, die O-S Verwaltungsgesellschaft mbH und die O-S GmbH & Co KG einen aus drei Teilen bestehenden Gesamtvertrag ("Partnership and Asset Transfer Agreement"). In der Präambel zu diesem Gesamtvertrag erklärten die Vertragsparteien, die Kläger beabsichtigten die O GmbH & Co KG zu gründen, die bestimmte Vermögenswerte der Sch-KG übernehmen solle.

In Teil 1 dieses Vertrages gründeten die Kläger und die O-S Verwaltungsgesellschaft mbH die O-S GmbH & Co KG mit Sitz in B. Ihr Gesellschaftszweck bestand nach § 2 des Teilvertrages in der Entwicklung, Produktion, Vermarktung und dem Verkauf von Systemen zur Inspektion von Leiterplatten in Verbindung mit elektronischen Bauelementen. Komplementärin wurde die O-S Verwaltungsgesellschaft mbH, wobei diese keine Kapitaleinlage leisten und keinen Anteil an den Vermögenswerten der KG erhalten sollte, sondern nur ihre Handlungsfähigkeit und persönliche Haftbarkeit zur Verfügung zu stellen hatte. Kommanditisten wurden die Kläger, wobei die Kläger zu 1. und 2. eine Einlage von jeweils xxx DM und der Kläger zu 3. eine in Höhe von xxx DM übernahmen. Nach § 4.4 des Teilvertrages waren die zu erbringenden Einlagen durch Übertragung von Sachwerten aus dem Vermögen der Sch-KG zu erbringen, wobei der Teilvertrag 2 die näheren Modalitäten regelte. Der O-S Verwaltungsgesellschaft mbH stand für ihre Haftungsübernahme nach § 11.2 des Teilvertrages 1 ein Gewinnvorweg in Höhe von 5 v. H. ihres eigenen Eigenkapitals und nach § 11.1 im Übrigen ein Auslagenersatzanspruch gegen die Sch-KG zu; der verbleibende Nettogewinn der KG stand nach § 14.1 den Klägern im Verhältnis ihrer geleisteten Kommanditeinlagen zu.

Teil 2 des Gesamtvertrages, der zwischen den Klägern, der Sch-KG und der O-S GmbH & Co KG geschlossen wurde, regelte die Modalitäten der nach § 4.4 des Teilvertrages 1 von den Klägern zu erbringenden Sacheinlagen. § 1 (Vermögensübertragung) des Teilvertrags 2 hatte folgenden Wortlaut:

"1.1 Gegenstand der Bestimmungen unter § 1.2 ist die Übertragung der folgenden Vermögensgegenstände gem. § 266 HGB der Sch-KG an die O-S GmbH & Co KG, wie es auch weiterhin in dieser Vereinbarung mit Bezug auf das Geschäft der Sch-KG zum 1. September 1997 ('Abschlussdatum') bestimmt wurde, namentlich

 (a) 'guter Wille und Einsatz'

 (b) Inventar, z. B. Rohmaterialien und Vorräte, noch nicht beendete Werke, beendete Werke und Werbematerial.

Die Vermögenswerte, die hiermit übertragen werden, sind in der Anlage 1.1 extra aufgeführt.

1.2 Sch-KG als Verpächterin geht gleichzeitig ein Pachtverhältnis mit der O-S GmbH & Co KG als Pächterin mit Bezug auf die Immobilien der Sch-KG ein, in welchem die laufenden Geschäfte der O-S GmbH & Co KG geführt werden sollen. Die Pacht soll die Sachanlagen zum Stand des 31. Dezember 1996 der laufenden Geschäfte der Sch-KG beinhalten, welche in der laufenden Geschäftstätigkeit der O GmbH & Co KG benutzt werden.

1.3 Die Sch-KG als Lizenzgeberin geht gleichzeitig eine Lizenzvereinbarung mit der O-S GmbH & Co KG als Lizenznehmerin ein, um bestimmtes Fachwissen in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland benutzen zu können, wonach u. a. O-GmbH & Co KG verpflichtet sein wird, Tantiemen an die Sch-KG zu zahlen ('die Lizenzvereinbarung')."

Nach § 3 des Teilvertrags 2 nahmen die Vertragsparteien zur Kenntnis, dass die mit der Sch-KG geschlossenen Arbeitsverhältnisse mit Wirkung vom 23. Juli 1997 nach § 613 a BGB auf die O-S GmbH & Co KG übergingen. Die Sch-KG verpflichtete sich in § 4 der Vereinbarung, das Eigentum an dem Betriebsvermögen entsprechend der Vereinbarung an die O-S GmbH & Co KG mit Wirkung vom 23. Juli 1997 zu übertragen (§ 4.1 der Vereinbarung). Die Sch-KG gewährte der O-S GmbH & Co KG mit Wirkung vom xxx 1997 den Besitz an dem nach § 1.1 des Teilvertrages übertragenen Inventars. Als Gegenleistung für die Eigentumsübertragung wurden die Stammeinlagen der Kläger in der Sch-KG in dem Verhältnis zu ihrer Beteiligung in der Sch-KG reduziert, "dies zu Höhe des Gesamtbetrages des Nettobuchwerts des Betriebsvermögens zum Vertragsschlusszeitpunkt, wie es in der Eröffnungsbilanz der O-S GmbH & Co KG zu diesem Zeitpunkt aufbereitet wurde." (§ 6 des Teilvertrags 2).

