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Steuerrecht
25.10.2010
Steuerrecht
// Standpunkt BMF-Schreiben zur Funktionsverlagerung: Bürokratisierung als Exportschlager?

Wie die Bundesregierung die „Vereinfachung des Steuerrechts“ und die „Entbürokratisierung“ interpretiert, lässt sich im am 15.10.2010 vorgelegten BMF-Schreiben zu Funktionsverlagerungen nachlesen. Auf über 80 Seiten wird hier die Ausführung des Jahressteuergesetzes 2008 präzisiert, nach dem bei grenzüberschreitenden Restrukturierungen Gewinne virtuell ermittelt und besteuert werden. International tätige Unternehmen werden bei solchen Vorgängen unter den Verdacht der Verlagerung von Gewinnpotenzialen ins Ausland gestellt und mit dieser „Wegzugsteuer“ daran gehindert, zu wachsen und damit für Steuereinnahmen und Arbeitsplätze in Deutschland zu sorgen.
 
Trotz der lauten Kritik am ersten Entwurf vom Juli 2009 soll das Gesetz laut BMF-Schreiben in seiner Wirkung teilweise auch auf Geschäftsvorfälle vor 2008 angewendet werden. Selbst nach der Konkretisierung durch das BMF bleibt die Auslegung in vielen Punkten unsicher und schafft Risiken. Schon jetzt wurde die Regelung nachträglich um eine weitere Ausnahmevorschrift erweitert, um den Anwendungsbereich einzuschränken und die deutsche Wirtschaft nicht übermäßig zu belasten. Ob dies gelungen ist, lässt sich jedoch mit Blick auf das BMF-Schreiben bezweifeln. Für internationale Unternehmen bedeutet das Gesetz, dass sämtliche Änderungen der Geschäftsbeziehungen zu Nahestehenden im Ausland sorgfältig dokumentiert werden müssen. Bei Betriebsprüfungen droht angesichts der teils schwierigen Auslegung oftmals eine Nachbesteuerung. Und da die Besteuerung von Funktionsverlagerungen bisher im Ausland nahezu unbekannt war, kann eine doppelte Besteuerung vielfach nicht ausgeschlossen werden.
 
Auch wenn sich die Finanzverwaltung jetzt auf die neuen OECD-Richtlinien zu Verrechnungspreisen bezieht und Restrukturierungen international stärker reglementiert werden, ändert das BMF-Schreiben nichts daran, dass die deutsche Regelung zu kompliziert und zu praxisfern ist.
 
Volltextdes Schr.: // siehe Zusatzmaterialien

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