FG Münster: Betriebsbezogene Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG
FG Münster, Urteil vom 24.10.2014 – 4 K 4048/12 E
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Begrenzung der Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer (§ 35 Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes, EStG) bei Beteiligungen an mehreren Mitunternehmerschaften für jede Beteiligung getrennt oder zusammengefasst zu ermitteln ist.
Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2008 aus der Beteiligung an verschiedenen Kommanditgesellschaften gewerbliche Einkünfte. Ein Teil dieser Beteiligungsgesellschaften wurde zur Gewerbesteuer herangezogen. Hierbei handelt es sich um die A-GmbH & Co. KG, die B-Immobilien GmbH & Co. KG, die C-Holding GmbH & Co. KG, die D- GmbH & Co. KG, die E- Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG MS „E“, die F GmbH & Co. KG, die G Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG MS „G“ sowie die H GmbH & Co. KG. In Bezug auf diese Gesellschaften wurden der Klägerin im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellungen gemäß § 35 Abs. 2 EStG die sich aus der folgenden Aufstellung ergebenden anteiligen Gewerbesteuermessbeträge sowie die anteiligen tatsächlich gezahlten Gewerbesteuern (Beträge jeweils in EUR) zugerechnet:
Gesellschaft |
Letzter Grundlagenbescheid |
AnteiligerMB |
AnteiligeGewSt |
A |
14.3.2012 |
802.683,51 |
3.217.823,56 |
B- Immobilien |
20.10.2010 |
2.265,48 |
9.375,88 |
C- Holding |
22.3.2012 |
331.853,54 |
820.649,80 |
D |
14.5.2010 |
1.888,00 |
7.797,50 |
MS E |
5.11.2009 |
2.281,98 |
7.530,53 |
F |
20.8.2012 |
4.590,95 |
16.951,50 |
MS G |
1.2.2010 |
28,59 |
94,36 |
H |
30.4.2012 |
482,59 |
1.809,72 |
In den Feststellungen für die A und die C- Holding sind auch solche Beträge enthalten, die auf andere gewerblich tätige Personengesellschaften entfallen, an denen diese beiden Gesellschaften beteiligt sind.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 beantragte die Klägerin die Steuerermäßigung nach § 35 EStG, die gemäß Abs. 1 Satz 5 dieser Vorschrift auf die Summe der anteiligen tatsächlich gezahlten Gewerbesteuerbeträge zu begrenzen sei.
Der Beklagte berechnete die Steuerermäßigung im erstmaligen Einkommensteuerbescheid und in allen später erlassenen Änderungsbescheiden dahingehend, dass er die Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG für jede Beteiligung gesondert vornahm.
Die Klägerin hat nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens Klage erhoben.
Dem letzten Änderungsbescheid vom 9.1.2013, der während des Klageverfahrens erlassen wurde, legte der Beklagte im Hinblick auf die Steuerermäßigung nach § 35 EStG folgende Beträge zugrunde:
Gesellschaft |
AnteiligerMB |
Faktor 3,8 |
Anteilige GewSt |
Steuerermäßigung |
A |
802.684,00 |
3.050.200,- |
3.217.824- |
3.050.200,- |
B- Immobilien |
2.265,48 |
8.607,- |
9.376,- |
8.607,- |
C- Holding |
332.755,65 |
1.264.471,- |
825.240,- |
825.240,- |
D |
1.888,00 |
7.174,- |
7.798,- |
7.174,- |
MS E |
2.282,00 |
8.672,- |
7.531,- |
7.531,- |
F |
4.590,95 |
17.446,- |
16.951,- |
16.952,- |
MS G |
28,59 |
109,- |
94,- |
94,- |
Summe |
3.915.798,- |
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass diese Beträge unzutreffend sind, soweit die sich aus der Beteiligung an der H KG ergebenden Beträge unberücksichtigt geblieben sind und soweit der Beklagte im Hinblick auf die Beteiligung an der C- Holding von einer um 4.590,- EUR zu hohen gezahlten Gewerbesteuer ausgegangen ist.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass die Berechnung der Begrenzung des Ermäßigungsbetrages auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG nicht getrennt für jeden Betrieb, sondern auf Ebene des Mitunternehmers zu berechnen sei. Diese unternehmerbezogene Betrachtung folge bereits zwingend aus dem Wortlaut des Gesetzes, das in § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG von „Einkünften“ spreche. Auch die Gesetzessystematik spreche für diese Auslegung, da für die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG auf die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte abzustellen sei. Soweit sich aus den Gesetzesmaterialien bei Einführung des § 35 EStG zum Veranlagungszeitraum 2001 eine betriebsbezogene Betrachtung ergebe, könne dies für die Auslegung des erst später eingeführten Satzes 5 keine entscheidende Auswirkung haben. Schließlich widerspreche die gesellschafterbezogene Betrachtung nicht dem gesetzgeberischen Ziel des § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG, einer überschießenden Entlastungswirkung der Steuerermäßigung entgegenzuwirken, denn die Klägerin erlange hierdurch keinen ungerechtfertigten Vorteil. Vielmehr ergäben sich ungerechte Ergebnisse im Vergleich zu Fällen der Gewerbesteuerzerlegung, in denen die einzelnen Gewerbesteuerbeträge eines mit unterschiedlichen Hebesätzen belegten Betriebes zwingend zusammengerechnet werden müssten.