Teilvertrag 3 enthielt schließlich allgemeine Bestimmungen für die Teilverträge 1 und 2. In § 3 des Teilvertrags 3 verpflichtete sich die Sch-KG für eine Frist von zwei Jahren, jegliche Geschäftsaktivitäten in Deutschland zu unterlassen, welche mittelbar mit der laufenden Geschäftstätigkeit der O GmbH & Co KG in Wettbewerb treten könnten. Die Sch-KG durfte während dieser Zeitspanne nicht auf Angestellte einwirken, ihr Angestelltenverhältnis mit der O-S GmbH & Co KG zu beenden. Nach § 4 des Teilvertrages 3 war die Sch-KG ferner zur Vertraulichkeit bezüglich ihres Wissens bezüglich der lizensierten Produkte, des Betriebsvermögens und des Fachwissens verpflichtet.

Ebenfalls am xxx 1997 schlossen die Sch-KG und die O-S GmbH & Co KG einen Pachtvertrag über die Immobilien der Sch-KG in B. Als Pachtzeitraum wurde zunächst die Zeit vom 1. September 1997 bis zum 31. August 2000 bestimmt. Der O-S GmbH & Co KG wurde eine Option auf Verlängerung des Pachtverhältnisses um zwei weitere Zwölfmonatszeiträume zu gewerbeüblichen Bedingungen eingeräumt. Im Pachtvertrag inbegriffen war die Nutzung aller materiellen Vermögenswerte, die bei der derzeitigen unternehmerischen Tätigkeit zum Einsatz kamen.

Am xxx 1997 schlossen die Sch-KG und die O-S GmbH & Co KG darüber hinaus einen Lizenzvertrag. Der GmbH & Co KG wurde eine unbegrenzte, unwiderrufliche und ausschließliche Lizenz mit Gültigkeit im Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für die Nutzung eines bestimmten Know-how zur Entwicklung, Herstellung, Auftragserstellung durch Dritte, Verwendung, Vermarktung, Fertigung, Vermietung, zum Verkauf, zur Wartung und jeglicher sonstigen gewerblichen Verwendung von Produkten, die mit Hilfe des Know-how konstruiert oder hergestellt wurden, gewährt. Unter dem Begriff des Know-how wurde jedes auf Produkte für die optische Prüfung bezogene nichtöffentliche Wissen und geistiges Eigentum und alle nichtöffentliche Technologien verstanden, auch solches Wissen und Eigentum, die nicht dem Schutz durch Patente, das Urheberrecht, Warenzeichen oder sonstige Rechte zum Schutz geistigen Eigentums unterstanden, sofern sie durch die oder im Auftrag der Sch-KG entwickelt wurden oder in Zukunft entwickelt werden, der Gesellschaft gehörten oder gehören werden bzw. sich am Tag des Vertragsschlusses in ihrem Besitz befanden oder noch in den Besitz der Sch-KG gelangen werden. Zum Know-how gehörten auch ohne Einschränkungen Algorithmen für die Kantenerkennung und die Erkennung von Lötbrücken, statistische Verfahren zur Reduzierung von Fehlalarmen, CAD-Lese- und Reparatursoftware, Kenntnisse und Erfahrungswerte, die bei Tests mit verschiedenen Lichtquellen, darunter auch Röntgenstrahlen, gewonnen wurden, ferner alle Prozesse, Theorien, Zeichnungen, Formeln, Herstellungsweisen und -methoden, Betriebsgeheimnisse, Details, Entwürfe und Konstruktionen, Pläne, Blaupausen, Maskenarbeiten, Computerprogramme, Software, Quellcodes, Datenbanken, Kenntnisse (solcher geschäftlicher, technischer, wissenschaftlicher und sonstiger Natur), Verbesserungen, Entdeckungen, Entwicklungen, Innovationen, Modelle, Erfindungen, Techniken, Marketing-Programme, Strategien, Vorhersagen, Finanzpläne, neue Produkte, Preise, Kosten, Jahresabschlüsse, Arbeitsabläufe, Teilelisten, Kunden- und Lieferantenlisten sowie alle Schriftwechsel und Dokumente, die sich auf die oben genannten Bereiche bezogen. Die O-S GmbH & Co KG war berechtigt, den Namen der Sch-KG im Zusammenhang mit den Lizenzprodukten zu verwenden. Alle von der GmbH & Co KG oder ihren Mitarbeitern erfolgten. Änderungen, Verbesserungen, Erweiterungen und oder Weiterentwicklungen des Know-how sollten in das Eigentum der GmbH & Co KG übergehen, während alle von der GmbH & Co KG und der Sch-KG gemeinsam erzielten Änderungen, Verbesserungen und Weiterentwicklungen in das gemeinsame Eigentum beider Gesellschaften übergehen sollten. In einem weiteren Vertrag vom selben Tag erteilte die Sch-KG und die Gesellschafter der israelischen Muttergesellschaft O-Ltd. eine Exklusivlizenz zur Nutzung des in der Sch-KG vorhandenen Know-how außerhalb Deutschlands mit Wirkung ab 1. September 1997. Diese Vereinbarung sah eine Option zugunsten der O-Ltd. vor, später das Know-how gegen einen bestimmten Preis zu erwerben.