Für die vom Beklagten vorgenommene gesellschaftsbezogene Auslegung bestehe demgegenüber keine gesetzliche Grundlage. Aus der verfahrensrechtlichen Regelung in § 35 Abs. 2 EStG, wonach bei Mitunternehmerschaften der anteilige Gewerbesteuermessbetrag und die anteilige tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer gesondert und einheitlich festzustellen ist, ließen sich keine Anhaltspunkte für die Auslegung von§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG herleiten. Vielmehr sei die systematische Verknüpfung aller drei Rechengrößen (Ermäßigungshöchstbetrag, Anrechnungsvolumen und Beschränkung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer) im Gesetz angelegt. Auch das Finanzgericht Münster gehe in seinem Urteil vom 12.12.2013 (13 K 4566/10 E) von einer gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise aus.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 7.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.10.2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9.1.2013 dahingehend zu ändern, dass die festzusetzende Einkommensteuer um weitere 170.826,- EUR im Rahmen der Tarifermäßigung nach § 35 EStG ermäßigt wird,
hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
Weiterhin beantragt die Klägerin,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
Er ist der Ansicht, dass sich die Verwendung des Plurals in § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Einkünfte) bereits aus dem grammatikalischen Zusammenhang dieser Norm ergebe und für die Auslegung des Satzes 5 keine Anhaltspunkte biete. Zwischen dem Ermäßigungshöchstbetrag (§ 35 Abs. 1 Satz 2 EStG) und der Beschränkung nach Satz 5 bestünde keine systematische Abhängigkeit. Hinsichtlich der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags gelange man unabhängig davon, ob diese gesellschafts- oder gesellschafterbezogen vorgenommen wird, zum selben rechnerischen Ergebnis. Eine betriebsbezogene Betrachtungsweise resultiere aus dem Objektcharakter der Gewerbesteuer und ergebe sich auch aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/2683). Der Gesetzgeber habe in Fällen unterschiedlich hoher Hebesätze eine Unterkompensation bewusst in Kauf genommen und eine Übertragung zwischen einzelnen Gesellschaften gerade nicht beabsichtigt. Die gesellschafterbezogene Betrachtungsweise der Klägerin führe zu einer Besserstellung solcher Steuerpflichtiger die Betriebe in Gemeinden mit unterschiedlich hohen Hebesätzen hätten gegenüber solchen Steuerpflichtigen, die ihre Betriebe nur in einer Gemeinde hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Steuerakten und auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Der Senat hat am 24.10.2014 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Der Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 7.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.10.2012 und in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9.1.2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO).
Der Klägerin ist keine über die vom Beklagten gewährten Beträge hinausgehende Steuerermäßigung zu gewähren. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34f, 34g und 35a EStG, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag), bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG um das 3,8-fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuermessbetrags. Der Ermäßigungshöchstbetrag ist nach der in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG enthaltenen Formel durch das Verhältnis der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte zur Summe aller positiven Einkünfte zu ermitteln, das mit der geminderten tariflichen Steuer multipliziert wird. Der Abzug des Steuerermäßigungsbetrags ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt. Diese Vorschrift ist erstmals für das Streitjahr 2008 anzuwenden (§ 52 Abs. 50a Satz 1 EStG).
1. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung über die Frage, ob die Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG bei einer Beteiligung eines Steuerpflichtigen an mehreren der Gewerbesteuer unterliegenden Mitunternehmerschaften durch die Summe der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer aller Einkunftsquellen (unternehmerbezogene Betrachtungsweise) oder für jeden Mitunternehmeranteil gesondert (betriebsbezogene Betrachtungsweise) zu berechnen ist. In der Literatur finden sich zu dieser Frage unterschiedliche Ansätze (für die betriebsbezogene Betrachtungsweise: Michel, DStR 2011, 611, 612; Steiner/Wichert in Lademann, EStG, § 35, Rz. 27; Danelsing in Blümich, EStG/KStG, § 35 EStG Rz. 39; Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 35 Rz. 14, 41; für die unternehmerbezogene Betrachtungsweise: Cordes, DStR 2010, 1416; ähnlich Levedag in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 35 EStG Rz. 23).