Schließlich verkauften und übertrugen die Kläger mit notariell beurkundetem Vertrag vom xxx 1997 mit Wirkung vom x. September 1997 zum Einen einen Teil ihrer Anteile an der O-S Verwaltungsgesellschaft mbH, nämlich die Kläger zu 1. und 2. einen Anteil von jeweils xxx DM, der Kläger zu 3. in Höhe von xxx DM. Zum zweiten verkauften und übertrugen sie mit Wirkung vom selben Tag 51 v. H. ihrer Kommanditanteile an der O-S GmbH & Co KG. Käufer war die O Holding GmbH. Als Kaufpreis für den Verkauf und die Übertragung der Kommandit- und der GmbH-Anteile wurde insgesamt ein Barpreis in Höhe von xxx DM zuzüglich xxx Stammaktien der O-Ltd. vereinbart. Nach § 5 dieses Vertrages machten die Kläger der O Holding GmbH das unwiderrufliche Angebot, die nach Unterzeichnung des Vertrages verbleibenden Kommanditanteile und GmbH-Stammeinlagen zu übertragen. Die Kaufoption wurde später gemäß Vertrag vom 17. Dezember 2000 mit Wirkung vom 1. Januar 2001 ausgeübt zu einem Preis von insgesamt xxx DM. Schließlich sicherten die Kläger der O Holding GmbH in § 3.5 des Übernahmevertrages u. a. zu, dass das gesamte im Zusammenhang mit der derzeitigen unternehmerischen Tätigkeit der O-S GmbH & Co KG eingesetzte Betriebsvermögen mit Ausnahme der Immobilien, des Know-How und der im Rahmen der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft verwendeten materiellen Vermögenswerte in ihrer Eröffnungsbilanz erscheinen und dass die Sch-KG dieses Vermögen auf die O-S GmbH & Co KG übertragen werde.

Schließlich wurde mit gesondertem Vertrag vom xxx 1997 der am selben Tag geschlossene Gesellschaftsvertrag über die Errichtung der O-S GmbH & Co KG geändert und die Kommanditanteile insoweit angepasst, als nunmehr die O Holding GmbH mit einem Anteil von xxx DM als Kommanditistin unter Kürzung der bisherigen Anteile der Kläger aufgeführt wurde.

In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Streitjahr 1997 gab die O-S GmbH & Co KG die Beteiligungsverhältnisse ihrer Komplementärin und ihrer Kommanditisten am Ende des Jahres an. Die laufenden Einkünfte der GmbH & Co KG wurden mit xxx DM beziffert. Daneben erklärte die GmbH & Co KG einen Veräußerungsgewinn in Höhe von xxx DM. In einer Anlage wurde der Veräußerungsgewinn wie folgt ermittelt:


Veräußerungspreis

        

        

Barmittel

xxx DM

        

Abzüglich Anteil für die Stammeinlagen an der O-S Verwaltungsgesellschaft mbH

xxx DM

        

Zuzüglich Aktien der O-Ltd. in  I

xxx DM

xxx DM

Veräußerungskosten

        

        

Rechtsanwaltskosten

xxx DM

        

O-Ltd., Stempelsteuer

xxx DM

xxx DM

Buchwerte des Betriebsvermögens

        

        

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

xxx DM

        

Unfertige Erzeugnisse

xxx DM

        

Fertige Erzeugnisse und Waren

xxx DM

        

Abzüglich Urlaubsrückstellung

./. xxx DM

        

Summe der Buchwerte

xxx DM

        

Davon xxx v. H.

        

xxx DM

Veräußerungsgewinn

        

xxx DM

Der Erklärung waren u. a. folgende Unterlagen der GmbH & Co KG beigefügt:

- eine Eröffnungsbilanz per xxx 1997, in der die ausstehenden Einlagen der Kläger in Höhe von insgesamt xxx DM als Forderung aktiviert und die Kommanditeinlagen der Kläger in gleicher Höhe als Eigenkapital ausgewiesen wurden;

- eine Eröffnungsbilanz per 1. September 1997, in der das von der Sch-KG übertragene Umlaufvermögen in Höhe von insgesamt xxx DM aktiviert und die Urlaubsrückstellung in Höhe von xxx DM passiviert worden waren;

- ein Jahresabschluss per 31. Dezember 1997, in dem Nettolizenzgebühren in Höhe von xxx DM und Nettopachtentgelte in Höhe von xxx DM gegenüber der Sch-KG als Aufwand verbucht worden waren.

Der Beklagte führte die gesonderte und einheitliche Feststellung für das Streitjahr durch. Der Feststellungsbescheid vom xxx 1999 wies erklärungsgemäß einen Veräußerungsgewinn in Höhe von xxx DM aus; er erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit von April bis August 2003 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung H bei der O-S GmbH & Co KG eine Außenprüfung durch, die die Jahre xxx bis xxx umfasste. Dabei griff der Außenprüfer den geschilderten Sachverhalt um die Veräußerung der Kommanditanteile durch die Kläger an die O Holding GmbH auf. Er ermittelte dabei, dass die GmbH & Co KG in den Jahren xxx bis xxx Lizenzgebühren in Höhe von insgesamt xxx DM an die Sch-KG gezahlt hatte. Zudem hatte die Sch-KG bei der Veräußerung und Übertragung des Know-how im Jahr xx einen Erlös von xxx DM.

Der Außenprüfer gelangte zu dem Ergebnis, dass die Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 EStG für die Erlöse der Kläger im Streitjahr nicht anwendbar sei. Diese Vorschrift setze voraus, dass sämtliche stillen Reserven der wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang realisiert würden. Eine derartige Zusammenballung läge nicht vor, wenn dem Veräußerer noch stille Reserven verblieben, die erst in einem späteren Veranlagungszeitraum aufgedeckt würden. Auch sei die Vorschrift nicht einschlägig, wenn auf Grund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils wesentliche Betriebsgrundlagen einer Personengesellschaft ohne Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden seien. Im Streitfall sei diese Konstellation gegeben, weil zunächst nur ein Teil der wesentlichen Betriebsgrundlagen von der alten Sch-KG auf die O-S GmbH & CO KG übertragen und danach Mitunternehmeranteile an der neuen GmbH & Co KG übertragen worden seien.

Die bei der Sch-KG verbliebenen Wirtschaftsgüter seien auch wesentliche Betriebsgrundlagen. Diese Wertung gelte zunächst für das Betriebsgrundstück und das bewegliche Anlagevermögen, die im Eigentum der Sch-KG verblieben seien. Die vertragliche Absicherung der GmbH & Co KG zeige, dass diese Wirtschaftsgüter für die Erreichung ihres Betriebszwecks erforderlich und für die die Betriebsführung von besonderem Gewicht gewesen sei. Zudem seien in diesen Wirtschaftsgütern erhebliche stille Reserven enthalten gewesen, was durch die Höhe der Pachtzahlungen verdeutlicht werde. Auch das Know-how gehöre zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen und habe große stille Reserven enthalten. Die Zurückbehaltung dieser Betriebsgrundlagen stünde auch in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der Kommanditanteile durch die Kläger, weil sämtliche Verträge am xxx 1997 geschlossen worden seien. Der erzielte Veräußerungsgewinn sei wirtschaftlich nicht auf den Betrieb der GmbH & Co KG zurück zu führen, sondern allein auf dem Erfolg der Sch-KG. Wegen der weiteren Einzelheiten der Argumentation des Außenprüfers wird auf Tz. 28 des Berichts des Finanzamts für Großbetriebsprüfung H verwiesen.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Großbetriebsprüfung und erließ am xxxi 2004 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid, in dem der erzielte Veräußerungsgewinn nunmehr als Sonderbetriebseinnahme gesondert festgestellt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob die O-S GmbH & Co KG, vertreten durch ihren Geschäftsführer und die Kläger am xxx 2004 Einspruch. Zur Begründung führten sie aus, die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - zum Ausschluss der Tarifbegünstigung in den Fällen, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils wesentliche Betriebsgrundlagen einer Personengesellschaft ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden seien, sei auf den Streitfall nicht übertragbar, weil die Kläger Mitunternehmeranteile an der O-S GmbH & Co KG übertragen hätten, während das Know-how und das Grundstück bei der Sch-KG verblieben seien.

Für die gewählte Konstruktion der Neugründung der O-S GmbH & Co KG seien ausschließlich wirtschaftliche Gründe entscheidend gewesen. Die Sch-KG habe schon seit Jahren Alarmanlagen und optische Tester gefertigt und in den letzten Jahren einen hochwertigeren Tester entwickelt. Die O-Ltd. sei nur an diesem Tester interessiert gewesen und habe weder die alten Garantieverpflichtungen der Sch-KG für die alte Version und die Alarmanlagen übernehmen wollen. Auch am Betriebsgelände habe kein Interesse bestanden, weil die O-Ltd. eine Verlagerung der Produktion nach I vorgesehen habe. Die O-Ltd. habe weiterhin weder die übrigen Firmenbeteiligungen der Sch-KG noch die Lizenzrechte für den neuen Tester 1997 käuflich erwerben wollen. Aus diesem Grunde habe dann eine wirtschaftliche Lösung gefunden werden müssen, dass nur die neuen Tester, das technische Know-how, die Mitarbeiter und das für die Produktion der neuen Maschinen erforderliche Material in einer Firma gebündelt würden, an der sich dann die O-Ltd. habe beteiligten können. Der Anteilsverkauf gegenüber der O Holding GmbH habe sich auf eine rechtlich selbständige Schwestergesellschaft bezogen; die zuvor vollzogenen Teilschritte hätten eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung gehabt.

Schließlich sei auch § 176 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) zu berücksichtigen, weil die Entscheidung des BFH zur Gesamtplanrechtsprechung bei Abschluss der Verträge nicht bekannt gewesen sei. Die Einkommensteuerrichtlinien hätten auf eine derartige Konstellation nicht hingewiesen, sie seien erst später geändert worden.

Mit Schreiben vom xxx 2008 trugen die Kläger als ehemalige Gesellschafter der O-S GmbH & Co KG zur Begründung ihres Einspruchs Folgendes vor:

Dem Beklagten sei zuzugestehen, dass die gewählte Konstruktion im Rahmen eines Gesamtplans in einem engen zeitlichen Zusammenhang gewählt worden sei, weil sämtliche Verträge am xxx 1997 geschlossen worden seien. Der Außenprüfer habe allerdings fälschlicherweise unterstellt, bei der Sch-KG sei das für die Fortführung des Betriebs erforderliche Know-how verblieben. Ausweislich des Alleinlizenzvertrages zwischen der Sch-KG und der O-S GmbH & Co KG sei sämtliches relevantes Know-how auf die GmbH & Co KG übertragen worden; bei der Sch-KG sei nichts mehr verblieben, was die O-Ltd. zur Produktion benötigt hätte. Der Alleinlizenzvertrag habe auch keinesfalls die Zahlung von Lizenzgebühren vorgesehen. Dass Zahlungen an die Sch-KG geleistet worden seien, beruhe zwar auf dem Vertrag, aber gerade nicht auf der Herstellung der Produkte im Unternehmen der GmbH & Co KG, sondern aus der Nutzungsüberlassung des Know-how auf die gesamte Welt mit Ausnahme der Bundesrepublik Deutschland. Bei der Sch-KG seien nur das Betriebsgrundstück und das Anlagevermögen verblieben. Dabei handele es sich aber  im Vergleich zum Unternehmenswert um besonders hochwertige Wirtschaftsgüter. Die vorhandenen stillen Reserven seien durch den Veräußerungsvorgang im Wesentlichen aufgelöst und vergütet worden.