2. Der Senat legt § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG im Sinne einer betriebsbezogenen Betrachtungsweise aus.
a. Eine Auslegung aufgrund des Wortlauts der Norm kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Begrenzung des Abzugs auf die „tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer“ enthält keine weiteren Zusätze und kann entweder als die „insgesamt“ oder als die „jeweils“ zu zahlende Gewerbesteuer verstanden werden.
Die von der Klägerin für eine unternehmerbezogene Betrachtungsweise angeführte Verwendung des Plurals „Einkünfte“ in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG kann nicht zu einer Auslegung des Satzes 5 herangezogen werden. § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG definiert den Ermäßigungshöchstbetrag als Anteil an der anteiligen Einkommensteuer und beschäftigt sich nicht mit der Berechnung des Höchstbetrags der gezahlten Gewerbesteuer nach Satz 5. Hierbei handelt es sich um eine eigene Begrenzung der Tarifermäßigung, die selbstständig neben dem Ermäßigungshöchstbetrag steht. Dies wird daran deutlich, dass die beiden Begrenzungen in getrennten Sätzen formuliert sind. Überdies ist die Frage, ob eine betriebs- oder eine unternehmerbezogene Betrachtung vorzunehmen ist, für die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrages in Satz 2 nicht von Bedeutung. Es handelt sich hierbei um eine Verhältnisrechnung, die unabhängig davon zum selben Ergebnis führt, ob zunächst die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte gebildet und ins Verhältnis zur Summe aller positiven Einkünfte gesetzt wird, oder ob dies für jeden Betrieb gesondert vorgenommen und später die Summe gebildet wird.
Gleiches gilt für den Vergleich mit der Begrenzung des Abzugs auf „das 3,8-fache des … festgesetzten anteiligen Gewerbesteuermessbetrags“ nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Hier lässt der Gesetzeswortlaut darauf schließen, dass eine einheitliche Berechnung vorzunehmen ist. Jedoch handelt es sich auch hierbei um eine eigenständige Begrenzung der Tarifermäßigung und die Berechnung führt ebenfalls unabhängig von einer betriebsbezogenen oder einer unternehmerbezogenen Betrachtung zum selben rechnerischen Ergebnis.
b. Hingegen spricht der gesetzgeberische Wille für die betriebsbezogene Betrachtungsweise. Bereits bei Einführung des § 35 EStG zum Veranlagungszeitraum 2001 ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Begrenzung betriebsbezogen zu ermitteln ist. Die Regierungsfraktionen führten zur Begründung ihres Gesetzesentwurfs ausdrücklich aus: „Die Ermäßigung wird für jeden Gewerbebetrieb getrennt ermittelt“ (BT-Drs. 14/2683, S. 116). Zwar enthielt das damalige Gesetz noch keine Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer, weil die Ermäßigung lediglich auf das1,8-fache des Gewerbesteuermessbetrages bei daneben bestehendem Betriebsausgabenabzug der Gewerbesteuer beschränkt war. Allerdings wird hieran deutlich, dass der Gesetzgeber die gesamte Vorschrift betriebsbezogen verstanden wissen wollte.
Dieses Verständnis ist auch bei der Änderung der Vorschrift durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008, mit dem erstmals die Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer eingeführt wurde, zum Ausdruck gekommen. Hierin finden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber von seiner bisherigen betriebsbezogenen Betrachtung der Norm abweichen wollte. Vielmehr heißt es in der Begründung des Gesetzesentwurfs: „Den Höchstbetrag bildet die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer des Unternehmens“ (BT-Drs. 16/4841, S. 65, l. Sp.). Diese Formulierung deutet auf ein betriebsbezogenes Verständnis der Norm hin.