Die vom Außenprüfer zitierte Rechtsprechung sei auf den Streitfall auch nicht wirtschaftlich übertragbar. Es gebe keine finanzgerichtliche Entscheidung, bei der eine Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an einer Schwestergesellschaft der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an einer schon vorher bestehenden Gesellschaft, in der stille Reserven gebildet worden seien, gleichgestellt worden sei. Der Beklagte habe die Frage nicht beantwortet, warum auf stille Reserven aus wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Mitunternehmerschaft abgestellt werden könne, die von der Veräußerung gar nicht betroffen sei, weil kein Mitunternehmeranteil an dieser Gesellschaft veräußert worden sei.

Die gewählte Konstruktion könne auch nicht über § 42 AO so gewertet werden, als hätten die drei Gesellschafter wirtschaftlich Anteile an der Sch-KG veräußert, denn die Gründung der GmbH & Co KG sei durch außersteuerrechtliche Gründe motiviert gewesen.

Mit Bescheid vom xxx 2009 wies der Beklagte den Einspruch der O-S GmbH & Co KG als unbegründet zurück. Für das Streitjahr 1997 müsse zunächst das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 18. Januar 1996 (BStBl. I S. 86) beachtet werden. Danach sei das Betriebsgrundstück in B zwingend im Sonderbetriebsvermögen der drei Kläger bei der GmbH & Co KG auszuweisen, weil es eine wesentliche Betriebsgrundlage für die Produktion bei der GmbH & Co KG darstelle. Unter Berücksichtigung dieses Umstands hätten die drei Kläger keinesfalls einen Mitunternehmeranteil an die O Holding GmbH veräußert, sondern nur anteilig einzelne Wirtschaftsgüter, insbesondere der Firmenwert.

Darüber hinaus könne die begehrte Tarifbegünstigung auch nach der Gesamtplanrechtsprechung des BFH nicht gewährt werden. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang, dass der GmbH & Co KG auf Grund des von den Klägern gefassten Gesamtplans von vorneherein nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen von der Sch-KG zugeführt worden seien. Insbesondere das Betriebsgrundstück und das Anlagevermögen seien bei der Sch-KG verblieben und der GmbH & Co KG nur mietweise überlassen worden. Es könne keinen Unterschied machen, ob die wesentlichen Betriebsgrundlagen vor der Anteilsübertragung dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft durch Übertragung auf eine Schwestergesellschaft entzogen würden oder aber zur Durchführung der geplanten Anteilsübertragung eine neue Personengesellschaft gegründet werde, auf die das bisherige Betriebsvermögen nur teilweise übertragen werde. Die Gewährung der Tarifbegünstigung dürfe von derartigen vertraglichen Gestaltungen nicht abhängig gemacht werden, die ein Einzelunternehmer nicht wählen könne.

§ 176 Abs. 1 Nr. 3 AO finde im Streitfall keine Anwendung, weil der BFH mit seinem Urteil vom 6. September 2000 IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229 seine bisherige Rechtsprechung zum Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 EStG, z. B. sein Urteil vom 12. Juni 1996 XI R 56, 57/95, BStBl. II 1996, 527 nur fortentwickelt, nicht aber geändert habe. Eine ausdrückliche Entscheidung über den Einspruch der Kläger erging nicht.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Dabei wiederholen sie ihre Einwände gegen die Rechtsansicht des Beklagten aus ihrem Schreiben vom xxx 2008 und vertiefen diese wie folgt:

- Eine Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung des BFH scheide im Streitfall aus, weil von den Klägern nicht verlangt werden könne, die stillen Reserven aus ihren Beteiligungen an der Sch-KG als einer von der GmbH & Co KG zu unterscheidenden selbständigen Personengesellschaft ebenfalls aufzulösen. Eine derartige Auslegung der §§ 16, 34 EStG würde die Grenzen ihres Wortlauts sprengen.

- Die Auffassung des Beklagten, wonach das Betriebsgrundstück dem Sonderbetriebsvermögen der Kläger bei der GmbH & Co KG zuzurechnen sei, stehe in Widerspruch mit der Rechtsprechung des BFH. Auch das vom Beklagten herangezogene Schreiben des BMF sei mittlerweile aufgehoben worden.

- Auch eine Anwendung des § 42 AO auf den Streitfall führe nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Die Gründung der GmbH & Co KG sei erfolgt, um den wirtschaftlichen Interessen der O-Ltd. nachzukommen. Es habe eine Auslagerung des operativen Geschäfts der Sch-KG erfolgen müssen, verbunden mit einer Änderung des Gesellschaftszwecks der bisherigen KG, weil die O-Ltd. nur an diesem Teil des Unternehmens interessiert gewesen sei.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid vom xxx 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der O-S GmbH & Co KG für 1997 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2009 zu ändern und den Veräußerungsgewinn der Kläger in Höhe von insgesamt xxx DM nicht als laufenden Gewinn, sondern als tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 EStG gesondert festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest. Ergänzend führt er aus, dass die Rechtsauffassung im BMF-Schreiben vom 18. Januar 1996 im Streitfall noch anwendbar gewesen sei, weil dieses mit BMF-Schreiben vom 28. April 1998 mit Wirkung für Wirtschaftsjahre ab 1999 aufgehoben worden sei und nur auf Antrag des Steuerpflichtigen auch rückwirkend nicht mehr anwendbar gewesen sei. Ein derartiger Antrag sei von der GmbH & Co KG nicht gestellt worden. Mit dem Einspruchsbescheid vom 8. Juni 2009 sei auch über die Einwände der Kläger im Einspruchsverfahren entschieden worden.

Mit Beschluss vom xxx 2011 ist die O-S GmbH & Co KG zum Verfahren beigeladen worden.

Entscheidungsgründe

50

Aus den Gründen

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig, obwohl der Beklagte bis heute nicht ausdrücklich über den Einspruch der Kläger vom xxx 2004 entschieden hat. Der Einspruchsbescheid vom xxxi 2009 enthält im Rubrum nur den Hinweis auf den Rechtsbehelf der O-S GmbH & CO KG.

Gemäß § 44 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann eine wie im Streitfall gegebene Anfechtungsklage grundsätzlich nur dann zulässig erhoben werden, wenn der nach § 347 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) zulässige Rechtsbehelf des Einspruchs ganz oder teilweise erfolglos geblieben ist. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Beklagte mit dem Einspruchsbescheid xxx 2009  auch über den Einspruch der Kläger mit entschieden hat, weil er die verschiedenen Rechtsbehelfsverfahren der GmbH & Co. KG und der Kläger zuvor konkludent verbunden hat, wovon die Beteiligten in ihren Schriftsätzen vom xxx 2011 bzw. xxx April 2011 übereinstimmend ausgehen. Denn selbst wenn eine derartige konkludente Verbindung der Rechtsbehelfe zum Zwecke einer einheitlichen Entscheidung nicht erfolgt wäre, ist die am xxx 2009 erhobene Klage nach § 46 Abs. 1 FGO als Untätigkeitsklage zulässig, weil der Beklagte über den Rechtsbehelf der Kläger seit fünf Jahren nicht entschieden hatte. Eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 46 Abs. 1 Satz 3 FGO bedurfte es nicht, weil der Beklagte am xxx 2011 auf den richterlichen Hinweis vom xxx 2011, ob eine Entscheidung über die drei Einsprüche noch erfolgen solle, lediglich mitgeteilt hatte, er gehe von einer Verbindung der Einsprüche aus.

Die Klage ist auch begründet.

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 1997 vom xxx 2004 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, weil der bei der Veräußerung ihrer Kommanditanteile an der Beigeladenen entstandene Gewinn als Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigt ist.

Erzielt der Steuerpflichtige aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils einen Gewinn, so ist der Gewinn gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Der Zweck der Tarifvergünstigung nach §§ 16, 34 EStG besteht darin, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen. Sie setzt demnach voraus, dass alle stillen Reserven der wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden; denn eine Zusammenballung liegt nicht vor, wenn dem Veräußerer oder Aufgebenden noch stille Reserven verbleiben, die erst in einem späteren Veranlagungszeitraum aufgedeckt werden (vgl. BFH, Urteil vom 6. September 2000 IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229 und Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123 m. w. N.).

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Kläger mit der anteiligen Veräußerung ihrer Kommanditanteile an der Beigeladenen gegenüber der O Holding GmbH mit Vertrag vom xxx 1997 einen Veräußerungsgewinn in Höhe von insgesamt xxx DM erzielten. Die Veräußerung eines Bruchteils an einem Mitunternehmeranteil war im Streitjahr generell noch gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG tarifbegünstigt, weil die Neuregelung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3858), wonach der gesamte Anteil eines Mitunternehmers veräußert werden muss, erst mit Wirkung ab 2002 erfolgte (vgl. BFH, Urteile vom 10. November 2005 IV R 29/04, BStBl. II 2006, 173 m. w. N.; vom 14. Februar 2007 XI R 30/05, BStBl. II 2007, 524).

Mit dem Einwand, das für die Produktion erforderliche Betriebsgrundstück in B gehöre zum Sonderbetriebsvermögen der Kläger bei der Beigeladenen mit der Folge, dass durch die Veräußerung nicht sämtliche stillen Reserven ihrer Beteiligungen aufgedeckt worden seien, kann der Beklagte nicht durchdringen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils dann nicht tarifbegünstigt, wenn der Veräußerer die zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht anteilig mit veräußert, sondern diese der Gesellschaft weiterhin zur Nutzung überlässt (BFH, Urteile vom 12. April 2000 XI R 35/99, BStBl. II 2001, 26; vom 10. November 2005 IV R 29/04, BStBl. II 2006, 173; vom 14. Februar 2007 XI R 30/05, BStBl. II 2007, 524). Als wesentliche Betriebsgrundlagen sind hierbei alle funktional oder quantitativ wesentliche Wirtschaftsgüter anzusehen, ungeachtet dessen, ob diese im Gesamthandsvermögen oder im Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer gehalten werden (BFH, Urteile vom 2. Oktober 1997 IV R 84/96, BStBl. II 1998, 104; vom 25. Februar 2010 IV R 49/08, BStBl. II 2010, 726). Das bei der Sch-KG im Betriebsvermögen erfasste Grundstück war bei der Gründung der Beigeladenen nicht im Sonderbetriebsvermögen der Kläger zu aktivieren, sodass es auf den Verbleib bei der Sch-KG und die Verpachtung an die Beigeladene nicht ankommt.