c. Diese Auslegung entspricht auch dem Objektcharakter der Gewerbesteuer, der jeder einzelne Gewerbebetrieb unterliegt. Unterhält eine Person mehrere Gewerbebetriebe, werden der Steuermessbetrag und die Gewerbesteuer für jeden Betrieb gesondert festgesetzt und erhoben. Der Senat verkennt dabei nicht, dass es sich bei § 35 EStG um eine einkommensteuerliche Tarifvorschrift handelt. Allerdings weist die Norm enge Bezüge zur Gewerbesteuer auf. Durch die Anrechnung der Gewerbesteuer sollte die kumulierte Belastung von Einkommensteuer und Gewerbesteuer gemildert werden. Diese Minderung sollte jedoch keinen vollständigen Ausgleich der gewerbesteuerlichen Belastung bewirken. Dies wird bereits daran deutlich, dass der Ermäßigungshöchstbetrag nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG auf das 3,8-fache des Messbetrags begrenzt ist und es damit nur zu einer vollständigen Entlastung bei Hebesätzen von bis zu 400 % kommt, obwohl einzelne kommunale Hebesätze bestehen, die diese Grenze überschreiten. Diese von einer vollständigen Entlastung abweichende pauschalierte Anrechnung hat der Gesetzgeber bewusst eingeführt (vgl. BT-Drs. 14/2683, S. 97). Da der Gesetzgeber diese lediglich teilweise Entlastung auch folgerichtig umgesetzt hat, ist eine vollständige Entlastung auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 23.4.2008 X R 32/06, BStBl II 2009, 7, BFHE 221, 102, 107 f.).
d. Demgegenüber lassen sich weder dem Wortlaut des Gesetzes noch den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass denjenigen Steuerpflichtigen, die mehrere Gewerbebetriebe oder gewerbliche Beteiligungen in Gemeinden mit unterschiedlich hohen Hebesätzen unterhalten, ein höherer Ermäßigungsbetrag zustehen soll als solchen Steuerpflichtigen, die ihren Betrieb oder ihre Betriebe in lediglich einer Gemeinde haben.
Ein Wertungswiderspruch zu Fällen der gewerbesteuerlichen Zerlegung ergibt sich aus dem betriebsbezogenen Verständnis nicht. Eine Zerlegung der Gewerbesteuer ist immer dann vorzunehmen, wenn ein einheitlicher Betrieb in mehreren Gemeinden Betriebsstätten unterhält (§ 28 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes). Bei Anwendung des Satzes 5 muss der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag mit der Summe der auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Gewerbesteuer verglichen werden. Diese Behandlung ergibt sich bereits daraus, dass - anders als im Streitfall - nicht mehrere Betriebe, sondern ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt. Es bleibt dementsprechend vielmehr auch in Fällen der Zerlegung bei einer betriebsbezogenen Betrachtung.
e. Das von der Klägerin angeführte Urteil des Finanzgerichts Münster vom 12.12.2013 (13 K 4566/10 E, EFG 2014, 551, Revisionsverfahren unter III R 7/14 anhängig) führt zu keiner anderen Beurteilung. Es befasst sich im Kern mit einer Auslegung von § 35 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 EStG und damit mit der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrages. Auf § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG geht es nur am Rande ein und enthält keine Ausführungen zur Auslegung dieser Norm. Selbst wenn in der Entscheidung eine unternehmerbezogene Betrachtung zugrunde gelegt worden sein sollte, wäre dies für den Senat nicht bindend.
3. Aus der zutreffenden betriebsbezogenen Betrachtungsweise ergibt sich folgende Berechnung des Ermäßigungsbetrages:
Gesellschaft |
AnteiligerMB |
Faktor 3,8 |
Anteilige GewSt |
Steuerermäßigung |
A |
802.684,00 |
3.050.200,- |
3.217.824- |
3.050.200,- |
B- Immobilien |
2.265,48 |
8.607,- |
9.376,- |
8.607,- |
C- Holding |
331.853,54 |
1.261.043,- |
820.650,- |
820.650,- |
D |
1.888,00 |
7.174,- |
7.798,- |
7.174,- |
MS E |
2.282,00 |
8.672,- |
7.531,- |
7.531,- |
F |
4.590,95 |
17.446,- |
16.951,- |
16.952,- |
MS G |
28,59 |
109,- |
94,- |
94,- |
H |
482,59 |
1.834,- |
1.810,- |
1.810,- |
Summe |
3.913.018,- |
4. Der Beklagte hat zwar den Ermäßigungsbetrag unzutreffend ermittelt, weil er die anteilige Gewerbesteuer der H KG (1.810,- EUR) nicht und hinsichtlich der C- Holding einen um 4.590,- EUR zu hohen Betrag berücksichtigt hat. Da er im Ergebnis allerdings eine höhere als die zutreffende Ermäßigung gewährt hat und im Klageverfahren keine Verböserung durch das Gericht zulässig ist, bleibt es beim bisher berücksichtigten Ermäßigungsbetrag in Höhe von 3.915.798,- EUR.
5. Aus diesem Grund braucht das Gericht auch nicht zu prüfen, ob der Ermäßigungshöchstbetrag im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG überschritten wird.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, da die Frage, ob die Begrenzung der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer betriebsbezogen oder unternehmerbezogen zu berechnen ist, bisher nicht durch den Bundesfinanzhof geklärt ist und eine Vielzahl von Fällen betrifft.