Der BFH hat mit Urteilen vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BStBl. II 1996, 82 und vom 22. November 1994 VIII R 63/93, BStBl. II 1996, 93 entschieden, dass die Wirtschaftsgüter, die eine gewerblich tätige oder gewerblich geprägte Personengesellschaft an eine ganz oder teilweise personenidentische Personengesellschaft (Schwestergesellschaft) vermietet, zum Betriebsvermögen der vermietenden Personengesellschaft und nicht der nutzenden Personengesellschaft gehören. Mit Urteil vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325 entschied der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, bei einer Betriebsaufspaltung habe die Qualifikation des überlassenen Vermögens als Betriebsvermögen der Besitzpersonengesellschaft sowie der Einkünfte aus der Verpachtung dieses Vermögens als gewerbliche Einkünfte der Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft Vorrang vor der Qualifikation des Vermögens als Sonderbetriebsvermögen und der Einkünfte aus der Verpachtung als Sonderbetriebseinkünfte der Gesellschafter bei der Betriebspersonengesellschaft. Die Finanzverwaltung wandte diese Grundsätze in den Fällen sogenannter Schwestergesellschaften an, wenn an der vermietenden als auch an der mietenden Personengesellschaft ganz oder teilweise dieselben Personen beteiligt sind. Aus Vertrauensschutzgründen sollten sie erstmals für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die nach dem 31. Dezember 1998 begannen. Das teilweise hiervon abweichende BMF-Schreiben vom 18. Januar 1996 (BStBl. I S. 86), war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden (BMF-Schreiben vom 28. April 1998, BStBl. I 1998, 583).

Unter Berücksichtigung der vom BFH aufgestellten Grundsätze zum Vorrang der Zuordnung eines verpachteten Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögens der Besitzpersonengesellschaft gehörte das Betriebsgrundstück in B, egal ob es für die Beigeladene als Schwestergesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage bildete, in keinem Fall zu ihrem Betriebsvermögen, auch nicht zum Sonderbetriebsvermögen der Kläger. Die fehlende Veräußerung des Grundstücks im Rahmen der Anteilsübertragung an die O Holding GmbH steht einer Gewährung der Tarifbegünstigung nicht entgegen. Auf das BMF-Schreiben vom 18. Januar 1996 kann sich der Beklagte demgegenüber schon deshalb nicht berufen, weil dieses Schreiben eine von der Rechtsprechung des BFH abweichende einengende Auslegung enthielt, der sich der Senat nicht anzuschließen vermag.

Auch die sogenannte Gesamtplanrechtsprechung des BFH zur Einschränkung des Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG führt im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis. Der BFH vertritt in ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung des Zwecks der Vorschriften die Ansicht, dass die Tarifvergünstigung nicht zu gewähren sind, wenn im Rahmen des Veräußerungsvorgangs nicht alle stillen Reserven in dem veräußerten Mitunternehmeranteil aufgedeckt worden sind. Die Begünstigung wird z. B. versagt, wenn ein Mitunternehmer seinen Gesellschaftsanteil veräußert, zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen aber in zeitlichem und wirtschaftlichen Zusammenhang damit ohne Aufdeckung der stillen Reserven in ein anderen Betriebsvermögen überführt. Schließlich gebietet es der Zweck der Tarifbegünstigung auch, diese zu versagen, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils wesentliche Betriebsgrundlagen der Personengesellschaft ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind. Wenn somit ohne Aufdeckung der stillen Reserven entsprechend einem Gesamtplan und in engem zeitlichen Zusammenhang der Personengesellschaft durch die Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen zum Buchwert auf eine Schwestergesellschaft übertragen werden, führt die anschließende Veräußerung von Mitunternehmeranteilen nicht zur Gewährung einer Tarifbegünstigung (BFH, Urteil vom 6. September 2000 IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229). Gleiches gilt darüber hinaus, wenn im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung durch die Gesellschafter einer Personengesellschaft eine oder mehrere in ihrem Sonderbetriebsvermögen oder im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft gehaltene wesentliche Betriebsgrundlagen zu Buchwerten in andere Betriebsvermögen ausgegliedert werden (BFH, Urteil vom 25. Februar 2010 IV R 49/08, BStBl. II 2010, 726).

Grundlage für die Gesamtplanrechtsprechung des BFH ist eine teleologische Auslegung der § 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG, die die steuerrechtlichen Folgen der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an einer bestimmten Personengesellschaft regeln. Mit einer teleologischen Reduktion wird der nach dem Zweck einer Vorschrift zu ermittelnde Anwendungsbereich wegen des nach dem Wortsinn zu weit geratenen Umfangs eingeschränkt. Sie setzt voraus, dass der Gesetzeswortlaut nicht auf einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers beruht. Durch die Verweisung auf die Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG in § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG wird deutlich, das Anknüpfungspunkt für die gebotene restriktive Auslegung der Vorschrift nur die Verhältnisse in der konkreten Personengesellschaft sein können, an der der Steuerpflichtige als Mitunternehmer beteiligt ist, so wie dies auch in der Rechtsprechung des BFH zum Ausdruck kommt. Würde man entgegen dem Wortlaut der Vorschriften wie im Streitfall bei der teleologischen Reduktion des sachlichen Anwendungsbereichs der §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG auch die wirtschaftlichen Verhältnisse in anderen Schwestergesellschaften mit in die Überlegungen einbeziehen, würde die Grenze des möglichen Wortlautsinns der Vorschriften als Auslegungsgrenze überschritten. Damit würde ein zusätzliches negatives Tatbestandsmerkmal in die Vorschriften eingefügt, das vom Gesetzgeber so nicht vorgesehen ist. Eine derartige einengende Interpretation wäre aber schon deshalb unzulässig, weil der Gesetzgeber mit § 42 AO eine Norm geschaffen hat, mit der missbräuchlichen zivilrechtlich zulässigen Gestaltungen für das Steuerrecht begegnet werden kann. Einer ergänzenden Rechtsfortbildung bedarf es somit nicht (vgl. dazu BFH, Urteile vom 12. Dezember 2002 III R 33/01, BStBl. II 2003, 322; vom 27. März 2007 VIII R 25/05, BStBl. II 2008, 298, 301, jeweils m. w. N.).

Auch der Hinweis des Beklagten auf die im Steuerrecht in besonderer Weise geltende wirtschaftliche Betrachtungsweise führt zu keinem anderen Ergebnis. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist eine besondere teleologische Auslegungsmethode und Ausdruck der Eigenständigkeit des Steuerrechts. Sie fordert eine an den spezifischen Regelungszielen einer steuerrechtlichen Regelung und deren eigengesetzlicher Terminologie auszurichtende steuerrechtliche Beurteilung, ob der bewirkte wirtschaftliche Erfolg einen Steuertatbestand erfüllt. Voraussetzung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist, dass die jeweilige steuerrechtliche Norm ein bestimmtes wirtschaftliches Ergebnis bzw. einen wirtschaftlichen Erfolg erfassen will und nicht lediglich formal an einen bestimmten z. B. zivilrechtlichen Rechtsakt anknüpft. Mit der Regelung in § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG knüpft das Gesetz zur Bestimmung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb an die Veräußerung des Anteils des Gesellschafters und damit an einen entsprechenden Rechtsakt an, was bereits dadurch deutlich wird, dass der Anwendungsbereich in § 16 Abs. 3 EStG um die Aufgabe des Gewerbebetriebs ergänzt wird. Damit unvereinbar wäre es, wenn man im Streitfall die Tarifvergünstigung des Veräußerungsgewinns der Kläger für ihre quotalen Anteile an der GmbH & Co. KG davon abhängig machen würde, dass diese auch eine entsprechende Quote ihrer Kommanditanteile an der Sch-KG mit veräußerten, obwohl diese Gesellschaft in keiner rechtlichen Verbindung zur GmbH & Co KG steht. Die Kläger haben in diesem Zusammenhang zu recht in ihrem Schriftsatz vom xxx 2009, Seite 8 f. auf die in der Literatur verbreitet vertretene Auffassung, dass bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung Besitzpersonengesellschaft und Betriebspersonengesellschaft als steuerrechtlich selbständig anzusehen sind mit der Folge, dass bereits die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer der beiden Gesellschaften tarifbegünstigt ist, hingewiesen.

Die von den Klägern gewählte Gestaltung einer Neugründung der Beigeladenen und der Verpachtung des Betriebsgrundstücks, des Anlagevermögens und des Know-how kann nicht als missbräuchliche Gestaltung i. S. d. § 42 AO angesehen werden mit der Folge, dass wegen der - wirtschaftlich betrachtet - Zurückbehaltung dieser Wirtschaftsgüter ohne Realisierung der stillen Reserven die Tarifbegünstigung zu versagen ist. Rechtsmissbräuchlich i. S. d. § 42 Abs. 1 AO ist eine Gestaltung, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Eine rechtliche Gestaltung ist dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht, obwohl hierfür keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe vorliegen, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel, Steuern zu sparen nicht erreichbar sein soll (BFH, Urteil vom 27. Oktober 2005 IX R 76/03, BStBl. II 2006, 359). Eine Rechtsgestaltung ist unangemessen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in der gewählten Weise verfahren wären. Die Unangemessenheit einer Rechtsgestaltung tritt deutlich hervor, wenn sie überhaupt keinem wirtschaftlichen Zweck dient, also ein vernünftiger wirtschaftlicher Zweck nicht zu entdecken ist (BFH, Urteil vom 17. Januar 1991 IV R 132/85, BStBl. II 1991, 607, 610).

Im konkreten Streitfall haben die Kläger vorgetragen, die O-Ltd. als Käuferin der Mitunternehmeranteile habe an dem Betriebsgrundstück und dem Anlagevermögen kein wirtschaftliches Interesse gehabt, weil die Produktion später nach I verlagert werden sollte. Auch habe sie keinesfalls die Garantieverpflichtungen der Sch-KG für die bereits ausgelieferten Anlagen übernehmen wollen. Aus diesem Grunde sei die Beigeladene gegründet worden, um der Ltd. die Möglichkeit zu geben, sich an dem operativen Geschäft der Sch-KG zu beteiligen. Diese Motivationslage, der der Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten ist, ist für den Senat nachvollziehbar, weshalb die gewählte rechtliche Gestaltung nicht als unangemessen zu beurteilen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 139 Abs. 4 FGO nicht erstattungsfähig, weil diese keinen Sachantrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch eigenen Sachvortrag oder Rechtsausführungen wesentlich gefördert hat.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil - soweit ersichtlich - eine derartige Konstellation höchstrichterlich noch nicht entschieden worden ist.

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